Einzelpreis 70 Heltot (afaschlMRch 5 Heller Porto) ZENTRALORGAN DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. Redaktion und Verwaltung wag»>., rochoya«. teufon swr. Administration telefon sxat. HERAUSGEBER! SIEGFRIED TAUB . CHEFREDAKTEUR ! WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR! DR. EMU STRAUSS, PRAG . 15. Jahrgang Freitag, 1. Feber 1935 Nr. 27 Vie Mordkolonne wurde in Deutschland erwartet Die Arbeitszeitdebatte in Genf Dr. Winter: Arbeitszeitverkürzung unvermeidlich! Bern.(SDA.) Der Verlvaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat den Beschlich gefaßt, auf die Tagesordnung der Arbeitskonferenz vom Jahre 1935 eine teilweise Revision der Konvention aus dem Jahre 1931 über die Arbeitszeit in den Bergwerken zu setzen. WeiterS beschäftigte sich auch der Verwaltungsrat mit der Frage der40-Stunden- Arbeits Woche und deren Durchführung in verschiedenen Arbeitszweigen. An der Diskussion beteiligten sich zahlreiche Redner» darunter auch der Vertreter der-tschechoslowakischen Arbeitneh- Mergruppe N ö m e ö e k, der im besonderen über die angewandte Praxis der angeführten Maßnahmen in der graphischen Industrie berichtete. WeiterS sprach der tschechoslowakische Regie- rnngsdclegierte Abgeordneter Dr. Winter, der konstatierte» daß die tschechoslowakische Regierung die Herabsetzung der Arbeitszeit als unans- >v e i ch l i ch e M a ß n a h m e zur Her at setz«« g der Arbeitslosigkeit ansehe. IN der Tschechoslowakei sei die 40-Stundeu- ArbcitSwoche bereits bei den öffentlichen Arbeiten und bei jenen Arbeiten eingeführt, die der Staat subventioniert. Die Gesetzesnovelle für die 40« Etunden-Arbeitswoche sei bereits vorbereitet und die Regierung bereit, die privaten tlebereinkommen der Arbeitgeber mit den Arbeit- vehmern betreffs der Herabsetzung der Arbeitszeit zu erleichtern. Der Direktor deS Jnkernationalen Arbeitsamtes Butler konstatierte nach dem Abschluß der Diskussion, daß die Resultate derselben eine solide Grundlage für die Verhandlungen des Ver- Ivaltungsrates des Internationalen Arbeitsamtes darstellen.. Rücktritt des rumänischen Finanzministers B u k a r r st.(Tsch. P.-B.) Finanzminister S l a v« s e« ist zurückgetreten. Der Rücktritt, l der die gesamte Oeffentlichkeit im höchsten Maße beschäftigt» wurde vom Ministerpräsidenten vis! zur Stunde noch nicht endgültig angenommen, doch wird bereits eine Reihe von Namen als Nachfolger SlavesruS zitiert. Die Ursache des Rücktritts scheint darin zu liegen, daß die vom Handrlsmini- ster Manulescu-Strunga» vertretene Handels-- «nd Finanzpolitik im Kabinette die Oberhand gewonnen hat. Slavesc«, welcher dieser Politik nicht beistimmen zu können glaubte, hat daraus die! Konsequenzen gezogen, wozu vermutlich auch die! Tatsache Veigetragen hat, daß sich schließlich auch! die Rationalbank dem Standpunkt Manolescu - Strungas angeschloffen hat. klnlenleen 6er belgischen Regierung? Brüssel.(HavaS) Ministerpräsident T h e« n i S erklärte in der Kammer, daß die Regierung Vorschlägen werde, zur Belebung der Volkswirtschaft und zur Prüfung alles dessen, was notwendig ist, um jedem Belgier das tägliche Brot zu sichern, einen nationalen Arbeitsausschuß einzusetzrn, in dem alle politischen Parteien ihre Delegierten entsenden könnten. Der Rinisterpäsident fordert« besonders den Soziali- ftrnsührer Landervelde zur Beteiligung an diesem Ausschuß auf. Bandervelde wird seiner Partei darüber Bericht erstatten» spricht aber die Ueberzeugung aus,! daß vor der Bildung dieses Ausschusses, der tatsächlich eine Beruhigung her- beiführrn könnte, dieErsparungsmaß- nahme« der Regierung hin- auSgefchoben werden müssen. Görings Sagdausflug beendet Bialowier.(Pat.) Nach Beendigung der Jagd reiste der preußische Ministerpräsident Gö ring Donnerstag Vormittag ab, um über War schau nach Deutschland zurückzukehren. Die Zeugenaussagen, welche von einigen Personen bei der Gendarmerie in Deutsch-Gabel gemacht wurden, enthalten einige vom„Telegraf " mitgctrilte Angaben» die für die Beurteilung der Hintergründe des Mordes von größter Bedeutung sind. Die Personen, welche Müller und Schubert mit der Kersbach im Augenblick des Ueberschrei- tens der Grenze gesehen haben, berichten auch, daß jenseits der Zollstation auf reichsdeutschem Boden ein Auto wartete, welches die drei auf dem Wege nach Rosenthal benützten. Rach dem Flug Müllers nach Berlin ist dies der zweite schlüssige Beweis, daß hinter den Mördern eine große Organisation stand, die sie mit allen Mitteln unterstützte. Die Geldmittel, welche den Mördern zur Verfügung standen, scheinen unbegrenzt gewesen zu sein. Der ziemlich lange Aufenthalt in der Tschechoslovakei, die Benützung der teuersten Hotels, der Flug nach Berlin und zurück und schließlich die offensichtliche Bereitschaft, den Mer- zedeswagcn unter Umständen auf tschechoslowakischem Boden im Stich zu lassen, all das läßt keinen Zweifel mehr daran aufkommen, daß der Mord keine private Aktion war. Wie die„P r. Press e" dazu erfährt, haben sich die Mörder bis 9 Uhr vormittags in Rosenthal ausgehaltrn und dann die Wcitersahrt nach Pirna angetrrten. Woher kam der Sender? Nach dem„Eeske Slodo" wurde festgestellt, auf welche Weise Formis zu dem schwarzen Kurzwellensender gelangt ist. Entgegen der ursprüng- 49.3 Prozent der Roten Armee sind Parteimitglieder und Angehörige des Verbandes der kommunistischen Jugend. Die Befehlshaberposten sind zu 68.3 Prozent mit Parteimitgliedern besetzt, die der Regimentskommandanten beinahe zu' 72 Prozent und von den Divisionskommandanten rekrutieren sich 90 Prozent und von den Armeekorpskommandanten 100 Prozent aus Parteimitgliedern. Mehr als 15 Prozent der Regimentskommandanten und mehr als 50 Prozent der Divisionskommandanten absolvierten die Militärakademie. Damit sind sämtliche Voraussetzungen gegeben, daß die Rote»Armee erstklassig sei. Die Partei— in erster Linie Stalin , der die Entwicklung der Kriegstechnik persönlich leite,— habe sich die Aufgabe gestellt, ein nicht nur Zahlenmäßig starkes, sondern auch der Qualität nach mächtiges Flugwesen zu schaffen sowie die Armee durch zahlreiche Tanks und durch eine mächtige moderneArtilleriezu verstärken. In dieser Richtung wurde schon sehr viel getan, und nicht weniger Arbeit wurde auch itt der Richtung geleistet, daß eine gewaltige Kriegsflotte geschaffen werde, die der Verteidigung dienen soll.' Das Flugwesen ist seit dem letzten Rätekongreß um 330 Prozent angewachsen. Die Geschwindigkeit sowohl der Jagd- als auch der Dom- bardierungsflugzeuge wurde um das Eineinhalbfache erhöht, ihr Aktionsradius verdoppelt, die Tragkraft der Bombardierungsflugzeuge verdreifacht. Was die kleinsten Tanks anbelangt, wurde ihre Kraft um 2475 Prozent verstärkt. Bei den mittleren Tanks betrug die Verstärkung 792 Pro- lichen Annahme, daß Formis, der genügende theoretische und praktische Erfahrungen besaß, den Sender in der Tschechoslowakei selbst zusammenstellte, sollen die Nachforschungen ergeben haben, daß die Sendeanlage aus Deutschland über die Grenze geschmuggelt wurde. Ein Mitglied der Schwarzen Front, Dr. Adam, der jetzt wegen Spionageverdachts in Haft ist, soll den Sender bereits im Vorjahr bis zur tschechoslowakischen Grenze bei Asch gebracht haben. Dort wurde er jedoch von der deutschen Grenz wache verhaftet und der Apparat wurde beschlagnahmt. Wie Dr. Adam dann doch wieder in den Besitz des Senders kam, ist nicht bekannt. Cs soll ihm aber beim zweiten Versuch gelungen sein, die Grenze zu passieren. Demgegenüber steht fest, daß Formis Bestandteile für einen Kurzwellensender in verschiedenen Geschäften in der Tschechoslowakei gekauft hat. Wenn Dr. Adam vom Schmuggel über die reichsdeutsche Grenze spricht, so scheint dies von dem Wunsch diktiert zu sein, den Verdacht der Spionage zu entkräften, welcher gegen ihn besteht. „Expreß" meldet noch, daß die Platten, welche Formis bei seinen Radionachrichten benützte, in Prag hergsstellt wurden. Formis soll VM dem Chef einer Prager Firma, welche über eine Einrichtung zur Erzeugung von Schallplatten verfügt, die Erlaubnis erhalten haben, ohne Assistenz von Angestellten dieses Betriebes zu ar- teiten, so daß niemand außer Formis selbst den Zweck der Aufnahmen kannte. zent und bei den leichten Tanks 760 Prozent. Die Geschwindigkeit der Tanks wurde bis um das Sechsfache erhöht. Die Zahl der Maschinengewehre für die Schützen und Kavallerieverbände erhöhte sich um mehr als das Zweifache und die Zahl der Maschinengewehre für Flugzeuge und Tanks um das Siebenfache. Die Zahl der Tankgeschütze und der Tankabwehrgeschütze ist um das Viereinhalbfache, die Zahl der schweren Geschütze um mehr als das Doppelte gestiegen. Auch die Hiadioeinrichtungen finden in der Armee eine steigende Verwendung.. Weiter führte Tuchatschewskij an, daß an den West- und Ostgrenzen der Sowjetunion befestig t e B ezi r k e mit der entsprechenden Ausrüstung errichtet wurden. Viel Arbeit und. große Summen wurden im Jahre 1934 auf die Vollendung der Abwehrpositionen an der baltischen Küste, am Schwarzen Meere, im Murmangebiete und vorallemim FernenOsten aufgewendet. Die Kriegsflotte wurde vor allem um solche Einheiten verstärkt, die Verteidigungscharakter haben, wie z. B. die Unters'eeboote. Die Verhältnisse im Fernen Osten erzwangen sich die Errichtung eines ganzen Systems selbständiger Flugzeuggeschwader sowie selbständiger Tank-. und Artillerieabteilungen. Die Schulung der Kräfte für die neuen Militäreinheiten war schwierig und kostete viel Arbeit. Aber nach langer Arbeit wurde schließlich Ende 1934 eine ganze Reihe neuer Militäreinheiten ins Leben gerufen. 40 Stunden Vor einigen Tagen wurden die Ziffern über den Außenhandel der Tschechoslowakei im letzten Jahre veröffentlicht, aus denen hervorgeht, daß 1934 gegenüber 1933 eine immerhin beachtliche Belebung unseres Außenhandels eingetreten ist. Während wir 1933 Waren im Werte von 5853 Millionen XL ausgeführt haben, beläuft sich die Ausfuhr im Jahre 1934 auf 7287 Millionen XL, war also in dem einen Jahre um volle 26 Prozent g e st iegen. Bemerkenswert ist, daß die Ausfuhr im Jahre 1934 damit ungefähr wieder die Höhe der Ausfuhr von 1932(7392 Millionen) erreicht hat. Nicht so günstig erscheint die Wirtschaftslage des Landes, wenn man die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt betrachtet. Wir hatten im Dezember 1932 rund 746.000 bei den Ar- beitsvermittlungsämtern gemeldete nicht untergebrachte Stellenbewerber, im Dezember 1933 780.000, im Dezember 1934 755.000. Wenn auch die Zahl der Arbeitslosen nach dieser Statistik Ende 1934 geringer war als 1933, war sie immerhin höher als 1932, so daß wir hier den Stand von 1932 noch immer nicht erreicht haben. Noch ungünstiger aber wird der Vergleich, wenn wir die Zahl derB esch ä ftigten in Betracht ziehett. Die Zahl der bei der Zentralsozialver- sicherungsanstalt, bei den Bruderläden und bei der Allgemeinen Pensionsanstalt versicherten Personen betrug im Oktober 1933 2,491.800, im Oktober 1934 jedoch 2,475.700 Personen. Es waren also im Herbst 1934 um 15.400 Personen weniger beschäftigt als ein Jahr zuvor, trotz- dem der Außenhandel des Jahres 1934 größer als 1933 und der Produktionsindex der Tsche choslowakei im Oktober 1934 mit 70.8 höher war als im Oktober 1933 mit 67.4. Wir stehen also vor der Tatsache, daß im Herbst 1934 mehr Waren er- zeugt und mehr Waren aus g eführt wurden als ein Jahr zu- vor, daß aber die Zahl der Beschäftigten geringer war. Bei einer geringeren Arbeiter- und Angestelltenzahl als vor einem Jahr wird heute mehr produziert. Die Ursache für diese bemerkenswerte Er- scheinung, an der kein ernster Volkswirt und Politiker vorübergehen kann, ist die auch in der Krise fortschreitende Ratio- nalisierung. Auf diese Tatsache hat seiner- zeit Genosse Dr. Czech als Fürsorgeminister hin- gewiesen und auch der jetzige Fürsorgeministcr Dr. Meißner hat in seiner letzten Budgetrede darauf ausdrücklich aufmerksam gemacht. Eine der Hauptursachen der Arbeitslosigkeit l'cgt eben nicht nur in der Konjunkturbewegung der Wirtschaft, sondern in der weiter fortschreitenden Ersetzung der.menschlichen Arbeitskraft durch die Maschine. Die Arbeitslosigkeft hat eben, wie man sagt, nicht nur konjunkturelle, sondern vor allem auch strukturelle Ursachen. Der Kampf gegen die konjunkturelle Ar- beftslosigkeit kann nur dadurch gefiihrt werden, daß wir unserer Ausfuhr alle möglichen Erleichterungen schaffen und daß wir ein großes Jnvestitionsprogramm durchführen. Gerade über das letztere wird gegenwärtig im Schoße der Regierung beraten. Die strukturelle Arbeitslosigkeit dagegen kann nur bekämpft werden durch Verkürzung der Arbeitszeit und das ist eine Aufgabe, welche in der nächsten Zeft von der Regierung und vom Parlament in Angriff genommen werden muß und wird. Wieviel Arbeiter und Angestellte durch die Verkürzung der Arbeftszeft von 48 auf 40 Stun- den neu beschäftigt werden könnten, das bat Ge- nasse Evjen Stern in einem Referat, daö er dem Wirtschaftsbeirat erstattet hat, zu errechnen versucht. Er geht dabei von der Studie des Jitternationalen Arbeitsamtes aus dem Jahre 1933 aus, wonach bei voller Beschäftigung eine Vcr- Rußland gerüstet Rote Armee : 940.000 Mann Rüstungsbudget vervierfacht Moskau . Der Stellvertreter des HeereSkommiffars, Tuchatschewskij, erklärte auf dem Moskauer Sowjrtkongreß, daß der Mannschaft sstand der Roten Armee im Laufe der letzten vier Jahre von 600.000 auf 940.000 Mann erhöht wurde. Die Ausgaben im Heeresbudget waren für daS Jahr 1934 mit 1665 Millionen Rubel ver- anschlagt, erreichten jedoch einen Betrag von fünf Milliarden Rubel. Im Jahre 1935 sollen im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Befestigungsbauten im Fernen Osten zu vollenden und sie mit allem Notwendigen auszustatten, 6.5 Milliarden Rubel zur Ausgabe gelangen.
Ausgabe
15 (1.2.1935) 27
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