Nr. 95 Sonntag, 21. April 1935 Seite 9 Menschenraub?- Nur keine Aufregung! Bon llmls. Die kleine Schweiz zeigt mrS in ihrer Geschichte das ruhige Bild eines selbstbewußten, aber niemals hochmütigen Landes, ohne Ambition, ohne »Imperialismus", das Muster politischer Selbst- -rnügsamkeit; aber wir sehen, daß größere Länder ich der kleinsten Feinde schwer erwehre» können: Australien seiner Kaninchenplage, Frankreich der Reblaus, Amerika des Milz » iran 'des und des Kartoffelkäfers, tord-Afrika der Heuschrecken und Inner-Afrika er Tsetse»Fliege! Und so wird auch wohl der !ampf der kleinen Landes gegen die Bluthunde er Gestapo — die Wesemanns, Manz und Rich- 'r, die Kameraden der Mörder von Potemba, dir Eitler seine Kameraden genannt hat, erfolglos leiben! Nur ganz Ahnungslose, wie Lord Baldwin, der noch vor kurzem seinen Lands- 'utcn die deutsche Luftflotte als um 80 Prozent einer als die englische auf der Schultafel des interhauses errechnen konnte, werden.hoffen" ürfen, daß Jacob jemals lebendig an dir. -chweiz zurückgeliefert wird. Was der Gegner ein« "ial in seinen Fängen hat, läßt er stch, lebendig, icht abjagen! Jacob wird vom Boisgericht, auf lrdre, verurteilt, gehängt, geköpft, oder besten Falls, ils Selbstmörder drapiert, dem Krematorium überliefert werden, aber niemals der Schweiz ! Sie wird in fach vor ei« der»vollendeten Tatsachen" ge- ellt, wie sie ja das geschäftstüchtig« Nazi-Deutschland dem erstaunten, oder doch erstaunt tuenden Europa als neuestes Muster politischen Dumpings massenweise auf den Weltmarkt wirst! Dar Muster — made in Germanh— ist aber weder neu, noch daneueste, am allerwenigsten das allerneueste; es ist ein ganz altes, nach welchem in Preußen schon unter dem Soldatenkönig Friedrich Wil, Helm I. flott gearbeitet wurde! Dieser Köniz hat den Menschenraub militärisch organisiert, und Legende, servile Geschichte, Dichtung, Malerei und jetzt auch noch der Film, hat diese- Verbrechen legalisiert. Auch Fried rich Wilhelm hatte seine Gestapo mit ihren Spürhunden, die über die Grenze auf möglichst große Männer pürschte, sie nach Preußen verschleppen, Und iu die Gardeuniform seines Leibregiments presse« ließ— ob diese Junggesellen waren oder Weib und Kind zurücklassen mußten. Daß seine Methode des Menschenraubs unter dem Naziregime vergröbert wurde, daß Friedrich Wilhelms Opfer bloß lebenslänglich dienen mußten, aber doch immerhin im Alter pensioniert wucken, während die heutigen Opfer an Ort mck Stelle, auf fremdem Hoheitsgebiet abgeschlachtet, oder auf dem Umweg übers Volksgericht kält gemacht werden, daran trägt dieser zärtliche Vater»ich Despot keine Schuld. Dieses Vorbild neudentschen KraftmeiertumS, immer den Knüppel in der Hand, mit dem er auf offener Gasse seine Justizräte verdrosch, war auch — man darf seine Lichtseiten nicht abblenden dollen— Menscheuzüchter, Rasse- derbes serer, und gab den heutigen Rassefanatikern d«S Dritten Reichs nichts nach. Nietzsches Mahnung:.Nicht fortpflanzen sollt ihr euch— höher pflanzen I " vorahnend, hat er seine .Langen Kerle" mit ebenso, oder doch annähernd großen Frauenzimmern verheiraten lassen; sie sollten ihm für sein Kanonenfutter eine Generation von jungen Cymbern und Teutonen zeugen! Die Liebe war bei diesem Geschäft ebenso überflüssig, wie sie es den heutigen Raffedoktoren dünkt; maßgebend allein war die H L h e r Züchtung: nach Fuß und Zoll! Der Glocken Lick ist dumpf und schwer—» Es weckt die toten Gassen nicht. Es trägt sie nicht ins helle Licht——- Weckt diese Gassen gar nichts mehr——1 Der Glocken Lied ist weltentrSL—— Ein Leuchten, das vor uns verweht. Ein Trost, der keine Zukunft sät—— Wir gehen weiter, gramgebückt...« Der Herzen Lied die Mauern bricht. Wo immer gegen Haß und Not Der Glaube an die Zukunft loht. Da glüht daS wahre Osterlicht.. Hitler , der enttäuschte Pazifist Seit dem Bestehen des Dritten Reiches gab es kein Dokument hundertprozentiger Demagogie, wie jene Proklamation„An das deutsche Volk", die daS Reichsgesetzblatt vom 16. März 1835 alS Begründung des die allgemeine Wehrpflicht einführenden Gesetzes veröffentlichte. dieser Proklamation heißt es wörtlich: „2TI5 im November 1918 daS deutsche Volk — vertrauend auf die in den 14 Punkten Wil. sonS gegebenen Zusicherungen— nach viereinhalbjährigem ruhmvollen Widerstand in einem Kriege, dessen Ausbruch es nie gewollt hatte, die Waffen streckte, glaubte es nicht nur der gequälten Menschheit, sondern auch einer großen Idee an sich einen Dienst erwiesen zu haben. Selbst am schwersten leidend unter den Folgen dieses wahnsinnigen Kampfes, griffe« die Millionen unseres Volkes gläubig nach dem Gedanke» einer Neugestaltung der Völkerbeziehungen, die durch die Abschaffung der Geheimnisse diplomatischer Kabinettspolitik einerseits, sowie der schreÄichen Mittel des Krieges anderseits veredelt, werden sollten. Die geschichtlich härttttm Folgen einer Niederlage erschienen vielen Deut schen damit geradezu als notwendige Opfer um einmal für immer die Welt von ähnlichen Schrecknissen zu erlösen. Die Idee deS Völkerbundes hat vielleicht in keiner Nation eine heißere Zustimmung erweckt als in der von allem irdischen Glück verlassene« deutschen." Nach der numerischen Aufzählung der von Deuffchland vernichteten Waffen und der zu Aber die Natur gehorcht« dem Korporalstock weniger; wenigstens ist nicht bekannt geworden, ob diesen glücklichen Riesen eiter« auch Riesenkinder beschert worden sind! Aber bitte keine Aufregung über den Schwei zer Menschenraub! Friedrich Wilhelm hat doch sein Denkmal in Berlin bekommen, und Hitler wild es auch nicht erspart bleiben, ausgehauen zu werden. Jedenfalls kann er sich— wenn auch mit begreiflichem Widerwillen— auf das Wort Ben AkibaS berufen:.Alles schon dage- w e s e n!"— Wozu also all der Lärm? Der Armut Lied in jenen brennt, M• Die, eingepfercht im Sarg der Zeit, .’p Die Opfer sind und deren Leid, e Nur der es litt, auch wirllich kennt! Der Zukunft Lied ist Hammerschlag, Ist werterer Maschinen Lied, Ist Menschlichkeit, die nie verblüht. Die sich verbirgt, bis einst der Tag— Der Glocken Lied zum Sturm erhebt, Dann wird der Zukunft Flammenschein , Der Menschheit Auferstehung sein——, Ein Ostern, das in allen lebt Pierre. ihrer Herstellung notwendigen Anlagen, fährt die Proklamation fort: »DaS deutsche Voll war sowohl in seinen Regierungen als auch in seinen Parteien damals von einer Gesinnung erfüllt, die den pazifistisch- demokratischen Idealen des Völkerbundes und seiner Gründer restlos entsprach. Das Regime Hitlers schämt sich nicht— warum sollte es sich auch schämen— den Tatbestand dahin zu verfälschen, als ob bis kurz vor Hitlers Machtantritt , das deutsche Volk zu 100 Prozent den demokratisch-pazifistischen Idealen gchuldigt hätte, und Hitler tut so, als als ob er und die Seinen dies damals gebilligt hätten. Dies angesichts einer Welt, die doch weiß, daß er seit 15 Jahren— er rühmte sich dessen ost bis zum Ueberdruß— die Träger jener Ideale überhaupt nicht als Deuffche betrachtet hatte, angesichts einer Welt, die nicht vergessen kann, daß er am Grabe der Mörder Rathenaus einen Kranz niederlegen ließ und die Mörder Erzbergers mit offiziellen Ehren aufnahm. Damals galten ihm alle Erfüllungspolitiker als Landesverräter, für die er Pie Todesstrafe verlangt«, heute begründet er quasi mit ihrem.vernünftigen, aber leider erfolglosen" Verhalten die Notwendigkeit der allgemeinen Wchrpflicht. Dies tut er in derselben Minute, da Tausende ehrlicher Demokraten und Pazifisten aller Observanzen in den unbeschreiblichen Höllen von Papenburg » Bürgermoor, Oranienburg und Dachmi mit endlosen Todesqualen ihre Treue zu jener Gesinnung echärten, von der er der Well einreden möchte, daß sie einstens auch seine und die seiner Landsknechte Menschheits-Ostern genügt nützt, einfaG et« 2Nt«eeatw«ffee"... Verlangen Sie ausdrücklich eine Qualität-- marke, z. B. Mattoni'S Gießhübler". Dieses Mineralwasser zeichnet sich durch besonderen Wohlgeschmack und anerkannte Heileigenschaften aus. 2928 war. So ost können sich Rakhenau, Erzberger und Sttesemann gar nicht in ihren Särgen umdrehen, wie sie es angesichts dieses hiswrischen Triumphs der nationalsozialistischen Demagogie müßten. Wer die müde und verängstigte Well nimmt es zur Kenntnis. Und kein Schrei der Empörung über»dieses Uebermaß von Lüge, Heuchelei und Dämagogie erschüttert das All. I. E.* Volkswirtschaft and Sozialpolitik Japans Handel mit Europa Japan hat seinen Gesamtaußenhandel im Jahre 1934 weiter recht beträchtlich steigern können. Die Ausfuhr ist gegenüber 1933 von 1,9 Milliarden Neu auf 2,2 Milliarden Fen gestiegen. Die Einfuhr erhöhte sich in der gleichen Zeit von 1,9 Milliarden auf 2,3 Milliarden Den. Zu dieser günstigen Entwicklung des Gesamtaußenhandels hat auch der Handel mit Europa beigetragen. Ja pan konnte sowohl die Einfuhr aus Europa als auch die Ausfuhr nach Europa steigern. Im ganzen bleibt die Bedeutung Europas für den japanischen Außenhandel weit hinter der Asiens und der Ver einigten Staaten zurück. Im einzelnen zeigt dit Entwicklung in den letzten drei Jahren das folgende Bild(E ist Einfuhr; A ist Ausfuhr): 1934 in 1933 Millionen 1982 Yen TschrchoflowakeiE 1,8 1,7 1,5 A 0,04 0,03 0,03 Deutschland E 109,6 95,8 71,7 « 19,7 12,4 9,3 Großbritannien E 70,0 82,6 78,8 A 109,3 87,8 60,5 Frankreich E 18.3 21,7 21,1 A 88.3 38.7 21.5 Italien E 3,5 6,0 4,0 A 9,6 6,2 5,7 Oesterreich E 3,5 2,5 1,5 A 0,2 0,09 0,05 Holland E 8,7 3,8 3.9 A 17,9 12,3 12,4 Schweden E 21,1 16,6 9,8 A «6,1 8,3 1,6 Norwegen E 14,3 11,6 6,0 A 2,8 1,6 0,5 Dänemark E 1,7 0,5 0/3 A 1.8 . 1,4 Die Zahlen zeigen recht deutlich, in welchen Ländern die japanischen Waren besonders rasch Vordringen konnten. Gleichzeitig wird aus ihnen auch ersichüich, daß einige europäische Staaten ihren Export nach Japan in den letzten Jahren ganz erheblich zu steigern vermochten. Die Tsche- choflowakei nimmt in dieser japanischen Statistik eine bescheidene Rolle ein. Geschlechtsumwaudlung Bon E. Aldt. Es ist mkr einmal ein Kanarienvogel zuge- stogen, ein sehr ruppiges und unschönes, aber freundliches, zutrauliches Tierchen, dem ich gern Kost und Quartier gewährte. Der baffen Färbung und dem ganzen Körperbau nach schien eS ein Weibchen zu sein, aber es sang mit einem Eifer und einer Hingebung, daß mir diesbezüglich manch» Mal Zweifel aufstiegen. Eines Tages, im Frühling, brachte ich mir ein schönes goldgelbes Kana- rienmännchen mit nach Hause und erwartete, daß das Gebaren der Tiere mir das Geschlecht meines Pfleglings bald verraten würde. Es ist üblich, daß das Männchen das Weibchen ansingt, ost schon beim ersten Aicklick. Aber etwas Unerwartetes trat ein. Es war gegen Wend, als ich den Neuankömmling zu meinem Weibchen, das schon fest geschlafen hatte und nun aus dem Schlummer auf- slbreckte, in den Käfig setzte. Eine Weile musterten die Tiere einander etwas scheu, aber nicht unfreundlich. Beide verhielten sich abwartend. Aber dann erhob plötzlich mein Weckchen freudig schmetternd und schallend seine Stimme und sang unter liebenswürdigsten Verbeugungen das Männchen regelrecht an. Darüber war das Männchen erbost, daß es zornig losfuhr und das arme, dumme, kleine Kanarienfräulein hackte und biß. Das Benehmen seiner neuen Gefährtin war dem jungen Kanarienmann offenbar sehr unweiblich und unpassend vorgekommen. In den ersten Tagen strafte er sie mit Verachtung, fuhr nur jedesmal wütend auf sie los, sobald sie zu singen anhob. Der Kleinen ging eS decke! so schlecht, daß ich schon glaubte, die Tiere trennen zu müssen. Aber dann gewöhnten sie sich an einander. Freflich mußte daS Weibchen das Singen aufgeben, das der schöne goldgelbe Jüngllng für sein alleiniges Recht ansah. Jeder Versuch deS Weibchens, seine schöne Stimme erschallen zu lassen, wurde mit Schnabelhieben bestraft Bald fing es übrigens an, Eier zu legen, aber diese Eier waren so Lein wie Aolckrieier und nicht entwicklungsfähig. Es handelte sich offenbar um ein nicht normal entwickeltes Tier. Singende Kanarienweibchen trifft man zwar öfters an, und manche von ihnen sind auch ganz brave und tüch- ttge,Mütter» aber meist ist diese Stimmentwicklung doch ein Anzeichen dafür, daß Störungen in der Funktion der Keimdrüsen vorjiege». Wiederholt sind Hennen beschrieben Kunden, welche, nachdem sie schon Eier gelegt, in manchen Fällen sogar schon Küken ausgebrütet hatten, allmählich das Aussehen von Hähnen annahmen und sich den andern Hennen gegenüber so verhielten, als seien sie wirklich Hähne. Ja, es wird sogar über einen Fall berichtet, wo eine solche.Henne" zum Vater mehrerer Küchlein geworden ist, nachdem sie vorher schon Mutter gewesen war. Sind solche Fälle auch äußerst selten, so kommt Ge- schlechtSumstimmung in höherem oder geringerem Grade doch immer wieder vor. Der Kamm entwickelt sich zum Hahnenkamm, die Sporen bilden sich aus, nach der Mauser hat das Tier schön», bunt« Hahnenfedern und einen prächtigen, buschigen Schwanz. Auch die Sttmme entwickelt sich, das Tier beginnt zu krähen, und bald regt sich auch das Interesse für das weibliche Boll des Geflügelhofes. Solche.Hahnenfedrigkeit" kennt man schon lange Zett auch von den kastrierten Hennen. Dft Ursachen dieser Umstimmung sind ziemlich genau bekannt. Bei der Henne ist nämlich, im Gegensatz zum Hahn, der Geschlechtsapparat nur einseitig ausgebildet. Der Anlage nach handelt es sich auch hier um ein paariges Organ. Aber nur ein Eierstock und ein Eileiter, nämlich der der linken Kör- perhälste, gelangt zur Entwicklung. DaS Organ der rechten Seite wird nicht ausgebildet. An der entsprechenden Stelle rechts liegt ein verkümmetteS, funktionsunfähiges Organ. Wenn aber der Eierstock durch Geschwülste oder Tuberkulose krankhaft verändert ist, wie eS oft genug vorkommt, dann bildet sich der Eileiter zurück und es kommt nun zuweilen zu einer Entwicklung der rechtSseftigen Anlage. Merkwürdiger Weise entsteht aber nun aus dieser Anlage nicht etwa ein Eierstock, wie man erlvarten sollte, sondern eS bildet sich ein der männlichen Geschlechtsdrüse vollkommen enffprechendeS Organ aus, und der Eileiter wird zum Samen- leiter. Samenzellen werden fteilich nicht in allen Fällen produziett, aber eS besteht dazu die Möglichkeit. wie verschiedene Fäll« gezeigt haben. Wenn der Eierstock durch die Geschwulstbildung nicht ganz, sondern nur teilweise zerstört ist, so entwickelt sich unter Umständen sogar im Eierstock selbst männliches Drösengewebe. Diese inneren Veränderungen sind die Ursache der auffallenden äußeren Wandlung der Tiere. So ost man die Verwandlung der Henne in einen Hahn beobachtete,— noch nie ist das Umgekehrte vorgekommen, daß aus einem Hahn eine Henne geworden wäre. Dagegen kann man eine solche Wandlung, wenigstens in bezug auf die äußeren Merkmale, experimentell erzielen. Wenn man nämlich weibliches Drüsengewebe auf den Hahn überpflanzt, dann wird er hennenfedrig. Es kommt zu einer Umstimmung der sekundären Geschlechtsmerkmale. Dabei ist es gar nicht einmal nötig, den Eierstock in die Bauchhöhle zu transplantieren. Er hellt ebenso gut und mit gleichem Erfolg an jeder beliebigen Körperstelle an. Eier produziert er dapn freilich nicht, ccker er nimmt einen sichtbaren Einfluß auf verschiedene Vorgänge, die sich im Körper abspielen. Hühner werden bekanntlich zu Mastzwecken häufig kastriert. Führt man diese Kastration bei einer Henn« so durch, daß nicht der ganze Geschlechtsapparat, sondern nur Eierstock und Eileiter entfernt werden, während man die verkümmertt Anlage der rechten Sette«n Körper beläßt, dann entwickelt sich, entsprechend dem Vorgang beim krankhaft veränderten Eierstock, die Anlage der rechten Körperseite zur männlichen Keimdrüse. Es erweckt den Anschein, als ob diese rechte Kenndrüse der Henne von Natur aus als männliche angelegt wäre und als ob der normal« Eierstock die Ausbildung dieser Keikkdrüse unterdrücken würde, denn ihre Entwicklung erfolgt immer erst nach Ausfall der Funktion des Organs der lütten Seite, sei eS durch Entartung oder durch operativen Eingriff. Ein funktionstüchtiger Hahn wird frellich in den seltensten Fällen resultieren. In der Regel wird das Tier fortpflanzungSunfähig sein und nur äußerlich einem Hahn gleichen. Die Keimdrüsen haben neben der Funftion der Erzeugung der Fortpflanzungszellen noch eine andere, sehr wesentliche Arbeit zu leisten. Sie sind bekanntlich gleichzeitg Drüsen mit innerer Sekretion, welche ein Hormon an das Blut eckgeben, das vom Blutstrom getragen, im ganzen Mrper kreist und hier jene Umbildung veranlaßt, di« wir als sekundäre Geschlechtsmerkmale kennen. Das Hormon des Eierstockes hat aber gleichzeitg auch poch die Funktion» die Entwicklung der rechtsseitigen Anlage zu unterdrücken, weshalb diese sich ersr nach Zerstörung des Eierstockes entwickeln kann, wenn die Entwicklungshemmung fortfällt. Eine ähnliche Erscheinung ist auch von gewissen Fischen bekannt. Aquarienliebhaber züchten ost einen kleinen mexikanischen Zierfrfch,: der» Schwettträger. Männchen und Weibchen sind be, diesem Fisch sehr auffallend verschieden. Das sehr schlanke Männchen ist von eigenartiger Form und Farbe. Die Afterflosse entwickelt sich bei ihm zu einem schwertähnlichen, dabei grünschillernden Gebilde von nahezu Körperlänge. Die Weibchen legen nicht Eier, sondern sie bringen die Jungen in voll entwickeltem Zustand zur Wett, alle 2 bis 3 Monate, jedesmal eine ganze Schar. Diese Jungtiere, die etwa% Zentimeter lang sind, sehen ursprünglich all« ganz gleich aus, bis dann nach mehreren Wochen eine Anzahl von ihnen sich zu Männchen differenziert. Dies«.Umwandlung' zum Männchen muß aber durchaus nicht schon in den ersten Lebenswochen erfolgen. Es scheint, als ob die Tiere in einem indifferenten Stadium geboren würden. Die Umwandlung zum Männchen aber findet in den verschiedensten Altersstufen statt. Es kommt vor, daß bei schon ausgewachsenen Tieren, die bis dahin die rundliche Form der Weibchen hatten, die grüne Flosse hervorzusproffen beginnt, der Körper wird schmal und schlank und zeigt unverkennbar alle Merkmale des männlichen Fisches. Ja, es kommt sogar vor, daß ältere Weibchen, di« schon mehrfach Junge geworfen haben, sich plötzlich eines Besseren besinnen und zu Männchen werden. Diese Geschlechtsumwandlung ist durchaus keine Alterserscheinung. Sie kann in jedem Lebensaüer erfolgen. Da die Weibchen dieser Fischart ün allgemeinen größer sind als die Männchen, so kann man beobachten, daß um so größere Männchen resultieren, je später die Umwandlung erfolgte. Immer ist das weibliche Geschlecht das primäre. Der umgekehrte Fall wurde, nie beobachtet. Aehnliche Beobachtungen wurden vor einigen Jahren auch an einem andern Aquarienfisch gemacht, am siamesischen Kampffisch. Der be- treffende Forscher hatte ein Zuchtweibchen, das sich plötzlich zum Männchen umwandelte und als sch. ches zum Vater von 75 Kindern wurde, von denen 32 Söhne und 43 Töchter waren.
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15 (21.4.1935) 95
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