Nr. 132 Donnerstag, 8. Juni 1935 Tozinkhernokraff' Sette 5 Den Kindern zum Pfingstfest 2886 machen Sie für wenig Geld viel Freude durch rechtzeitigen Schuh* u« Strumpfeinkauf Parteitag der französischen Sozialisten Vom 9. bis 12. Juni findet in Mühlhausen der 32. ordentliche-Parteitag der Sozialistischen Partei Frankreichs (S. F. I. O.) statt. Dem Jahresbericht, den der Parteivorstand (C. A. P. ) dem Kongreß vorlegt, entnehmen wir, daß die Mitgliederzahl der Partei im Laufe der Jahre 1933 und 1934 einen leichten Rückgang aufzuweisen hatte.(1932: 137.749 Mitglieds­karten, 1933: 131.044, 1934: 110.000). Pauk Faure erörtert in seinem einleitenden Bericht diesen Rückgang, den er als ernstes Problem be­zeichnet.»Unsere Partei hat ein Lebensbedürfnis nach Mitgliederwerbung. Sie wollte niemals eine zahlenmäßig schwache Gruppt, also ein Kader sein, dessen Ziel es ist, die Masse zu lenken und sie im gegebenen Fall in ein Abenteuer zu stürzen, das heißt, aus irgendwelchen Ereignissen eine vorzei­tige Revolution Hervorrufen zu lassen, bei der die Dynamik der Insurrektion der entscheidende Faktor des Sieges wäre. Sie wollte und wiU eine Partei sein, beherrscht von demokratischen Regeln, die ihre Existenzberechtigung und ihre Kraft in der Arbeit termasse sucht, deren Erziehung und Organisation sie im vollen Licht der öffentlichen Propaganda besorgt. Daher ist es notwendig, daß der Rück­gang unserer Mitgliederzahl aufhör« und eine Steigerung erzielt werde." Im Uebrigen weist der Parteikassier darauf hin, daß Ende März die Mitgliederzahl wieder de« gleichen Stand wie im Vorjahr erreicht hatte, der Rückgang also abgestoppt ist. Der Bericht enthält ferner eine Uebersicht Mer die Beschlüsie des letzten Parteitags(Tou-z louse, 20. bis 23. Mai 1934) und der drei Ta­gungen des Landesparteirats, die seither stattfanq den(18. Juli, 24. und 25. November 1934 und 3. März 1935). Ein weiterer Abschnitt referiert über die»Einheitsfront und organisatorische Ein­heit" und enthält sämtliche die Verhandlungen mit -der Kommunistischen Partei betreffenden Do­kumente. Die 206 Seiten starke Broschüre enthält fer­ner die Berichte aller anderen Parteiorgane, dar­unter auch den der Parlamentsfraktion. Eine Liste aller Parteiorgane, ferner der von Parteigenossen geleiteten, aber von der Partei un­abhängigen Blätter erhöht den Mert des Be-i richteS. Ein besonderer Abschnitt ist der Frauenbewe­gung gewidmet, die bekanntlich in Frankreich erst in ihren Anfängen steckt, aber schon rasche Fort­schritte gemacht hat. Ulkonflikt Im Femen Osten Mulden. Im Zusammenhang mit der Ein­führung des mandschurischen Erdölmonopols haben die ausländischen Gesellschaften als Protest gegen diese Einführung am 81. Mai ihre Pforten geschlossen. Von amtlicher mandschurischer Seite wird hiezu erklärt, daß dadurch die Versorgung mit Erdöl nicht gestört werde, da große Mengen Erdöl bei den japanischen Erdölgesellschaften auf Sachalin gekauft sind. s o l i n i am 11. April 1933 in R o m und am 19. August 1933 inRiccione hatte, wurden die Grundlagen für die Fascisierung Oesterreichs ge­schaffen, bei welchem Unternehmen der Vatikan freundlich helfend Pate stand. Zwischendurch liefen freilich Fäden von Doll­ fuß zu H i t l e r. Sofort nach dem Siege Hitlers in Deutschland begannen die Verhandlungen zwecks Aufnahme von Nationalsozialisten in die österreichi­sche Regierung. Während Dollfuß und die Seinen vor der Welt die heiligste Entfchloffenheit in dem Kampfe gegen Hitler mimten, haben sie im Gehei­men Dutzende von Versuchen unternommen, sich mit den Nationalsozialisten auszugleichen. Winkler zeigt als Eingeweihter, daß diese Versuche nur an zwei kleinlichen Ursachen schließlich scheiterten. Zum er­sten Male daran, daß die Nationalsozialisten mehr Ministersitze verlangten, als die österreichischen Fascisten ihnen zu geben bereit waren. Zweitens aber daran, daß sowohl Dollfuß wieStar« Hemberg versuchten, den Weg zu Hitler ! für fich selbst und ohne den Kompagnon zu finden. Leitete aber Dollfuß Verhandlungen ein, trat Starhemberg stö­rend auf; ergaben die Verhandlungen StarhembergS Aussicht auf Erfolg, griff Dollfuß unterbindend ein". lSeite 140.) Sowohl Dollfuß wie Starhemberg beson­ders aber der Letztere waren stets eifrige Anhän­ger deS Anschlusies an Deutschland gewesen und glaubten sich mit Rücksicht auf diesen Umstand dazu berufen, den Frieden mit Hitler zu schließen. Sie spielten gegeneinander, aber auch gegenüber Italien ein Doppelspiel. Starhemberg hat übrigens nach dem Tode Dollfuß ' dieses Doppelspiel fortgesetzt. Er hatte es dabei freilich nicht leicht, denn auch der neue Bundeskanzler Dr. Schuschnigg hatte seine guten Beziehungen zu den Nationalsozialisten nie ganz abreißen lasten. Außerordentlich beachtenswert sind, Winklers Darlegungen über die Zeit vor den Febeklämpse« 1934/ Denn-sie berichten über eine Periode, in per er über die Intentionen Dollfuß ' auf das Genaueste informiert war. Winkler weist nach, daß der unver­schämte Verfastungsbruch der Regierung die Sozial­demokraten auf die Barrikaden getrieben habe. Er kommt nach einer gründlichen Abrechnung mit den Rechtsbrüchen der Fascisten zu der Ueberlegung:In der Regel pflegen Revolutionäre auf di«' Barri­kaden zu gehen, um mit dem Einsatz ihres Lebens bestehende Verfassungen zu stürzen und bestehende Berhältniste zu ändern. Die Schutzbundrebellen vom 12. Feber 1934 standen aber auf den Barrikaden zur Verteidigung der in Geltung stehenden Verfas­sung lSeite 99). Winkler stellt den Sozialdemokraten bas Zeug­nis aus, daß sie nach seiner genauen Kenntnis der Tatsachen nichts unversucht ließen, um zu einer Verständigung zu gelangen. Wer an dem festen Willen der Heimwehrführer, insbesondere F e h' s. die Arbeiterbewegung zu vernichten, scheiterten alle ihre Bemühungen. Freilich, die Sieger vom Feber sind ihres Sie­ges nicht froh geworden. Rach der gewaltsamen Nie­derwerfung der Sozialdemokratie tauchten die nur mühsam verkleisterten Gegensätze im Regierungs­lager sofort wieder auf. Die Rivalitäten der Fasci­sten untereinander haben nicht zum wenigsten dazu beigetragen, daß die Nationalsozialisten im Juli 1934 ihren Putsch wagen konnten. Ueber die wirk­lichen Vorgänge in diesen Tagen macht allerdings -Winfler nur vorsichtige Andeutungen. So, indem er sagt, daß die Oeffentlichkeit über die Liste der von den Putschisten einzusetzenden neuen Regierungs­mitglieder noch nicht informiert sei.Eine Publika- tion der wirklichen Winisterliste würde läh - mendes Entsetzen in der österreichischen Regierungs­front auslösen"... lSeite 194). Vielleicht wird Winller noch einmal aus seiner Reserve herauStre- ten und deutlicher werden? Der frühere Vizekanzler der Dollfuß -Regierung scheint mit Absicht die letzten Hüllen noch nicht fallen gelassen zu haben, wenngleich er in der Kritik des jetzt herrschenden Systems ansonsten nicht gerade zurückhaltend ist. Er faßt seine Beobachtungen in dem Satze zusammen:S e lb st d i e s ch l i m ni­st en Zeiten desöfterreichischen Parlamentes waren, politisch und wirtschaftlich gesehen, besser undgünstigerals d i e B l ü t e z e i t im autoritären christlichenStän» d e st a a t" lSeite 202). Gegenwärtig herrsche in Oesterreich eine Clique von Beutepolitikern, die sich mit Mussolinis Hilfe in den Sattel geschwungen habe, gehaßt und verachtet von der großen Mehrheit des Volkes. Kein Wunder, daß die Opposition gegen dieses System einer schmählichen Fremdherrschaft von Woche zu Woche im Wachsen sei. Das Bürger­tum und die Intellektuellen schwenken in das Lager der Nationalsozialisten ein, di« auch bereits in der Bauernschaft über einen erheblichen Anhang ver­fügen. Die Arbeiterschaft stehe, trotz aller Bemü­hungen der Fascisten um sie, treu und unentwegt im Lager der Sozialisten. Nach einer anfänglichen De» Pression und Mutlosigkeit nach den Feberkämpfen .gingen die Sozialdemokraten Oesterreichs erstaunlich rasch an die Arbeit, die Neuorganisation ihrer Partei auf illegaler Grund­lage a u f z u b a u e n"... lSeite 105).D l« illegale Parteisteh t, sie scheint neuer­dings ein politischer Machffaktor zu werden," be­richtet der konservative Bauernführer. Deshalb stellt er abschließend der Regierungs­front ein trübes Horoskop:»Die Verflechtung einer fehlerhaften Politik mit wirtschaftlichem Abstieg liege heute schon klar zutage. Der Abbrücke« lungsprozeßin der Regierungs­front nimmt u n a u f h a l t s a m s e i« nen Weg. Dagegen gibt eS keine Rettung..." Auf längere Sicht gesehen wird das Wort von Thomas von Aquino Recht behalten:Nichts hat Bestand, was dem Willen des Volkes widerspricht." Zahlenmaterial zu dm deutschen Muster««- gen. Ueber die zukünftige deutsche HeereSstärk« machen sich die meisten noch immer keinen richtigen Begriff. Zum Jahrgang 1914 gehören über 500.000 Mann, zum Jahrgang 1915, bei dem der Geburtenausfall in den Kriegsjahren erstmalig. fühlbar wird, ziur 850.000. Für die Jahrgänge 1916 bis. 1918 schwanken die Zählen auch zwi­schen 300.000 und 350.000. Der Jahrgang 1919 aber, der 1988 zum Arbeitsdienst und 1939 zum Heeresdienst einberufen werden würde. be­trägt wieder 600.900 Mann. Ein Bauernführer über Von Julius Deutsch Österreichs Diktatur ' Tragödie eines Rückwanderers. Der kauf- biinnische Angestellte Alfred R o s e n b a u m aus kauberbischofsheim, der sich nie politisch betätigt Mte, aber wegen der Judenverfolgungen in Streichers Bezirk März 1934 nach Frankreich auS- irivandert war, jedoch vor kurzem nach zahlrei- W Fehlschlägen in seine Heimat unbekümmert Walle Warnungen seiner Freunde zurückkehrte, Mde bereits in Würzburg verhaftet. Kurz dar- "uf wurde seinen entsetzten Eltern sein total zer- ichter Körper zur Verfügung gestellt. Man gab in, er habe sich, um nicht ins Konzentrationslager A kommen, unter die Lokomotive eines vorbeifah- ,senden Zuges geworfen(!). Diese Version stößt jedoch auf ivenig Glauben. ! fff Im mexikanischen Unwettergebiet stellten die Behörden bisher 114 Tote fest, davon in San ?edro und Actopan 66, in Milpa Alta 21, San Pablo Astotepec 5 und in San Gregorio 22. Die 8ahl der Todesopfer muß jedoch größer sein. Die Eingeborenen haben selbständig zahlreiche > Tote beerdigt. Ihre Zahl ist nicht festzustellen. Hagelwetter über Lundenburg . Am Mittwoch, dirz nach 18 Uhr, ging über dem Gebiet von Lun- Hnburg ein heftiges Gewitter, begleitet von Hagel- Mag, nieder. In der Stadt gingen mit großem Ge- ! iöse Schlossen von noch nicht gesehener Größe nieder, "ie vielfach über 7 Dekagramm wogen. An zahlreichen Gebäuden wurden große Schäden angerichtet. Die Straßen der Stadt waren mit Schlossen besät, so daß ne aussahen, als wenn sie mit Schnee bedeckt wären, tuf den Feldern, in den Parks und in den Weingär­ten wurde fast die ganze Ernte vernichtet. Das Un« fetter dauert« 15 Minuten, was hinreichte, um aus "en Feldern das Werk der Vernichtung zu vollenden. Der Schaden ist um so größer, al» die Landwirte DößtenteilS nicht versichert waren, weil eS in diesem sVtbiete fast 20 Jahre keinen Hagelschlag gegeben haf. W Brand. Gestern früh gegen halb 6 Uhr ent« "and auS bisher noch unbekannter Ursache in der wiühlenanlage der neuerbauten Schwarzfarben« siabrik derLagen"-Farbenwerke in Roßnitz bei Altrohlau ein Brand, der die Mühlenanlage, He auS Holz erbaut war, in über einer Stunde I^kommen einäscherte, Die herbeieilenden Feuer- Mrea konnten^ sich..üur^ay^die,.Lokalisierung,dstS ! Standes beschränken. Der. durch Versicherung nur" dnn Teil gedeckte Schaden bettägt etwa 100.000 UL. ! Piraten. Auf dem West-Fluß in der chinesi- Ihen Provinz Kwantung überfielen fünf Seeräuber­boote ein englisches Munitionstransportschiff. Das üt der Nähe befindliche Kanonenboot Cicala feuerte »uf die Seeräuber und setzte zu ihrer Verfolgung '^nen Kutter aus. Die Seeräuber konnten jedoch an i Land fliehen, wo aber chinesisches Militär sofort "ie weitere Verfolgung aufnahm. Mehrere der ! Piraten wurden gefangengenommen. j Ei« Lohnstreik der städtischen«nd Transport« Arbeiter auf der I n s e l M a n ist am Dienstag abendö geschlichtet worden. Zwei Tage lang war die ganze Insel ohne Elekttizität und Gas und ohne Verkehrsmittel. Dammbruch bei Arosa. Ueber dem bei Arosa gelegenen Weiler L i tz r u e t i ist der Damm des steinen Pretschfees geborsten, so daß sich die ssluten über die Gegend de» Weilers ergossen. Ein Haus und zwei Ställe wurden fortge­schwemmt und«in Teil der Chur -Arosabahn durch Hochwasser abgeschnitten. Menschenleben sind nicht zu besingen. Die Ursache des Dammbruches ist darin zu suchen, daß infolge der Schneeschmelz« das Masset tas Pretschfees so hoch anstieg, daß es die Humus­schicht zlvischen den Mauern deS Sees wegfratz, wo­durch die Mauern, zwischen denen daS Wasser ab- Ilicszt, zum Einsturz gebracht wurde». Schwere Strafen für Spione. Vor dem Straf« scnat des Kreisgerichtes in Ujhorod hatte sich in geheimer Verhandlung der 24jährige Lemberger Student Vladimir- Luczeczek zu verant- h>orten, der im Dezember vorigen Jahres illegal dse Grenze überschritt, in Svalala mit dem Schlos­ser Johann Oswald Beziehungen anknüpfte und ihn bewog/dre Pläne der Kaserne von Lilina, wo er früher als Soldat gedien hatte, aufzuzeichnen und diese Pläne auf ein fremdes Konsulat in Ushorod zu bringen. Luczeczek wurde zu acht Jahren und Oswald zu sechs Jahren Zuchthaus berutteilt. Beide haben die Strafe angenommen. Achtung! Haifisch! Man weiß, daß eS wegen der Haifische sehr gefährlich ist, an der australffchen Küste zu baden." Jetzt haben die Küstengesellschasten in der Umgebung von Sidney, wo sich gerade grauen­hafte Unglücksfälle abgespielt haben, ein geniales Mittel zur Verteidigung und zum Schutz gegen die Haie in Betrieb genommen. Eine Küstensendestation hat«in Flugzeug gemietet, das beständig die von den Haien unsicher gemachten Küstenstriche überfliegt und durch Radio sofort meldet, wenn ein Hai austaucht Und welche Richtung er nimmt. Die Sendestatton gibt di« Schreckensboffchaft sofort weiter. Längs der Küste sind ungeheure Lautsprecher ausgestellt, die Pie Kunde verbreiten und so schnell alö möglich trachtet jeder, das Ufer zu erreichen. Zur Zeit als Dollfuß den parlamentarischen| Rechtsboden verließ, um sich einem System der! Gewaltherrschaft zuzuneigen, saßen in seiner Re­gierung auch Vertreter einer agrarischen Gruppe, des»Landbundes ". Ihr Führer war Franz Wink­ ler , der im Kabinett Dollfuß die SteUe eines Vizekanzlers bekleidete. Sowohl Dollfuß wie Winkler kamen von der agrarischen Seite her in die Polittk. Beide tvaren ihrem Wesen nach kon- servative Bauernführer. In den wirtschaftlichen Dingen verstanden sie sich ausgezeichnet. Aber auch politisch gingen sie ein gutes Stück Weges mitein­ander, ohne daß ernsthafte Gegensätze auftraten. Noch am Beginn der fascistischen Aera einte sie die gemeinsam« Begeisterung für«in autoritäre» Re­gime und den ständischen Aufbau der Gesellschaft. Allerdings wollte Winkler , daß diese Entwicklung sich ohne offenen Verfassungsbruch und ohne Ge­walt vollziehen sollte, während der ungeduldige und skrupellos« Dollfuß auch vor dem Aeußersten nicht zurückschreckte. Der Streit um die Methoden der Reaktion hat den konservativen Landbund schließlich in einen Gegensatz zu den anderen reak­tionären Gruppen gebracht. Der nach der Totalität strebende Fascismus hat daraufhin den Landbund ebenso aufgelöst wie die Sozialdemokratie. Die meisten Führer des Landbundes wurden eingeker­kert, während es einigen von ihnen, darunter auch Franz Winkler , gelang, über die Grenz« zu ent­kommen. Nun tritt der Vizekanzler a. D> Franz Wink­ ler vor die europäische Oeffentlichkeit. In einem BucheDie Diktatur inOesterreich" (Verlag Orell Füßli, Zürich ) beschreibt ein Einge­weihter, ein Mann auS dem engsten Kreise der Reaktion, der jahrelang der Stellvettreter deS Bundeskanzlers Dollfuß war, das Werden und We­sen des österreichischen Fascismus. Die Persönlich­keit des-Verfassers macht das Buch zu einem ge­schichtlichen Dokument von beträchtlicher BeweiS- Winklers Darlegungen gehen mit Recht davon aus, daß der österreichische Fascismus sich von sei­nen deutschen und italienischen Vorbildern durch die Tatsache unterscheidet, daß er keine MaffeichasiS be­sitzt. Deshalb konnte er eS in keiner Phase der Ent­wicklung, ja nicht einmal nach der bereits erfolgten Eroberung der Staatsmacht, wagen, in irgend einer Form an das Volk zu appellieren. Jede Wahl, gleichgültig in welcher Att sie vollzogen werden würde, brächte die Regierung in eine hoffnungslose Minderheit. Dollfuß , der dies von Anfang an wußte, ist gerade auS diesem Grunde den bewaffneten Heimwehrbanditen in die Arme getrieben worden. Die Heimwehren waren seit Jahren nichts an­dere» al» die Exponenten der italienischen Polittk. Nicht Steidle oder Starhemberg, sondern Mussolini führte den Oberbefehl über sie. Im Frühjahr 1930, so bettchtet Winkler, beginnt»die Anlehnung an die stffcistische Partei Italiens und die Bereifftellung von italienischen Geldmitteln für die Heimwehren Oesterreichs " lSeite 29)'. Freilich war damals Starhemberg noch gegen das italienische Geld oder er tat wenigstens so, um mit diesem Argument seinen Widersacher Steidle zu stürzen. Starhemberg warf Steidle vor,italie­nisches Geld angenommen und dies mangelhaft ver­rechnet zu haben" lSeite 35). Wobei man nicht weiß, ob Starhemberg mehr wegen der Annahme des Geldes oder wegen seiner mangelhaften Ver­rechnung Erbost war. Jedenfalls ist Starhemberg ball» darauf in diesen beiden Beziehungen getreulich den Spuren Steidles gefolgt... Ergötzlich übrigens wie in dem Streit der DioSkuren Einer den Anderen hineinzulegen ver­suchte. S starhemberg betrog Steidle und beide betrogen Dollfuß . Dieser revanchierte sich, in­dem er zeitweise mit Fey gegen Starhem­ berg und dann wieder mit diesem gegen Jenen konspirierte. Unzählig die Ehrtnwörier, die sich di« Führer gegenseitig gaben, um sie schon am nächsten Tage schnöde zu brechen. Diese Katzbalgerei setzte sich auch gegen außen hin fort. Starhemberg war das Schoßkind Musso­linis. Dollfuß versuchte ihn bei Mussolini auszu­stechen. Aber über die persönlichen Zänkereien hin­aus war doch eine einheitliche Linie der Entwick­lung wahrzunehmen, dergestalt nämlich, daß bei der Unpopulatttät des Fascismus in Oesterreich die beiden fascistischen Gruppen vom Auslande her dirigiert wurden- Winfler bemerst zutreffend:Die innerstaatlichen Kräfte wären völlig außerstande ge­wesen den austrokatholischen Fascismus vorzuberei­ten und in die Tat umzusetzen. Die Heimwehren empfingen ihre Weisungen vom weltlichen, die Ehristlichsozialen vom geistlichen Rom . So sah der Kampf um die österreichische Unabhän­gigkeit in Wirklichkeit aus." lSeite 72). In den Unterredungen, die D o l l f u ß mit Mus­