Nr. 279

Die Republik  

und die Deutschen  

Eine bemerkenswerte tschechische Stimme

F. X. Salba, der berühmte tiche­chische Kritiker und Literaturhistoriker, schreibt in seinem Tagebuche:

,, Wie ist doch alles kleinlich und Kläglich: In den deutschen   Bezirken wüten Elend und Hunger, wie sie seit längstem Gedenken dort nicht vorge fommen. Das fatastrophale Elend ist dort so furchtbar, daß es schon die Bevölkerung zu dezi­mieren beginnt. Die Arbeitslosigkeit in diesen Be­girten ist um 250 Prozent größer als in unseren Bezirken und Ihr tschechischen Leute fönnt Euch borstellen, daß in einer solchen Situation das deutsche   Volt dem tschechischen Staat aufrichtig zugetan sein kann? Legt die Hand aufs Herz und sagt aufrichtig: Was habt Ihr seit dem Umsturz für die deutschen Gebiete Böhmens   und Mährens getan? In die Slowakei   habt Ihr vielleicht 1.5 Milliarden für den Bau von Kasernen und wahr­scheinlich auch landwirtschaftlichen Schulen inve stiert, womit Ihr allerdings, und das mit Recht, die Dankbarkeit der Slowaken nicht errungen habt, aber in das deutsche   Gebiet gar nichts oder bei­nahe nichts. Habt Ihr Euch schon um den deutschen Arbeiter und den deutschen Häusler und den deut­schen Handwerker gefümmert? Habt Ihr Ihnen irgendwie das Leben erleichtert? Nicht im gering­ften! Jhr wart aufrichtig besorgt, daß es dort ge= nügend tschechische Gendarmen gab. Was anderes konntet Ihr von diesen Leuten erwarten, als daß sie sich an den trüben Quellen des Hitlerismus erlaben, da Jhr ihnen doch nicht gesundes Wasser gereicht habt. Gewiß spielt Henlein   eine Ko­mödie. Es ist nicht zu verwundern, daß er sie spielt. Ein Wunder wäre nur, wenn er sie nicht spielte. Er ist entweder ein Schauspieler von besonderer Eitelkeit und besonderem Ehrgeiz oder der Expo­nent weiß der Teufel wessen. Wer aber keine Ko­mödie spielt, ist das verelendete deutsche   Volk. Das für ist sein Elend gar so fürchterlich wahr. Wenn man im deutschen Gebiete gleich von Anfang an eine vernünftige Politik getrieben, die sich aufrich­tig um die Mittelschichten bekümmert hätte, müßte es dort heute weder eine Welle des Hakenkreuzler­tums noch auch die sudetendeutsche Heimatfront ges ben. Es wäre nicht zur Komödie Henlein   gekom­men und die patriotischen tschechischen..Enthüller" seiner Doppelgesichtigkeit wären gleichfalls über­flüffig. Und es wird nicht beffer werden, solange nicht ein weitsichtiger Arzt auftaucht, der begrei fen wird, daß der Tscheche mit dem Deutschen   zur aufrichtigen Eintracht nur auf sozialem Gebiete zusammen tommen kann, als zivei Mitarbeiter an ihrer besseren sozialen Zukunft."

Regreß vom Subkomitee fertiggestellt

Das Subkomitee des sozialpolitischen Aus­Schuffes für die Regelung der Bauregreß frage hielt am Dienstag seine letzte Sigung ab. In dieser Sizung nahm das Komitee die Nedak­tion des zweiten Teiles des Entwurfes vor, der bon dem Regreß bei Häusern, die mit einer Unter­stüßung in Form eines Staatsbeitrages erbaut wurden und von den gemeinsamen Bestimmungen handelt. Das Subkomitee nahm dabei eine Reihe bon Aenderungen gegenüber dem Regie­rungsentwurf vor und fügte auch einigenene Bestimmungen, insbesondere hinsichtlich der Erleichterungen für Eigen tümer fleiner, mit geringem Aufwand erbauter Häuser hinzu. Auch die Frage des Regresses bei Häusern, die in die Hände neuer Eigentümer gerieten, wurde bei dieser Gelegenheit in Erwägung gezogen. Ebenso wurden die Rechtsvorschriften ergänzt und hin­fichtlich des Zinssuẞes dieser Teil grundsäglich mit dem ersten Teil des Entwurfes in Einklang ge­bracht. Damit ist die Aufgabe des Subkomitees abgeschlossen. Der Entwurf wird noch den Gegen­stand von Verhandlungen im Plenum des sozial­politischen Ausschusses bilden.

Probleme der jugendlichen Privatangestellten

Montag übergaben Vertreter der Jugend­gruppe des Einheitsverbandes der Privatangestell­ten dem Minister für soziale Fürsorge Dr. Meißner eine Dentschrift, in der neuerlich die

Diese

Ende der Lehrzeit anschließenden Weiterbeschäfti­

Mittwoch, 28. November 1934

Seite 3

Das ist die deutsche   Volksgemeinschaft Deutsche Universität

Daneben geschossen, Herr Henlein!

Die SHF hat zwar immer noch kein soziales Programm, aber sie übt sich wenigstens in sozialer Demagogie. So verbreitet sie in letter Beit ein nachfolgendes reprodu­ziertes Flugblatt über Rothau.

totentian

ist das einmal weltbekannte Eisenwerk Rothau  . Totenatille herrscht dort, wo durch hundert Jahre Eisenhämmer gedröhnt, Transmissionen geheult und aufriedene Arbeiter freudig bei der Arbeit waren.

Aber die Totenstille, die heute dort herrscht, hat Rothau   noch einmal bekannt ge­macht. Kein gerechter Mensch konnte verstehen, wie durch den Beschluss einiger Fi­nanzleute eine bodenverwurzelte Industrie aus zweifelhaften Ersparniegründen ein­fach verschoben werden durfte, dass tausende Familien von heute auf morgen dadurcb einfach brotlos wurden und dass das Werk, das der Fleiss deutscher   Arbeiter und Ingenieure erbaut hatte, weit hinter der Sprachgrenze wieder erstehen konnte. Dort sind die tausend Arbeitsplätze, die das Werk bietet, in andere Ende gelangt, und im totenstillen Rothau feiern deutsche   Volksgenossen, die durch Geschlechter hin­durch die Arbeit in Eisenwerk erlernt hatten.

Das durfte geschehen, weil die dreieinhalb Millionen Sudetendeutsche uneinig waren. Dass solches nicht wieder geschieht, darum kämpft dte" Sudetendeutsche Heimatfront". ERI Auch DU gehöret in unsere Reihen 1

aRB

Sudetendeutsche Heimatfront

Bergestellt und gedruckt im Eigenbetrieb der SHF. Hauptstelle der SPF, Eger   Jahnhofstr.63

M

In dieser neuartigen Form will die SHF unter den Arbeitern für den getarnten Fascis­mus werben. Sie hat sich aber mit dem Rothau  - Flugblatt selbst eine schallende Ohr­feige verfekt. Die Ruinen von Rothau   zeugen nicht gegen den Margismus, fon= dern gegen den Boltsgemeinschafts Schwindel des deutschen Bürgertums. Deutsche   Kapitalisten waren es, die die Nothauer Eisenwerke aus Profitgründen einstellten und ,, weit hinter die Sprachgrenze" verlegten. Herr Generaldirektor Doderer, zuerst deutschnationaler Stadtrat in Komotau   und dann Wahlwerber der Deutschen Arbeits­und Wirtschaftsgemeinschaft, hat das Hauptverdienst daran, daß die bodenverwurzelte Industrie" im Rothautale vernichtet, daß das Krifenelend im Hungerbezirk Graslik vervielfacht wurde. Das durfte geschehen, weil die dreiein halb Millionen Sudetendeutschen uneinig waren." Jawohl: uneinigim Kampfe gegen den profitg erigen Kapitalis= mus, gegen die Doderers und ihre Henleins! Die Lehre von Rothau   für die arbeitenden Menschen im sudetendeutschen   Gebiet ist, daß sie mehr Einigkeit und Geschloffenheit brauchen im Kampfe um den Sozialismus.

Tschechische Schriftsteller gegen Fascismus

Die tschechoslowakische Schriftstellers gemeinde hat folgende Kundgebung er­lassen:

Die Nazi rühren sich wieder

Bregenz  . Aus ganz Vorarlberg   wird das Neuaufleben der nationalsozialistischen Agitation gemeldet. In den letzten Tagen wurden Tausende bon Flugblättern mit Namenlisten der hingerich teten nationalsozialistischen Putschteilnehmer mit Pianetta an der Spike verteilt. In den Flug­blättern heißt es, daß die Nationalsozialisten sich zu diesen Märtyrern und zu deren Beispiel be= fennen.

Heimwehrmann

von einem zweiten angeschossen

Die unterfertigten Mitglieder der tschechoslo­wakischen Schriftstellergemeinde verurteilten die Begebenheiten, zu denen es dieser Tage in den Prager   Gassen gekommen ist und die Alte der Ge­ivalt gegen die Mitbürger anderer Sprache und anderen religiösen und politischen Bekenntnisses. Wir rufen zur Verteidigung gegen den organisier­ten Angriff der Fascisten, welche die Methoden der reaktionärsten antidemokratischen und dem Charak Linz. Sonntag nachts standen zwei Mitglie ter unseres Volkes völlig Bewegungen überneh- der des Schußkorps in Em&   auf der Eisenbahn­men auf die geistige Freiheit. Insbesondere ver- brüde, als plößlich das Gewehr des einen losging. urteilen wir es, daß diese Angriffe gegen kultu- Der Schuß traf den anderen Schußkorpsmann, den relle Institutionen gerichtet varen, und daß der Wachmann Prisch, der schwer verletzt zu Boden Universitätsstreit, der durch die Deutschnationalen fant. Er wurde in hoffnungslosem Zustande in entfacht wurde, zur Mißachtung des guten Na- das Krankenhaus geschafft. Der Vorfall wird mens der Hauptstadt unseres Staates mißbraucht untersucht. wurde. Wir fordern die gesamte demokratische und antifascistische Oeffentlichkeit, alle arbeitenden Schichten und insbesondere die fortschrittliche und

Todesurteil in Wels

bis 7. Jänner geschlossen

Prag  . Der Akademische Senat der deutschen Universität hat nach längerer Beratung beschlossen, die Vorlesungen bis zum 7. Jänner einzustellen. Der Prüfungsbetrieb soll jedoch schon nächste Woche aufgenommen werden.

Eine Deputation des akademischen Senates holte vom Schulminister Dr. Krčmař die Zustim= mung zur Sperre der Universität für diesen Zeit­raum ein, welche Maßnahme mit der allgemeinen Erregung begründet wurde.

Warum die tschechische Rektors­Installation verschoben wurde

Die feierliche Einführung des Rektors der tschechischen Universität Prof. Dr. Drachovský sollte heute erfolgen, wurde aber verschoben. Die Národní Listy" wandten sich u. a. an Rektor Drachovský mit der Anfrage, welche Gründe zu der Verlegung der Rektorsinstallation geführt haben.

Rettor Drachovský erklärte, die Installation sei aus administrativen Gründen verschoben worden. Außerdem führen bei diesem Aft die Rechtshörer den Ordnungsdienst und da erst gestern die Wahlen in dem Fakultätsverein ehr d" stattfanden, bedurfte es eines ge= wissen Abstands zur weiteren Beruhi gung. Auf die Frage, ob die Einführung des Rektors sich feierlicher gestalten werde als sonst. erklärte Drachovský, daß er dies nicht glaube, da hier ein historisches 3eremonie!! borliege, das einzuhalten notivendig ist.

Spät, aber doch

Anerkennung der Arbeit des Genossen Dr. Czech in der ,, Národní Politika"

Die ,, Národni Politika" veröffentlicht heute einen längeren Auffaz über öffentliche Arbeiten und Arbeitslosigkeit, in dem der Tätigkeit des Ministers Genossen Dr. Czech hohes Lob gespen­det wird. Dies muß umso nachdrücklicher festgestellt werden, als gerade dieses Blatt es war, welches seinerzeit den Genossen Dr. Czech wegen seiner Tätigkeit im Fürsorgeministerium angegriffen hat, während es jetzt von der hervorragenden Arbeits­leistung des Genossen Dr. Czech im Fürsorgemini­sterium spricht und hervorhebt, daß die Erfahrun= gen, die Czech   im Fürsorgeministerium gesammelt hat, ihm im Ministerium für öffentliche Arbeiten zugute kommen. Das Blatt schreibt von Dr. Czech wörtlich:

-

Er war lange Jahre Minister für soziale Für­forge, in welchem Ressort er wie allgemein anerkannt wird eine sehr lebhafte und initiative Tätigkeit entwickelt hat. Hier konnte er die Krife unmittelbar in allen ihren schweren sozialen Aus­wirkungen berfolgen, er organisierte in weitem Maße die Arbeitslosenfürsorge und verwaltete und erwirkte vielfach vom Finanzminister Hunderte von Millionen zum Zwecke der Arbeitslosenunter­stüßung. Durch seine Hände ging dieses viele Geld und er konnte daher berfolgen, wie es nur wenig half, wie die Arbeitslosigkeit weiter wuchs und wie nicht einmal die arbeitslosen Arbeiter schließ= lich Unterstützungen wollten, sondern nach Arbeit und ordentlichem Verdienst rufen.

Für das Ressort, das ihm dann zugeteilt wurde und welches er nunmehr verwaltet, konnte er feine bessere Vorbereitung haben, als gerade im Ministerium für soziale Fürsorge. Hat er dort die produktive Arbeitslosenfürsorge im Kleinen organisiert, so ist das Ministerium für öffentliche Arbeiten ein Amt, wo der Minister diese produk­tive Fürsorge im Großen oder wenigstens in grö­Berem Maßstabe organisieren kann. Das genannte Ressort erteilt teine Unterstüßungen, sondern ist zur Organisation der Arbeit und der öffentlichen Investitionstätigkeit berufen.

In seine neue Funktion brachte Minister Dr. Czech also nicht nur tiefe Kenntnis der Not des Volkes, sondern auch die traurigen Erfahrungen, daß man mit Unterstüßungen und Almosen allein nicht alles erwirken kann. Und deswegen konnte er mit großer Entschiedenheit, Fleiß und Energie, wodurch Dr. Czech im Ressort der sozialen Für­forge geradezu hervorragte, sich in dieser seiner neuen Wirkungsstätte an die Arbeit begeben.

Zum Schluß erzählt das Blatt, daß Genosse Dr. Czech so fleißig ist, daß er sich jeden Tag noch nachhause amtliche Schriften zum Aufarbeiten nimmt und zwar in nicht weniger als drei Aktentaschen. Tschechische Sozialdemokratie für Operationen auf dem freien Markt Der Klub der tschechischen sozialdemokratischen Abgeordneten hat eine Entschließung des Abg. Dr. derung des Bankgesezes in der Richtung aus­der Vermehrung des Geldumlaufes gemäß den

Wien.( Tsch. P.-B.) Zum Tode durch den rascheste gesetzliche Regelung der Arbeitsbedingun- gebildete Jugend ohne Unterschied der politischen Strang wurde vom Schivurgericht Wels der 22. Macet angenommen, in der er sich für die Aen­Ueberzeugung auf, daß sie auf ihren Pläßen und jährige Johann Schneidhofer aus Alkoven auf gemäße Lösung der wichtigen Frage einer an das tischen und sozialen Gefahr solcher organisierter er bereits wegen Teilnahme an den Juli- Ereia- berschreibungen( Arbeitsanleihe u. a.) zum Zivede Regelung soll nach der Denkschrift auch eine zeit mit ihren Mitteln entschieden der kulturellen, polis Grund des Sprengstoffgesezes verurteilt, nachdem spricht, daß diese den Antauf erstklassiger Schuld­reaktionärer Angriffe entgegen frete. Unterfertigt sind u. a. die Brüder Josef und nissen vom Linzer   Landesgericht zu acht Jahren Bedürfnissen des Wirtschaftslebens durchführt. angemessene Entlohnung der Handelslehrlinge Sarel Capet, Otokar Fischer  , Jan Herben  , Josef Urteil gegen Schneidhofer muß nicht sofort voll­die in der Dentschrift aufgeworfenen Fragen. Er Majerová, Jiří Mahen, 3d. Nejedlý, van streckt werden, da es sich um ein Geschworenen­festsetzen. Der Minister besprach mit der Abordnung Hora, F. B.   Krejči, Frant. Langer, Marie berührte dabei die Probleme des freiwilligen Ar- Olbracht, Ferdinand Peroutka  , F. X. Salda, A. M. beitsdienstes und der Errichtung von Winterbeis Tilšová und viele andere. men für arbeitslose Jugendliche. Schließlich gab der Minister dem Wunsche Ausdruck, daß die jun­

Genoffe Johann Patat, Oberlehrer in Kloster

urteil handelt. Hungerstreik Braunthals Genosse Bra untha I, welcher im Ston­

Zu wenig Fremdenpropaganda. Das Ab­verhandelte den Vertrag mit Desterreich über die Zollfreiheit von Bäder- und Reiseprospetten, wobei sich der Referent Slavi= čet über die ungenügende Fremdenpropaganda bei uns beklagte, die dem Handelsministerium zur

deren, fie betreffenden Fragen, nach wie vor in- Angelobung als Mandatsnachfolger des Genossen zum Protest gegen seine Behandlung den Hunten, informative Broschüren für die Fremden etc. gen Privatangestellten an der Lösung der beson- bei Neubistrig, hat am Dienstag im Parlament die zentrationslager Wöllersdorf angehalten wird, hat Past zu legen sei. Kurse für die Verkehrsangestell

bo mitarbeiten.

Dietl geleistet.

gerstreit begonnen.

wären dringend notwendig.