Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

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15. Jahrgang

Horthy  - Justiz

Das Urteil im Rakosi  - Prozeß: lebenslänglich Zuchthaus

Budapest.  ( MTJ) Der Gerichts­hof fällte Freitag vormittags nach mehrtägiger Verhandlung das Urteil im Strafprozeß des ehemaligen Volks. kommissars Matthias Rakofi.

Das Gericht erklärte Rakosi des Verbrechens des Hochverrates, des Aufruhres, des 27fachen Mordes und der Mithilfe an 17 Morden sowie der fortgesezten Geldfälschung schuldig und verurteilte ihn zu lebensläng lichem Zuchthaus als Gesamt­strafe.

Zwei Todesurteile

in Innsbruck  

Gegen einen Nazi und seine Freundin Innsbrud. Vor dem Schwurgericht in Innsbrud hatten sich der Nationalsozialist Mar Wild und Hildegard Göl aus Hötting   bei

Samstag, 9. Feber 1935

3500 Kriegsflugzeuge

Der deutsche   Generalstab hat das Wort

als Minimum

Paris  . Einer Information des Berliner Korrespondenten des Journal" zufolge arbeitet an der Festlegung der Forderungen Deutschlands   in der Antwort auf die französisch­britischen Vorschläge außer der deutschen   Regierung auch der deutsche   General= st a b. Der definitive Text der Antwort werde nicht vor Ende dieses Monates fertiggestellt sein. Deutschland   soll bereit sein, dem Flugabkommen beizutreten, jedoch nur auf Grundlage a bio= Inter   Gleichheit, und wird deshalb auf dem Ausbau einer gleich starken Luftschiffahrt, wie sie Frankreich   und England besitzen, beharren. Deutschland   will zumindest 3500 Jagd- und Bombardierungsflugzeuge besitzen.

Einstweilen soll Deutschland   nicht die Absicht haben, die Frage der Remilitarisierung der Rheinzone zu stellen. Wenn aber die Ententestaaten die Forderung stellen würden, daß der gegenwärtige Stand der Demilitarisierung oder der Neutralität des Rheingebietes beibehalten werde, würde Deutschland   diese Forderungen unter dem Vorwande, daß seine Grenzen nicht geschützt sind, und im Gegenteil der Gefahr eines ausländischen Einfalles ausgesetzt sind, fest= legen. Deutschland   werde keiner qualitativen oder quantitativen Einschränkung seines Rü­stungsstandes beipflichten.

Der Ostpakt findet noch immer wenig Sympathien in Deutschland  . Dagegen würde Deutschland   dem Donau  - Bakte beitreten, da es auf diese Weise der Vormundschaft Ita= liens über Desterreich entgegentreten will.

Innsbruck   zu verantworten. Wild hatte feinerzeit Wie sie arbeiten...

mit Hilfe der Gößl unter dem Bett des Schutz­forpsangehörigen Strele eine Bombe aus Rache dafür gelegt, weil Strele in einem Grenz­Scharmützel den deutschen   Soldaten Schuhmacher erschoffen hatte. Die österreichischen Behörden hatten zwar Strele zu einer mehrmonatigen Kerferstrafe verurteilt, doch sahen die National­sozialisten diese Strafe als zu gering an und be­schloffen, an Strele Rache zu üben. Die gelegte Bombe wurde zum Glück rechtzeitig entdeckt und

unschädlich gemacht.

Das Schwurgericht verurteilte die beiden Angeklagten zum Tode dur ch den Strang. Beide haben ein Gnadengesuch ein­

gebracht.

Vorbehalte Italiens  

zum Luftschutzpakt

Rom  . Der Korrespondent des Reuterbüros erfährt, daß die italienische Regierung bereit sei, fich an dem Flugabkommen zu beteiligen, dessen Grundlage der Locarnovertrag sein wird, wenn die britische   Regierung einige ihr von Grandi unterbreitete Vorschläge annimmt.

Die italienische Regierung verlangt, daß nicht zwei, sondern bloß ein einziges regionales| Abkommen abgeschlossen werde, dem ein Zufat­brotokoll angeschloffen würde, durch welches Großbritannien   und Italien   im Hinblick auf ihre geographische Lage der Verpflichtung entledigt werden, gegenseitig ihr Gebiet zu schützen. Gesandte der Kleinen Entente  fehlen beim Schmitz- Rummel

Der Ball der Stadt Wien,

der nach 15 Jahren zum erstenmal wie der stattfand, wurde mit ungeheurem Prunk begangen. Während Hundert tausende Wiener   hungern, haben die Räuber der Selbstverwaltung Wiens, die Erben der Seitz- Breitnerschen Ver­waltung, Unsummen in ihren Pflanz| investiert. Sieben Erzherzög waren bei dem Ball anwesend. Zahl­reiche Mitglieder des Diplomatischen Korps waren erschienen, dagegen fehlten die drei Gesandten der Kleinen Entente Staaten bei diesem Fest übermütiger Sieger über das eigene Volk.

Auslandspropaganda

des Dritten Reiches Kaunas. Im Prozesse gegen die National sozialisten sagte der Zeuge Teleikis, der ehemalige Polizeireferent des Memellandes, aus, daß unter dem Direktorium Schreiber ein Verbot für die Mitglieder der memelländischen Polizei ausge­sprochen wurde, mit der litauischen Polizei zusam­menzuarbeiten. Aus Furcht vor Entlais ung traten die Polizisten in die nationalsoziali­

stische Partei ein. Der Zeuge Trufanas behauptete, daß zahlreche memelländische Funktionäre von Deutschland   Bestechungsgelder erhielten.

Andere Zeugen schilderten, wie der in der Nähe der Grenze gelegene Grundbesitz des Ange­tlagten Rademacher zum Zentrum einer umstürz lerischen Tätigkeit wurde. Sämtliche Angestellte wurden gezwungen, sich in die Partei" So­vog" eintragen zu lassen, im Rundfunk die deut­ schen   Propagandareden anzuhören und sich an na­tionalsozialistischen Versammlungen jenseits der Grenze zu beteiligen. Der Besitzer des Gutes übte seine Angestellten auch im Gebrauch der Waffen

go

ein und schuf eine Kavallerieabteilung von 500 Mann, die nach Ausbruch des Aufstandes die litauischen Militärgarnisonen hätten angreifen

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Nr. 34

Zwischen Teutoburger und Bakonyier- Wald

ist nur ein schmaler Streifen zibilisierten Landes übriggeblieben. Aber was in jenen Reichen ge= schieht, aus Kloaken entarteter Menschenseelen braut und wuchert, muß allem Gefühl der Ohn­macht zum Troß, das die Träger humaner Ideen in dieser Welt erfassen könnte, den Rest von europäischer Kulturmenschheit zum Protest vereint finden, einig in dem Willen, unter Tausenden Opfern, die ungebört und unbekannt verbluten, den einen zu retten, des= sen Abschtachtung vor den Augen der Weltöffent­lichkeit sich vollzieht.

Solch ein Fall ist das Urteil gegen Maf­thias Ratosi.

Wie es in dem Fall Dimitroff   gelang, den einen Mann, nach dessen Blut die ordensbe= Hangene Hyäne Techzte wie kaum nach eines an­dern Opfers Leben, den Henkern zu entreißen, so muß es in dem Fall Rakosi   gelingen, einen ebenso unschuldigen wie tapferen Mann aus den Wür gerhänden einer Justiz" zu befreien, die es zu= standegebracht hat, zu einem befehlsgemäß ausje­führten Justizmord tatsächlich eine Urteilsbe gründung" zu liefern.

Matthias Rakosi war angeklagt des Hoch­berrats, des Verbrechens des Aufruhrs, des 27 fa chen Mordes, der Mitt äter ich aftan 17 fa chem Mord und des Verbrechens der Geldfälschung. Er ist wegen aller dieser Verbrechen, die er nicht began follen. gen hat und zum Teil gar nicht hätte begehen föns Der Vorsitzende des Gerichtes machte den nen, zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt Zeugen Oberjaitis aufmerksam, daß er bestraft worden. würde, wenn er falsch aussagen würde, worauf der Zeuge antwortete, daß ihm die National sozialisten mit dem Tode drohten, wenn er wahrheitsgemäß aussagen würde.

Neue Aussprache

zwischen Sir Simon und Flandin

Die Anklage wurde, obwohl Rakosi seit neun Jahren in den Händen der ungarischen Regierung ist, erst jetzt, 16 Jahre nach den angeblichen Ver= brechen, erhoben. Sie wurde erhoben, nachdem Rakosi   schon acht Jahre Zuchthaus, zu denen man ihn verurteilt hatte und ein weiteres Jahr, das die Militärjustiz der Grafen   und Husaren aus dem Bakonyierwald ihm ohne Urteil zugegeben hat, abgebüßt hatte.

Paris  . Der britische   Außenminister Sir Anklage und Urteil stüßen sich auf den Tat­John Simon sprach am Freitag auf dem Jah- bestand, daß Matthias Natosi als stellvertretender resbankett der französisch- britischen Handelstam- Volkskommissär der Räteregierung angehörte, die mer in Paris  . In den späten Nachmittagsstunden vom März bis zum August 1919 Ungarn   be­hatte Sir John Simon eine Zusammenfunft mit herrscht hat. Diese Räteregierung ist zwar auf dem Ministerpräsidenten Ian din, wobei die legale Weise zur Macht gekommen, ohne Blutver beiden Staatsmänner ihre Ansichten über die seit gießen, ohne Gewaltanwendung, bejubelt von den der gemeinsamen Unterzeichnung der französischen   Volksmassen, betraut von dem abtretenden Stacts= und britischen Vorschläge vom 3. Jänner geschaf- Chef Karolyi. Weder das heute herrschende Re­fene Lage austauschten. Außenminister Laval ist gime Ungaris noch die ihm befreundeten Diktatu noch immer krank und mit dem britischen   Außen- ren können sich eines so legalen Ursprungs minister nicht zusammengetroffen.

Macdonald...

,, Die Deutschen   haben 3500 Kampfflieger!"

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,, So? Dann bewilligen wir ihnen 7000 wegen solcher Bagatelle werden wir doch nicht den europäischen   Frieden stören!"

rühmen wie die Räteregierung vom Jahre 1919. Aber die Konterrevolution nennt das Auf­ruhr. Die Räteregierung hat um die Grenzen Ungarns   gegen die Tschechoslowakei   und Rumä  nien Krieg geführt, die Volkskommissäre haben an der Front gekämpft, während die Offiziere der Gegenrevolution im sicheren, von den Franzosen besetzten Szegedin Champagnergelage feierten. Aber die Regierung der Gegenrevolution nennt natürlich nicht das Treiben der Szegediner, fon= dern den Kampf der Räteregierung Hoch ver rat und behauptet, Ungarns   Niederlage, die Bes schneidung seiner Grenzen, der Frieden von Trias non, seien Folgen der landesverräterischen Revo­lution. Die Räteregierung hat das Standrecht ver­hängt, wie vor ihr und nach ihr Dußende konfer vativer, liberaler, bürokratischer Regierungen. Auf Grund des Standrechtes wurden Hinrichtun gen vollzogen. Die konterrevolutionäre Regierung, die selbst heute noch mit Ausnahme- und Stand­gerichten arbeitet, die" legal" oder ohne Urteil mindestens zehnmal soviel Menschen hängen ließ als Béla Kun   und Szamuely, ein Henferregime, dessen Banden ein Jahr lang folterten, schlachte­ten, schändeten, was ihnen in die Hände fiel, nennt die Standgerichtsjustiz der Räteregierung: Mord. Die Näteregierung hat Noten druden lassen wie jede Regierung. Das heutige Regime in Ungarn  , das Regime, das die Frank Fäl scher zu seinen Freunden zählt, nennt den No­tendruck der Räteregierung: Geldfälschung. Auf diesen Lügen, diesen groben und frechen Geschichtsfälschungen ist die Anklage gegen die Mitglieder der Räteregierung aufgebaut. Aber die Anklage gegen Matthias Rakosi ist darüber hinaus ein besonderes Unrecht. Matthias Ratosi ist nicht Mitglied der Regiea

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