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Donnerstag, 31. Jänner 1935

Schwierige Abfahrt aus Moskau Wie löse ich eine Fahrkarte? Das ist doch jedenfalls höchst einfach, wenigstens, wenn man daS nötige Kleingeld dazu hat. Man geht zur Bahnhofskasse oder in ein Reisebüro, entrichtet seinen Obolus und erhält das Billett I., II. oder Hl. Klasse, je nach Geldbeutel bzw. Neigung. So ist es wenigstens, wenn du zum Beispiel nach Paris oder von New Uork nach Honolulu fahren willst. Aber die Sache sieht ganz anders aus, wenn du dich in Sowjetrußland befindest, kein ausländischer Ehrengast bist, keine Kommandierung und keine ausländische Valuta hast. Dann gerätst du von einer Sackgasse in die andere, muht durch viele Hinterhöfe tappen, manche Mauer übersteigen, bis du endlich dein Ziel erreichst... oder auch nicht erreichst. Ich sitze also in Moskau und will nach Prag . Habe das russische Ausreisevisum, das polnische Transit und das nötige Kleingeld, in schönen neuen Sowjetnoten. Auf dem ReisebüroIntourist". Ein ge­langweilter Genosse empfängt mich:Sie wollen ein Billett nach Prag ? Haben Sie ausländische Valuta? Rein? Wir nehmen keine Rubel. Besor­gen Sie sich das Billett von Ihrem zuständigen Kommissariat." Der Himmel sei mir gnädig: kein Kommissariat ist für mich zuständig I Dann versuchen Sie doch bei der Bahnhofskasse ein Billett zu erhalten. Sie können von hier aus direkt mit der Straßenbahn fahren." Da ich mir schnell Gewißheit verschaffen will, fahre ich nicht nur zum Bahnhof, sondern gehe sogar zu Fuß. Die Straßenbahnen sind über­füllt und die Autotaxen, auf die man um die Mittagszeit ansteht, kommen gewöhnlich erst gegen abend. Weißrussischer Bahnhof. Als gewissenhafter Mensch konsultiere ick eine freundliche Schlafmütze an der Auskunftsstelle, dann drei Gepäcksträger und schließlich noch einen rumänischen Bergarbei­ter, der mit Frau und vier kleinen Kindern seit vierzehn Tagen auf die Reisemöglichkeiten nach Bukarest wartet. Sein Fall ist beinahe hoffnungs­los. Täglich werden an der Bahnhofskaffe eine Stunde vor Abfahrt deS Zuges vier bis sechs Billette für Reisen inS Ausland verkauft. Man muß von morgens früh an Schlange stehen, und wenn man Glück hat, erhält man um S Uhr abends sein Billett. Der Rumäne-kann nicht abfahren, weil es nie mehr als zwei Billetts nach Bukarest gab, und die Kinder das jüngste bekommt noch die Brust nicht allein fahren können. 1 Meine.,.Thmwen. stehen besser: ich brauche nur rin Billett., Da ich selbst-nicht die asiatische Ge­duld zum Schiarillrstehen habe, suche ich mir dazu einen Gepäckträger. Ich spreche einen würdevollen Weißbärtigen an, plaudere mit ihm über das Wetter, die Ernte­aussichten, die Perspektiven des RooseveltplanS und komme schließlich auf seine Dienst- und Pri- datverhältnisse. Er arbeitet schon 47 Jahre bei der Bahn, davon 80 Jahre als Weichensteller. Seit fünf Jahren ist er Gepäckträger, weil seine Augen zu sckwach geworden sind. In 6 Jahren, zu seinem 70. Geburtstage, will er sich pensionieren lassen. Nach einer philosophischen Betrachtung über den Bandel der Dinge, der Berufe, der MuSkel- und Sehkraft gehe ich in mediaS reS:Ich brauche ein Billett nach Prag , können Sie es mir besor­gen?"Prag liegt Wohl in der Tschechoslowa­ kei . Das muß eine schöne Stadt sein. Ist die auch so groß wie Moskau ?" Wir plaudern ein wenig über die Moldaustadt, wobei ich ihn sehr durch die Mitteilung erfreue, daß sie auch an einem Fluß liegt.Da kann ja die Fugend im Sommer baden, wenn es zu heiß

Kreaturen Bon Martin Grill Es waren in jener Nacht weder Mond noch Sterne zu sehen; die Dunkelheit lag wie ein dichtes, schwarzes Tuch auf der schneelosen Land- fchaft; schon in kurzer Entfernung verschtvanden die Häuser und Hütten des kleinen Dorfes den Blicken der wenigen Menschen, die irgendeine drin­gende Besorgung über die Straße führte. Für die Wenigen waren die Dunkelheit und die tiefe Stille fast körperlich fiihlbar. Die ganze Welt fchien zu schlafen und doch wai»eS erst die neunte Abendstunde einer Winternacht. Dort, wo das Dorf zu Ende war und das freie Feld begann, stand lauchend vornüber ge­beugt eine regungslose Gestalt. Die wenigen Ge­räusche, die auS den menschlichen Behausungen an ihr Ohr drangen, klangen verschwommen und ge­dämpft, als müßten sie erst einen dichten Schleier durchdringen. Einige erleuchtete Fenster brannten runde Lichtflecke in die Dunkelheit, ab und zu strichen dunkle Schatten über Helle Fenster, sonst war leine Spur eines menschlichen Wesens zu be­merken. Die Gestalt nickte befriedigt und wandte sich dem offenen Felde zu, witternd hob sie den Kopf wie ein Hund, der eine Fährte annimmt, und ging langsam auf daS Feld hinaus. Draußen strich ein lauer Wind über die Furchen und brachte mit sich einen starken Geruch von Dünger und frischer Erde und weckte in dem einsam Dahin­schreitenden die Erinnerung an durchwachte und durchschwärmt? wanne Frühlingsnächte. Plötzlich blieb der Mann stehen und schaute überrascht nach vorn: in der Wegrichtung lag ein

Kote Milke und Matteotti-Fonds

Ein von der Internationalen Roten Hilfe (Moskau ) an den Internationalen Gewerk­schaftsbund, die Sozialistische Arbeiter-Inter­nationale und den Matteotti -Fonds gerichteter Brief, in dem gemeinsame Aktionen vorgeschla­gen werden, ist von den drei erwähnten Körper­schaften am 18. Jänner beantwortet worden. Es heißt im: Wir wollen in diesem Brief die niederträch- tigen Verleumdungen, die die.Rote Hilfe" gegen den»Matteotti-Fonds" aus Anlaß unserer Soli­daritätsaktion in Oesterreich verbreitet, nicht be­sprechen. Wir wollen uns hier auch nicht auf eine Dis­kussion darüber einlassen, in welchem Sinne die »Internationale Rote Hilfe " eine»überpartei­liche Organisation" sei. Es genügt uns, daran zu erinnern, was der Vorsitzende der Kommunistischen Internationale in der Eröffnungsrede des Kon­gresses derRoten Hilfe" am 25. Mai 1925 in Moskau erklärt hat:»Die Internationale Rote Hilfe ist eine kommunistische Organisation, die sich zum Zweck setzt, den durch die Bourgeoisie verfolg­ten Arbeitern der ganzen Welt zu helfen. Die In­ ternationale Rote Hilfe ist keine philantropische, keine gemeinnützige Organisation, sie hat sich als ein Glied in der internationalen proletarischen Bewegung zu betrachten. Das Exekutiv­komitee der Komintern betrach­tet die JnternationaleRote Hilfeals eines seiner Glieder, und zwar als eines seiner wich­tigsten Glieder." sSeite 28 des Proto­kolls des Kongresses der Roten Hilfe.)... ... Wir sind überzeugt, daß im gegenwär­tigen Zeitpunkt ein Zusammenwirken unseres

Matteotti-Fonds mit der Roten Hilfe die von uns unternommene Hilfsattion für die Opfer des Ter­rors in Spanien keineswegs fördern, sondern im Gegenteil auf das ernsteste beeinträchtigen I iürde. Wir kämpfen für ein geordnetes Gerichtsverfahren in Spanien , für die Erhaltung der Rechtsgaran­tien, gegen die Todesstrafe. Bei jeder solchen ge­meinsamen Hilfskonferenz, wie Sie sie Vorschlägen, würde ganz automatisch die Frage gestellt werden, warum die Rote Hilfe, die bei ihrem letzten Kongreß berichtet hat, daß sie 8% Millionen Mit­glieder in der Sowjetunion zähl«, darauf v e r z i ch t e t, f ü r die Rechtsgarantien, die sie in kapitalistischen Ländern fordert, auch in der Sowjetunion einzu­treten. Wir verstehen und wünschen, daß sich die Sowjetunion mit aller Energie gegen alle konter­revolutionären Machenschaften zur Wehr setzt. Aber wir verstehen nicht und werden stets dagegen protestteren, daß in der Sowjetunion Gerichtsver­handlungen in Abwesenheit der Angeklagten und der Verteidiger stattfinden, daß Berufungen gegen gefällt« Urteile sowie Begnadigungsgesuche nicht berücksichtigt werden und daß Todesurteile unmit­telbar nach der Urteilsverkündung ohne jeden Auf­schub vollstreckt werden. Der Kampf, den wir gegen die verbrecherische Untergrabung der Rechtssicher­heit durch die fascistischen Diktatoren führen, wird auf das ernsteste beeinträchtigt durch die entsetz­lichen Verfügungen, die das Zentral-Exekutiv- komitee der U. d. S. S. R. am 1. Dezember 1934 in Kraft setzte.

istl" Leider betrübt er mich durch die Nachricht, daß er mir nicht behilflich sein kann, da die Ge­päckträger nur am Vorabend der Abfahrt Bestel­lungen auf Schlangestehen annehmen dürfen, ich wollte erst in fünf Tagen fahren. AmVorabend der Abfahrt" bin ich wieder auf dem Bahnhof. Der würdevolle Weißbärttge ist nickt da: hat seinen dienstfreien Tag. So wieder­holt sich das Gespräch mit einem Hagern Schwarz- bärtigen. Da dieser erst 15 Jahre bei der Bahn arbeitet, weder Weichensteller war, noch weitsichtig ist, komme ich wesentlich schneller zur Kernftage. Ich brauche ein Billett nach Prag . Können Sie morgen für mich Schlangestehen?" In einer Minute sind wir handelseinig: er bekommt 15 Rubel und eine Schachtel Zigaretten. Umständlich schreibt er auf den Rand eines alten Zeitungsblatjes:Einmal Prag weicher". t,Äeich".ist.ein sowjetisches. Pseudonym für zweiter,härt" für dritter Klaffe.) Dann gibt er mir VerhaltungSmaßnahmen: Sie müssen um 8 Uhr abends selbst da sein, län­ger darf ich nicht für Sie stehen. Um 9 Uhr erhal­ten Sie das Billett, wenn eins da ist. Sollte das nicht der Fall sein, dann stehe ich übermorgen noch einmal Schlange, das kostet für Sie keine Kopeke mehr:" ,,Hm. Und was soll ich mit meinem Gepäck machen? DaS bringe ich Wohl am besten morgen im Laufe des Tages hierher zur Gepäck- aufbewahrungSstelle?" Die ist seit 14 Tagen geschloffen," berichtet mir freudestrahlend mein schwarzbärtiger Freund. Wird remontiert, Generalremonte. War auch schon längst notwendig. Wiffen Sie, der alte Kasten, das HauS, in dem ich wohne, sollte schon vor zwei Jahren abgeriffen werden." Wie er bei den Wanzen in seinem Quartier angelangt ist, unterbreche ich ihn höflich:WaS soll ich also mit meinem Gepäck machen? Ich kanü doch nicht hun­dertmal(ich übertreibe leicht ein wenig) mtt mei­nen Koffern hin- und herfahren l"

großer, unförmiger Block, eine Feldscheune, doch war eS nicht ihr Anblick, der den Mann über­raschte, sondern der Umstand, daß auS den Ritzen und Fugen der Seitenwand«in schwacher Licht­schein drang. Er ging vorsichtig näher und blickte durch eine der Spalten. Im Innern der Scheune saßen zwei alte Männer, augenscheinlich zwei Landstreicher, um ein fleines Feuerchen, das sie auf dem glatten Lehmboden entzündet hatten und mit Reisig und Holzstückchen nährten. Ihre im halblauten Tone geführte Unterhaltung bestand fast nur aus einer gegen die geizigen und ver­schrobenen Bauern des Dorfes gerichteten Schimpferei. Es war ihnen anscheinend diesen Tag nicht gut gegangen und der stille Lauscher lachte lautlos vor sich hin, als er die Jeremiade anhörte. »Also, Kollegen," lachte er vor sich hin und wollte schon ein loses Brett zur Seite biegen, um einzusteigen, als ihm der Gedanke kam, daß er ja die beiden noch besser überraschen könne. Er er­tastete eine Leiter, kroch an ihr hoch und durch eine kleine Tür auf das aufgestapelte Stroh im Innern der Hütte. Mit diesem Stroh war die Scheune fast zu einem Drittel angefüllt. Die beiden Alten hatten das Feuer in geziemender Entfernung von den Strohballen angezündet und wenn auch keine unmittelbare Gefahr bestand, so hätte doch der rechtmäßig« Besitzer der Scheune einen kleinen Nervenschock bekommen, wenn er die Einquartie­rung zu Gesicht bekommen hätte. Oben auf dem Haufen lag der junge Bursch, denn ein solcher war es, und schaute vergnügt zu den beiden hinab. Der Aeltere trug einen vielfach zerfranzten und geflickten Soldatenmantel, den der Hauch von hundert Abenteuern umwehte. Sein

So, das ist ganz einfach. Sie bringen das Gepäck morgen abend mit. Gibt es kein Billett, fahren Sie wieder nach Hause. Wenn Sie aber ganz in der Nähe wohnen. Sie haben immerhin eine Stunde Zett..." Ich wohne nicht in der Nähe. Dafür aber schlafe ich unruhig. Ich träume immerfort von meinem Gepäck. Fünf Stück besitze ich, ich selbst bin das sechste Stück. Mehr als zwei Stücke kön­nen nicht gleichzeitig zur Bahn fahren und die kleinen Gepäckstücke können unmöglich ohne Auf­sicht bleiben. Einmal fahre ich mit einem kleinen Koffer zum Bahnhof und trefte dort den in Tränen aufgelösten großen Koffer: zwei kleine Koffer, die vorausgeschickt waren, sind verloren gegangen. Ein andermal habe ich mich verlaufen und werde ver­geblich von den Gepäckstücken gesucht. Schließlich­führt das Billett allein mit den 5 Gepäckstücken nach Prag , ich laufe verzweifelt hinterher^ der würdevoll« Weihbärtige stellt eitts: falsche Weichv (er sieht bekanntlich schlecht), der Zug entgleist, die Gepäckstücke, die sich plötzlich in Frau und Kin­der des rumänischen Bergarbeiters verwandelt haben» liegen schreiend und entsetzlich verstümmelt zwischen den Trümmern und ich wache schweiß­gebadet auf. Abends um halb 8 Uhr bin ich mit meinen drei Gepäckstücken(ich habe nur drei!) auf dem Bahnhof, wo mich der hagere Schwarzbärtige mjt breitem Lächeln empfängt:»Habe ich es nicht vor- ausgesagtl? Sie bekommen Ihr Billett. Es gibt heute sechs Fahrkarten und Sie sind der Zweite in der Reihe." Nach 90 Minuten öffnet sich der Schalter. Mein Vordermann erhält reibungslos zwei Bil­letts weicher Klaffe nach Paris . Ein Billett weicher Prag ."Bitte sehr: Moskau Warschau Breslau Prag ."* Hallo, Breslau ? Geben Sie mir die Strecke über Oderberg : ich kann nicht über Deutschland fahren." Neber Oderberg bekommen wir schon seit zwei Monaten keine Fahrkarten mehr, die gibt es nur

Besitzer hatte ein rotes, stoppelbärtiges Vollmond­gesicht, aus dem zwei vergnügte Schweinsäuglein listig die Verbitterung seines Gefährten beobach­teten. Vorsichtig legten dessen Hände Ast um Ast in die leise knisternden Flammen und schoben immer wieder die auseinanderfallende Glut einem kleinen Häufchen zusammen. Er war in allem der Gegensatz seines Kollegen. Auch er trug einen alten Ueberwurf, der einem Soldatenmantel ähnelte, doch umhüllte dieser eine kleine, schmäch- tige Gestalt mit einem eckigen, spitzen Gesicht, dem ein dünner, wirrer Bart und kleine, unruhvolle Augen ein verschlagenes Aussehen gaben. Nein," sagte der Große auf eine Frage des Kleinen,»es besteht gar keine Gefahr, daß man uns bemerkt; in dieser Nacht traut sich keiner von den verdammten Erdäpfelzüchtern heraus auf das Feld. So viel Mut haben sie nicht. Ja, einen Bettler mit dem Hund vom Hof zu sagen, dazu langt's eben noch, mehr darfst du von diesen Steck- rübengesichtern nicht erwarten. Aber werde nur nicht trübselig, Alter! Sieh mal, was ich hier habe! Der Alte hatte ein Bündel aufgeschnürt und enthüllte vor dem Kleinen ein auf den ersten Blick undefinierbares Etwas, das sich unter den Fingern des Alten als ein großes Stück Fleisch und einige große zusammengeklebte Kuchenstücke entpuppte. Woher ist denn das?" »Habe ich dir nicht gesagt, daß im Verkehr mit diesen Bauern nur eine harte Faust oder eine | flinke Hand hilft? Stiehl dir was» dann hast du was!" Des Alten Stimme klang plötzlich dun­kel und rauh.»Mach es wie die großen Lumpen, die man immer laufen läßt. Bist du Sohn, hilf dir selbst!"

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bei Intourist, für Valuta. "Ich Habe aber keine ausländische Valuta."Dann nehmen Sie doch über Breslau , das ist, glaube ich, ein Transitzug, da brauchen Sie wahrscheinlich kein Durchreisevisum."Verstehen Sie mich nicht? Ich kann nicht über Deutschland fahren I! l" So, das ist etwas anderes. Wir haben noch ein Billett nach Mailand , weicher oder harter Wagen. Auch nach Wien , aber nur harter Wägen. Paris kommt für Sie jedenfalls nicht in Frage. Das geht über Berlin und Berlin ist doch die Hauptstadt von Deutschland ."Jawohl, das weiß ich, und ich weiß auch, daß in Berlin , der Hauptstadt Deutsch­ lands , ein gewisser Adolf Hitler lebt, außerdem ein Hermann Göring , daß es dort Konzentrations­lager gibt und..."Geben Sie mir keinen politischen Unterricht, denn dazu habe ich jetzt keine Zett." Sie denkt, ich sei ein ganz hoffnungsloser Fall und wendet sich mit ftagendem Augenauf­schlag meinem Hintermann zu:Sie wünschen« Bürger?" Ich beiße die Zähne zusammen, nehme auS meiner Brieftasche eine Reihe Scheine, schöne neu­gedruckte Sowjetnoten, bekomme etwas Wechsel­geld und irgendein Fahrscheinheft in die Hand gedrückt. Eine Stunde darauf sitze ich mutterseelen­allein im Coupe eines fast leeren Waggons eines, ich möchte sagen, noch leereren D-Zuges wenn diese Steigerung nicht der Logik widerspräche. Das Fahrscheinhest ruht unbesehen in meiner oberen, linken Westentasche, ganz nahe dem Herzen, ein Hand über der ruhig und gleichmäßig ttckenden Uhr. Mein Ziel ist Prag . Was mag das Reiseziel meiner Fahrkarte sein? Als Kind kernte ich, daß alle Wege nach Rom führen. Warum sollte so tröstete ich mich was Rom billig, nicht Prag recht sein? Warum sollte ich nicht schließlich mit oder trotz dieser Fahrkarte doch noch nach Prag kommen? E w o.

Brot oder Lebett In einer»Wochenschau" läuft ein exzentrisches Bild. Junge Artisten, die auf schmalem Wolken­kratzergrat halsbrecherische Exerzitten ausüben. Diese Uebungen in 60 Stockwerk-Höhe sind Spiel um Hali und Kragen. Die Kamera, an derlei Men­schenopferungen gewöhnt, umkreist spielerisch di« vier Objekte von allen Seiten. Das Ganze ist«in Bild von vielen-r- einge­bettet zwischen Flugzeugmanövern, Motorradrennen und Schönheitsköniginnen.,. Und was sachlich dazu zu sagen ist: arbeits­lose Menschen müssen in Sensation machen, weil Hunger weh tut und die Manager der Filmtrusts nicht senttmental sind. Um ein paar Tag« essen zu können, riskieren fia ihr Leben. Wofür?' Für zwei Minuten Filmauf­regung l

»Im Dorf hat dein Magen noch geknurrt, daß es eigentlich nicht verwunderlich war, tbenn die Hunde zu heulen anfingen, und jetzt hast du eine halbe Speisekammer bei dir," meinte der Kleines indem er mit hungrigen Augen das Bündel streifte. »Ja, die Bäuerin wird Augen machen, wenn sie ihren Festbratrn sucht. Aber möchtest du nicht mtteffen?" »Natürlich möchte ich," sagte der Kleine und streckte die Hände aus, zog sie aber schnell mtt einem Schmerzenslaut wieder zurück, denn dec Alte hatte ihm mit einem Zweig auf die Hände geschlagen. »So schnell geht das nun wieder nicht, Musjö! Immer schön sachlich. Leistung gegen Lei­stung! Du hast doch in deinem Sack zwei Flaschen und in den Flaschen ist ein süffiger Schnaps, den du weniger den Rindern, aber um so öfter den Bauern anbietest, wenn du bei ihnen den Vieh­doktor spielst. Also raus damtt! Sie werden unse­rem Mahl eine besondere Note geben. Der Kleine wandt und krümmte sich wie ein Wurm:Die Flaschen brauche ich doch eben, wenn ick das Viehzeug kuriere, und was ich dabei mtt ihnen mache, das geht doch dich nichts an." Hör mal. Kleiner, ich will dir in aller Ruhe etwas sagen. Ob der Schnaps heute getrunken wird oder nicht, das bestimme ich und sonst nie­mand. Ich weiß, du hast seit Vormittag nichts ge­gessen; in diesem Kaff hast du nichts bekommen und vor morgen Mittag hast du keine Gelegenheit, etivas zu kaufen, denn in das Dorf wirst du ja wohl nicht zurückgehen wollen." Er streifte' mit einem höhnischen Blick das Fleischbündel.»Also wirst du geben!, was ich verlange?" (Schluß folgt!)