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Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077, HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER, VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

15. Jahrgang

Pogromnacht

Mittwoch, 17. Juli 1935

auf dem Kurfürstendamm  

Streicherhorden wüten in Berlin   W häuser verwüstet und geplündert Berlin.  ( Eigenbericht.) Der Berliner  Westen war Montag abends Schauplak einer wilden og romhak, die selbst die Erzeffe aus der Zeit des inzwischen vom Führer zu Recht" ermordeten Grafen Helldorf in den Schatten stellte. Horden von Hakenkreuzlern be= herrschten von 10 Uhr abends an die belebtesten Straßen des Berliner   Westens, vor allem den Kurfürstendamm  . Jüdisch aussehende Passanten darunter mehrere ausländische Staatsbürger wurden überfallen und blutig geprügelt, ebenso erging es den Besuchern der großen Kaffeehäuser, die unter wohlwollender Duldung der Polizei von den

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Geschäfte und Kaffee­Zahlreiche Verletzte

Die verständlichen Demonftrationen gegen das anmaßende Verhalten der Juden haben auch gestern wieder sofort allerhanddunkle Elemente angelockt, die glauben, solche Ge­Tegenheiten ungestraft benüßen zu können, um ihre staatsfeindlichen Biele verfolgen und durch Tumulte Staat und Bewegung in Mißkredit bringen zu können. Die Gliederungen der Bewegung, insbe­sondere die SA, haben sich sofort der Polizei zur Verfügung gestellt, um durch schnellste Wiederher stellung der Ruhe der Minierarbeit dieser dunklen Kräfte den Boden zu entziehen."

In Wahrheit aber waren die Erzeffe ganz

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Herrn Goebbels  ,, schwedischer Film"

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Enzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Partol

Nr. 164

Die SDP gründet Gewerkschaften

Der Film, der den Pogromtrupps der Nazi als Anlaß für ihre Tumulte diente, nennt sich Einer Meldung der Lidové Noviny zus Petterson und Bendel" und wurde im Ufa- Theater folge geht die Sudetendeutsche Partei   nunmehr am Kurfürstendamm   als schwedischer" Film daran," Gewerkschaften" zu gründen. Es war borgeführt. Das Berliner   Publikum, das sich seit dies vorauszusehen, einerseits weil die Henlein­Beginn der Goebbels'schen Filmdiktatur hartnädig partei bestrebt sein muß, ihren Maisieg zu unters für Auslandsfilme begeistert, strömte zu der schive- mauern, andererseits weil die deutschen   Unter­dischen Neuigkeit als primitives und war berdukt, daß sie sich nehmer thr Geld für die Henleinpartei doch nicht antisemitische 3 umsonst hergegeben haben wollen. Schon ist es mach to ert entpuppte. Ein Teil der Zuschauer vorgekommen, daß eine Unternehmerorganisation machte seinen Gefühlen in Pfiffen Luft, die Goeb- sich über die bestehenden Gewerkschaften der Ar­bels- Zeitungen nannten das tags darauf eine- beiter hinwegzusehen versuchte, erst ein energisches dische Unverschämtheit" und die SA- Leute or- Eingreifen von Regierungsstellen veranlaßte die ganisierten schnell eine Rundgebung in dem Stil, Ausrede, es sei ein Irrtum" vorgelegen; jeden­den sie einst von Goebbels   gelernt haben. falls haben die Lidové Noviny" recht, wenn sie Herr Goebbels   aber ist wieder um eine Erfah- sagen, die deutschen Unternehmer könnten den rung reicher. Um die Erfahrung nämlich, daß nicht Augenblic nicht erwarten, in dem sie den Vertre jedes Schwindelmanöver den gewünschten Erfolg tern der anderen, vor allem der sozialistischen  hat. Er hatte sich das so schön ausgedacht, als er Gewerkschaftsorganisationen sagen können: Wit ließ, der einen jüdischen Gauner in kräftigen Ge- rad Henleins, welche bei den Wahlen die Mehr­in Schweden   einen antisemitischen Film herstellen unterhandeln ausschließlich mit der Partei Non­

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Banden überfallen und verwüstet wurden. unverhohlen von der offiziellen halen genjas an einem biedersehrlichen arischen Kaufmann heit erlangt hat und damit das Recht, als die eins

Auftakt:

ein antisemitischer Hetzfilm

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und von zahlreichen uniformierten SA- Leuten wie verschiedene Augenzeugen übereinstimmend be­richten organisiert und tomman= diert. Die Polizei sah stundenlang dem Wüten der Banden vollkommen un tätig zu. Erit

stellte. Erstens, hatte er gedacht, wird dieser Film zig berechtigte Vertreterin der deutschen   Arbeiter­Erfolg haben, weil er als Auslandsfilm firmiert. fchaft angesehen zu werden. Zweitens, dachte er, werden die deutschen Film- Welche Form und welchen Namen die SDP Der äußere Anlaß dieser wüsten Erzeffe produzenten, die dauernd mit Rasse- Argumenten den zu schaffenden Gebilden geben will, ist nicht war ein antisemitischer et film übelster Sorte, gegen die von mir aus Geschäftsgründen zugelaffe- bekannt, feinesfalls werden es, soweit es auf ihre der seit kurzem im Ufa- Palast am 300 läuft. In der seit kurzem im Ufa- Palast am Zoo läuft. In in den späten Nachtstunden erschien Polizei und nen Auslandsfilme heßen, erschüttert schweigen wirkliche Funktion ankommt, Gewerkschaften im der Vorführung am Sonntag abends hatten einige forderte die Erzedenten sehr freundlich auf, den müssen, wenn ich ihnen einen hakenkreuzlerischen herkömmlichen Sinne sein. Da die Henleinpartei Ruschauer ihrer Empörung über dieses Machwert Platz zu räumen, da auch einige Ausländer mig- Film aus Schweden   vorsese, und drittens, hoffte auf dem Boden der wenn auch sagenhaften Volts, durch Pfeifen Ausdrud gegeben. Daraufhin gaben handelt und verwundet worden seien und man er, wird sich das Publikum das Märchen von dem gemeinschaft" steht und grundsätzlich den Klaffen­die offiziellen Parteiblätter Angriff" und deshalb politische Schwierigkeiten erwarten müsse. jüdischen Gauner und dem arischen Handelsmann fampf verwirft, wird und kann das bestimmende Völkischer Beobachter" in ihren Mon- Uebrigens gibt es auch in Deutschland   selbstver- gefallen lassen, wenn es außerhalb Deutschlands   Motiv der Henlein  - Gewerkschaften" lediglich spielt. Harmonieduselei und die Tendenz sein, jeden tagsausgaben das Signal zu der Pogrom- ständlich einen Menschen, der daran glaubt, Herr Goebbels   hat sich dreimal getäuscht. Sein Streit, jeden Kampf der Arbeiter, in der Abivehr beze. Zahlreiche SA- Leute in Uniform uno daß die Polizei auch nur den geringsten Versuch Ribil folgten natürlich mit Vergnügen dem Aufruf gemacht habe, die Erzesse zu verhindern. Man schwedischer" Film wird kein Erfolg, denn es wird sowohl wie im Ringen um ein höheres Lebens­nicht viele geben, die ein ausgepfiffenes Machtvert niveau zu verhindern. Nicht um Gewerkschaften, zur willkommenen Judenhaz. Obwohl es in der wirft mit Recht die Frage auf, ob die Polizei sich sehen wollen, dessen Besucher noch hinterher Prügel nur um Anti- Gewerkschaften kann es sich han Montagvorstellung zu feinerlei 3 wischen­fällen oder Protestäußerungen fam, ristieren. Der Trid mit der ausländischen Tarmung deln, nicht um Organisationen zum Wohle und hat ebenfalls versagt, denn schon heute weiß alle zur Verteidigung der Arbeitnehmer, als vielmehr wurden nach Vorführungsschluß die Zuschauer Welt, daß es sich um einen echten Goebbels- Film der Interessen der Arbeitgeber. Die deutschen   In­vor dem Kino von den Pogromstoẞtrupps auf­der Hugenbergschen Ufa handelt. Und am aller- dustriellen haben den Wahlkampf der SDP nicht gehalten und alle Leute, die man für Juden wenigsten hat sich ein Publikum gefunden, das sich hielt, von den brüllenden und randalierenden das Märchen gefallen ließ: die es gesehen haben, Haufen mit Prügeln empfangen. Bald dehnten haben gepiffen, und die SA- Leute haben es vorge­fich die Ausschreitungen auch in die Umgebung des Kinopalastes aus und gegen 11 Uhr war der Kurfürstendamm   ein richtiges Schlachtfeld, das die Streicherstoßtrupps weithin beherrschten, ohne daß die Polizei auch nur den Versuch un­ternommen hätte, gegen sie vorzugehen. Paris   meldet: wirkliches Pogrom

Die Korrespondenten der französis Ichen Blätter, die besonders ausführliche und detaillierte Berichte abgaben, meldeten ihren Zei­tungen, daß die unbeschreiblichen Schreckensvor­gänge auf dem Kurfürstendamm   den Charakter wirklicher Pogrome hatten", aber auch diese Charakterisierung gibt noch kaum ein rechtes Bild der wüsten antisemitsichen Tumulte.

Ein Nationalsozialist, der einen Juden auf der Straße mißhandelte, wurde auf das Polizei­fommissariat geführt, wo sich aber bald eine große Menschenmenge ansammelte, die seine Entlas funa forderte.

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ebenso machtlos gezeigt hätte, wenn einige Sun­dert sozialistischer Arbeiter auf die Straße gezogen wären.

Ebenso bewahrt die Polizei ängstliches Still­schweigen über die Anzahl der Opfer. Die Zahl der durch die Mizhandlungen Verletzten be­trägt aber nach der Aussage von Augenzeugen ge­wiß mehrere hundert.

zogen, vor der Tür zu stehen.

Wien   demonstriert gegen den Schuschnigg- Terror

Höhepunkt der Kampfwoche Kundgebungen in allen Bezirken

Von Gefängnis zu Gefängnis

Gegen 500 Verhaftungen

nur mit heißen Segenswünschen, sondern auch durch hochherzige Griffe in ihre Stahlgepanzerten unterstützt und wünschen jeßt, daß ihnen dieser Opfermut auch gehörig Früchte trage. Die im Zei­chen der Volksgemeinschaft" stehenden Henlein­Arbeiterorganisationen werden die Aufgabe haben, die deutsche   Arbeiterschaft ihren befißenden Volks­gemeinschaftlern wehrlos auf Gnade und Ungnade auszuliefern. Wobei das Maß der Gnade vom Profitinteresse der deutschen   Unternehmer bea stimmt werden wird, ein Maß, das, wenn es wirk­lich in vollem Umfange zur Anwendung gelangen sollte, den deutschen Arbeiter bald auf den Lebensa standard eines chinesischen Kulis herabdrücken würde.

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Herr Henlein dürfte kaum zweifeln, daß es Wien.( Eigenbericht.) Die Rampf| Die Polizei reicht nicht aus ihm gelingen wird, den deutschen   Unternehmern woche gegen den austrofascistischen Terror und mit seinen Gewerkschaften" in größerem Stile für die politischen Gefangenen hat Montag ihren Obwohl buchstäblich der gesamte Wie Butreiberdienste zu leisten. Wie die Wahlen be­Höhepunkt erreicht. In allen Wiener   Bezir- ner Sicherheitsapparat aufgeboten wiesen haben, hat es auch reichlich genug proleta­fen veranstalteten die Arbeiter glänzend gelungene war alle Urlaube waren rückgängig gemacht rische Wähler gegeben, die sich über das wahre Blikkundgebungen, illegale Sprech- worden- reichte die Polizei nicht annähernd hin, Wesen der SDP täuschen ließen und der Partei höre auf den Straßen und von Kanälen ans; die Kundgebungen in den Straßen zu verhindern. ihrer bösartigsten politischen und sozialen Wider­während der vorhergehenden Nacht und in den Ganz besonders eindrucksvoll waren diese Kund- sacher nachliefen. Selbst wenn man annehmen Morgenstunden streuten die St r eufolonnen gebungen in den Bezirken Margarethen, wollte, daß ein Großteil dieser Gefolgschaft Hen Als diese erfolgte, setzte die Menge die Demon- hunderttausende Streuzettel mit den Parolen der Favoriten, Meidling  , Sieking und Teins   ernüchtert ist, nachdem die paradiesischen ſtrationen fort, überfiel das Café Bristol  ", Kampfwoche: für die Freilaffung der politiſchen Brigittenau. Die Polizei konnte von den Früchte, die von einem Siege der SDP erwartet deffen Inhaber Jude ist, zerschlug die Fenster Gefangenen, gegen Polizeiterror und Willkür- rund zehntausend Gen offen, die sich wurden, vollständig ausgeblieben sind, es bliebe und die gesamte Einrichtung. Dann überfiel die herrschaft, für die Befreiung des Landes vom an den Blikkundgebungen beteiligt hatten, knapp auch dann noch als günstiger Antrieb für die Hen­500 verhaften, die überwiegende Mehrzahl der lein- Gewerkschaften der offene und stille Terror Menge ein anderes Kaffeehaus, eine Zuder- fascistischen Regime. Rundgebungen konnte aber trotz dem Terror und der Henlein  - Anhänger unter den Arbeitgebern bäckerei usw. Kaffeehausgäste und Straßen­den willkürlichen Verhaftungen von Rädelsfüh- übrig. Wer wollte daran zweifeln, daß die für paffanten wurden mißhandelt, darunter auch rern", die man schon vor Beginn der Kampfwoche Henlein begeisterten deutschen   Ausbeuter versuchen Ausländer. Die Volksmenge, unter der sich auch Der Hunger streik der eingekerferten vorgenommen hatte, nicht verhindert werden. zahlreiche SA- Leute befanden, hielt Genossen, der ursprünglich nur als eintägiger werden, die Angehörigen der freien Gewerkschaf In den amtlichen Berichten die die ten, aber auch jene der christlichen und der tschechis Automobile an, zwang die Infaffen, die ein jüdisches Aussehen hatten, auszusteigen und Proteststreik im Rahmen der Kampfwoche geplant Rundgebungen und auch den Hungerstreik in den schen Gewerkschaften aus den Betrieben nach uns Gefängnissen und Konzentrationslagern überhaupt nach zu verdrängen, indem sie bei Neuaufnahmen mishandelte fie. Die Ausschreitungen setzten fich war, wird vorläufig fortgesetzt. möglichst tot schweigen möchten wird die dann vom Kurfürstendamm   auch in die Berliner   Im Bundeskanzleramt   herrscht größte Be- Aktion als eine Reihe, kmmunistischer Frage der Arbeitsvermittlung erfolgt- im Falle nicht schleunigst eine Regelung der Vorstädte, besonders nach Neukölln fort. Erst um stürzung über das vorbildliche Funktionieren aller Ausschreitungen" geschildert. In Wahr  - schließlich in den Henlein- Gewerkschaften organis 3 Uhr früh trat Ruhe ein. Aktionen, vor allem aber über die lückenlose heit wurde die Kampfwoche aus Anlaß des Jah- sierte Arbeiter aufnehmen werden. Bei dem heu Verbindung, die allen Vorsichtsmaß- restages des blutigen 15. Juli 1927 gemein tigen Stande der Massenarbeitslosigkeit, der jeden Allerhand dunkle Elemente" nahmen zum Trotz zwischen den verschiedenen sam von allen antifascistischen illegalen Organi- heute noch Beschäftigung um das bißchen Arbeit Das Hitlerregime, das besonders in letter Gefängnisfen und zwischen den Gefängnissen und fationen veranstaltet. 50.000 Flugzettel mit der und Eristenz bangen läßt, bildet schon der Be Reit alle Anstrengungen macht, sich dem Ausland der illegalen Kampfleitung bestehen. Die verant- Aufforderung zu den Aktionen und ihren Parolen, stand von Gewerkschaften", die im Dienste des als ,, Hort der Kultur" vorzustellen, und alle Be- wortlichen Beamten der Gefängnisleitungen wur- die zu Beginn der Kampfwoche in allen Wiener   Unternehmertums stehen, eine hohe Gefahr. richte über die barbarischen Mizhandlungen von den in die Generaldirektion für öffentliche Sicher Betrieben und in den Gemeindehäusern illegal Unseren Gewerkschaften erwachsen angesichts Andersdenkenden als Greuellügen" verdächtigen heit zitiert und mußten einen harten Rüffel verbreitet wurden, trugen die gemeinsamen Un- der kaum bezweifelbaren Absichten der SDP große möchte, bemüht sich natürlich, die Schuld von sich dafür einstecken, daß sie den illegalen Berbin- terschriften der illegalen sozialdemokratischen und und neue Aufgaben. Bei diesen Absichten geht es abzuwälzen. Der amtliche Bericht der Staatspoli- dungsdienst mit den Gefangenen nicht verhindern kommunistischen Zentralleitung und der illegalen um nichts geringeres als um Sein oder Nichtsein der freien Gewerkschaften, denn könnte sich der Uns

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freien Gewerkschaften.

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