Seite 2Samstag, 9. Feier 19359t. Mrung gewesen, sondern Stellvertretereines Kommissärs. Wie Wilhelm Böhm ineiner Zuschrift cm die Verteidigung, deren Verlesung untersagt wurde, die der mutige AnwaltDr. VamberY aber doch zitiert hat, mitteilteund unter Beweis stellte, hatte Rakosi wie die anderen Stellvertreter lein Stimmrecht inder Regierung. Rakosi hat überhaupt nicht regiert.Er war die längste Zeit seines stellvertretendenKommissariats an der Front. Trotzdem hat dieungarische Konterrevolution ihn nach verbüßterneunjähriger Zuchthausstrafe und 16 Jahre nachdem Machtantritt der Räteregierung, wegen vielfachen Mordes, Hochverrats, Aufruhrs und Geldfälschung angeklagt und es gewagt, ihn wider allesRecht, ohntz den Schein eines Beweises zu lebenslänglichem Zuchthaus zu verurteilen.Rachejustiz?Wäre es nur das— es wäre erklärlich wennauch nicht entschuldbar. Aber Rache nach 16 Jahren? Rache an einem Nachzügler der Tausende,die ermordet, gehenkt, zu Tode gehetzt wurden?Nein. Ihre Rache hat die Konterrevolution in denJahren 1919 bis 1923 bis zur Neige ausgekostet.Der Anwalt Rakosis hat in seiner Rede ansdie Untaten der gegenrevolutionären Banden hingewiesen. Sie sind ohne Maß und Zahl und können sich nur mit dem messen, was die Konterrevolution in Rußland, was der Fascismus in Italien, der Nationalsozialismus in Deutschland verübt haben. Wenn während der Kommune unschuldiges Blut vergossen wurde— es zählt nachTropfen im Vergleich zu den Strömen unschuldigen Blutes, welche das weiße Regime vergoß.Rund 400 Opfer des roten Terrors zählt eine(Bestellt da»Denkschrift der Weißen auf. In diese Statistik. inder zahlreiche Fälschungen nachgewiesen wurden,hat man aber alles ausgenommen, was sich irgendwie unterbringen ließ. Alle Fälle gewaltsamenTodes während der fünf Monate Rätediktatnr—die fünf Monate Krieg bedeuteten— sind ausgenommen worden, ob sie nun in Zusammenhangmit dem Bürgerkrieg standen oder nicht. AberTausende und Abertausende Namenlose verbluteten unter der weißen Diktatur, Zehntausend« mußten in den gefürchteten Konzentrationslagern,mehr als hunderttausend in der Not der Emigration die grausame Rache der weißen Grafen undihrer blutigen Leibhusaren bis zum bitteren Endeauskosten.Nein— da- Urteil über Rakosi, das Verbrechen an Rakosi entspringtnicht der R a ch e der hunnisch-magyarischenEdelrasse, es entspringt nüchternerBerech-nung, eS ist ein k a l t e r I u st i z m o r dzum Schuh des GöNtbSS-RegimS. Gegen'kftfcSVerbrechen gilt eS das Gewissen der Welt aufzurufen. Gegen dieses Verbrechen wird vor allemauch die Sowjetunion, zu der sich Rakosi so unerhört mutig bekannt hat, vorkehren müssen, wasin ihrer Macht steht.Im Teutoburger und im BakonyierwäldWächst der Sumpf, wuchert erstickend Mißwuchs,dampft der Unrat viehischer Barbarei. Rettenwir Rakosi aus dieser Umstrickung, wie wirDimitroff gerettet haben! Wir werden damit unsselbst vor dem Zugriff zynischer Henker, wir wer-den Europas Kultur vor dem Pesthauch retten,der aus den Reichen der magyarischen Grafen undder preußischen Junker unheilvoll, verderbenschwanger dampft!2Boman von Fritz RosenfeldEs waren Könige, die Mut hatten. Er hätte sieniederknallen können, aber er habe sich begnügt,ihnen die Zigarette aus dem Mund zu schießen.Dem König einer Südseeinsel allerdings habe erdie Krone vom Kopf geschossen. Dafür habe ereinen Orden bekommen. Aber die Könige Europas!Ob vieUeicht im Saal ein König sei, der den Muthabe..."»Das ist gewagt! Das gibt einen Skandal!Das kann er sich nicht gefaUen lassen."»Unsre Leute werden bei der Stelle zu lachenbeginnen. Die anderen werden froh sein» mit Gelächter über die Situation hinwegzukommen. Aberihn trifft die Kugel: und nun bekommt er eineAtempause. Brunius lenkt scheinbar ein, setzt seineNummer fort, schießt auf Gegenstände, die seinePartner durch die Lust schleudern. Der letzte Gegenstand ist eine Krone aus Pappe. Di« Kugel zerfetzt sie in tausend Srücke. Ich glaube, nun wirder in der richtigen Stimmung für den großenAuftritt sein."»Du hättest zum Theater gehen soUen, dubist der geborene Regisseur."„Regisseur" war das Stichwort für die Beleuchter. Das Licht erlosch, die Szene wurde auseiner anderen Einstellung weitergedreht.»Auf den Plätzen bleiben» meine Herren"schrie der Regisseur. Die Kamera glitt lautlosnäher, die Scheinwerfer wecbselten chren Standort, der Friseur machte mit dem Schminkkasten dieRunde.„ES geht gleich weiter", rief der Regisseur.„Sind sie fertig, Müller?"„Sofort," kam eS von der Kamera zurück.„Einen Augenblick noch. So. Jetzt."Vie krzebnisse der Untersuchungdes Mordes an Ins. FormisFreitag gab die Gendarmerie die Ergebnisseder bisherigen Untersuchung deS MordeS an 2ng.Formis bekannt.Danach überschritten am 18. JännerM ü l.l« r, S ch u b e r t und die K e r S b a ch dieGrenze am Schneeberg. Sie wiesen sich mit or-dentlichen reichsdeutschen Pässen aus. Ihr Auwmit der Evidcnznummer IP—48.259 wurde kurzdanach in Bodenbach gesehen. Schubert stiegauf dem Wege von der Grenze nach Bodenbach aneiner unbekannten Stelle aus.Müller und seine Begleiterin wohnten inPrag im Hotel»Wilson" Am 14. Jänner verließen sie die Hauptstadt und quartierten sich inStechowitz im Hotel»U Parolodi" ein. Tags darauf kamen sie nach Zähori und wurden dort mitFormis bekannt. Am 16. Jänner ließen sie sichvom Kellner Flieger photographieren und nahmen selbst das Hotel, den Besitzer Graf und seineFamilie auf. Am gleichen Tage kehrten sie nachStechowitz zurück. Mit der Kersbach übersiedelte er am 19. Jänner ins Prager Hotel»Wilson", wo die beiden mit Schubert zusammentreffen. Gemeinsam verlassen sie am 21. ImmerPrag, angeblich um nach Wien, in Wirklichkeit,um wieder nach Stechowitz zu fahren, wo sie überNacht blieben.Am 21. Jänner nachmittags kam zur Restauration des Georg M r ä z e k in Branik einreichsdeutsches Auto, dessen Beschreibung sich mitdem Wagen der Mörder deckt. Auch die Insassenwerden genau so beschrieben, wie Müller, Schubertund die Kersbach aussehen. Mit ihnen kam eindritter Mann kleinerer Gestalt, der einen Ledermantel trug. Nach diesem Mann fahndet die Gendarmerie tpeiter.Solange sich di« Mörder in Stechowitz aufhielten, unternahmen sie ständige Autofahrten indi« Umgebung, zweifellos, um die Gegend vor derjTat genau kennen zu lernen und um auf der Fluchtnicht aufgehalten zu werden. Von einer Fahrt am22. Jänner kam die Kersbach mit einer Wunde amHals zurück. Sie behauptete, in einer Serpentinegegen einen Daum gefahren zu sein und durch dieSplitter eines zerbrochenen Autofensters verletztworden zu sein. Diese Erklärung war falsch, dennkein Fenster des Wagens war beschädigt. Bor dieser Fahrt hatten die Männer die Nägel aus denSchuhen der Kersbach entfernt.Am 23. Jänner vormittags warteten die dreiabwechselnd auf den Autobus, der nach Prag fährt.Die KerLbach stieg in einen Wagen sogar ein undführ bis Davie mit. Von Davle kehrte sie mit demnächsten Autobus wieder zurück. Am selben Tagenachmittags verließen sie das Hotel in Stechowitzin der Richtung nach Slapy. Die Kersbach hatteerzählt, daß sie nach Karlsbad fahren würden,Müller, der von diesem Gespräch nichts wußte, erklärte, daß er mit seinen Begleitern nach Wienfahren wolle. Vorher hatten sie bei verschiedenenGeschäftsleuten Benzin, Stricke und so Wester eingekauft.Nach 16 Uhr nachmittags kamen Müller unddie Kersbach nach Zähoki. Schubert war nicht mitgekommen. Im Hotel bekamen sie das Zimmer Nr. 4.Der Verlauf der Mordnacht ist bekannt. Um1 Uhr nachts am 24. Jänner wurde da- Auto derMörder in Lobositz vom Wachmann Böhm unddem Beamten der Wachgesellschaft Ambroz gesehen. Nach Aussage Böhms lag ein dunkler Gegenstand im Innern des Wagens. Um 1.30 Uhrwar das Auto in Aussig. Dort hielten sich die Mörder ungefähr eine halbe Stunde auf und fuhrenin der Richtung zum Schneeberg weiter. Nach demWege erkundigten sie sich beim PolizeiinspektorTüffel, dessen Rat, einen bequemeren Weg überdie Grenze zu wählen, sie nicht annahmen.Auch die Vorgänge an der Grenze sind bekannt. Das Auto wurde vom Bruder des Gastwirtes Z e i b i g in Rosenthal abgeholt. In diesemGasthaus hielten sich die Mörder ungefähr dreiStunden auf. Schon am 28. Jänner erkundigte sichein gewisser Fritz Fränkel, der stets mit einemAuto 2P—48.213 kam, ob nicht ein Auto aus derTschechoflowakei gekommen wäre. In der Nachtstand in der Nähe der Grenze ein unbekannterPersonenwagen.Um 9 Uhr morgens sichren alle drei Mördernach Pirna Wester. Die Kersbach schien verletztzu sein.Verleumde kUhn...Das„Hoheitszeichen* 4, die«Bohemia*und wirDi«„Bohemia" hat so viel braune Butteram Kopfe, daß sie wahrhastig nicht»unter dirdemokratische" Sonne gehen sollte. Und eine Zeit»lang hat sich dieses Blatt wirklich darauf, beschränkt, so zu schreiben, daß eS in Deutschland geschätzt wurde, hat aber imübrigen aus der Erfahrung gelernt, daß es nichtungestraft mit unS in jener Tonart anbindendarf, die für gewisse Scharfmacher charakterifttschist, die es mit der Wahrheit nicht genau nehmen.Neuerdings ist die„Bohemia" wiederum inDeutschland verboten. Sie kann- wirklich nichtsdafür. Denn das Kunststück, eS dem Goebbelsrecht- und dennoch in„demokratischer" Politikzu machen, brächte nicht einmal der Goebbelsselber zustande. WaS tut nun die„Bohemia" inihrem Schmerz? Sie läßt ihre Wut an den deutschen Sozialdemokraten au-, wobei sie sich weder»Die Balletteusen tanzen irgendeinen blumigen Unsinn von Faun und Nymphe und dann einenWiener Walzer. Zum Schluß erscheinen sie in denTrachten und Farben der Nationen, die Primaballerina im Kostüm und mit der Fahne unseresLandes. Die Nationalhymne wird gespielt. Cs istdie große Huldigung für ihn. Wenn die ersteStrophe verllungen ist..."Nun kam ein Einfall, auf den der Regisseursehr stolz war. Der Plan wurde nicht mehr voneinem Offizier entwickelt, ein Wirbel knapper Sätzebrach los, sie kamen unerwartet wie Zwischenrufevon hier und von dort, wer sprach, sprang auf, dasTempo steigerte sich, der Eindruck sollte erwecktwerden: aus der einmüttgen leidenschaftlichenKampfentschlossenheit Aller wächst und entfaltetsich nach einem geheimSniSvollen Gesetz die Visiondes Ereignisses, das sie alle vorbereiteten.„Bricht vor den Fenstern der Lärm loS, DerPlatz ist grau vor Menschen. Aber sie wollen nichtgratulieren."„Sie fordern: die Arbeiter aus den Fabri-ken—"„Die Hirten und die Fischer—"„Die Bauern—"„Die Armee—"„Sie haben eine Stimme: sie rufen wie eingewaltiger Chor:"„Brot und Gerechttgkeitl"„Brot und Gerechtigkeit!"Gregor wußte, nun kam bald sein Stichwort.Die Gestalten vor seinen Augen tanzten wie hinter einem Schleier. Er griff mit der Hand an dieSchläfen. DaS Blut schoß heiß in den Kopf. Dannwieder war eS, als sei er ganz blutleer, als überliefe ihn ein eiskalter Strom. Ich bin krank,dachte er. Ich habe Fieber. Aber ich muß durchhalten.„Im Saal entsteht eine Panik".„Die Menge dringt in das Foyer des Theaters".....„Die Saaldiener stellen sich ihr entgegen—"Skrupel über das Gebot der Wahrheitsliebe» nochüber die Wirkung macht, die ihre neuen Anbiederungsversuche an die Herren jenseits der Grenzebei allen Demokraten machen muß. Am Dienstagbrachte die„Bohemia" folgende„Meldung", diewir wortwörtlich hiehersetzen wollen:-Mihtranch der fta etlichen HohritSzeichenAuS dem Böhmerwald wird uns geschrieben:' Seit den letzten Monaten pflegen die deutschenSozialdemokraten bei politischen Kundgebungen,auch wenn eS sich bloß um einen Vortraghandelt, daS Hoheitszeichen der Republik, dieStaatsflagge, zu verwenden. DaS zeigt« sich beispielsweise am 25. November bei einer allerdingsgrößeren Kundgebung der Sozialdemokraten,woran auch tschechisch« Sozialdemokraten undKommunisten teilnahmen. Im Jänner fand ein«Kundgebung der deutschen Sozialdemokraten inSchwarzbach im Böhmerwald statt, wobeiebenfalls die Staatsflagge verwendet wurde. Dersozialdemokratische Abgeordnete Patzak stellte beidiesem Anlaß sein« Partei als die einzige staats„Dber sie sind zu schwach, sie werden beseite gedrängt, der Weg ist frei".„Wenn die Garde eingreift".„Die Garde ist mit den Balletteusen beschäftigt."Gelächter flasterte auf, ein Glas llirrte,dann erlosch das Lachen wieder. Run kam gleichdie Stelle, an der Gregor sprechen mußte:„Die Demonstranten fordern, daß er ihnenRede stehe, an Ort und Stelle"„Er wird sie verttösten—"„Eine Deputation ins Schloß bitten—"„Sie an die Minister weisen—"„Sie werden ablehnen. Hier, vor aller Welt,heute, an seinem Geburtstag, da er sich feiern läßt,soll er sagen, was er zu tun gedenkt, um die Notdes Landes zu lindern".„Er wird die Fassung verlieren".„Er wird toben."„Er wird die Minister anschreien—"„Er wird seinen Adjutanten am Kragen pak-ken und durchrütteln—"„Er wird sich bloßstellen—"„Er wird sich vor dem ganzen HauS jämmerlich blamieren—"Blamieren war daS Stickwort. Nun mußteGregor aufspringen, die Faust gereckt, der Regisseur wollte eS so. Nun mußte er brüllen:„Er wird sie hinauswerfen lassen. Dann haben wir daS Spiel gewonnen. Dann schreien siees über den Platz, dann läuft eS durch die Stadt:Er feiert Geburtstag und wir hungern!"Um den Bruchteil einer Sekunde hatte Gregor zu spät eingesetzt. De» Regisseur sich chn finster an, Gregor schloß die Augen, nun war ermitten drin, nun konnte er nicht mehr zurück,nun konnte er nicht sagen: Ich bin krank, ichkann nicht weiterspielen, ich will nach Hause gehen. Die Aufnahme wäre verdorben, nie wiederbekäme er ein Engagement, aus, erledigt, begra-'ben.treue hin, während die übrigen Parteien von ihmals fascistisch und gegen den Staat gerichtet bezeichnet werden. Jeder Gegner, der fich zu Wertemeldete, um diesen Humbug zu entkräften, wurdeals ein Staatöfeind und als ein Schmäher derHoheitszeichen hiagestellt und medrrgeschrir«.Wer an dieser Verwendung der Staatsflagge»zu varteipolitischen Kundgebungen Kritik btt,wird denun-ierl, daß er die Hoheitszeicheaschmähe un» verabsrtze. Der Mißbrauch der staatlichen Hoheitszeichen zu patriotischen Kundgebungen der deutschen Sozialdemokraten ruft bei derdeutschen Bevölkerung großen Unwillen hervor.Dazu ist zu sagen: es ist nicht wahr, daßdie deutschen Sozialdemokraten bei allen politi-schen Kundgebungen,„auch wenn es sich bloß umeinen Vortrag handelt", die Staatsflagge verwenden. Wir verwenden sie d o r t, wo sichPflicht und politisches Bekenntnis zu diesemZwecke verbinden, also dort, wo wir jetzt imKampfe um die Demokratie gegen den Fascismusunsere roten Fahnen vorantragen,bei welchen Gelegenheiten auch die Staatsfahnenverwendet werden— eine Pflicht, angesichtsderen nur antidemokratische Gesinnung in faseistischen Koller Umschlagenkann. Die Kundgebung inSchwarzbachwar eine große Demonstration alsAntwort auf eine von den Deutschbürgerlichengesprengte Versammlung; und hier ,im Kampfeder sozialdemokrattschen Massen, war die Staatsfahne Symbol.Aber die„Bohemia" enthüllt sich ja selber,indem sie aus dem angeblichen„Mißbrauch derstaatlichen Hoheitszeichen" ein Geschäft zu mache«sucht! Schon die Terminologie verrät, worum eSder„Bohemia" und jenen„Unwilligen" geht, diewahrscheinlich sehr ungern an der diesseitigenGrenze des Böhmerwalds wohnen. Die„Hoheitszeiche n"— das Wort spielt keineRolle im tschechoflowakischen Gebrauch, sonderndurchaus und vor allem im reichs deutsch e n. Wir hören nur das Wort„Hoheitszeichen" und schon taucht das Symbol jene-Reiches vor uns auf, in dem sich eben auch hierzulande sehr viele zuhause fühlen. Und diesen istdie tschechoslowakische Staatsflagge, wo und wannimmer sie getragen wird, ein Dorn im Auge.Ihnen zuliebe, auS eigenem Herzensüberschwangund um Herrn Henlein Konkurrenz zu machen,läßt die„Bohemia" solche Giftpfeile los, dieaber totsicher auf den Schützen zurücksausen.Herr Tschuppik würde wahrscheinlich dieSache geschickter machen. Aber nicht einmal derdarf der„Bohemia", so sehr sie es zur Auffrischung ihrer müden Lebensgeister gewünschthätte, inS HauS. Der Koch will keine falsche«Suppen. Die„Bohemia" soll so bleiben, wie fitseit zwei Jahren ist. Das gefällt dem GoebbHfür- den tschechoflowakischen Gebrauch j»Deutschland braucht er das Gebräu derzeit nickt.Hilf, WaS helfen kann—vielleicht imponiert ih«die Geschichte mit dem Hoheitszeichen. Der Unwille der demokratischen Massen gegen die„Bohemia" kann dadurch nicht wachsen, denn seitde«'sie mit dem Hohettszeichen ausgestattet ist, möchteman fle nicht einmal dazu verwenden, um Wurstdarin einzupackenIAufhebung einer Konfiskation. Die Konfiskation der Blätter, die am Dienstag, den 5. Feber1985 wegen Zitierring der Kundgebung deS Ministers des Innern, Dr. Cerny, betteffend Sanierung der Selbstverwaltungsfinanzen beschlagnahmtwurden, wurde aufgehoben.„Das Land krepiert vor Hunger— aber ervergnügt sich bei den Tänzerinnen".Ein bißchen kitschig, dieser Satz, dachte derRegisseur. Er hatte ihn ändern wollen, aber beiden Proben daran vergessen. Macht nichts. Weiter, weiter, fertig werden.„Die Journalisten sind im Saal—*„Stürzen an die Telephone"„In einer halben Stunde verkündet es desSender im ganzen Land—"„In einer Stunde rufen eS die Zeitungsjungen durch die Straßen—"„In allen Wirtshäusern, allen Wohnung«^spricht man von nichts anderem-—"Nun kam daS Stichwort. Wie ein ExpreßMbrauste es heran, es wurde größer und größer«der kleine Punkt am Horizont wuchs zu einet«Riesen, man könnte ausrechnen, wie lange eS nockdauert» bis er über uns dahinrast, unaufhaltsamseinem unbekannten Ziele entgegen— und v>tdie Rauchfahne über dem Zug flattert über demStichwort ein Satz, ein langer Satz, ein dunkftkGebilde ohne Form, eS sind keine Worte mehr fütGregor, nur ein Klang, die Silben verschwimwe«-der Sinn verschwimmt, er weiß nur, daß er sprechen muß, daß der Augenblick näher und nähdkommt, nach ihm greift, über ihn stürzt, ihn begräbt.„Schöne Geburtstagsfeier—"Der Zug ist da. Ein erderschütterndes Brausen. Er faßt ihn, dreht ihn im Kreis, die Auge-brennen, das Blut kocht, Geburtstagsfeier ist d^Sttchwort, nun muß er sprechen, ein Abgangklafft in der Szene, eine groß« Leere tut sich am-er muß hineinstürzen, sie ausfüllen, mit leb««-den, atmenden, flingenden Worten:„Er hat— keine—Nichts. ES sind keine Worte da, mit denen«*den Abgrund erfüllen könnte. Er greift an bstStirn. Er brüllt:,Hch habe Fieber, ich bin krank".(Fortsetzung folgt.'