Sette 2 Dienstag, 8. Jänner 1935 Nr. 8 Amerikanische udgetzlffern 4 Milliarden Dollar für Arbeitsbeschaffung Washington . Montag nachmittags wurde in den beiden Kammern des amerikanischen Kongreffes eine Botschaft des Präsidenten Roosevelt zum Budget verlesen, welches nach den Informationen des Reuterbüros mit dem ungeheueren Defizit von 4.6 Milliarden Dollar abschließt. Alle drei Haushaltsjahre der Rooseveltschen Regierung haben also mit starken Fehlbeträgen abgeschloffen, die zwischen vier und fünf Milliarden Dollars jährlich schwanken. Die öffentliche Verschuldung der Bundesregierung Ende Juni 1936 dürfte über 34 Milliarden betragen. In seiner Botschaft gibt Präsident Roosevelt zu, daß seine Hoffnung, im dritten Ratsjahr seiner Regierungszeit Ausgaben und Einnahmen auszugleichen, sich nicht habe verwirklichen laffen. Schuld daran sei vor allem die immer noch hohe A r- beitslosenzisfer, die den außerordentlichen Haushalt nicht wesentlich habe verringern laffen. Dagegen schließe der ordentliche Haushalt mit einem kleinen Ueberschuß ab. Für die Arbeitsbeschaffung, die Roosevelt bekanntlich i« seiner Jahresbotschast näher erläuterte, fordert der Präsident für den Haushalt 1936 einen Pauschalbetrag von vier Milliarden Dollars. Er hoffe, daß dieser Betrag allmählich herabgesetzt werden könne, bis eines Tages der Gesamthaushalt ausgeglichen sei. Zum Wehrhaushalt, der 477 Millionen Dollar für die Flotte und 316 Millionen für die Landesverteidigung vorsieht, bemerkt Präsident Roosevelt in seiner Botschaft unter anderen, daß nicht nur das Heer eine moderne Ausrüstung brauche» daß die Vereinigten Staaten vielmehr daran gehen müßten, die Verzögerung aufzuholen, die unter den früheren Regierungen in der Ausführung der Flottenverträge von 1922 und 1930 eingetreten sei, d. h. mit anderen Worten: Präsident Roosevelt benachrichtigt Japan , daß er entschloffen sei, bis zur Höchstgrenze dieser Verträge aufzurüsten, da sich eine Einigung mit Japan über eine Herabsetzung der Seerüstungen nicht erzielen ließ. Für die Fortsetzung des Baues von 20 im Haushaltsjahr 1931 begonnenen und für die Kiellegung von 24 neuen Kriegsschiffen(Kreuzer, Unterseeboote, Flugzeugträgern) sind 140 Millionen Dollars angesetzt. Mitte 1936 soll Amerika über eine Luftflotte von 1352 Flugzeugen verfügen. landwirtschaftliche Subventionen und Hilfsaktionen gesund überlegen. Was soll man aber darunter verstehen, wenn Herr Hodina das Arbeitslosenproblem durch »gründliche Umstellung" und Erziehungsarbeit lösen will? Wer soll sich umstellen? Wer soll erzogen werden? Wo soll die„aufbauende Arbeit" einsetzen? Die Arbeitslosen werden für jeden guten Rat dankbar sein, doch mit solchen allgemeinen Wendungen ist ihnen verflucht wenig geholfen. Es wird immer wieder von Umstellung gesprochen. Gibt es eine Möglichkeit, wenigstens einen Teil der Arbeitslosen wieder in die Landwirtschaft zurückzuführen? Die Bolkszählungs- ergebniffe sagen das Gegenteil aus. Im Jahrzehnt 1921 bis 1930 ist der Anteil der landwirtschaftlichen Bevölkerung im Sudetenraum von 26 auf 22 Prozent gesunken. Das ist zum Teil Auswirkung der Bodenreform und zum anderen Teil das Ergebnis der Rationalisierung in der Landwirtschaft. Die Landflüchtigen sind zumeist unversorgte Bauernkinder. Auch in den Arbeitslosenziffern spiegelt sich beträchtlich die Erwerbslosigkeit eines Teiles der Landbevölkerung und die Arbeitslosigkeit des dörfischen überschüssigen Nachwuchses, in der Landwirtschaft oder in der Industrie eine Beschäftigung zu bekommen. Wenn von Umstellung geredet wird, dann müßte von agrarischer Seite doch einmal gesagt werden, ob nicht das Erbrecht im Sinne einer Begünstigung. der Realteilung geändert werden soll, um die Proletarisierung der nachgeborenen Bauernkinder hintanzuhalten. Ferner fehlt bisher jede Stellungnahme von deutschagrarischer Seite zur Frage der Erwerbslosen-Siedlungen. Noch unbefriedigender ist die Haltung der deutschen Christlichsozialenin diesen ernsten Dingen. Sie begnügen sich damit, den Bauernparteien vorzuwerfen, daß sie zu wenig für die Bauern leisten und den Arbeiterparteien, daß sie zu wenig für die Arbeitslosen tun. Was tut aber die Deutsche christlichsoziale Partei selbst, ja was wM sie eigentlich? Unlängst meinte die „Deutsche Preffe" schadenfroh zur Diskussion zwischen Agrariern und Sozialisten über die weiteren Aufgaben der Regierung: »ES handelt sich doch nur mn große D e r- sprechungen, aber die Koalition ist Henle bereits so zerfahrm, daß sie sich bestimmt nicht einmal auf billige und unverbindliche Versprechungen einige« wird. Da sind die Agrarier andere Leute! Sie sagen kurz und bündig: Wir wünschen die Erhöhung der Biehpreise und die Entschuldung. DaSistrinklarebWort. Den Sozialisten überlasten sie das— Gerede vom wirtschaftliche« Umbau der gangen Republik..." Was für Leute sind nun eigentlich die deutschen Chriftlichsozialen? Wollen sie Viehmonopol Und Agrarentschuldung? Wollen sie Sozialpolitik und Umbau der Wirtschaft? Oder gleiben sie angesichts von 755.000 Arbeitslosen nur mit der bequemen Rolle des Allerweltskritikers auszukommen? Von der sonstigen politischen Repräsentanz des deutschen Bürgertums ist nur bekannt, daß sie auf die Sozialisten spinne feind, mit den Agrariern unzufrieden ist, gelegentlich über die schlechte Wirtschaftslage klagt und sonst den Herrgott, bzw. Hiller einen guten Mann sein läßt. Nun hören wir immer wieder, daß es im sudetendeutschen bürgerlichen Lager eine gärende, suchende Jugend gibt, die mit den alten Parteien oder mit dem„Parteiwesen" überhaupt unzufrieden ist. Sie hofft— wenn wir Herrn Hacker recht verstehen, auf eine beffere Zukunft und will „grundsätzlich Neues" schaffen. Was diese Jugend über„ständisch gebundene Demokratie" oder „politische Erneuerung" oder„Vollsgemeinschast" sagt, klingt manchmal ganz schön, hilft aber leider nicht über die Tatsache von fast einer halben Million sudetendeutschen Arbeitslosen hinweg. Hier beginnt der tiefe Ern st der Angelegenheit. Hinter dem sogenannten „Antimarxismus", hinter dem Raunzen über die Demokratie verbirgt sich die Desertion einer ganzen deutschbürgerlichen Jugend- und Jntellektuel- lengeneration vor dem politisch-sozialen Bolks- schicksal der Gegenwart. Hätten wir eine vielgepriesene Ständeordnung, so gäbe es darob keinen Arbeitslosen weniger und die Haida-Gablonzer Glasindustrie hätte um keine zehn Pfund mehr Auslandsaufträge. Für die„Vollsgemeinschast" Henlein 'scher Prägung wird hauptsächlich ins Treffen geführt, daß sie die Sudetendeutschen befähigen würde, sich im Staate beffer durchzusetzen. Freilich hängt viel mit Richtung und Inhalt der Staatspolitik zusammen, doch hier taucht sofort die Frage auf, mit welchem tschechischen Partner die spezifisch sudetendeutschen Krisenprobleme am besten zu lösen sind. Bietet etwa ein Wahlsieg der Herren H o d a t und Sttibrnh die besten Aussichten auf eine wirtschaftliche Aufblüte der deutschen Industriegebiete, auf soziale Lösungen für unsere Notstandsgegenden? Das Spiel mit solchen Worten muß einmal aufhören. Wer immer wieder von deutscher Politik und sozialem Notstand redet, muß endlich Farbe bekennen, in welcher Richtung der Ausweg zu suchen sei: Mit dem Staate oder gegen den Staat? Mit dem tschechischen Fortschrittslager oder mit der„nationalen Opposition"? Bleibt der sudetendeutschen Bollsmehrheit etwas anderes übrig, als sich mit allen Kräften für die Erhaltung und Verbreiterung ihrer industriell-gewerblichen Daseinsfundamente einzusetzen? Daher müßte die junge Generation, die mit der Zeit gehen und nicht hinter ihr herhinken will, vor allem zu den Fragen der Sozial- und Wirtschaftsreform Stellung nehmen. Arbeitszeitverkürzung, Exportförderung, Jndu- striekredite, Notstandsarbeiten, Arbeitslosensiedlungen, planwirtschaftliche Reorganisation des landwirtschaftlichen und Jndustriesektors— das sind Fragen, die durch die Schreckenszahl von 750.000 Arbeitslosen mit blutigernster Dringlichkeit gestellt werden. Der„Kampf gegen den Marxismus " ist ihnen gegenüber keine Antwort, sondern eine Ausrede, ein Vorwand für Nichtdenken. Darftr siegt die nationale und staatliche Prü- fung der sU^en sudetendckks^ Generation, so-' weit sie außerhalb der sozialistischen Reihen steht, ob sie überhaupt soviel guten Willen und Fähigkeit besitzt, mit Bolksgenoffen anderer Gesinnung üeber Lebensftagen ihres Volles sachlich zu diskutieren. Die Herrn Hacker, Dr. Hetz und ihre Kongenialen in den anderen bürgerlichen Lagern sollen aufhören, Monologe zu führen und lieber Stellung nahmen zur großen sudetendeutschen Schicksalsfrage: Wie schaffen wir Arbeit für 400.000 Arbeitslose? Wie retten wir die junge Generation vor dem Verderben? Wie sichern wir die soziale, wirtschaftliche und nationalkulturelle Zukunft des sudetendent- schen Volkes? j—. Schüsse gegen Heimwehrauto Ein Attentat auf Starhemberg? Die streng zensurierte Wiener Montagspreffc brachte die Meldung, daß auf den Vizekanzler Starhemberg am Sonntag vormittag»in Attentat verübt worden sei. Demnach sind auf sein Auto, als es durch den Prater zum Flugplatz Aspern fuhr, zwei Schüsse abgegeben worden, die den Begleiter Starhembergs, Hauptmann Zelle, leicht verletzten. Die Täter sollen verhaftet worden sein. Im Laufe des gestrigen Vormittages wurden diese Nachrichten durch Wiener Regierungsstellen dementiert. Die offenbar aus amtlichen Quellen schöpfende Agentur HavaS bringen folgenden frisierten Bericht: Gegen ein Heimwehrautomobil wurden Sonntag früh in der Nähe von Wien Schüsse abgegeben. Außerdem hatte ein anderes Heimwehrautomobil in Oberösterreich einen Unfall. Das bot, Anlaß zu Gerüchten, daß gegen das Automobil,' In welchem sich'der Bljf* bundeskanzler Starhemberg befand, ein Attentat verübt wurde. An amtlichen Stellen wird erklärt, daß das Gerücht der Wahrheit nicht entspricht und daß sich Starhemberg seit Samstag in Linz befindet. So viel ist diesen widersprechenden Behauptungen zumindestens zu entnehmen, daß der Heimwehrführer und Vizekanzler Starhemberg in Oesterreich nicht übermäßig beliebt ist. Die Hauptsache Madrid . Der Justizminister hat alle Maßnahmen getroffen, durch welche die Wieder- einführungderreligiösenKongre- gationcn ermöglicht wird. politische Amnestie in Belgrad Belgrad . Auf Grund des Artikels 30 der Verfaffung hat der Regentschastsrat einen Ukas betreffend die Erteilung von Begnadigungen unterzeichnet. Die hiebei gewährte Amnestie bezieht sich auf Preffevergehen und auf Personen, die von Zivil- und Militärgerichten zu Freiheitsstrafen unter drei Monaten oder Strafen verurteilt wurden, bei denen die Bewährungsfrist sechs Monate nicht übersteigt. Von der Amnestie sind alle diejenigen ausgeschloffen, die von dem Gericht zum Schutze des Staates oder diejenigen, die wegen Korruption verurteilt wurden, sowie schließlich auch diejenigen Verurteilten, die ins Ausland geflüchtet sind. Der Havas-Berichterstatter meldet, daß sich unter den Personen, denen eine Amnestie gewährt werden wird, der Führer deS linken Flügels der ehemaligen serbischen Landwirtepartei Drageljub Jovanovic befinden wird. Die Amnestie-Verordnung wird in den Kreisen der Opposition sehr günstig ausgenommen. Ungarische„Untersuchung" «egen Marseille fast vollständig beendet Budapest . Auf der bevorstehenden Böllerbundsratstagung wird Ungarn wieder durch den Reichstagsabgeordneten Eckhardt vertreten sein. In seiner Unterredung erklärte Eckhardt über die im Zusammenhang mft dem Marseiller Attentat in Ungarn durchgeführten Untersuchungen: „Seitens der ungarischen Regierung ist die Untersuchung durchgeführt worden und sie ist fast vollständig beendet, so daß das Ergebnis der Untersuchung ehebaldigst dem Völkerbund unterbreitet werden kann. Copyright by Praaaedienst B. Prager-Verlas, Wien Germaine gehörte zu jenen Frauen, die sich ergeben zertreten laffen und in Sehnsucht vergehen. Luciens Worte: er liebe sie, gaben ihrem Leben Sinn. Und hätte man sie geftagt, wer hat die Welt erschaffen?, sie hätte geantwortet: Lucien. „Einer nützt den andern aus und das ganze heißt Liebe", sagte Babiola einmal in der Garderobe. Ihr Gesicht schien kalt und hart zu sein. „Aber nein," widersprach Germaine,„damit haben Sie bestimmt nicht recht, Mademoiselle Cloture." „Laß dich in deiner Liebe nicht stören; der eine muß effen, ein anderer stehlen, ich mutz Theaterspielen und du mutzt an einer Männerbrust seufzen." Babiolas Worte waren zuweilen sehr unweiblich.„Man muß seinen Hunger stillen. Liebe nur, Germaine, wenn du mußt." Germaine war wohl Wer als Babiola. Aber Babiola erschien bedeutend reifer. Niemand konnte das Opfer Germaines ermeffen. Es fügte sich, daß sie Lucien vorstellen mutzte, so unangenehm sie das auch empfand. Es war schon Abend. Tagsüber gehörte der Mann seiner rechtmätzigen Frau. Sie trafen einander in einem abgeschiedenen Gäßchen und taktlos, wie alle gutherzigen Künstler, traten Felicien und Jacques auf Germaine zu. Babiola lächelte und grüßte herzlicher als sonst. Die Ueberfülle des Glückes, das in Germaines Augen zu sehen war, erweckte ihren Neid. Sie luden Lucien und Germaine ein, in Ueliciens Atelier zu kommen, um ihr Versprechen endlich einzulösen. Babiola war heute wortkarger denn je. Lucien sprach ein paar gescheite Worte. Er hatte„Bois des MaladeS" gelesen und auch dm heutigen Artikel in„Les Hirondelles". „Mademoiselle Cloture ist ein Wunder". Babiola war sofort in besserer Stimmung; das Lob einer Obstverkäuferin genügt, um die Stimmung eines großen Künstlers zu ändern. Sie schritten durch das nächtliche Paris . Germaine bemühte sich, ihre kleinen Schritte dem energischen Gang Babiolas anzupaffen. Die drei Herren folgten. „Germaine, wmn ich begreifen könnte, daß ein Mann das Glück bedeute, ich müßte annehmen: du bist glücklich". „Gefallt er Ihnen, Mademoiselle Cloture?" „Männer gefallen mir überhaupt.nicht. Aber dein Lucim ist ein ganz hübscher Bursche. Er scheint intereffant und nicht dumm zu sein". „Bestimmt nicht". Die Soupers im Ateller FelicienS, deffen sie überdrüssig war, und mit dem resigniertm Jacques langweilten Babiola. Die heutige Ab- wechslung stimmte sie daher hest.r. Auf der dunklen Treppe erlläng plötzlich zärtlich die Stimme Germaines:„Lucien, wo sind Sie?" „Hier". Bäbiola bekam einen bitteren Geschmack im Munde. Sie gestand sich» daß ihr reiches Leben arm sei. Sie hatte niemanden, der ihr im Dunkeln sagte: ich bin hier! Sie wollte vor dem Spiegel im Vorzimmer Reste der Schminke, die nach der Vorstellung sicherlich noch an ihrem Gesichte hasteten, wegwischen. Sie langte in der Dunkelheit nach dem Lichtschalter und stieß dabei mit jemand zusammen. Es war Lucien. Sie hätte das auch ohne seine entschuldigenden Worte gewußt. Einen Augenblick lang hatte sie Lust, durch Augen- und Wortmanöver die armselige Freude und das Glück Germaines zu vernichten. Aber die Sicherheit, daß ihr dies bestimmt gelingen werde, ließ diesen Wunsch wieder versinken. Sie speisten in dem Zimmer, in dem, hinter einem Vorhang verborgen, das Bett stand. Luden Germaine freute sich über alles, nach Art der glücklichen Menschen, deren Lebensansprüche gering sind. Sie rief:„Effen Sie doch, Lucien!", Trinken Sie doch, Lucien!". Lucien benahm sich tadellos; vielleicht schämte er sich ein wenig der Zärtlichkeit Germaines. Babiola beobachtete ihn mit Augen und Worten. Er schien hübsch und gescheit zu sein. Er hatte etwas an sich, das geeignet war, den verwöhntesten Mund zu sättigen. Er küßte Germaine wohl nur in den Augenblicken des Durstes. Nach Tisch zog sich Babiola mit Germaine in das Nebenzimmer zurück. Sie schämte sich während des Essens, daß man sie wie eine Königin bedient hatte und ver- i bot Germaine energisch, ihr kniend eine Zigarette 1 anzubieten; vor Männern schon gar nicht! Das| Glück dieser Liebenden mitansehen zu müffen, 1 tat ihr weh. „Germaine, jetzt erzähle mir, weshalb du I glücklich bist?" „Mademoiselle Cloture", sagte. Germaine I und ihre Augen glichen Schiffen, die nie anS I Ufer gelangen,„weil ich ihn unendlich liebe." 1 „Das sehe ich." Babiola hielt die Ziga- I rette zwischen den Zähnen und ihre Worte klau- H gen dadurch noch trockener. „Mein Unglück ist nur: er ist verheiratet." 1 „DaS macht doch nichts. Kennst du seine I Frau? Wie ist sie?" „Eine brave, gute Frau, Mademoiselle." 1 „Das ist schlimm." Sie schwiegen und schickten Jacques, der j ihnen Obst brachte, wieder fort. „Gehen Sie, wir Frauen wollen allein 1 bleiben." Babiola zerbrach Zündhölzer. „Liebt er dich?" „Ja." „Liebt er auch seine Frau?" „Die hat er gern." „Sei froh, du hast mehr." „Glauben Sie?", fragte Germaine und» blickte auf ihr armseliges Mäntelchen, deffen ge« 1 flicktcS Futter Lucien niemals zu Gesicht bekam. 1 Babiola vermeinte in den Gedanken Ger- 1 maines zu lesen, in Gedanken, die Germaine N bestimmt nicht hatte. „Sorgt er nicht für dich?" Verwirrt vor Verlegenheit und Scham ant-| wartete sie: „Er liebt mich doch;; aber das— das— I kann er doch nicht, er hat doch eine Familie. Die 1 Sünde quält mich und doch zittere ich bei dem j Gedanken, er könnte eines Tages nicht mehr 1 kommen."(Fortsetzung folgt.)
Ausgabe
15 (8.1.1935) 6
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