Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

15. Jahrgang

Das Kompromiß von London  :

Dienstag, 5. Feber 1935

Regionalpakten Luftangriffe

Deutschland   zum Beitritt eingeladen

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Aufrüstung Deutschlands  

wird zugestanden, wenn es nach Genf   zurückkehrt London  . Sonntag abends wurde eine amtliche Mitteilung über die am Sonntag beendeten englisch  - französischen Besprechungen veröffentlicht, in der es heißt:

,, Die britischen   Minister haben die Glück­wünsche der britischen   Regierung zum Abschluß des Abkommens von Rom   über Mitteleuropa   ausge­drückt und haben festgestellt, daß die britische   Re­gierung sich als unter den Mächten befindlich be= trachtet, die, wie dies in dem Abkommen von Rom  borgesehen ist, gemeinsam beraten werden, wenn die Unabhängigkeit und Integrität Dester­reichs bedroht werden.

moderne Entwicklungen in der Luft geschaffen wor­den sind und deren Mißbrauch zu plöhlichem Luftangriff eines Landes auf das andere führen können. Sie haben die Möglichkeit er­wogen, Vorsorge gegen die Gefahren durch eine gegenseitige regionale Verein. barung zwischen gewissen Mächten zu treffen. Es wird vorgeschlagen, daß die Unterzeichner sich verpflichten, unverzüglich die Unterstützung ihrer Luftstreitkräfte jedem unter ihnen zu gewähren, der das Opfer eines nicht herausgeforderten

Die britischen   und französischen   Minister hof­fen, daß der ermutigende Fortschritt, der so erzielt worden ist, jetzt mittels der direkten und wirksamen Mitarbeit Deutschlands  fortgesetzt wird. Sie stimmen überein, daß weder Deutschland   noch eine andere Macht, deren Rüstungen durch die Friedensverträge be- Das Echo in Berlin  : stimmt worden sind, berechtigt ist, durch ein­seitige Aktion diese Verpflichtungen ab= auändern. Aber sie stimmen weiter darin über­rin, daß nichts zur Wiederherstellung des Ver­tranens und der Aussichten des Friedens unter den Nationen mehr beitragen würde, als eine allge=

Luftangriffe 3 von seiten einer der vertrag schließenden Parteien ist. Die britischen   und fran­ zösischen   Minister befanden sich im Namen ihrer

Regierungen in Nebereinstimmung darüber, daß eine gegenseitige Vereinbarung dieser Art für West­ europa   in weitem Maße dazu beitragen würde, als ein Abschredungsmittel vor Angriffen zu wirken und den Schutz vor plötzlichen Angriffen aus der Luft sicherzustellen. Sie haben beschlossen, Italien  , Deutschland   und Belgien  einzuladen, mit ihnen zu erwägen, ob eine solche Konvention nicht rasch abgeschlossen werden fann. Sie wünschen ernstlich, daß alle in Betracht kommenden Länder anerkennen, daß der Zwed dieses Vorschlages ist, den Frieden zu stärken das einzige Ziel, das von den beiden Regierungen verfolgt wird.

Die Regierungen Frankreichs   und des ver= einigten Königreiches erklären sich bereit, ihre Beratungen ohne Verzug wieder anf­zunehmen, bis sie die Antworten der anderen interessierten Mächte erhalten haben."

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Italien   informiert

London  . Der französische   Außenminister av al informierte Sonntag den italienischen Botschafter in London   Grandi in groben Um­rissen über die Ergebnisse der Aussprachen mit den britischen   Ministern.

Zu Verhandlungen bereit...

H

Die offizielle Deutsche diplomatisch- politische| actige Probleme natürlich gründlich durchbefpro­meine Regelung, die frei 3 wischen Korrespondenz" bespricht die Londoner   Abmachum- chen werden müssen, bevor die interessierten Par­Deutschland und den anderen Mach- gen in einem längeren Artikel, der die grundsäß- teien zu einer vollkommenen Einigung werden ten abgeschlossen wird. Diese allgemeine Rege- liche Bereitschaft Deutschlands   zu einer Verstän- gelangen können, lung würde Vorsorge für die Organisation der Sicherheit in Europa   treffen, insbesondere mittels des Abschlusses von Bakten, die frei zwischen allen intereffierten Parteien abgeschlossen werden und gegenseitige Unterstützung in Osteuropa   und das System sicherstellen, das in Rom   für Mitteleuropa  angekündigt wurde. Zugleich und in Uebereinstim­mung mit den Bedingungen der Erklärung vom 11. Dezember 1932 bezüglich Gleichberechtigung in einem System der Sicherheit würde diese Rege­lung Vereinbarungen über Rüstungen im allge­meinen herstellen, die im Falle Deutschlands   die Bestimmungen des Artikels V des Vertrages von Versailles  , die augenblicklich die Rüstungen und be­waffneten Streitkräfte Deutschlands   beschränken, ersehen würden. Es würde auch ein Teil der allgemeinen Regelung sein, daß Deutschland   seinen Platz im Völker­ bund   zweds aktiver Mitgliedschaft wieder ein nimmt. Die französische   Regierung und die Re­sierung des vereinigten Königreiches hoffen, daß die anderen in Betracht kommenden Regierungen diese Ansichten teilen. Im Verlauf dieser Zusam­menkünfte haben die britischen   und die französischen  Minister unter dem Eindruck der besonderen Ge­fahren für den Frieden gestanden, die durch

Digung betont. Aus dem Kommuniquee von Lon= don werden allerdings jene Stellen besonders her- Die Botschafter bei Hitler vorgehoben, die von der Unhaltbarkeit des Artikels V des Versailler Vertrages sprechen. Das Pro­Berlin.( DNB.) Der englische   Botschaf­gramm von London   wird großzügig genannt. ter Sir Eric Phipps   erschien am Sonntag Mit­Man wendet sich aber gegen zu ausschweifende tag beim Reichsaußenminister Freiherrn   v. Neu Pläne und fordert konkrete Abmachungen. Die rath und übermittelte ihm den vorläufigen Text Luftschutz- Konvention wird als solche Abmachung des englisch  - französischen Kommuniquees. Der bezeichnet, da sie im Rahmen des Locarno  - Vertra- Reichsaußenminister meldete dann den englischen ges bleiben wolle( also jener Politik, für die Botschafter auf seinen Wunsch für den Abend beim Stresemann verfemt, mit Mord bedroht und Führer an. Auch der französische   Botschafter Fran­als Verwesemann in der Hitlerpresse angepran- cois- Poncet äußerte den Wunsch nach einer Unter­gert wurde). redung mit dem Führer.

817.983 Arbeitslose

Prag  . Am 31. Jänner 1935 wur­den bei den Arbeitsvermittlungsstel.

len nach den vorläufigen Ergebnissen 817.983 Arbeitslose gezählt. Gegenüber dem Vormonat bedeutet dies einen An­stieg der Arbeitslosenziffer um 65.655 oder 8.7 Prozent. Gegenüber dem Jän­ner des Vorjahres ist die Arbeitslosen­ziffer um 20.999 oder um 2.5 Prozent geringer.

die öffentlichen Arbeitsvermittlungsan­

Von den Arbeitslosen entfallen auf

stalten in Böhmen   415.442( im Vor­monat: 383.704), in Mähren  - Schlesien  234.543( 223.408), in der Slowakei  119.231( 100.749) und in Karpathoruß land 5465( 4641), auf private Arbeits­vermittlungsstellen im gesamten Staats­

Gebiet 43.302( 39.826).

Berlin.  ( Tsch. P.-B.) Der Sprecher der Freiherr von Neurath   begab sich darauf am Reichsregierung erklärte dem Berliner   Vertreter Sonntag abend mit dem englischen und dem fran­des Reuterbüros, Deutschland   werde die Londo- zösischen Botschafter zum Führer. Am Abend über­ner Vorschläge als Grundlage für Verhandlungen ansehen. Deutschland   werde niemals gab dann der englische Botschafter dem Reichs­die ihm gemachten Vorschläge kategorisch außenminister das endgültige Londoner   Kom­ablehnen. Der Sprecher fügte hinzu, daß der- muniquce.

go

Prozeß Rakosi

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Argumente der Verteidigung

und der Anklage

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 30

Hans Joki

Die sudetendeutsche Arbeiterbelegung ist imm vieles ärmer geworden. Einer ihrer besten Söhne. Hans Jof I, ist gestorben. Mit der Schlesischen Arbeiterschaft, deren unermüdlicher, vorbildlicher Führer er war, trauern wir alle um ihn, der uns viel zu früh entrissen wurde.

Wir haben die Arbeitskraft dieses wackeren Mannes immer bewundert, bewunderten feine Ausdauer und die Nuhe, mit der er schyveres er duldete. Mit immer neuem Staunen verfolgten wir das Ringen, das sein zäher Lebens- und Ar­beitswille mit schwerer, ihn immer wieder nieders werfender Krankheit führte. Er trotzte' vahrhaftig dem Tod Jahr um Jahr, Monat um Monat ab. Während die Freunde vor der nächsten Attacke der Krankheit auf den immer schwächer werdenden Körper des tapferen Mannes bangten, ging er ruhig, als ob er nicht wüßte, daß die Hand des Todes ständig nach, ihm ausgestreckt blieb, feiner Arbeit nach nicht duldend, daß ihm die Bürde auch nur um wenig erleichtert, nicht ertragend, daß werde. So eng verwachsen war er mit seinem ihm ein Stück der Verantwortung abgenommen Schaffen, daß er auch am Krankenlager nicht ohne Arbeit sein konnte, so ausgeglichen in seinem Wesen, daß nichts seinen stillen Ernst, nichts seine Güte zu erschüttern vermochte. Während er um sein Leben kämpfte, dachte er immer an andere. Welch ein herrlicher Mensch, welch ein wahrhaf­ter Führer des arbeitenden Volkes ist uns mit Jofl verloren gegangen!

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Und wie frühe wurde er uns genommen! Vor wenigen Wochen feierte er erst seinen sechs undfünfzigsten Geburtstag.

Hans Jofl wurde am 15. Dezember 1878 in Wien   als Sohn eines Tischlers geboren. Schon als Neunzehnjähriger bekleidete er in der damals im ersten Aufbau befindlichen Jugendorganisation führende Aemter. Zugleich arbeitete er in der Bes wegung der Handlungsgehilfen mit, an deren ge­werkschaftlichen Kämpfen er hervorragend beteiligt war. Als Einundzwanzigjähriger vertrat er seine Berufskollegen im Gehilfenausschuß. Da er jedoch auch politisch eifrig tätig war, wurde er gemaß regelt. Er erhielt schließlich eine Anstellung in der Krankenkasse und konnte sich nun ungefährdet der Arbeit für die Partei widmen. Der schon frühzei­tig überraschend selbständige und entschlußfähige Jokl wurde 1907 von der Parteileitung als Wahl­macher nach Auſfig geschickt. Die Aussiger Genossen ließen den begabten jungen Menschen nicht sobald ziehen: er verblieb dort als Parteisekretär und übernahm nach dem Abgang des Genossen Grögez die Redaktion des Volksrecht". Nun hatte er ein Tätigkeitsgebiet, das seiner besonderen Neigung entsprach: der Journalistik blieb er treu. Im Jahre 1908 wurde Jokl nach Schlesien   geschickt, um die Redaktion der Schlesischen Volfspreffe" zu über nehmen. In Schlesien   wurde er bald bekannt. Nicht nur durch seine erfolgreiche journalistische Arbeit,

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