Nr. 84 Dienstag, 9. April 1935 Seite 5 vseeler Nsn,cKenr8uber Nltler-Vertrauenrmann in Parks DemM a t i n" ist es gelungen, eine auf­sehenerregende Feststellung zu machen. Das Blatt hat ermittelt, daß jener Kapitän Mauz, der gemeinsam mit dem Gestapo -Spitzel Richter den Journalisten Berthold Jakob über die deutsche Grenze entführte, kein anderer ist als jener Ka­pitän Manz, den Hitler vor einiger Zeit nach Paris entsandt hatte, damit er als Set» trauensmanndesFührers" die bekannte Brrbrüderungsaktion" mit den nationalistischen französischen Aronlkänrpferverbänden einfädle. Manz führte damals, wie derMatin" mitteilt, mit beglaubigten Dokumenten Hitlers rin , aus denen zu ersehen war, daß er im»ffi- ziellrn Auftrag eineVerständigung der deutschen und französischen Frontkämpfer" herbeiführen sollte. Die Entlarvung des intimen BertrauenS- mannes Hitlers als aktiver und prominenter Gestapospitzel schließt die Kette in der Beweis­führung, daß die Baseler Menscheurän- ber als direkte Beauftragte der deutschen Regierung gehandelt haben. Für die Schweizer Behörden dürften dir Feststellungen desMatin" von größtem Nutzen sein, da die Hitlerregierung in ihrer Antwort­note auf den Schweizer Protestschritt bekanntlich jede Beteiligung an der Baseler Entführungs­aktion dreist abgeleugnet haben. Eine Räuberburg Kalkutta. Weite Gebiete des im nördlichen Borderindien gelegenen Fürstentums Kwalior wurden seit längerer Zeit von einer Räuberbande heimgesucht, deren Führer sich aus eigener Macht­vollkommenheit zum absoluten Herrscher der ganze« Landstrichs gemacht hatte. Schließ­lich wurden Truppen zusammengezogen, um di« Be­völkerung, die unter deu ständigen Raubzügen der gefürchteten Bande zu schwer zu leiden hatte, von dieser Landplage zu befreien. Er gelang den Trup­pen auch, die Bande in dem festungsartigen Schlupf­winkel des Räuberhauptmannes«inzukreisen, jedoch spotteten die starken Mauern der Räuberburg zwei Tage lang allen Bemühungen der Angreifer. Erst in der dritten Nacht konnte nach zahlreich«» vergeb­liche« Feuergefechten eine klein« Bresche in die Um­fassungsmauer gebrochen werden. Hierdurch wurde er möglich, Bomben in das Innere der Burg zu werfen, waS einen Teil der Räuber zu einem Aus­fall veranlaßte. Unter dem heftigen Feuer der Be­lagerer fanden sämtliche Räuber, di« den Flucht­versuch gewagt hatten, den Tod. Die durch dieses Ereignis eingeschüchterten Belagerten sandten hier- auf ihr« F r a u e n und K i n d e r aus der Festung, wodurch die Belagerer veranlaßt wurden, vorüber­gehend da»,Feuer einzststellen. Diese Gelegenheit! benutzte der Räuberhauptmann, um mit wenigen Getreuen unter dem Schutz der Dunkelheit in die benachbarten Kornfelder zu entfliehen. Lrotz der sofort aufgenommenen Verfolgung konnte er nicht mehr ergriffen werden. Den Truppen gelang es schließlich, die Burg zu stürmen und 14 Frauen, vier Kinder und stvei Räuber gefangen zu nehmen. Der blutige Kampf kostete die Räuber f ü n f T o t«, während auf feiten der Truppen ein Soldat ge­tötet worden ist. Schiffsunglück auf dem Bodensee . Auf der Höhe von Lindau ist am Montag Nachmittag auf dem Bodensee das schweizerische Lastschiff Rhein " gesunken. Von der vierköpfigen Besat­zung konnten zwei Mann gerettet werden; di« anderen zwei ertranken. Ihre Leichen konnten bisher nicht gefunden werden. Bei dem sehr starken Seegang brach das Steuerruder und das Schiff kenterte. Die Unfallstelle ist als sehr ge­fährlich bekannt. Byzantinismus. Das NDB meldet: Zu der bevorstehenden Hochzeit des preußischen Mini­sterpräsidenten Göring wird auf den Straßen, durch die die Fahrt zum Dom geht, von den na­tionalsozialistischen Organisationen Spalier ge­bildet werden. Insgesamt stellen die einzelnen Verbände 33.000 Mann, davon die SA 18.000 Mann. Ei« feiner Kontrollor. In der oberösterrei­chischen Strafanstalt G a r st e n wurden der Justizidachkontrollor Alos Haslinger und seine 18jährige Tochter verhaftet und dem Ge­fängnis des KreisgerichteS in Steyr «ingeliefert, weil sie im Verdacht stehen, einen außerordentlich großen Schmuggel der Geheimkorre­spondenz der Häftlinge organisiert zu haben. Es handelt sich in erster Reihe um die Korrespon­denz zahlreicher in Garsten untcrgebrachter na­tionalsozialistischer Sträflinge. Die beiden Verhafteten haben von den Verwandten und Freunden dieser Polstischen Häftlinge beträcht­liche Geldbeträge erhalten. Ei« tragische; Borfall hat sich in Nyirogyhaza (Ungarn ) ereignet. Drei kleine Kinder, die gegen Haarpilze mit Thallium aceticum behandelt wur­den, erkrankten nach sukzessiver Einnahme von je fünf Zentigramm Thallium. ZweiKinder starben bald nach der Erkrankung, der Zustand des drstten Kinde» ist hoffnungslos. Die Behör­den haben eine strenge Untersuchung eingelestet. Der Flugpastverkehr nach der Sowjetunion . Laut Bekanntgabe der deutschen Postverwaliung wurde der Verkehr auf der Flugstrecke Berlin Danzig Moskau , die von der ffchechoslowakischen Postverwaltung für die Beförderung von Postsen­dungen für Danzig und die Sowjetunion benutzt Hitlers erste WahlenttSuschung Der Danziger Erfolg der Sozialdemokratie Der Totalitätswahn des Hitlershstems hat mit den Danziger Wahlen Wohl zum erstenmal einen fühlbaren Stoß erhalten. Die Nationalso­zialisten, die ausgezogen waren, um über den Weg über die verfassungsändernde Zweidrsttelmehrheit den Anschluß an dasDritte Reich " zu vollzie­hen, haben ihr Ziel nicht erreicht. Der Stimmen­gewinn, den sie durchzusetzen wußten, steht in kei­nem Verhältnis zu den aufgewandten, selbst für Goebbelssche Propagandaorgien beispiellosen Mit« teln. Man muß sich den Boden vergegenwärtigen, auf dem dieser Wahlkampf, jder eigentlich kein Wahlkampf war, ausgefochten wurde. Gewiß, die Form einer parlamentarischen Wahl war, unter dem Zwang der Verhältnisse, gewahrt worden. ES | ist den Gegnern des Regimes möglich gewesen, 1 oppositionelle Listen aufzustellen. Aber daS war I auch die einzige Form oppositioneller BetätigungS- möglichleit. Die Regierungspartei beherrschte Straße und VersammlungSsaal, Presse und Rund- j funk so skrupellos und so ausschließlich, daß neu­trale ftanzösische und Schweizer Beobachter noch an» Tage vor der Wahl annahmen, daß die Nationalsozialisten 8SbisS0Prozent aller Stimmen erhalten würden. Die Liste des systematisch organisierten Ter­rors, mit desien Hilfe die Zweidrittelmehrheit er­zwungen werden sollte, ist unendlich lang. Die gegnerische Presse wurde beschlag­nahmt oder verboten, die Säle planvoll bis zum Wahttag mitBeschlag belegt, so daß die Opposition jeder öffentlichen Propagandamöglich­keit beraubt war. Gelang es der Opposition, einen kleinen Saal sreizubekommen und eine Versamm­lung zu arrangieren, so wurde sie regelmäßig von bewaffneten SA-Horden unter Zuhilfenahme typi­scher nationalsozialistischer Argumente, mit Tot­schlägern, Stinkbomben und Messern, auseinander« gesprengt. Auf die Verteiler antinationalsozialisti- | scher Flugblätter wurde auf offener Straße Jagd gemacht, die tapferen Menschen bewußtlos geschla­gen, die Flugblätter zerrissen oder verbrannt. Die Polizei stand ruhig dabei und ließ die Rowdies gewähren. Die Mißhandelten aber konnten von Glück sagen, wenn sie nicht, der Gipfel polizeilicher Parteilichkeit, am Schluß noch inSchutzhaft" ge­nommen wurden. In den letzten Tagen vor der Wahl nahm der Terror ausgesprochen reichs- ! deutsche Formen an. SozialistischeKandidaten wur­den aus ihren Wohnungen geholt und vom auf­geputschten Mob blutend und zerschlagen durch die Straßen geschleift; auf dem Land und in den klei­nen Städten wütete die Gewalt so fürchterlich, daß eine Masienflucht von Oppositionellen, deren Woh­nungen verwüstet worden waren, nach Danzig - .Stadt eiusetzre. TerVorposten", das offizielle nationalsozialistische Parteiblatt, drohte allen Gegnern offen mit einer Bartholomäusnacht, die Kandidaten der Sozialdemokratie und des Zen­trums wurden, völlig grundlos, in Haft genom­men, Trupps junger Mädchen vom B. d. L. kratz­ten, unter Polizeischutz, die Plakate der oppositio­nellen Parteien von den Anschlagswänden, sämt­liche Fensterscheiben der oppositionellen Zeitungen gingen in Trümmer, viel meterhohe Transparente bezeichneten jeden, der gegen die Regierungsliste stimme, alsLandesverräter, der vertilgt werden müße", der Rundfunk wurde den Parteien der Opposition gesperrt. Tag für Tag jedoch für die wüsteste nationalsozialistische Hetz« freigegeben,' aus dem Lande der Diktatur kamen die Kory­phäen der braunen Futterkrippe und redeten die Separatisten" in Grund und Boden und trotz­dem dieses magere Ergebnis I / Dabei ist noch zu erwähnen, daß die Regie­rung eine Liste des früheren nationalsozialistischen Regierungspräsidenten Rauschning völlig widerrechtlich annullierte, weil sie fürchtete, daß ihr Rauschning, der heute in Opposition steht, Ab­bruch tuen könne. Rauschning revanchierte sich da­durch, daß er am Vorabend der Wahl Flugzettel verteilen ließ, in denen er aufforderte, gegen die Nationalsozialisten zu stimmen. Die Nationalsozialisten haben bei dieser Wahl Methoden angewandt, die das ungarische Vorbild in punfto Wahlschiebungen weit in den Schatten stellten. Halten wir uns an bereits auf­geklärte Dinge. Ein Gesetz des braunen Senats gewährte zum erstenmal den im Reich lebenden Danzigern das Wahlrecht; zu vielen Tausenden brachte die deutsche Reichsbahn die nationalsozia­listische Hilfsstatisterie in Gratis-Sonderzügen nach Danzig ; ohne jede Kontrolle wurden hier un­zählige zuDanziger Wählern", die niemals etwas mit der Stadt zu tun hatten. Ohne diesen infamen Schwindel wäre das Gangsterregime trotz allen Terrors in der Minderheit geblieben. Spezifizierte Resultate aus Stadt und Land fehlen zur Stunde noch, indeffen steht bereits fest, daß das bis ins letzte Dorf terrorisierte Land zu mehr als 80 Prozent für den Nationalsozialis­musvotiert" hat. Das bedeutet, daß die Städte, in denen die Wirksamkeit des Terrors zwangsläufig herabge­mindert ist, gegen den Fascismus, für Recht und Demokratie gestimmt haben müssen I Diese Feststel- lung ist überaus wirksam, sie beweist, daß das Danziger Wahlresultat mehr als nur eine moralisch« Niederlage der Verderber Deutschlands ist. Es ist die erste tatsächliche Bresche in den Terrorring, der Deutschland um- klaiMert. hislt.,, z.... P- wurde, eingestellt. Der regelmäßige Verkehr auf der ! genannten Flugstrecke wird am 1. Mai 1932 wieder ausgenommen werden. vernngltickte Hochzeit»gifte. In Lodz stürzte der Balkon eine» zweistöckigen Hauses, auf welchem sich 20 Personen, die einer jüdischen Trauung zu­sahen, befanden, auf die Straße herab. Ein Hoch- zeitSgaft fand hiebei den Tod. Sieben Personen erlitten schwer«, acht leichtere Verletzungen. Erwärmung in Südenropa. In den südlichen Teilen des Festland«» ist bereit» eine starke Er­wärmung im Gange. Montag nachmittag» wurden dort 12 bi» 20 Grad verzeichnet. Auch in Mittel­emopa steigt die Temperatur, da» Wetter ist hier jedoch noch sehr unbeständig. Beim Zurückweichen der kühlen Lust treten noch zahlreiche Schauer auf; in Nähmen bildeten sich nachmittags Lokalgewitter, die vereinzelt von Hagel begleitet waren. Der Zufluß inäßig warmer Lust au» Südwesten dürfte anhalten. Da» Wetter wird sich voraussichtlich jedoch nur lang­sam beruhigen. Wahrscheinliches Wet­ter von heute: Allmähliche Abnahme der Nie- derschlagSneigung, jedoch noch unbeständig, wechselnd bewölkt, mäßig, warm, Südwestwind. Wetter- aussichtenfürMittwoch: Allmähliche Wet» trrbesserung, im ganzen jedoch noch unbeständig. Volkswirtschaft und Sozialpolitik Für die Herabsetzung der Fettzölle In derKonsumgenossenschaft" beschäf­tigt sich Genosse Franz S v o j S e mit unseren Fettzöllen. Der Gedankengang de» über­zeugenden Artikels ist folgender: Ab 1. Jänner 1032 wurden die Zölle für Speisefett und Speck erhöht. Di« Zollerhöhung I machte bei Rohfett 30 bis 60, bei ausgelas­senem Fett 60 bis 100 pro 100 Kilo aus. Schon damals haben genossenschaftliche Kreise vor der Zollerhöhung gewarnt und darauf hingewie­sen, daß«ine Zoll- bzw. Preiserhöhung zu einem starken Rückgang des Verbrauche» führen wird. DaS ist tatsächlich geschehen. Die Einfuhr von Speck und Schmalz geht ständig zurück. 1929 betrug diese Einfuhr 84.818 Tonnen, 1980: 27.023, 1931: 22.475, 1932: 20.438, 1933: der Währungsabwertung die Preise für importier­tes Schweinefett auf eine Höhe hinaufgeschraubt, di« bei den heutigen Einkommensverhältnissen unserer Verbraucher als unerschwinglich bezeich- wert werden muh. Die Drosselung der Schweinefetteinfuhr hat aber noch andere Nachteile. Je weniger Schweine­fett wir aus den Bereinigten Staaten, den Nieder­ landen , Dänemark , Ungarn , Rumänien , Jugo­ slawien und Bulgarien beziehen, desto weniger werden diese Länder von uns Jndustrieartikel ab­nehmen. So leidet unter der Verringerung der Fetteinfuhr unser industrieller Export. Aber auch der Landwirtschaft wird dadurch wenig genützt, denn im Inland wird verhältnismäßig wenig Schweinefett produziert. Wollten wir aber Fett­schwein« forciert auffüttern, so würden sich diese bei dem Mangel an geeigneten Futtermitteln un­gemein teuer stellen und der Verbraucher könnte das Fett nicht kaufen. Aber selbst wenn er es kaufen könnte, würde sich die inländische Schweine­fettproduktion als ein zweischneidiges Schwert er­weisen, und zwar wegen des hohen Abfalls von Fleisch, der aus der Schlachtung von Fetffchweinen entstehen würde. Dadurch würden die Schweine­presse noch weiter fallen. Tatsächlich haben sich auch schon einige agrarische Fachblätter aufrichtig für die Herabsetzung der Fettzölle ausgesprochen. Ebenso hat der Staat nichts von hohen Zöl­len, wenn dadurch die Einfuhr unmöglich gemacht wird, weil ja dann überhaupt keine Zolleinnahmen zu verzeichnen sind. Auch die Nationalbank wird nicht durch die Fetteinfuhr geschädigt, denn der Fettimport kostet keine zusätzlichen Zahlungsmit­teln, weil er im Wege von Kompensationen durch­geführt wird. Die hohen Fettzölle nützen also weder dem Staat noch der Landwirtschaft, sie hindern den industriellen Export und belasten die Verbraucher - sie müssen daher herabgesetzt oder noch besser gänzlich abgeschafft werden. Die Verlängerung der RRA-Gesehgebung um zwei Jahre hat Präsident Roosevelt beim Senat der Bereinigten Staaten von Nordame­ rika beantragt, allerdings mit einigen Abände­rungen, um das Gesetz für baß Parlament an­nehmbar zu gestalten. Die NRA-Zwangsbestim- 15.376 und 1934: 13.502 Tonnen. Im ersten Vierteljahr 1935 wurde fast gar nichts impor- tiert. Di« Zeit der Zollerhöhung fiel aber auch zusammen mit ansteigenden Weltmarktpreisen, was«ine Folge von schlechten Ernteergebnissen und Futtermittelmangcl ist. So haben die stei­genden Weltmarktpreise im Zusammenhang mit mungen sollten automatisch am 1. Juli 1935 fallen. Zur Förderung des Baumwollanbaues iu Rußland werden die Gebiete, die ihre Baum­wollkulturflächen wesentlich erweitern, von Steuerzahlungen entlastet. Bis jetzt haben die mit Baumwollkulturen bebauten Flächen das drei­fache der BorkriegSzett erreicht. ''Maße*& Hau. Tüchtig, 2 la, Ich bin am Telefonl Wie es mir geht? Recht gut. Wie Ich alt Köchin so berühmt wurde, fragen Sie? Das kann Ich Ihnen verraten: Wer schmackhaft kochen will, muss Qua* litütsware verwenden! Ich koche, backe und brate nur noch mit der guten SANA-Margarlnel TEE-MARGARINE, Ocrkhtssaal Das Kind in die Moldau geworfen Eröffnung der zweiten Prager Schwurgerichts» Periode. Prag . Di« zweite Schwurgerichtsperiode d. I. wurde Montag mit einer Anklage wegen versuch­ten Mordes eingeleitet. Auf der Anklage­bank faß die 28jährige Hausgehilfin Josefa T u- kek, die beschuldigt war, am 16. März d. I. ihren acht Tage vorher geborenen unehelichen Sohn an der Trojabrücke in die Moldau geworfen zu haben. Die Verhandlung leitete der Vizepräsident de» Kreisgerichtes C h a r y p a r, die Anklage wurde vertreten von Staatsanwalt Dr. S t i b r a l. E» ist die typische Tragödie-einer ledige» Mutter. Die Angeklagte, ein hübsches und einfaches Landmädchen, hatte einen Posten auf den Wein­bergen inne. Im Frühling. 1933 machte sie die Bekanntschaft eines Straßenbahners, mit dem sie nach kurzer Zeit in intime Beziehungen trat. Diese» Verhältnis blieb nicht ohne Folgen. Als die Ge­schwängerte ihrem Gelitten von ihrem Zustand Mitteilung machte, tröstete er sie und sagte, sie solle sich nichts daraus machen. Dieser magere Trost war aber auch alles, was er für seine, Ge­liebte tat. Bon diesem Zeitpunkt an blieb er ver­schwunden. Dieser unzuverlässige Freund wurde niemals eruiert. Josefa Tuiek konnte nicht einmal seinen Namen verläßlich angeben und nur erklären, er heiße, wenn sie sich nicht irre, Prochäzka. Man konfrontierte sie mit einem Straßenbahner, auf den ihre Beschreibung im allgemeinen zuttaf. Aber die Angeklagte selbst erklärt«, dieser sei nicht der Richtige. Diese» allzu vertrauensselige Mädchen hat ihren kurzen Liebestraum schwer bezahlen müssen. Am 8. März kam ihre schwöre Stunde. In der Gebäranstalt brachte sie einen gesunden Kna­ben zur Welt. Am 16. März wurde sie aus der Anstalt entlassen und stand nun mit dem Kind auf dem Arm und 260 llö Krankengeld in der Tasche auf der Straße, ohne zu wissen wohin. Sie irrie einige Stursten durch di« Straßen und. fand sich schließlich auf der Trojabrück«. Hier kam ihr der Gedanke, sich W Kindes, das sie nicht erhalten zu können fürchtete und daS ihr gleichzeitig als schwe­res Hindernis in ihrem Existenzkampf erschien, zu entledigen. Sie packte den Säugling aus seinem Bettchen und warf ihn in die Moldau. Wie sie selbst zugab, hat sie das Kind deshalb ausgepackt, damit die Bettchen den kleinen Körper nicht vielleicht riber Wasser halten. Gleichtvohl blieb das Kind merk» würdig«rloeise an der Oberfläche, ohne zu ver­sinken und der Leihbootbesitzer Josef Slesinger, der den Vorfall beobachtet hätte, rettete es. Der leichte Körper des Säuglings war mehr als 200 Meter über Wasser geblieben. Fromme Gemüter, die in dieser Rettung das Walten eines wachsämen Schutzengels«Micken sollten, werden sich freilich durch die Tassache enttäuscht fühlen, daß das Kind später an einer Krankheit starb, di« aber in keinem Zusammenhang mit der Tat der Angeklagten steht. Die Angeklagte bekannte sich auch vor den Ge­schworenen schuldig und das Urteil konnte nicht zweifelhaft sein. Die Schuldfrag« auf versuchten,Mord wurde einstim­mig b e j a h t, die Zusatzfrage auf Sinnes- verwirrung mit neun Stimmen v er n e i nt. Die weitere Zusatzfrage auf diel N.i e d r i gke it und Unehrenhaf­tigkeit der Beweggründe ver­neinten die Geschworenen ein­stimmig. Der Schwurgerichtshof verurteilte die Ange», klagte zu der gesetzlich zulässigen Mindeststraf« von drei Jahren schweren und verschärften Kerkers. rb.