Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
abiolss
191682
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .
14. Jahrgang
sollen ausgestaltet werden
In der Budgetdebatte im Senatsausschus befaßte sich Genosse Re y z I mit dem Nachrichtendienst unseres Pressebüros im Rundfunk.
Die deutschen Meldungen sind gegenüber den tschechischen bedeutend gekürzt; gerade das Gegenteil wäre jedoch angezeigt, weil dadurch in unseren Gegenden die Bevölkerung zum großen Teil auf den Nachrichtendienst der reichsdeutschen Sender angewiesen ist, der ausführlicher, aber auch entsprechend tendenziös ist. Unser Preßbüro reagiert bei seinen Sendungen darauf mit feinem Worte eriveist aber mit der Kürze seiner Nachrichten und feiner Zurückhaltung unserer Bevölkerung einen sehr schlechten Dienst. Alles braucht man durchaus nicht einzustecken, was die deutschen Sender verbreiten, um unsere deutsche Bevölkerung in ungünstigem Sinne gegen die Republik zu beeinflussen.
Freitag, 7. Dezember 1934
Einzelpreis 70 Heller
( einschließlich 5 Heller Porto)
Nr. 287
Gottfried Feder pensioniert! Es rollen wieder Köpfe...
Der Schöpfer des nationalsozialistischen Programms als Opfer des Goering - Kurses
Das amtliche Deutsche Nachrichten- Büro meldet aus Berlin :
Der Führer und Reichskanzler hat den Staatssekretär im Reichswirtschaftsministerium Diplomingenieur Professor Gottfried Feder unter gleichzeitiger Abberufung von dem Amt als Reichskommissar für das Siedlungswesen unter Gewährung des gesezlichen Wartegeldes in den einstweiligen Ruhe st and versett.
***
Warum Brückner abgesetzt wurde
Die neueste Phase der Hitterdiktatur
Seit Wochen wollen die Gerüchte über den zweiten 30. Juni", der von Goering ge= plant sei, nicht zum Schweigen kommen. Sie er= halten täglich neue Nahrung durch die Reden der Machthaber des Dritten Reichs, die einander wieder einmal wie in den Tagen vor den Junimorden, in der deutlichsten Form widersprechen. Auf der einen Seite fordert die Gruppe S ch a cht, gestützt auf den konservativen Flügel der Reichswehrgeneralität, einen flaren und durch keine Demagogie gestörten tapitalistischen Kurs, auf der andern Seite standen in den letzten Wochen die Darré, Feder, Rosenberg, Ley mit ihren radikalen Forderungen, die man zwar nur och und v. Rentelen teilgenommen fälschlich sozialistisch" nennen kann, die aber doch haben, steht nicht genau fest. Die Minister, die an dem Arsenal der 25 Punkte entnommen sind. Die Absetzung ist bereits vor einer Reihe von dieser Besprechung ein Interesse hätten haben Darré hat in Goslar dem Wirtschaftsregime Tagen erfolgt, nachdem Brückner zunächst einmal fönnen, also Darré und Goebbels , waren Schacht offen den Strieg erklärt. Rosenberg vor vier Wochen auf unbestimmte Zeit beurlaubt nicht erschienen. In dieser Sizung hat Brückner war nicht nur mit dem wirtschaftlichen, sondern worden war. Die Mitteilung erfolgte lediglich zur ziemlich aggressive Vorschläge gemacht, die sich auch mit dem kulturpolitischen und außenpoliti Verdunkelung erst jetzt. Brückner wurde von Hit- vor allem gegen Goering richteten. Außerdem schen Kurs des Kabinetts nicht einverstanden. ler im Flugzeug abgeholt und nach Berlin ge- wird er beschuldigt, Beziehungen zur„ Schwarzen Endlich ist da noch Streicher in Nürnberg , bracht. Seit dieser Zeit ist Brüdners AufentFront" unterhalten zu haben. Doch hat Brückner deffen bluttriefende Judenheze dem Regime viele alt unbekannt, was bereits zu den wil nie zu den Linken, wie Gregor Straffer, Stöhr, Verlegenheiten bereitet. Gegen alle diese Radikadesten Gerüchten Anlaß geboten bat. In Breslau Reventlow gehört, sondern stets zu den sogenann- len soll vorgegangen werden. hat Hitler geäußert, er freue sich, daß die Partei- ten Zentristen", wie Goebbels , Terhoven, Wagorganisation allmählich mit allen Schädlingen ner- Bochum u. a. ( Seines, Engel, Schmidt, Rebitzky) aufräume. Sie solle nur so fortfahren.
Zur Absetzung Brückners erfährt Aeropreß folgende Einzelheiten:
"
Ministerpräsident Malypetr erividerte darauf, daß gerade in diesen Tagen eine Konferenz zwischen der Presseabteilung des Tsch. P.-B. und dem Radiojournal stattgefunden habe, in der darüber verhandelt wurde, wie man den Informations- und Propagandadienst schlagfertiger, umfangreicher und für die Radiohörer befriedigender gestalten und ihn auch vom Standpunkt der staatlichen Bedürfnisse so ausbauen tönnte, wie Es sind verschiedene Gründe, die Goering sich das Senator Reyzl vorstelle. Unser offizieller veranlassen, dem 30. Juni eine Fortseßung folRadiodienst könne freilich nicht mit den RundIn Berliner politischen Kreisen hat man im gen zu lassen. Vor allem wollen die deutschen Ka= funtmeldungen aus dem Auslande polemisieren, übrigen den Eindruck, daß der neue 30. Juni pitalisten die NSDAP als selbständigen Organis weil wir dadurch oft in furiose gegenseitige UnanWir sind auch in der Lage, Mitteilungen nicht bevorstehe, sondern schon im Gange mus endlich beseitigt sehen. Nicht, daß sie ernstnehmlichkeiten geraten würden. Auch die Rundfunkhörer aus den Reihen der darüber zu machen, warum Brüdner in Ungnade jei. Die fieben Toten in München , die lich den Sozialismus der 25 Punkte fürchten! Minderheit werden in kurzer Zeit nicht nur mit fiel. Er nahm an einer Sibung teil, die sich mit Aktion, die der bayrische Innenminister anfün- Aber es stört sie, daß zweieinhalb Jahre nach dem der Ausführlichkeit der Meldungen, sondern auch der Abwehr von Waßnahmen befaßte, die man be- digte, und der Schlag gegen Brückner werden in Sturz Brünings, fast zwei Jahre nach dem Sturz mit der besseren Ausgestaltung der Stationen zu- fürchtete. Dort hatten sich eine Reihe von Persön=| diesem Sinne gedeutet. Die Maßnahmen würden Schleichers noch immer das Wort„ sozialistisch" ebenso die Spionageverfahren, mit noch größerer Heimlichkeit als am 30. Juni vor sich gehen, so daß man unter Umständen erst nach Wochen erfährt, wer die neuen Opfer sind.
frieden sein können, da ſich das Poſtministerium darauf schon intensiv vorbereitet.
Britisch- polnisches Kohlenabkommen London. ( Reuter.) Der Grubenminister gab bekannt, daß zwischen den Vertretern der polnischen und der britischen Kohlenindustrie ein Einbernehmen erzielt wurde.
daß etwas gegen sie im Gange sei. Diese Besprechung erinnert sehr an die Erörterungen, die Röhm, Heines, Ernst u. a. vor dem 30. Juni pflogen. Zugegen waren, wie wir aufs bestimm teste wissen, Fe de r, b. d. Golb, 2ey, Kaufmann, der abgesetzte Oberpräsident von Pom mern , arpenstein, ferner, wie erwähnt, Brückner, und eine Reihe anderer. Ob auch
mit der Entsendung neutralen Militärs
gischen Forderungen des Hitlerprogramms noch immer umgehen, daß Hartschädel und Wirrköpfe nach Bodenreform, Gewinnbeteiligung und ähn lichen Dingen verlangen, die Hitler einst verspro= chen hat. Die Kapitalisten haben ihr Geld nicht deshalb in die Hitlerpartei investiert, damit Zu dem Rätselraten, was Goebbels mit dem Darré die Bauern beglücken, Rosenberg die nordische Kultur vertiefen und Feder die ,, kühnsten Plan" meint, erfährt Aeropreß aus zuverlässiger Quelle, daß in der Tat, allen De- Binsfnechtschaft brechen können. Sie haben gute mentis zum Trok, an eine außerordentlich hoch märker gezahlt und wollen eine glatte Gegenleis hoch- stung. prozentige Martentwertung gedacht ist. ſtung. Zwar sind die Löhne gesunken, die MassenMan spricht sogar von 80 Prozent! Goebbels hat steuern gestiegen, die Besitzsteuern so gut wie aufsich damit, um seine Position erneut zu feftigen, gehoben, die Macht der Arbeiter in den Betrieben zum Wortführer einer Gruppe von Wirtschaftlern gebrochen, aber die Herren, die das bezahlt und gemacht, die gegen Schacht opponieren. Goeb- arrangiert haben, stört es, daß die Söldner auf bels bereitet schon eine neue Propaganda- Kam- den Straßen lungern und in den Aemtern herGen f. Der deutsche Konful in Genf hat betonen, daß England damit seine bisherige Po- pagne vor, die unter der Arbeiterschaft Eindruck umlümmeln, frech ihren Lohn heischend. Day am Donnerstag nachmittags dem Vorsitzenden litik der Isolierung aufgebe. In England hat sich machen soll, wonach diese Markabwertung die Fälle vorkommen wie der des Bantrats Köpdes Saarausschusses, Baron A o ifi, im Auf- anscheinend die Ueberzeugung durchgesezt, daß es größte sozialistische Tat" und eine pen, daß zur Beruhigung“ und„ Versöhnung" trage der deutschen Reichsregierung die Antwort nicht so weit kommen dürfe wie 1914, da Eng-" Enteignung des Kapitalismus " darstellen werde. Der Nazi Kapitalisten da und dort schikaniert werden das ärgert die Kapitalisten einfach und Deutschlands übergeben. Sie hat folgenden Wort- land, indem es einer Parteinahme auswich und In Wahrheit würden nicht die Konzerne und Berlin dauernd im Zweifel darüber ließ, was es Trusts betroffen werden, sondern die kleinen sie wollen es anders haben. „ Ich beehre mich, den Empfang Ihres Tele- zu tun gedenke, sich an dem Ausbruch des Krie- Sparer, auf die eine solche Propaganda ihre Wirgrammes vont 5. d. M. über die Sigung des Völ- ges mitschuldig mache. Hätten Wilhelm II. und tung schon deshalb verfehlen würde, weil sie, von kerbundrates vom gleichen Tage zu bestätigen und Bethmann- Hollweg damals rechtzeitig er- 1923 her verängstigt, eine Markabwertung einer Ihnen barauf namens der deutschen Reichsregie- fahren, daß sie mit England als Gegner rechnen Inflation gleichfeßen würden. Wohlgemerkt hanmüssen, so hätten sie vermutlich die Kriegserflä- delt es sich hier um bestimmte Pläne, die naDie deutsche Reichsregierung hat von den rungen nach Petersburg und Paris nicht abge- türlich auf starten wider st and Erklärungen Kenntnis genommen, die im Bol- schickt. Diesmal hat England sich in letzter Stunde chacht stoßen und deshalb noch nichts Endkerbundrat zu Genf zur Frage der Aufrechterhal- besonnen. Im Augenblick ist der sicherste Schuß gültiges darstellen. tung von Ruhe und Ordnung im Saargebiete gegen deutsche Putschgelüfte auf jeden Fall die der Abstimmungsperiode abgegeben Anwesenheit britischen Militärs an der Saar . worden sind. Sie ist ihrerseits zwar der Auficht, Auch für die Abstimmung ist es psychologisch bedaß die Verhältnisse im Saargebiete eine Heran- sonders wertvoll, daß nicht französische, sondern ziehung auswärtiger Kräfte für die Aufrechter- neutrale Truppen da sein werden. Einerseits haltung von Ruhe und Ordnung es nicht notwen werden sie der Freiheitspartei ein gewisses big erscheinen laſſen; fie will sich aber gleichwohl Sicherheitsgefühl geben, andererseits wird die damit einverstanden erklären, daß, sofern der Bevölkerung sehen, daß Frankreich keine VergeRat dies beschließt, neutrale, internawaltigung der Saar plant. tionale Kontingente in angemesfener Stärke zu dem erwähnten Zweck ins Saargebiet entfandt werden.
laut:
rung folgendes mitzuteilen:
während
Die deutsche Presse betont, daß Deutsch land annehmen müsse, weil es sich um einer i te terliche Geste" Frankreichs handle. Im übrigen ist man in Deutschland natürlich nicht erbaut von einer Lösung, die einen Butsch zu einer ganz gefährlichen Sache macht. Es ist bereits die Weisung ergangen, daß kein SA- Mann Der Vorschlag, den Laval in Genf unterbreitet hat, ist fast überall bei fällig auf- ins Saargebiet reisen darf, es sei denn als zu genommen worden. Die französische Beeffe stimmungsberechtigter. stimmt ihm einmütig zu, denn sie sieht darin den
Neues Handelsabkommen mit Rumänien
bon
Bukarest.( Tsch. P.-B.) Donnerstag
wurde in Bukarest von Handelsminister Manoi lesen- Strunga und dem Leiter der Wirtschafts
abteilung des rumänischen Außenministeriums Gesandten Christu namens der rumänischen Negierung und durch den Gesandten Seba sowie den Delegationsführer Legationsrat Dr. Niederle namens der tschechoslowakischen Regierung das neue tschechoslowakisch- rumänische Handelsabkommen unterzeichnet.
Der Königsmord
vor dem Völkerbund
Ein anderer Grund ist außenpolitischer Natur. Man braucht kredite. England und merita sind unter gewissen Bedingungen bereit, die deutsche Aufrüstung weiter zu finanzie ren. Aber auch die englischen und amerikanischen Banfiers wünschen wie ihre deutschen Kollegen,
daß gewisse Schönheitsfehler der Diktatur ver
schwinden. Auch vor dem 30. Juni lag ein konfreter Wunsch aus England vor, man möge mit dem Radikalismus aufräumen. Die Engländer hatten es nur nicht so wörtlich gemeint, wie Goe ring es verstanden hat.
Und endlich ist eine der Ursachen, des neuen
30. Juni der geradezu naturgegebene Prozeß der Auslese in der Diktatur. Das System bringt es mit sich, daß von Zeit zu Zeit eine Gruppe aus dem Kreis der Herrschenden über Bord gewor fen wird. In jeder reaktionären Diktatur wird der Kreis der Herrschenden enger und enger. Nur eine evolutionäre Diktatur vermag ihn zugleich mit ihrer Basis zu erweitern.
Der Prozeß der Erledigung unbeliebter Mitfämpfer hat inzwischen begonnen. Diesmal ist man freilich vorsichtig genug, mit sanfter Hand zuzugreifen. Als erster wurde der Breslauer Oberpräsident Brückner aus der Partei aus gestoßen und seiner Aemter enthoben. He I mut Genf . Jm Völkerbundsrat wird Freitag mit Brückner soll einerseits mit den Monarchider Prüfung der Beschwerde der jugoslawischen sten, andererseits mit der Linken um Darré konRegierung wegen des Marseiller Attentates be- spiriert haben. Ob Brückner nur enthoben, ob er Die Vorbereitungen für dieses ganz erledigt wurde, ist zur Stunde nicht zu erBesonders bedeutsam ist die günstige Auf- pen der Staaten, die mit Frankreich oder mit außerordentliche Ereignis sind in Genf bereits mitteln. Nach bestimmten Berliner Meldungen mehrere Tage hindurch im Gange. soll er spur los verschwunden sein,
Neben italienischen und britis besten Weg, die Verleumdungen Deutschlands zu schen Truppen sollen Holländer und Beritören und den Beweis zu erbringen, daß allenfalls Truppen einer skandinavischen Frankreich wirklich nur die strikte Einhaltung der macht herangezogen werden, aber keine TrupBerträge anstrebe. nahme in England, wo die Blätter allerdings Deutschland befreundet sind.
gonnen werden.