Sette 6 Som,tag, 21. April 1939 «r 95 Die neue Sphinx Von Gleisberg. Am Ättertum thronte sie auf steinernem Sockel vor den Mauern der Stadt: eine Gestalt mit einem Menschenkopf und einem Löwenleib, ein imposantes Ungetüm, das über rätselhafte Kräfte verfügte. Aber wer die Rätsel lösen konnte, die sie dem mutigen Frager stellte, der brach ihre Macht. Die Sphinx stürmte vom Sockel. Ihr Ge­heimnis war durchschaut und es war aus mit ihr. Es ist gut. solche alte Sagen zu kennen. Man sage nicht, das, sie für uns Heutige sinnlos geworden sind. Die Geschichte von der Sphinx ieüenfalls kann man heute wieder von neuem er- zählen. Nicht etwa, weil ihr steinernes Bild noch immer im ägyptischen,Wüstensand steht. Sondern weil wir die neue Sphinx im eigenen Lande haben. Sie hat den Kopf eines Turnlehrers und den Leib eines Geldsacks und auf dem Kopfe«inen Kamm, der ihr wie einem Hühnlein schwillt, wenn sie von ihrer übermenschlichen Macht spricht. Sie thront auf einem Fundament, das ihr ein bekann­ter Professor errichtet hat,-er später selbst vor -t'm Ungetüm erschrak, das sich dort niederlieh und ihiN mit Haut und Haaren verschlingen wollte. ES gibt Abergläubische, die zu dieser Sphinx beten. gibt Aengstliche. die ihr mit erhobenem Arm nahen, um sie gnädig zu stimmen, und es gibt Listig«, die ihr reiche Opfergaben bringen, um von ihrer geheimnisvollen Macht beschützt zu werden. Aber es ist mit der neuen Sphinx wie mit -er alten: sie gibt Rätsel auf, und wenn die Klu­gen und Mutigen sie lösen können, dann stürmt das Ungeheuer. Das Rätsel der Sphinx klingt dunkel wie ein alter Orakelspruch:Die Mee über- uns, der Ka­merad neben uns, der Gegner vor uns." Der Hühnlein-Kamm schwillt, wenn ste es spricht, die Turnlehrer-Augen Ritzen triumphierend, und der Geldsackleib bläht sich wohlgefällig. Demi das Ungetüm glaubt, dass es keinem gelingen wird, des Rätsels Lösung au finden. Aber schon haben sich Mutige gefunden, das Wagnis au bestehen. Sie treten au dem Ungeheuer und sprechen:Die Idee über uns, das be­deutet: die Idee ist Euch au hoch, Ihr könnt nach ihr schielen, aber erfassen könnt ihr ste nicht. Der Kamerad neben uns, das bedeutet: er ist Euch Nebensache, denn Ihr wollt Führer sein. Und daraus ergibt sich das Drüte. Der Gegner.vor uns, das bedeutet: er ist Euch voraus, wenn er Eure Kläglichkeit erkennt." Schon wankt die Sphinx auf ihrem Sockel, denn sie sieht ihr Geheimnis enthüllt, ihre Schwäche durchschaut, ihr Orakel enträtselt. Nur eine Krage blecht ihr noch:Wenn ihr wisst, was Mer mir, vor mir und neben mir ist, dann sagt mir auch noch: was ist hinter mir?" Die Sphinx lauert gespannt, ob es gelingen wird, auch diese letzte Krage au beantworten. Denn ste weist, dast ihr innerstes Wesen und ihre ge­heimste Macht durch di« tödliche Antwort ent­schleiert wird:Was hinter dir ist? Ein anderes Ungeheuer ist hinter dir, ein schlimmeres: es heisst Hitler  ." Die Erleichterung Von G. Bode. Der alte Bauer stand vor dem Popen. Nichts für ungut, Väterchen, Gott   soll mir ver­zeihen, ccher ich kann nicht mehr Wester. Du mutzt mir helfen." Der Pope warf einen demütigen Blick gegen Himmel. Die kleinen Bauern waren alle arm und es war kein Wunder, wenn einer, der gar nicht mehr ein und aus wutzte, in seiner Not» zu ihm kam. Hilfe war so einfach er hätte nur jedem Geld geben müssen und allen wäre gehol­fen gewesen. Aber eben: Geld das war«S jal Er war selbst kaum reicher als die Bauern. IIch kann dir nicht helfen, Pjotr," sagte er butte sind durchgeführt- worden, ohne-atz die H a u s h a l t u n g s k o st e n verteuert wurden. Mit dem Umfang, den zum Beispiel die Butterproduktion hat, ist es nottvendig, den Export aufrecht zu halten. Der Exportpreis mit dem sel­ben Preisniveau des Jnlandsmarkt wäre nicht möglich, wenn nicht der Staat eine Preiszulage zahlen würde. Um ein gewisses Preisniveau für das Brotgetreide zu halten, verpflichtet sich die Regierung alljährlich einen gewissen Ueberschutz an Getreide aufzukaufen. Dieser Ueberschutz wurde im Jahre 1834 dazu verwendet, dass ein Teil exportiert, ein Teil denaturiert als Kuttermittel verkauft wurde und 3000 Tonnen in der Gegend verteilt wurden, die am stärksten unter der Krise zu leiden hatte. * In-en Waldbezirken, wo die Forst­arbeiter durch die Rationalisierung der Verelen­dung am nächsten sind man braucht ja nur an die Bevölkerung des Bvhmerwaldes zu denken hat die Regierung mit grossen Hilfsmassnahmen eingegriffen. So wurden für diese armen Saison­arbeiter Arbeiterkleinhöfe geschaffen. Damit will man aber aus dem Arbeiter keinen Bauern machen. Es werden hiermit nur die Vor­aussetzungen der mindesten Lebensexistenz geschaf­fen. Ter Arbeiter eines solchen Kleinhofes be­kommt für seine Arbeitsleistung einen Lohn von 400600 Kronen, wohnt auf diesen neugeschaf­fenen Hof fünf Jahre ganz frei und beginnt dann mit der Amortisation, die sich höchstens auf 133 Kronen jährlich beläuft. Das ist weniger, als er früher für Miete bezahlt hat. Nach 38 Fahren hört er mit der Amortisation auf und der Rest des staatlichen Baukapitals bleibt als feste Anleihe auf dem Grundstück bestehen. Bis jetzt befinden sich 4000 solcher Kleinhöfe in Bau. Innerhalb von zwei Jahren wurden 26 Mil­lionen Kronen für ein« besondere Wohnungshilfe zur Verfügung gestellt. Erweisen sich an dem Grundstück des mittellosen Häuslers gewisse Ver­besserungen oder Erweiterungen als notwendig, so bekommt er einen Betrag von 6001200 Kronen zur Verfügung. Seine Rückzahlungsschuld erlischt mst dem Augenblick, wo er wirklich die Berbes- serung ausgeführt hat. Y Mir den Bau billige? W ohnnngen für Kinderreiche ist bis jetzt der Betrag von 30 Millionen Kronen eingesetzt worden. Wie sich diese sozialdemokratische Regierungs­politik in der Arbeitslosenziffer ausdrückt, dazu dienen folgende Zahlen: Im Monat Dezember 1833 waren 173.000 Arbeitslose gemeldet; im Monat Dezember 1834 waren 83.000 Arbeitslose gemeldet. bezug auf billige gesunde Wohnbauten, Volks-1 bauten, Volksbildung und Modernssierung deS Stadtbildes erworben hat, wird an dieser Stell« ein anderes Mal die Rede sein. Wie von der Re­gierung, so ist auch von dieser Gemeindeverwal­tung Vorbildliches geleistet worden. * lyrische Stockholmer   Wohnhäuser, die Briet HMrtug der Stadt errichtet wurde* Das ergibt einen Jahresrückgang von 80.000 Arbeitslosen,. Das Unterstützungswesen in der Arbeitslosen­fürsorge besteht aus zwei Teilen: 1. Mrsorge der Gemeinde mit Staatszuschüssen. a) Bargeld, b) Arbeitshilfe für die Gemeinden, e) Direkte staatliche Arbeitshilfe. 2. Genter-System, 75% Staatsbeitrag und die Organisations­kosten. Von den grossen Verdiensten, die sich die sozialdemokratische Verwaltung der Hauptstadt in Die Minister der schwedischen Regierung ge­hören zur Generation der Borkriegs- s u g« n d, die sich in den Reihen des sozialistischen  Iugendverbandes zusammenschloss. Als diese Männer 1832 die Regierung übernahmen, befan­den sie sich in einem Durchschnittsalter von 47 Jahren, so dass man wohl von einer ziemlich ju­gendlichen Regierung sprechen kann. Das hat sie auch durch ihre starke Aktivität während der bis­herigen Tätigkeit bewiesen. Sie will aber auch gar nicht den Eindruck erwecken, als seien ihre Massnahmen schon hinreichend und von rein' sozia­listischer Natur gewesen. Immer wieder setzt sie sich mst der Kritik auseinander, die ihr vorwirft, sie hätte das Vertrauen der Unternehmer unter­graben und somit die Lust an der Produktion für die Zukunft genommen. Abgesehen davon, dass die wirklichen Erfahrungen gegen diese Kritik zeugen, weist die Regierung Wester darauf hin, dass in Zu­kunft noch viel mehr Eingriffe für. die Allgemein- hest getättgt werden müssen, um das Lebens­niveau des Volkes zu heben und die ökonomischen Kräfte des Landes zum Funktionieren zu bringen. Es spricht sehr viel dafür, dass man die bisherige Politik als Vorboten einer stärkeren sozialistischen   Wirtschaftsent­wicklung iu Schweden   betrach­te» kann. * Wer von uns Mitteleuropäern die Geschichte Schwedens   kennt, wird nicht überrascht sein- von dem ausgeprägten Gerechtig- keits- und Rechtsgefühl, das den Bewohnern dieses Landes eigen ist. Wundert es daher noch, wenn sich, die Volksmeinung über Deutschland   seit 1833 grundlegend geändert hat? Jeder Tag, der neue Gewalttaten dieser braunen Diktatur zestigt, verstärkt den Abscheu der nordi­schen Menschen gegen die Unterdrücker jeglicher 1 Freiheit und Menschlichkeit. Di« schwedische Tradition ist der Kampf ums Recht, für Freiheit, Menschli ch k eit und Demokratie. Willi Vogel  . Wasserwerk am LovS. von der sei. Verwalte« aafgeührt Tagcsnculghcttcn I Briefträger-Streik in Nizza  Der Postminister schickt Streikbrecher! Paris  . Der Postminister lieh Freitag 20« Briefträger nach Nizza   entsenden, die die' Arbeit! der dortigen Briefträger übernehmen sollen, dick wegen Arbeitsüberbürdung in den Strest getre­ten find. Der Minister erklärte, dass er keine deck Bedingungen der Streckenden annehme. In de« Dienst werden nur einige der Streikenden Wied« ausgenommen werden können, welch« darum an<! suchen und nach der günstigen Erledigung eine» entsprechenden Revers unterschreiben. Explofion im Kino Mähr.-Ostrau. Freitag nachmsttags entstand im Kino in T! i n e c bei der Reinigung der ApG parate im Operattonsraum ein« Explosion, durch» die der 40jährig« Operateur B. Embacherge-t tötet wurde und drei Personen Gas-S Vergiftungen erlitten. Der entstanden« Brand wurde von der Feuerwehr gelöscht. DieV Ursache wird untersucht. Mensch mit Flügeln Moskau  . Einer der besten Fallschirmsprin«» ger» Schmidt, benützte beim Absprung zum» ersten Mal besondere Flügel, die von dem Tech^ nikec Smirnow des Lxperimental-Jnstitutes des Volkskommissariats für Schwerindustrie konstru-H iert worden sind. Schmidt sprang mit den Flü­geln aus eiper Höhe von 1600 Meter auch dem Flugzeug ab und legt« in 45 Minuten» etwa 800 Meter schwebend in der Luft zurück. In einer Höhe von 600 Metern öffnete Schmidt sodann den Fallschirm und landet« wohl-s behalten auf der tätfbe. Untertunnelung des Mont Blanc? Paris  . Der Kammerausschuh für öffentliche -Arbeiten hat einem Bericht zugestimmt» der die Untertunnelung des Mont Blcmc für den Auto« verkehr zwischen Frankreich   und Italien   vor4 schlägt. Der eigentliche Tunnel würde zwölf Kilos Meter lang sein. Frankreich   undItaliest sollen sich die auf 250 Millionen veranschlagtem Baukosten teilen. Die Regierung wird aufge« fordert, mit der italienischen Regierung wegen det Durchführung des Planes in Verbindung z» treten. Tödlicher Motorradunfall des Sekretärs des Kriegsverletztenbundes Reichenberg. Der Sekretär der Bundes de« Kiregsverletzten Rudolf Glaser aus Reichend berg unternahm mst seiner Frau einen Motorrads ausftug in die nähere Umgebung. Als er durch dest Ort Eichicht bei Reichenberg   fuhr, wollte er deari 54jährigen Florian Hauser ausweichen. Glast s er verlor die Ruhe und gab, statt Gas Wegzu­nehmen, Gas zu und raste an einen Gartenzaung Tas Motorrad wurde vollständig demoliert, Gla^ ser in den Zaun geschleudert und seine Frau auß dem Beiwagen geworfen. Glaserundsein» Frau erlitten schwere Verletzungen, denen Glaser bald nach dem Unfall erlag, Hauser wurde leicht verletzt. st nach einer Weile,jeder muh sich selbst helfen, dann wird Gott   ihm beistehen." Das hilflose Ge­sicht des Bauern rührte ihn.Vielleicht kann ich dir mst meinem Rat dienen." Kennst du mein Haus, Väterchen?" Mein Gott Haus I Was für ein Aus ­druck für die halbverfallene Hütte, deren einziger Raum Küche und Stube zugleich war. ES ist nicht mehr auszuhalten," fuhr Pjotr fort.Es war ja immer arg. Die Frau, der Bru­der, meine Mutter, zwei Töchter und der Sohn ... aber jetzt hat Ilja obendrein geheiratet. Die Frau, das ginge noch aber, mein Gott,   ­terchen. sie wird bald ein Kind bekommen und» wenn Gott   es schickt, können es sogar Zwillinge sein oder Drillinge. Ich muh für die Enkelkinder Platz schäften. Es gäbe ja ein so einfaches Mit­tel: man baut an. Mer wie ohne Geld? Der Pope   stand auf.Geh ruhig heim,, Pjotr, und nimm das Schwein aus dem Stall und richte ihm eine Ecke in der Hütte, wo es schla­fen soll." Der Bauer glaubte nicht recht gehört zu haben.Das Schwein?" Hat es etwa Ferkel, die du nicht trennen kannst von ihm? Gut, dann nimm eben auch die Ferkel mit." Pjotr ging kopftchüttelnd nach Hause, aber er hatte Ehrfurcht vor dem Popen und befolgte sei­nen Rat. Doch, als er ihn nach einigen Tagen ttaf, warf er sich vor ihm auf die Knie.Väter­chen," rief er,nun ist es ganz arg. Das Schwein grunzt unaufhörlich aus dem Schlaf und die Fer­kel sind unruhig und laufen Aber unsere Körper, während wir liegen. Keiner von uns hat seither ein Auge zugedrückt." Nimm auch die Kuh in die Stube," sagte der Pope kurz und ging weiter. Pjott begann nicht nur an der Weishest, so­gar am Verstand« des Popen zu zweifeln. Aber, wenn man Rat verlangt, so mutz mau ihn auch befolgen, Nach einer Woche sah ihn der Pape mit alleß Anzeichen der Verzweiflung auf sein Haus zue laufen. Er trat vor die Tür. Noch ehe der Baust-' den Mund auftun konnte, winfte der Pope ihB ab.Ich weih, was du sagen willst: die Kuh nimmt euch den letzten Platz in der Hütte. Nicht wahr? Sperre den Hund und die Hühner aus dem Hof zu euch. Du wirst sehen, das hilft." Väterchen," klagte der Bauer andere» Tages,ich weiß, es kommt mir nicht zu, an dei­nem Rate zu zweifeln. Aber hör' mich doch vielleicht habe ich dich nicht richtig verstanden und irgend etwas schlecht gemacht. Meine Frau und ich haben die letzte Nacht sitzend auf dem Herdsiws zugebracht, sonst war kein anderer Platz. So kannst du das nicht gemeint haben!" Wer Pjotr," sagte der Pope lächelnd,das ist doch ganz einfach. Wirf eben den Hund und die Hühner hinaus. Dann wird eS schon gehen." t, Nun," fragte er ihn, als er nach einiger Zett wieder an der Hütte vorbeikam,mützt ihr noch immer auf dem Herd sitzen, wenn ihr schlafen wollt?" Pjott sah ehrfürchtig zu dem Popen auf. Keineswegs, VAerchen, keineswegs. Es geht alles ganz gut. Sett Hund und Hühner draußen sind, mertt man schon eine Erleichterung. Nur die Ferkel find so unruhig und machen Lärm." Wenn eS sonst nichts ist," meinte der Pop«, die Ferkel sind doch jetzt schon groß. Gib sie ein­fach in den Kosen." Er wandte sich zum Gehen« Und wenn dann die Schwiegertöchter vor bet Niederkunft ist und du für dein Enkelkind Platz brauchst, gibst du eiben auch die Kuh und da- Schwein in den Stall." - Ehrerbietig küßte Pjott dem Popen die Hand, Du bist wirklich ein weiser Mann, Väter­chen," sagte Pjott später bei der Taufe  .Wir sind jetzt um eines mehr als früher und trotzdem, seit Kuh und Schwein aus der Hütte sind, haben wie so viel Raum,