Sosialdemokra
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI
IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .
15. Jahrgang
Donnerstag, 3. Jänner 1935
Warnung Blombergs Nach vielen Hindernissen:
( Tsch. P.-B.) Eine der zahlreichen offiziellen Ansprachen, die am Neujahrstage ge= halte wurden, ist merkwürdigerweise nicht sogleich bekanntgegeben worden, sondern erst im Laufe des Mittwochs den Blättern zugegangen. Es war die Ansprache, die der Reichswehrminister Generaloberst von Blomberg hielt, als er in Begleitung der Chefs der Heeresleitung und der Marineleitung dem Führer und Reichskanz= ler die Glückwünsche der deutschen Wehrmacht überbrachte.
In politischen und diplomatischen Kreisen hat diese Ansprache sehr große Beachtung gefunden, besonders die heikle Stelle, welche die Niederschlagung der Röhm- Rewolte am 30. Juni d. J. durch die starke Hand des Füh= rers erwähnt und dabei offen zugibt, da der damalige Aufstand in er= ster Linie gegen die Wehrmacht gerichtet war. Deutschland bisher nur andentungsweise ge= sprochen.
Davon wurde in
Romrcise Lavals noch diese Woche
Paris . Der Quai d'Orsay veröffentlicht nachstehende amtliche Verlautbarung:
,, Auf Einladung der italienischen Regierung wird sich Außenminister Laval am Donnerstag abends um 20 Uhr 30 nach Rom begeben, wo er wichtige Besprechungen haben wird, die beide Länder interessieren und die sich auf allgemeine politische Fragen als Abschluß der Besprechungen beziehen, die in der letzten Zeit auf diplomatischem Wege gepflogen worden sind."
Außenminister Laval wird sich drei Tage in der italienischen Hauptstadt aufhalten. Die französischen Minister waren am Mittwoch morgens zu einem sehr langen Ministerrat zusammengetreten, in deren Verlauf der Außenminister den genauen Stand der französisch - italienischen Verhandlungen darlegte. Im Anschluß hieran empfing Laval noch einmal den ita lienischen Botschafter in Paris ; diese Zusammenkunft war für den Entschluß der Reise maßgebend. Ob das französische Programm irgend eine Aenderung erfahren hat, ist bisher nicht bekannt geworden.
Worum geht es?
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Nr. 2
Europäische Politik
Das neue Jahr hat in der europäischen Politik einen bewegten Anfang. Es ist die öster= reichische Frage, die durch den französisch- italienis schen Meinungsaustausch und durch den geplanten Besuch des französischen Außenministers Laval in Rom in den ersten Tagen des Jahres 1935 in dem Vordergrund des Interesses steht. Doch der Kampf um die Sicherung der Unab= hängigkeit Oesterreich 3 berührt eine Reihe weiterer Probleme, wie das des Ausgleiches des italienisch- französischen Gegensatzes, des ungarischen Revisionskampfes, des Verhältniffes Jtaliens zur Kleinen Entente usw. Es wäre also falsch, die österreichische Frage als eine Angelegenheit von untergeordneter Bedeutung abzutun, sie führt mitten hinein in die Zentralprobleme der europäischen Politik, sie ist ver= früpft mit dem Weltproblem der Abrüstung und ihre Lösung muß vor allem auch die Arbeiterklasse interessieren ob der Rüdwirtungen, die sie auf die innerpolitische Ent In diesem Vertrage könne tatsächlich die wicklung des Landes ausstrahlt. Selbstverständlich werden die Anstrengungen aller Sozialisten fich Befriedigung Zentraleuropas erblickt werden und darauf konzentrieren, die Regierungen ihrer Nach einer Havasmeldung aus Rom soll man könne der Hoffnung Ausdruck geben, daß Länder in der österreichischen Frage zu einer das Abkommen über die Garantien für alle am mitteleuropäischen Raum intereſſierten Stellungnahme zu drängen, die dem italienischdie Unabhängigkeit Oester Staaten sich diesem Nichteinmischungspakt an= Man glaubt daher, daß diese Rede einerseits reichs auf Grund der diplomatischen Ver- schließen werden. Die Einladung zur Teilnahme fegungen für eine Wiedererstehung demokratischer fascistischen Einfluß Schranken setzt und Vorauseinen Beweis liefert, wie aufmerksam von den handlungen zwischen Paris und Rom einem Pro- wird möglichst weit gezogen werden. führenden Reichswehrkreisen die nationalsoziali- tokoll einverleibt werden, welches es ermöglichen Rechte und Freiheiten schafft. stischen Sturmabteilungen beobachtet werden, an- soll, daß die franzöfifch- italienische ZusammenAuch zu Beginn des nun vergangenen Jahres dererseits diesen Sturmabteilungen aber deut- arbeit etappen weise auch auf andere Die Einigung zwischen Laval und Mussolini , überschattete Oesterreich die europäische lich angekündigt wird, daß sie keine Ansprüche Staaten Europas ausgedehnt werden wird. Wie die eine Voraussetzung der Reise war, ist förmlich Bolitit. Damals schien es, als ob der Demokratic erheben sollen, die letzten Endes zu einem Zusam- es scheint, besteht die Absicht, den Gesamtkomplex über Nacht erzielt worden. Während die franzö- dieser Republik die größeren Gefahren von dem menstoße mit der Reichswehr führen müßten. dieses diplomatischen Mechanismus spätestens sischen Blätter am 1. Jänner noch voll scharfer deutschen Fascismus drohen. Seine gegenwärtige innerhalb zweier Monate vollständig in Kraft zu Stritit der Haltung Italiens waren und allgemein Machtstellung in Europa hat ja erst die ,, Lösung" behaupteten, daß die Verhandlungen auf dem ermöglicht, die das Jahr 1934 mit dem Sieg des Die zwischen Frankreich und Italien schwe- toten Punkt angelangt seien, wobei man von Austrofascismus gebracht hat. Eine Lösung freilich, benden Kolonialfragen, die bisher nur im grund- einem offiziellen Eingreifen Deutschlands in Rom von der wohl in der ganzen Welt kein ernstfäßlichen geregelt wurden, da sich die gesamten sprach, ist die Pariser Presse am Mittwoch gänzlich zunehmender Mensch die Meinung hat, daß sie von Verhandlungen in der letzten Zeit ausschließlich umgestimmt. Sie preist das staatsmännische Ge- langer Dauer sein kann. auf die europäischen Fragen konzentriert haben, schick Lavals und begrüßt die Einigung wie die Die Ausbreitung des Fai sollen nunmehr in Nom auch in den Details gelöst Verheißung eines ganz großen Glücks für Frank- cismus in Mitteleuropa , der werden. reich. Demgegenüber muß schon jetzt festgestellt von ihm start betonte Nationalismus ..Journal des Debats " erfährt, daß die werden, daß bei jeder Art Vereinbarung zwischen und die Folgen der kaum geschwächt weiter wütenFerner sind aus dem Reichstag ausge italienische Regierung dem französischen Vorschlag Paris und Rom Frankreich der Teil den Weltkrise des kapitalistischieden die Abgeordneten Karpen site in, des Tertes des Protokolls, durch welches sich diese ein wird, der drauf zahlt, wäh- schen Systems waren es vor allem, die Nagel, Sommer-Dessau, Bolte, Berg- Staaten zu einer Garantie der Unabhängigkeit rend Italien der Gewinner ist. Musim vergangenen Jahre der europäischen Politik den mann und der gestürzte Oberpräsident Brüt d- Desterreichs verpflichten, zugestimmt, jedoch ver- solini hat durch eine ebenso strupellose wie geris- bewegten Charakter gegeben haben. Nach dem im Dafür sind neu berufen worden für den langt habe, daß vorläufig der Baffus sene Politik die alten Traditionen des italienischen Oktober 1933 erfolgten Austritt Deutschlands aus Wahlkreis Pommern der SA- Standartenführer weggelassen werde, in dem sich die Signatare Sacro egoismo" fortgesetzt und es verstanden, dem Völkerbund hat die nationalsozialistische General a. D. von der Schulenburg, für den gegenseitig zur Respektierung der Grenzen ver- durch eine geschickte Schaukeltaktik bald von Reichsregierung die Kriegsaufrüst unWahlkreis Westfalen- Nord der Telegraphen- Bau- pflichten. Diese Verpflichtung hatte aber, schreibt Deutschland bald von Frankreich wichtige Zuge- gen im rasendsten Tempo beschleunigt und allen arbeiter Schürmann, für den Wahlkreis Franken Journal des Debats", in unseren Augen große ständnisse zu erhalten. Diesmal ist Frankreich an Signatarmächten von Versailles den Friedensver der Hauptlehrer und I. Bürgermeister Meyer, für Bedeutung, weil sie eine Verurteilung der Reihe. Es wird in Afrika und in Mit- trag als ein wertloses Stück Papier zerfetzt vor den Wahlkreis Magdeburg der Dessauer Stadtrat des Revisionismus bedeutete. Und teleuropa Opfer bringen müssen, vor allem die Füße geworfen. Obwohl der Ablauf der politi Trippler, für den Wahlkreis Südhannover- gerade dieser Teil des Protokolles war der italie - aber in der Mittelmeer - und Seeschen Ereignisse im Jahre 1934 keinerlei Zweifel Braunschweig der Handelsvertreter und Gauin- nischen Regierung, die bis jetzt die ungarische rüstungsfrage Italien alles mögliche zu- zuließ, daß die deutsche Regierung den Vertrag spektor Stropp aus Leipzig und für den Wahlkreis revisionistische Tätigkeit unterstützt hat, unan- gestehen müssen, wofür es nichts erhalten wird, gerade in der wichtigen Frage der militärischen Breslau der Kreisleiter Steined aus Nordheim genehm. ( Hannover ).
Die ,, Reinigung" Sechs Nazi aus dem Reichstag entfernt
Berlin . Im Reichstag find in letzter Zeit eine Reihe von Veränderungen eingetreten. Für den im Juli verstorbenen Abgeordneten MaierStuttgart wurde der Beauftragte der Parteileitung erle berufen.
ner.
Insgesamt sind, wie das NDZ meldet, in den gegenwärtigen Reichstag, der am 12. November 1933 gewählt wurde, bisher 30 Abgeordnete neu eingetreten.
Der österreichische
Finanzminister bei Dr. Beneš
fetzen.
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In Londoner offiziellen Kreisen wird die Abreise Lavals nach Rom als Garantie dafür angesehen, daß zwischen den beiden Regierungen in der österreichischen Frage bereits ein Einvernehmen erzielt wurde und daß auch in den Kololonialfragen eine Verständigung nahe bevorsteht.
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D
als Verträge, die Italien so wenig halten wird. Aufrüstung täglich von neuem wieder zerriß, war wie es jemals einen Vertrag hielt, wenn er ihm von einem eigentlichen Widerstand der anderen nicht dauernd Vorteile brachte. Die nächste Phase Staaten kaum noch etwas zu verspüren. Fü der italienischen Politik wird eine Wiederannähe- die deutschen Rüstungstre iber rung an Berlin sein, die Hitler natürlich auch hat 1934 die volle Gewißheit wird bezahlen müssen. gebracht, daß sie von außen Die französische Politik hatte die Wahl zwi- her faum ernhafte Hemmun schen einer offenen Anerkennung der Tatsache, daß gen für die Durchführung die europäischen Kräfteverhältnisse nicht mehr die ihrer weiteren militärisch en von 1919, sondern in einer gefährlichen Balance Pläne zu fürchten haben. Wien.( Tsch. P. B.) Die Romreise des sind, wobei auf der einen Seite Frankreich , RußDabei soll durchaus nicht übersehen werden, von maß Tabor.( Tsch. P.-B.) Mittwoch traf in Sefranzösischen Außenministers wird von land und die Kleine Entente , auf der andern die daß es einzelne Regierungen gibt, die im Inter3 imo voll it i bei Labor zum Besuche des Mini- gebender österreichischer Seite dahin kommentiert, revisionistischen Mächte stehen, und zwischen einer esse der europäischen Friedenssicherung ein entſters Dr. Beneš der öſterreichische Finanzminister daß sie der Ausdruck dafür ist, daß die Schwierig- Taktik, die das tatsächliche Verhä It= schiedeneres Vorgehen gegen Deutschlands AufDr. Bu res ch in Begleitung des Präsidialchefs keiten, die sich in der Frage des Nichtein- nis zu verbergen und den Eindruck zu er- rüstung und skrupellosen Vertragsbruch wünschen. Dr. Walter ein. Minister Dr. Buresch brachte mischungspattes ergeben haben, bereinigt werden wecken sucht, man habe den Revisionismus der Aber die Gegenfäßlichkeit der Interessen zwischen dem Minister Dr. Beneš den aufrichtigen Dank der konnten. Im Laufe des Neujahrstages und der Gruppe Italien- Oesterreich- Ungarn gebändigt. den einzelnen Staaten, besonders zwischen Engöſterreichischen Regierung für die bei der Konver- anſchließenden Nacht hatten die österreichischen Die französische Politik ist diesen zweiten Weg land, Frankreich , Italien ermöglichen nicht einmal ſion der tschechoslowatiſchen Tranche der österrei- Bertreter in Rom und Paris wiederholt Gelegen gegangen. Die Zukunft wird lehren, ob er zum ein gemeinsames Vorgehen zur Durchsetzung der chiſchen Anleihe vom Sabre 1922 gewährte Unter- heit, mit den für den Stand der französisch- ita- Biel führt. Die nächsten Tage schon werden jedoch von Deutschland eingegangenen Verpflichtungen. ſtüßung zum Ausdrud. Nach dem Mittagessen, lienischen Verhandlungen maßgebenden Personen bestätigen, daß Frankreich auf einen unsicheren So erklärt sich auch das völlige Versagen an welchem außer den beiden österreichischen in Fühlung zu treten und hiebei die Wünsche Gewinn hin unverhältnismäßig hohe Einlagen der Weltabrüstungston feren 3, die 1934 über Fühlungnahmen" des Präsiden Gästen noch der Gesandte Zdeněk Fierlinger mit Desterreichs zu präzisieren. Die österreichischen vorschießen muß. Ob 2 av al bei seinem Besuch in Rom , der ten Henderson und über Präsidiumsbesprechungen Gemahlin und Gesandter Strimpl teilnahmen, 28ünsche haben nun eine weitgehende Be bis Montag dauern wird, auch den Papst besu- nicht hinausgekommen ist. Wenn es vor einem wurden finanzielle und Wirtschaftsfragen, insbe- rüdsichtigung gefunden. Das Abkommen wird auf strikter Gegen- chen wird, steht noch nicht fest. Doch soll in Paris Jahre noch Diplomaten und führende Politiker jondere die die Konversion der angeführten Anleihe seitigkeit beruhen und reziproke Verpflich die Neigung dazu vorhanden sein. gegeben hat, die damals eine Lösung der Abund ihrer in den Händen der tschechoslowakischen tungen der Teilnehmer enthalten, sich nicht in Die Verhandlungen der letzten Tage wurden rüstungsfrage vor Ablauf des Jahres 1934 vorRegierung befindlichen Tranche betreffenden Fra die innere Politik eines anderen Staates ein- in Paris zwischen Laval und dem italienischen aussagten, so werden sich heute selbst die kühnster: gen durchberaten Die Ergebnisse der Verhandlun zumengen und gewaltsame Um Botschafter Grafen Pignati, in Rom zwischen politischen Prophetert dieser Voraussage für das gen werden den beiden Regierungen zur Genehsturz bewegungen, die sich gegen den Mussolini und dem französischen Botschafter neue Jahr enthalten. Angesichts des gewaltigen migung vorgelegt werden. In allen durchberatenen anderen oder einen der vertragsschließenden de Chambrun geführt. Laval empfing zwi- ett rüst en 3, das ebenso wie die WirtFragen wurde ein Einvernehmen erzielt. Teile richten würden, nicht zu unterschendurch den österreichischen Delegierten beim schaftskrise zu einer Welterscheinung geworden ist, ſt üzen. Völkerbund , Pfluegl. mutet die Weltabrüstungskonferenz, die doch tat