ZENTRALORGAN DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK> ERSCHEINT MIT AUSNAHME DIS MONTAG TÄGLICH FRÜH. Redaktion und Verwaltung frag xiufochoxa 62. Telefon 5X77. HERAUSGEBER! SIEGFRIED TAUB . CHEFREDAKTEUR ! WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEURi DR. EMIL STRAUSS, FRAG. Einzelpreis 70 Heller (oinKhlioBlich 5 Heller Porto} 15. Jahrgang Samstag, 6. AM 1935 Nr. 156 Laval warnt Wien Aufhebung der Habsburger-Gesetze erschwert Donaupakt Paris.(Havas.) Ministerpräsident und Außenminister Laval empfing am Freitag de« jugoslawischen Gesandten Svalajkovik. Die Beratung betraf wahrscheinlich auch den Beschluß der österreichischen Regierung, die Anti-Habsburgers csetzc aufzuheben. Laval erinnerte daran, daß sich die französische Politik am 15. März d. I. in der Habsburgerfrage mit der Politik derKleinen Entente identifiziert habe; amtliche Kreise sind der Ansicht» daß sich der französische Standpunkt nicht geändert habe. Minister Laval erklärte sodann, daß er die Aufhebung des genannten Gesetzes für« günstig halte, da es auf den Abschluß des Donaupaktcs einen ungünstigen Einfluß ausüben könnte. Masna Charta der Arbeiter von Roosevelt unterschrieben Washington . Präsident Roosevelt unterzeichnet« die Borlage des sogenannten Wagner-Gesetzes, das die m a g n a ch a r t a der Arbeiter genannt wird und durch welchen den Arbeitern das Recht auf kollektive Ber- handlungcu gewährleistet werden soll. Präsident Roosevelt erklärte, dieses Gesetz gewähre den Arbeitern das Recht, sich zum Zwecke kollektiver Verhandlungen zu organisieren, und setze die Methoden fest, nach welchen dir Regierung dieses Recht gewährleisten wird. Der Zweck des Gesetzes sei auch die Erzielung besserer Beziehungen zwischen den Arbeitern und den Arbeitgebern. Das Staatsamt für Arbeitsbeziehungen, das dnrch dieses Gesetz errichtet werden soll, Ist als ein selbständiges Organ gedacht, ähnlich den Berichte«. Umgruppierung in Frankreich ? Herrlot für Unabhängigkeit der Radikalen Paris . Der Vollzugsausschuß der radi- kalsoziälistischen Partei nahm mit begeisterter Zustimmung eine Erklärung seines Vorsitzenden Herriot entgegen, in welcher dieser betonte, die erste Pflicht sei es heute, für eine Gesundung der französischen Finanzen z« kämpfe«. Scharfe Angriffe richtete Herriot gegen das Verhalten gewisser. Kreise, welche- die Repu blik und ihre Institutionen bedrohe. Mit Freude begrüßte der Redner das Erwachen derre« publika Nischen Energie bei de« Linksparteien, daS am 14. Juli, den Nationalfeiertag, klar zum Ausdruck kommen werde. Herriot forderte jedoch, daß bei der Gruppierung der Kräfte, die bereit sind, die Republik zu schützen, die radikalsoziakstische Partei sich ihre Unabhängigkeit bewahren möge. eine Demission Paris . Der ehemalige Generalsekretär und nunmehrige Vizevorsitzende der- radikalsozialistischen Partei, Pfeiffer, hat Herriot seine Demission gegeben, die er damit begründete, daß die radikalsozialistische Partei dadurch, daß sie der Link« zuftrebte, zwei gefährliche Ministerkrisen hervorgerufen habe und nun beabsichtige, sich den Kommunisten bei den Manifestationen vom 14 Juli beizugesellen. Gegenbesuch mit Hindernissen Warschau . Nach dem jüngsten Besuch zweier polnischer Torpedoboote in Kiel erwartet die polnische Marinr in Gdingen den Gegenbesuch deut scher Kriegsschiffe. Dieser Gegenbesuch• stößt jedoch auf Schwierigkeiten, die darauf zurückzuführen find, daß die polnische Marine ersucht hat, die deutschen Schiffe mögen auf ihrer Fahrt nach Gdingen nicht inDanzig Aufenthalt nehmen. Demgegenüber wollen die Deutschen die Danziger Nationalsozialisten nicht enttäuschen. Allem Anscheine nach dürsten aber die deutschen Kriegsschiffe der polnischen Forderung doch entsprechen und in Danzig nicht Aufenthalt nehmen. kumSnlen stellt Naphthalieferungen nach Deutschland ein Bukarest . Wie„Universal" misteiü, haben di« großen rumänischen Naphthagesellschasten die Naphthalieferungen nach Deutschland eingestellt. Diese Maßnahme soll infolge bet kürzlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zwischen Deutschland und Rumänien getroffen worden sein. Deck fahrt auch nach Paris ? Warschau.„Kurjer Czerwony" meldet aus Paris , daß dort in der nächsten Zeit die Ankunft dis Ministers. Beck zur Erwiderung des Besuches Lavals erwartet wird. Der Gegenbesuch Becks in Paris ist bereits beim letzten Aufenthalt Lavals m Warschau vereinbart worden.. Im Eilzugstempo Wien . Der Wirtschaftsrat hat am Freitag dir neuen Habshurgerbestimmungen der Regierung Schuschnigg angenommen und ebenso wurde die Vorlage im Kulturrat(?) und in seinem kulturpolitischen Ausschuß erledigt. Zita nach Reichenau ? Wien . Das Organ des Heimatschuhes „Oesterreichische Abendzeitung" meldet, daß Zita Habsburg und ihr« Kinder mit A u s n a h m e Ottos noch im Laufe dieses Sommers zu einem Ferienaufenthalt nach Oesterreich kommen und im Schloß Reichenau am Fuße des Rax-Gebirges in Niederösterreich wohnen werden. Von zuständiger Seite wurde erklärt, es sei amtlich von derartigen Plänen nichts bekannt. Starhemberg In Venedig Zusammenkunft mit Mussolini ? Rom . Der österreichische Vizekanzler Fürst Starhemberg traf am Donnerstag mittag Die neue Freundschaft durch Staatsvisiten besiegelt Paris . Die Pariser Abendblätter veröffentlichen die Nachricht, daß, der König von Italien noch im Laufe des heurigen Jahres Paris besuchen soll und daß auch ein Besuch des Präsidenten der Republik Frankreich in Rom geplant sei. Sollte es zu einem Abschluß der soeben im Gange befindlichen Verhandlungen kommen, dann würde die Italien -Reise Lebruns wahrscheinlich jm September l. I. erfolgen. Addid Abeba. Die Regierung überreichte am Freitag dem amerikanischen Geschäftsträger eine fünf Seiten lauge Note, deren Inhalt auf das amerikanische Aide mrmoire von 1934 Bezug nimmt. In der Rote werden die einzelnen Punkte des italienisch-abessinischen Streitfalles aufgezählt und darauf hingrwiesen, daß die fortdauernden italienischen Truppentransporte, der blutige Zwischenfall von Ual-Ual und die Ablehnung der italienischen Regierung, eine friedliche Lösung der Streitfragen anzunehmen, die abessinische Regierung zwinge, den Kelloggpakt a n z« r« f e n, um in letzter«Munde noch mit legalen Mitteln die Unabhängigkeit und Integrität Abessiniens zu verteidigen. Die italienische Regierung habe mit der Zurückweisung des letzten englischen Vermittlungsvorschlages einen neuen Beweis ihrer kriegerischen Absichten geliefert. Washington In Verlegenheit Washington . Nach Informationen von offiziellen Persönlichkeiten hat Staatssekretär Hüll erklärt, sehr sorgfältig die Antwort zu prüfen, welche dem abessinischen Kaiser auf den Appell betreffend die Anwendung des Briand-Krllogg- Pattes gegeben werden soll. Die diesbezügliche Rote des abessinischen Kaisers ist bisher in LLashmgton nicht eiugetroffen. mit einem Verkehrsflugzeug in Venedig ein. Starhemberg will einen Teil seiner Ferien, ähnlich!»e im vergangenen Jahr, am Lido verbringen. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß während seines Ferienaufenthaltes eine neue Begegnung mit Mussolini stattfindet. Monarchistenrummel auch In Budapest Budapest . Donnerstag nachmittag fand unter großartigem militärischem Gepränge das Begräbnis' des gewesenen Generalstabschefs der österreichisch -ungarischen Monarchie Baron Arthur A r z statt. Bei der Leichenfeierlichkeit, die zu einer aufdringlichen monarchistis ch e n Kundgebung ausartete, ließen sich der Reichsverwes er, Exkais erWil- h e l m, derExzarvon Bulgarien Ferdinand, Exkaiserin Z i t« und Otto, die ungarische und die österreichische Regierung, der deutsche R e i ch S k r i e g s m i n i st e r, Erzherzog Eugen und Feldmarschall von Mackensen vertreten. Er waren die Gesandten Oesterreichs , Deutschlands , der Türkei und Bul gariens , sowie die Militärattaches dieser Länder anwesend. London . Der diplomatische Korrespondent des„Daily Telegraph " meldet, daß Frankreich und Italien gegenwärtig über gegenseitig bindende politische und militärische Verträge verhandeln, von denen der Vertrag über die gegenseitige militärische Hilfe bereits ausgeaibeitet ist, während an dem politischen Vertrag noch gearbeitet werde. Auf Grund des Wortlautes des Militärvertrages könne sich Italien vollkommen auf die energische Waffenhilfe Frankreichs verlassen. Großbritan nien ^ habe über den Verlauf dieser Beratungen k e ine r l e i Information erhalten. Gut informierte Kreise halten nicht mit der Ansicht zurück, daß der Wunsch des abessinischen Kaisers die Bereinigten Staaten vor eine unangenehme Situation stellen könnte. Falls nämlich die Bereinigten Staaten negativ antworten, könnte dies als eine Umgehung des Paktes angesehen werden; wird der Kellogg-Pakt tatsächlich angerufen, so entstehe« wahrscheinlich Komplikationen mit Italien . . Die Bereinigten Staaten haben bereits in zwei vorhergehenden Fällen den Kellogg-Pakt vollkommen zwecklos angerufen, und aus diesem Grunde dürsten sich die Bereinigten Staaten wahrscheinlich mit der Erklärung zufriedengebe«, daß es eine mit bewaffneter Macht vorgenommene Okkupation eine- Landes nicht anerkenne, wie z. B. im Falle von Mandschukuo. Ausrede auf den Völkerbund? Die amerikanische Regierung dürfte nach einer HavaS-Meldung den abesfipischen Kaiser lediglich die Antwort erteilen, daß der italienischabessinische Konflikt in die Rechtsbefugnis des BMerbundes falle, dem beide Staaten als Mitglieder angehören, und daß die Vereinigten Staaten nicht e i n s ch r e i t e n können, weil sie nicht Mitglied der Genfer Institution sind« Setzt Solidarität gegen Unternehmerterror Der Terror ein wirtschaftliches Kampf« mittel der Unternehmer— Vor 25 Jahren und heute Die ökonomische Entwicklung vollzieht sich in Intervallen. Nicht gradlinig geht die Eniwicklupg, nicht immer in der Richtung nach vorwärts verlaufen die Kämpfe der unterdrückten Arbeiter gegen ihre Ausbeuter. Rückschläge sind in gewissen Phasen der Entwicklung unvermeidbar, zu vielgestaltig ist der internationale Wirtschaftskörper, als daß die verschiedenen Jnteressenkämpfe sich gradlinig vollziehen könnten. Zeiten des wirtschaftlichen Niederganges verschärfen den Abwehrwillen der Anwender der kapitalistischen Wirtschaft gegen die vorwärtsdrängenden Arbeiter. Dabei ist es unvermeidbar, daß die anstürmenden Heere zurückgeschlagen werden. Selbst in solchen Kampfperioden, in denen es aussieht, als läge der Angreifer machtlos am Boden, ruhen die Kämpfe nicht. Die Bataillone werden neu formiert, nach einer Atempause erfolgt ein neuer Vorstoß. Das ist das eherne Gesetz der ökonomischen Kämpfe, das durch keine noch sü demagogische Vielrederei der Gegner und Vielschreiberei der bürgerlichen Presse aus der Welt geschafft werden kann. Die Klassen sind vorhanden. Die Klaffenkämpfe werden den um Recht und Freiheit ringenden Arbeitern aufoktroyiert von einem Unternehmertum, das aus der geschichtlichen Entwicklung nichts gelernt, von dem Kapitalismus, der sein Sterbeglöcklein läuten hört, der die letzten und verzweifeltesten Mittel zu seiner Rettung anwendet. Deo Kampf geht weiter, auch wenn anscheinend Stillstand vorhanden ist. Die Kampfmittel und Kampfmethoden der organisierten Arbeiterschaft wechseln, ewig bleibt der Terror der Unternehmer, wie sich das geschichtlich einwandfrei nachweisen läßt. Die Liebediener des Kapitalismus '.. i vor allem die bürgerliche Presse, merken allerdings nichts von einem Terror des Unternehmertums. Als die Textilindustriellen der Strick- und Wirkwarenindustrie die Union der Textilarbeiter und die christlichen Gewerkschaften nicht zu Verhandlungen einladen wollten, bMruscht vom Siege der Sudetendeutschen Partei,— weil diese Gewerkschaften angeblich nicht mehr den größten Teil der- Textilarbeiter hinter sich hätten, da war es still im bürgerlichen Blätterwald. Dg hielt man das für eine selbstverständliche Art des Kampfes gegen die „marxistischen " Gewerkschaften. Daß die Unternehmer, die im Gegensatz zu früher den Terror gegen die Arbeitergewerkschaften nicht ungehindert ausüben können, ihr Vorgehen als einen„Irrtum" erflärten, ändert nichts an der Tatsache, daß Terror immer ein beliebtes Kampfmittel der Unternehmerorganisationen war. Niemals redete man da oder schrieb etwas von der Freiheit des Arbeitsmenschen. Als aber die Zeitschrift„Gutenbergs ankündigte, daß mit aller Strenge und Entschie- denheit gegen jene vorgegangen werden wird, die zu Handlangern des Kapitalismus in der verkappten Form einer nebulösen Volksgemeinschaft wurden, da schrieben sich die Redakteure der Nazizeitungen die Finger wund, da gaben sie der Oeffent- lichkeit folgende Geistesprodukte bekannt: „Wer sich also z« seinem Volke bekennt und den Klaffenkampf(!) ablehnt» fliegt aus der Gewerkschaft hinaus... Gesetzliche Verpflichtung z« völlig unpolitischer Geschäftsführung der Gewerkschaften? Was ein rechter Marxist ist, schert sich um solche„bürgerliche Vorurteile" nicht, den» selbstverständlich ist seiner Meinung nach der Mißbrauch der Gewerkschaften zu parteipolitischen Zwecken nur verboten,»m den Roten die Möglichkeit z« geben, nationale Gewerffchastm z» denunziere«...!"■ Wenn die Gewerkschaften selbstverständliche Aufgaben lösen und ihre Pflicht erfülle«,, wenn sie striktes Annehalten der Statuten von ihren Mitgliedern verlangen, dann denunzieren sie die bürgerliche« Zeitungen wegen Volksverrat. Wenn aber Unternehmer tausendfältig den Terror betreiben, wenn Henleinwähler bei der Arbeit bevorzugt, in erster Linie in den Betrieben der„Volksgenossen" Unternehmer eingestellt werden, wenn sudetendeutsche Unternehmer Arbeitslose vor der Aufnahme in die Arbeitsstelle fragen, wie sie gewählt haben, dann ist das kein Volksverrat, kein Verrat am Deutschtum, das find in den Augen des gesam- Hilferuf Abessiniens an Amerika Der Kellogg-Pakt soll In Funktion treten
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15 (6.7.1935) 156
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