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Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI
IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFONI 53077, HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .
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( einschließlich 5 Heller Porto)
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15. Jahrgang
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Samstag, 11. Mai 1935
Der Gipfel der Verlumpung
Henlein reist wie ein Fürst durch das Land, verkehrt in Grafenschlössern, läßt sich noch im Schlaf von Hegern bewachen
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und seine Presse treibt verleumderische Bonzenhetze
Und diesen schamlosen Betrug soll sich das Volk gefallen lassen?
Frauen kämpft
Nr. 110
für euer Lebensrecht!
Die Frau hatte stets gegen eine Welt von Vorurteilen zu kämpfen. Sie hat es noch. Frau in der Demokratie bedeutet heute noch immer nicht: unabhängige, auf sich selbst gestellte, nur sich selbst verantwortungsbewußte Frau. Solange Demokra tie den Wirtschaftsformen des Kapitalismus un terſtellt ist, ergeben sich und nicht nur für die Frau jene zivangsläufigen ökonomischen AbAhängigkeiten, die zugleich mit einer Stette von intellektuellen und seelischen Abhängigkeiten ver bunden sind.
Sind in der sudetendeutschen Politif die Be- läßt seinen Reiseweg durch Radfahrerstafetten säu- die St. Joachimsthaler Zeitung" griffe wie Moral, Anständigkeit, Wahrhaftigkeit men und seine Versammlungen durch hunderte von vom 8. Mai: schon vor die Hunde gegangen? Stehen die Deut- bezahlten Prügelhelden von der andersgesinnten schen dieses Landes auf der geistigen Stufe der Wählerschaft beschüßen! Aber das ist noch nicht Sulukaffern, daß sie sich jeden, auch den ich am- alles: losesten Betrug einfach bieten lassen? Dieje Fragen muß man stellen angesichts der Wah!-| tomödie der Henleinpartei. τα
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Es ist einfach zum Koßen. Seitdem es auf judetendeutschem Boden Wahlen gibt, hat noch leine Partei solchen Pflanz getrieben, solchen Führerlurus zur Schau gestellt und soviel Millionen zum Fenster hinausgeworfen, wie die Eintopfpartei des Ascher Turnlehrers.
In dem nordböhmischen Städtchen Niemes hat Henlein von dem umkränzten Schloß. balkon ausgesprochen, den ihm der Schloßherr, ein reichsdeut. scher Graf Hartig, bereitwilligst zur Verfügung gestellt hat!
Es war ein erhebender Anblick für ausge= hungerte Arbeitslose und zusammengeraderte Kleinbauern, als die Auto- Karawane Henleins mit Motorgetöse durch das Schloßportal brauste. Hans Kudlich würde sich im Grabe umdrehen
Dieser Turnlehrer, der den Kampf gegen die Berufspolitiker und Bonzen eingeleitet hat, indem er in Asch aus einer Erkerstube der Turnhalle übersiedelt ist und in der Villa des Groß- Fabri-| fanten Hering eine Siebenzimmerwohnung bezo- ob diesen Schauspiels, wie sich die Bauern wieder gen hat, fährt mit nicht weniger als fünf in die Fangneze jenes Großgrundbejizes begeben, Kraftwagen durch unser Notstandsgebiet, der ihre Vorväter bis aufs Bluf gepeinigt hat! Schlechtbezahlte Heger müssen Nachtwache halten
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Troßdem muß festgestellt werden: die Demofratie hat wesentlich zur Menschlichkeits- und „ Die sozialdemokratischen Abgeordneten Persönlichkeitsentwicklung der Frau beigetragen. haben noch nie etwas für die deutschen Fabriks- Bieles ist im Ansatz stecken geblieben. Doch erst arbeiter getan. Das was getan wurde, haben jetzt, da wir Vergleichsmöglichkeiten zwischen demodie Abgeordneten anderer Parteien in hartem fratisch und diktatorisch regierten Staaten haben, Ringen erkämpft. Als es aber erkämpft war, erkennen wir den grundlegenden Wesensunterhaben sich die sozialdemokratischen Bonzen, die schied. nie Arbeiter waren, mit den Errungenschaften anderer gebrüstet. Sie haben nichts anderes getan, diese roten Bonzen, als
Euer sauer verdientes Geld ver praßt, haben sich Villen und Automobile gekauft,
Die Demokratie will die Befreiung der Frau. Sie will ihr die Möglichkeiten geben, sich nach Begabung, Charakter und Veranlagung hin zu entfalten. Sie will sie aus Enge und Unpersönlichkeitssphäre herausnehmen. Die Demokratie kämpft um Neuformungen politischer und gesellschaftlicher Institutionen.
haben die vornehmsten Kurorte be. sucht, tragen die teuersten Toilet. Der Fascismus gleichzusehen mit Realten, Pelze, und Brillanten, um die tion will in allem das Gegenteil! Die, Frauenfrage in Hitler- Deutschland wird vom deutsche Arbeiterschaft aber haben Rasse- und Zuchtgedanken beherrscht. Ebenso wie sie sich den blauen Teufel geküm in den anderen, teils vom Kleriko teils vom
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monopolkapitalistischen Fascismus beherrschten Staaten, gesteht man der Frau noch rein biolo gische Funktionen zu. Sonst nichts.
So wird es gemacht: Die Autos Henleine und die Villen seiner Geld- und Quartiergeber und die Brillanten, die Göring seiner Bra: t Trotz diesem unverhüllten Willen zur schenkte, sie werden einfach den roten Bon schlimmsten Reaktion ist es dem Fascismus gezen angedreht. Die Leistungen der So- lungen, einen Teil der Frauen für sich zu ge= 18ialdemokratie für die Arbeiterschaft werden dem winnen. Eine interessante Feststellung, die anregt,
Nach der Niemeser Versammlung gegen die Bertrauensmänner der Arbeiterschaft zu„ harten Ringen" der bürgerlichen Abgeord sich mit den Ursachen näher zu beschäftigen. Gie übernachtete Henlein mit seinem inszenieren!
weniger als zwölf Personen in So wird verleumdet:
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engeren Gefolge- es sind dies nicht
dem Straßdorfer Forsthaus des Er
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Als Gegenstück zu der noblen Gastfreund
neten zugeschrieben. Das wagt man nach der sind jedoch leicht zu ergründen. Denn: noch imfünfeinhalbjährigen übermenschlichen Leistung un- mer wird ein Teil der Weiblichkeit von dem Sklajeres Dr. Czech und seiner Mitarbeiter dem Volte vinnen- Gedanken, Magd und Dienerin zu sein, yorzusehen. beherrscht. Viele Frauen und Mädchen fühlen sich Das ist kein politischer Kampf mehr, das ist auch von der verschwommenen Mystik, dem ungrafen Waldstein, von dem die schaft, die Herr Henlein bei den nordböhmischen bis zum Irrsinn gesteigerter agitlaren Heldengeschwörme, von gewisser äußerer " Lidové Noviny" berichten, daß er Großgrundbejizern genossen hat, und als Beweis gegen die Arbeiterbewegung, das ist der ich am seine Angestellten in die sudeten der moralischen Verlotterung der deutschböhmi- loſe ſte Voltsbetrug, der je auf unserem deutsche Fascistenpartei hineinzwingt. schen Schriftleiterpresse zitieren wir nachstehend Boden verübt wurde! Insgesamt fünfzehn Heger Das sudetendeutsche Arbeitervolk müßte das Denken verlernt haben und wurden aufgeboten, um geistig unter dem Niveau eines chinesischen Kuli stehen, wenn es diesen Be- eigenen Wunsch entsprach, Enttäuschungen im alldas Forsthaus in weitem trug nicht durchschaute! Umkreis zu bew a che n, da mit der Schlaf des wahrlich ,, teueren" Führers und seiner Trabanten nicht
gestört werde.
Jeder Arbeiter- oder Bauernführer, für den
der Großgrundbejiß auch nur einen wingigen Bruchteil eines solchen Getues aufwenden würde, wie beim Besuche eines Erzherzogs, wäre am nächsten Tage bei der Bevölkerung unmöglich. Die Fascisten aber dürfen sich solche Provokationen die Stirne, in ihrer Presse eine schändliche Hebe 3 hungernden Volkes bieten und sie haben noch
des
Henleinordner bedroht Sozialdemokratischen Funktionär
In Trauten au steht eine Gilde notorischer Trunken- und Raufbolde im Dienste der SHF, die allein schon die Partei charakterisiert, für die fie ,, tätig" ift. Einer von ihnen, namens Arant, kam Mittwoch abend vor die Fenster| der Wohnung des Genossen Unger, Unseres langjährigen Kreisvertrauens mannes, der am 1. Juni als leitender Beamter nach Römerstadt geht, und rief! ihm zu, daß man ihm die Fenster ein ichlagen und vor seinem Weggange bon Trautenau noch zeigen werde, wie biel es nunmehr geschlagen habe. Das alles, wie gesagt, laut und für alle Be wohner der umliegenden Häuser
hörbar!
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ZIRKUS HENLEIN
HODINA
KASSE
ROSCHE
DODERER
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Prachtentfaltung, von den Schaustellungen und dem Gepränge angezogen. Bei einer anderen Kategorie steckt auch sehr viel reale Sehnsucht da= hinter. Da ist z. B. die Büromüdigkeit, Unlust am ausgeübten Beruf, dessen Erlernung nicht dem
täglichen Erwerbsleben, der seit unzähligen Generationen eingepflanzte und vererbte Wunsch nach dem eigenen Heim", dem das fascistische Denten so sanft und einlullend entgegenkommt wie ein beruhigendes und beglückendes Opiat. Und dem wie diesem Ernüchterung und Erwachen mit Kazenjammer folgt.
Schon heute beginnt sich bei den Frauen fascistisch regierter Staaten die Erkenntnis zu regen, daß politische Macht, wie sie u. a. den Geschlechtsgenossinnen in demokratischen Ländern durch das Wahlrecht gegeben worden ist, weitaus mehr bedeutet als eine Phrase: nämlich eine höchst wesentliche und wichtige Realität zur Vertretung weiblich- menschlicher Interessen.
Politische Macht und wirtschaftliche Macht sind zur Zeit ziveierlei. Jenes Prinzip, das eigentlich selbstverständlich sein müßte gleiche Arbeit, gleicher Lohn- hat sich auch in der Demokratie,
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so wie sie sich uns im Augenblick vorstellt, noch nicht durchzusetzen vermocht. Nach mehr als einem Jahrhundert Erwerbsarbeit, ist die Frau noch heute in der Festsetzung des Lohns, Dauer der Arbeitszeit und des Urlaubs nicht gleichberechtigt mit dem Mann. Noch heute wird die arbeitende verheiratete Frau als Mitverdienerin und nicht als Ernährerin angesehen, was am deutlichsten in der Entlohnung ihrer Arbeit zum Ausdruck fommt. Wobei die Verhältnisse der augenblicklichen Wirt schaftskrise völlig unbeachtet bleiben, die alle Theo= rien und Gepflogenheiten über den Haufen ren nen und gerade mitunter die Frau im Fall der Arbeitslosigkeit ihres Mannes
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oft genug zur
einzigen Ernährerin und Erhalterin der Familie machen. Und somit gerade die Verfechter jener Ansicht widerlegen, die behaupten, daß Frauenarbeit das Familienleben zerstöre.
Unleugbarer Verdienst der demokratischen Idee:( die gerade in unserer Beit so sehr von der