Nr.!9 Mittwoch,. 27. Fever 1935 Katastrophen auf Dampfern Pari». Die Zahl der bei der Explosion an Bord des DampfersGouverneur General Jan­uar t" in Tunis ums Leben gekommenen Hafen­arbeiter hat sich auf neun erhöht, nachdem vier der schwerverletzt ztt im Krankenhaus ihren Verletzun­gen erlegen sind. Drei andere Schwerverletzte schweben noch zwischen Leben und Tod. Sämtliche Tote und Verletzte sind Eingeborene. Das Unglück wurde durch die Explosion einer Kiste mit Kinderraketen verschuldet. Bon den Matrosen, die bei der Explosion verletzt wurden, ist ein weiterer seinen Verletzun­gen erlegen, so daß sich die Gesamtzahl der Opfer auf zehn erhöht hock. * New Park. In der Nähe der Küste von Santa Lucia im Karibischen Meer kenterte ein überfüllter BergnügungSdampfer, wobei sechz Per- so n e n e r t r a n k e n. 22 Personen werden noch verwitzt, 74 konnten ans Land gebracht werden. * London . Einer AgenturmeDung aus Gibraltar zufolge ist der englische Zerstörer»Biceroy" (1120 Tonnen), der sich auf dem Wege von Casa­ blanca in Marokko nach Gibraltar befindet, in See­not geraten. In britischen Marinefachkreisen wird darauf hingrwiesen, daß der Zerstörer schon vor 17 Jahren erbaut worden war und somit die Alters- grenze beträchtlich überschritten habe. London . Einer Lloyd-Meldung zufolge, hat der in Emden beheimatete kleine deutsche Dampfer »Europa "(2180), der von Tunis nach Rotter­ dam unterwegs ist, am Montag abends 18 Meilen von Kap Billawo(Nordwest-Spanien) SOS-Rufe au-gesandt und um Entsendung von zwei Schlepp­dampfern gebeten. Washington . Das Aufsichtsamt für amerikanische Dampfschiffahrt hat entschieden, daß dem Kapitän des verunglückten DampfersMorro Castle", William Warins, wegen Nachlässigkeit in fünf Fällen das Kapitänspatent entzogen wird. Dem ersten und dem zweiten Ingenieur wurden die Patente für die Dauer von 80 und 30 Tagen ab­erkannt. Die Erdbeben-Opfer auf Kreta . Das Erd­beben in der Stadt Kandia auf der Insel Kreta hat sieben Todesopfer und 80 Verletzte gefordert. In der Provinz Retimno wurde eine Person ge­tötet und zwölf verletzt. Der Bevölkerung hat sich «ine Panik bemächtigt, die noch gesteigert wurde, als sich ein heftiger Sturm erhob. Die Regierung hat alle Maßnahmen getroffen, um den Bewoh­nern der von dem Beben heimgesuchten Ortschaf­ten schnelle Hilfe zu bringen. Amtlichen Nach­richten zufolge stürzten während-des Erdbeben» auf Äteia'WSiH Dörfer» tzn-tzr Amgevrmg der- Hauptstadt Kandia 204 Häuser ein und 888 ander« Wohnstätten wurden zum Bewohnen un­brauchbar. Die Grippe. In Otdenburg wurden sämtliche Aormalschulen' und Kinderheime wegen der Grippe- «Pidemie bis zum 7. März geschloffen. In einigen Fa« briken find 80 Prozent der Arbeiter wegen Grippe­erkrankungen den Arbeitsstätten fern geblieben. Beim Skirrmwu tödlich verunglückt. Bei den klblauffahrten im Rahmen der internationalen Ski­konkurrenzen um die Meisterschaft Polens in Zako­ pane ereignete sich Montag ein schtverer Unglücks- fall. Der Lemberger Skifahrer Tokarz, Mitglied des SportklubsSokol", stieß in voller Fahrt gegen einen Baum und erlitt schwere innere Verletzungen, tokarz wurde ins Spital übergeführt, wo er Diens­tag abend», ohne da» Bewußtsein wieder erlangt zu haben, gestorben ist. Ein Admiral vor dem Kriegsgericht. In der Marinekaserne von Portsmouth trat am Dienstag unter allen Zeremonien das britisch« Kriegsgericht zusammen, um über den Konter­admiral Bail ey das Urteil zu sprechen, der der Nachlässigkeit angeklagt war, infolge deren am 23. Jänner die beiden KriegsschiffeH pod" undR e n o w n" bei den Manövern in der Nähe von Gibraltar in Gefahr gerieten. Bekanntlich stießen diese beiden Kriegsschiffe zusammen und wurden leicht beschädigt. Der Kriegsrat fand keinen der Schuldbeweise für genügend stichhältig und sprach Konteradmiral Bailey frei. Rach Ver­kündung des Urteils lieferte der Vorsitzende des Kriegsgerichtes Bailey seinen Säbel wieder aus. Wasser als Export-Artikel. Wie das»Neue Wiener Tagblatt" meldet, hat sich ein Konsor­tium gebildet, das in Flaschen abgefülltes Wie­ ner Hochquellwasser ins Ausland» be­sonders»ach den Balkanländern, Palästina usw. in. größeren Mengen exportieren will. Die betref­fenden Stellen haben auch mit Reedereien Unter­handlungen ausgenommen, das Wasser teils un­vermischt und teils mit Kohlensäure als Sodawas­ser auf den Schiffen auszuschenken. Zug und Aut ». Bei dem Bahnhof Wiselki im Nordkaukasus wurde ein mit Arbeitern besetzter Last­kraftwagen von'einem Personenzug erfaßt und voll­ständig zertrümmert. Rach den bisherigen Mitteilun­gen wurden drei Personen getötet und mehrere schwer verletzt. Das Statistische Staatsamt hat kürzlich in seinen Mitteilungen eine Uebersicht über die Be­wegung der Lohnniveaus in Prag gegeben. Es sind die Jahre 1818 bis 1834(September) erfaßt worden. Die angeführten Löhn« sind auf Grund der vereinbarten Mindest-Lohntarife des Zeitloh­nes von 374 Berufen in 32 Industriezweigen der Stadt Prag berechnet. Die wirkliche Höhe des Verdienstes kann von dieser Statistik nicht wie­dergegeben werden, einmal, weil es galt den Durchschnitt zu ermitteln und zum andern weil die übertariflichen Vergünstigungen, UeberarbeitS- bezahlung aber auch die Kurzarbeit dabei nicht be­rücksichtigt werden konnten. Für die Arbeiterschaft von 32 Industrie- und Gewerbezweigen in der Hauptstadt Prag wurde dieser Durchschnittslohn festgestellt: Jahr Stundenlohn Wochenlohn in KL in KL 1919 2.04 98.10 1920 3.45 165.66 1921 4.27 205.16 1922 4.44 213.23 1923 3.90 187.03 1924 3.94 188.85 1925 3.99 191.36 1926 4.04 194.06 1927 4.06 194.80 1928 4.26 204.88 t< 2.09,98 ® 1«l»30?? a r 4 4$ rn,> 1931 4.49 215.65 1932 4.49 215.48 1933 4.47 215.48 1934 4.39 210.06 Aus diesen Date« geht hervor, daß die Arbei­terschaft von Prag in den Jahren 1821 und 1822 rin Lohnniveau hatte, daß in der Kon­junkturperiode 1826/30 nur wenig überschrit­ten, in den letzte« Krisenjahre« aber wieder unterschritten wurde. Die niedrigsten tariflich vereinbarten Stundenlöhne(im Durchschnitt der angeführten Industrie« und Gewerbezweige) betrugen: 1818 in Kd Expeditionsarbeiter.,,. 0.61 Buchbinder......, 0.72 Buchbinder in graph. Betrieben, 1.13 Schneider....... 0.72 Baumwollspinnereiarbeiter.. 1.15 9 1834 in KL Baumwollspinnereiarbeiter..2.18 Hilfsarbeiter in graph. Betrieben 2.76 Buchbinder 2.78 Buchbinder in graph. Betrieben. 2.94 Ziegeleiarbeiter.....; 2.84 Ende der Prohibition in Arkansas . Kammer und Senat deS Staates Arkansas stimmten nach einer lebhaften Debatte mit kleiner Mehrheit dem Anträge zu, daß in diesem Staate die Prohibition aufgehoben werde. An der Rordwestgrenze Indiens kam eS zu Zusammen st äßen zwischen indischer In­fanterie und Mitgliedern des Fakir- Stammes. Die Eingeborenen verloren unge­fähr zehn Tote und Verwundete und zogen sich darauf zurück. Die indischen Soldaten hatten einen Toten und drei Verwundete. Das Wüte« des Wirbelsturmes in Frank- r e i ch hat seinen Höhepunkt erreicht und verwan­delt sich in einen mächtigen U r a g a n. Zahlreiche Häuser wurden vernichtet oder zum Teil schwer beschädigt. Die Parkanlagen und Gärten sind ver­wüstet und die Bäume liegen entwurzelt auf dem Boden. Auf den Friedhöfen hat der Sturm zahl-, reiche Gedenksteine umgeworfen. Auf dem Flug­platz riß der Wirbelsturm einen Hangar um, des­sen Trümmer sämtliche im Hangar unterstellten Flugmaschinen beschädigte. Ist es demnach auch den Anstrengungen der ge­werkschaftlichen Verbände gelungen, das Lohn­niveau der schlechtbezahlten Arbeiterschichten be­deutend zu erhöhen, so bedarf es doch keinerlei Beweisführung, daß. mit Stundenlöhnen von 2 bis 3 Kronen oder mit Wochenlöhnen von 80 bis 120 Kronen eine Arbeiterfamilie bei weitem nicht einmal die allerdringlichsten Bedürfnisse erfüllen kann. Die Arbeitergruppen mit den höchsten Tariflöhnen waren: 1918 Stundenlahn iu Kc Spiritusindustrie,,,, 2.73 Schneider..».,,, 3.06 Zimmerleute 3.32 Schnitzer..«.« 4.24 Malzerzeugung..,. 4.81 1834 Etundenlob» in Ki Lackierer 5.81 Buchdrucker« 6.24 Schneider.««« 6.55 Schnitzer» 7.15 Kürschner 7.34 ES handelt sich, vor allem im Fahre 1934, hier­bei um qualifizierte,Berufe und um Arbeiter, die, ^sonders gut gewerkschaftlich'vrgästssitrt^siM^j Die allgemeine Bewegung des Lohnniveaus der Arbeiterschaft von Präg in den vergangenen 15 Jahren ergibt folgendes Bild: Bis 1822 ein teilweise beträchtliches Steigen der Löhne; dir Jahre 1923 und 1924 bringen nahezu in allen Industrie» und Gewerbezweigen einen nicht uner­heblichen Rückschlag. 1925 folgt dann ein Still­stand, doch bringt dieses Jahr auch vereinzelt schon wieder leichte Lohnaufbesserungen, die dann 1926 und 1927 von einer größeren Anzahl von Arbei- terkategorien durchgesetzt werden können. Eine stärkere Erhöhung des Lohnniveaus gelingt den gewerkschaftlichen Verbänden in den Jahren 1928 und 1929, auch 1930 werden noch in einigen In­dustriezweigen Lohnerhöhungen durchgesetzt. Das hohe Lohnniveau der Jahre 1921/1822 ' wird bis 1934 von der Arbeiterschaft der 32 Industrie- und Gewerbezweigen erreicht bezw. überschritten nur in zehn, in den übrigen 23 bewegen sich aber seither dir tariflichen Löhne unter denen der Jahre 1921/1822. Rach dem Ausbruch der Wirtschaftskrise ge­lingt eS, zunächst die Löhne zu halten. Aber ihr I Das Lohnniveau in der Hauptstadt Prag Die Bewegung in den Jahren ISIS bis 1934 Wirk« prompt Madten Sie ainan Vewdi* legal, Sie können«ich viele qualvolle Stunden anparan. Togal bringt Ilmar. Linderang«albst In veralteten Wien . b> allen Apotheken. Proto Kl 12»-. D«. Rlebto«*« Aoathafca, Prag l RavoluZnf jlatctLUift. bei Schmerzen In den Gelenkeri; Glie-1 dem« bei Kopf-! schmerzen und i Erkältungen ! jahrelanges Andauern führt daim 1838 und be­sonders 1834 zu starken Einbrüchen; das Lohn­niveau her Prager Arbester ist im letzten Jahre stark gesunken. So ist das Material des Statistischen Staats­amtes über die Bewegung des Lohnniveaus außerordentlich aufschlußreich: zeigt es doch die verheerenden Wirkungen der kapitalistischen Krise auf die Arbeiterschaft, die von ihnen viel schlimmer betroffen sind, als andere Bevölkerungsschichten; es läßt aber auch gleichzeitig erkennen, daß die Arbeitergruppen, die am straffsten gewerkschaftlich organisiert sind, sich gegen den Lohndruck der Un­ternehmer besser zu schützen vermochten, als die übrigen.... GcrlcMssaal Ein Arzt täuscht Bestechung vor »m z« seinem Honorar zu kommen. Pilsen . Ein Senat des Kreisgerichtes Pilsen " befaßte sich Dienstag mit dem Fall des 44jährigeN ehemaligen Primarius des Pilsner^, städtischen" Krankenhaus und jetzige" Spezialarztes I. Ja'-"": n o t a, der des Verbrechens des B e t r u g e s so­wie der Verleumdung angeklagt war. Des geklagten Deliktes soll sich Janota im Ok­tober des Vorjahres schuldig gemacht haben, als er der Familie, des Pilsner Zahnarztes Friedmann vor-~ spiegelte, daß Friedmann zu Händen eines juridi- ,- r scheu Beamten der Pilsner Staatsbahndirektion den Betrag von 5000 als Bestechung dafür erlegen. sollte, daß Friedmann die eben fteigewordene Stelle", im Zahnambulatorium der Staatshähn erhalt«. Bei' seiner späteren^kfMchUW HWe'rirJMh angeblich-^ bestochenen Beamten'mTIMmrn-Wnannt. Es sollte der Stellvertreter des Personalchefs der Rechts­abteilung, Rat Dt. Tichy, sein) Der Fall kam auf,.als die Angehörigen der Fa­milie Ehrlich verschiedentlich in dieser Angelegenheit anfragten..D«r beschuldigte Beamte stellte entschieden in Abrede, über Annahme einer Bestechungssummi. verhandelt" zu haben." Bei späteren Einvernahmen rückte Dr. Janota von seinen ursprünglichen Be­hauptungen ab und erklärte, daß Dr. Tichy nie«. mal) eine Bestechungssumme von ihm gefordert habe'. Sein Verhalten erklärte Dr. Janota damit, daß er sich bemüht habe, auf diese Weise von- der Familie ein Honorar zu erhalten,,das sie ihm für eine, an einem Mitglied dieser Familie. vor einiger Zeit durchgesührte Operation schuldete. Das betreffende Faminenmitglied habe sich geweigert zu zahlen, und die Angelegenheit sei Gegenstand eines Zivilstrittes. Nach durchgesührter Verhandlung wurde bec Angeklagte MllDr. Janota von dem Verbre» i chen des Betruges freigesprochen, jedoch wegen Verbrechens der falschen Beschuldigung bedingt zu. drei Monaten schweren Kerkers mit drei Fasttagen, sowie zum Ersatz"der Kosten verurteilt. Gleich-' zeitig wurde der Verlust des Gemeindewahlrechtes ausgesprochen. Die Strafe ist bedingt mit. einer Bewährungsfrist."-->. Der Mord an Kurt Gisner Zu seinem 16. Todestag. Am 21. Feber 1818 wurde der bayrische Ministerpräsident Kurt Eisner vom Grafen Arco-Balleh ermordet. Damit war ein Leben «iSgeköscht worden, daS erfüllt war vom Kampf! für Freiheit und Sozialismus. Kurt Eisner war einer der glänzendsten sozialistischen Schrift­steller und schon während deS Krieges leidenschaft­licher Vorkämpfer für die Völkerbundidee. Sein Kampf für den Frieden brachte ihn im Jänner f9ly für fast neun Monate ins Gefängnis. Erst im Oktober 1318 wurde er der Freiheit wieder­gegeben. Sie war ihm nur Mittel zu neuem Kampf gegen den Krieg, für Demokratie und So­zialismus. Am 7. November führte er die Mün­ chener Arbeiter und Soldaten zum Kasernen­sturm. Das morsche Gebäude des alten Staates brach zusammen. Am anderen Morgen las man in den Münchner Zeitungen:Die Monarchie Aiittelsbach ist abgesetzt;. Bayern ist fortan ein Freistaat." Das schnelle Handeln war in Mün­ chen nottvendig, weil bayrische reaktionäre Kreise Mit dem Gedanken einer bayrischen Separation vielten. Es ist das historische und nationale Ver- >ienst Eisners , schon am 7. November 1918 in München die Fahne der Republik aukaerichtet und bamit die Separationsabsichten der bayrischen Reaktion durch­kreuz t zu haben. Kurt Eisner übernahm in der jungen bay­rischen Republik das Amt des Ministerpräsidenten. Seine Politik war vor allem darauf gerichtet, zu zeigen, daß das deutsche Voll ni.iits zu tun habe mit den Sünden des vergangenen Systems. Dnrch rücksichtslose Aufdeckung der geschichtlichen Wahr­heit über den KrieqSursprung wollte er bei den Siegerstaaten Vertrauen erwecken siir das repu­blikanische Deutschland und so die Voraussetzung schaffen für einen erträglichen Frieden. Inner­politisch aber sollte, dadurch das Volk losgelöst werden vor einer fluchbeladenen Vergangenheit, Deshalb fein leidenschaftlicher Kampf gegen die Männer des alten Systems, deshalb die Veröf­fentlichung der bayrischen Gesandtschaftsbericht«, die der Feststellung der Wahrheit über den Kriegsursprung dienten. Auf die Aktenveröffent­lichung antwortete die reaktionäre Presse, mit einer haßerfüllten Agitation gegen Eisner, seine jüdische Abstammung wurde ihm wie ein Ver­brechen vorgeworfen. Eisner ließ sich nicht beirren. Auf der inter­nationalen Sozialistenkonferenz in Bern setzte er in der großen Kriegsschulddebatte seine Politik fort und schlug die ersten Brücken von den deut­ schen Arbeitern zur Arbeiterschaft des übrigen Europas . Dort gelang es ihm auch, die Hilfe der französischen Sozialisten für die baldige Rück­kehr der deutschen Kriegsgefangenen zu mobili­sieren. Er brachte eine Resolution ein, die sich gegen die Verwendung der Gefangenen zur Zwangsarbeit wandte, die Erleichterung ihres Loses und ihre baldige Rückkehr forderte. Die Resolution war unterzeichnet von Kurt Eisner und dem französischen Sozialisten Renandel. Dann aber geschah etwas kaum Glaubliches. Ob­wohl es Eisner gelungen war, in einer leiden­schaftlichen Rede die Zustimmung des Kongresses für dies« Resolutton zu gewinnen, wurde er in der deutschen Rechtspresse wegen seines Auftretens in Bern auf das schmählichste verleumdet und be­schimpft. Man log-sein Eintreten für die Kriegsgefangenen u m in Verrat an den Gefan­genen. Nach seiner Rückkehr bekam er zahlreiche Drohbriefe mit unzweideutigen Schlußwen­dungen:Die Kugel, die dich trifft, liegt bereit!" Die Haßstimmung gegen Eisner stieg, wurde von einer gewissenlosen Presse gesteigert und schuf die Mordatmofphäre. Die Verleumdungen gegen Eisner verstiegen sich bis zu der Behauptung, er habe in Bern er­klärt, die Kriegsgefangenen hätten kein Recht, nach Haus« zu verlangen, sondern müßten, und wenn eS 50 Jahre dauere, das Los der Gefangen­schaft trägen, bis chie zerstörten Gebiete wieder aufgebaut seien! Diese Lüge, die inzwischen zum eisernen Bestand der Nationalsozialisten geworden ist, hat Eisner gemordet. Auf dem Wege zum Landtag, in dessen Hände er sein Amt zurücklegen wollte, wurde Kurt EiSner am 21. Feber 1819, vormittags um 10 Uhr, durch zwei Revolverschüfse getötet. Er brach sofort lautlos zusammen. Der Mörder wurde von der Begleitung.Kisners schwer verwundet. Später ist er zum Tode verurteilt und. zu lebenslänglicher Festungshaft begnadigt worden. Nach fünf Jahren leüchtete ihm zum zweitenmale die bayrische Gnadensonne. Er wurde völlig amnestiert und av'aneierte zum bay­rischen Nationalhelden und Direttor der Süd­deutschen Lufthansa. Selten ist«in Mensch so schwer verleumdet worden, wie gerade Kurt Eisner . Di« Lüge der-' folgt ihn übers Grab hinaus bis heute. Aber auch in den Kreisen der Sozialisten ist manche, irrige Meinung über ihn verbreitete am meisten, die, EiSner sei ein Gegner der Demokratie und ein Anhänger der Räterepublik gewesen. Das Gegenteil ist richtig. Er war zeit seines Lebens bis zum letzten Atemzuge demokratischer Sozialist. Eisner hatte die Fehler des alten Parlamenta­rismus erkannt und wollte eine neue lebendig-. Form der Demokratte schaffen. Getreu seinem, Grundsatz, das. was man im Geiste trägt, auch) wirklich zu machen, die ganze Person dafür ein-., zusetzen, kämpfte er während des Krieges ohne... Rücksicht auf sich selbst für den Frieden und ging für seine Ueberzeugung ins Gefängnis. In sei­nem Kampf gegen die Mitschuldigen an dem Weltverbrechen, im Ringen für die Wahrheit über den Kriegsursprung fiel er, der Fanatiker der Wahrhett, gemeuchelt von der Lüge.