Seite 2 Mittwoch, 24. FuN 1935 Nr. 170 richtungen, di« von den Arbeitern geschaffen wur- den. auch die moderne Schule wieder zerstört— eS bleiben doch die großen wertvollen Erfahrungen. die in den vierzehn Jahren moderner Schule in Wien gesammelt wurden. eS bleibt, was während dieser Zeit an Erkenntnissen gewonnen wurde, es bleibt bis zur neuen und noch gründlicheren Erneuerung der Schule durch die wieder siegreichen Arbeiter! Die Wiener Schulreform, das Werk Glöckels und von ihm klug gewählter begeisterter Mitarbeiter, ist berühmt geworden in der ganzen Welt. Niemand wird nach Wien kommen, um die Schulen zu besuchen, die wieder zu klerikalen Drillanstalten geworden sind. Aber Pädagogen und Kinder- und Schulfreunde aus allen zivilisierten Ländern kamen nach Wien , um die neue Schule kennen zu lernen. Glöckel ersetzte die alte .Lernschule durch die Arbeitsschule.„Die Lernschule wandte sich fast ausschließlich an das Gedächtnis des Kindes; der Lehrer gab, das Kind nahm auf. In der Arbeitsschule muß sich das Kind auf Grund seiner eigenen Beobachtungen und Erfahrungen den Wissensstoff in anregender Gruppenarbeit selber erarbeiten. Das bedeutet nicht nur Erziehung zur Selbständigkeit, sondern das große Ergebnis, daß das Kind der herrlichen Freude, etwas selbst entdeckt, erforscht zu haben, teilhaftig wird." So kennzeichnete Glöckel selber einmal das Wesen der erneuerten Wiener Schule. Und wer je die Freude hatte, dem Unterricht in irgend einer Wiener Schule beizuwohnen, wer da sah, wie der Lehrer inmitten der Kinder stand, wie aus Rede und Gegenrede, Frage und Antwort sich die Erkenntnis formte, die dem Kinde zuteil werden sollte,— nut wer das Arbeiten in Wiener Schulen miterleben durste, kann die ganze Größe, die kulturrevolutionäre Bedeutung der Glöckel'schen Schulreform ermessen!— Die Lernmittel bekamen die Kinder von der Schule, alle Kinder, ausnahmslos, bekamen alle Lernmittel. Kein Kind sollte als minderwertig geächtet werden, weil seine Eltern die Bücher nicht kaufen konnten! Die bedürftigen Kinder bekamen das Essen. Di« Kinder wurden glücklich in diesen Schulen. Selbstverständlich haßten die»Klerikalen siel Denn in solchen Schulen müssen doch aufrechte, lebensfrische, kampftüchtige Menschen heranwachsen— und die Klerikalen wollen demütige, duckmäuserische Menschen, schicksalergebene. Die Klerikalen haßten die neue Schule und sie haßten ihren Begründer, unseren Genossen Glöckel. Räch den Februarkämpfen des Vorjahres, als di« Arbeiterbewegung niedergeworfen war. konnte« sie ihren Haß befriedigen. Glöckel wurde in seiner Kanzlei verhaftet. Biele Monate hat er im Konzentrationslager und im Wiener Neustädter Krankenhaus al- Gefangener verbrachte Den kranken Mann hat man endlich entlassen. Denn so sehr das autoritäre Regime es liebt, Sozialisten in den Gefängnissen krank werden zu lassen, so sehr achtet es darauf, die Erkrankten nicht im Gefängnis sterben zu lassen, wenn es sich um sehr bekannte Genossen handelt. Man weih doch, was man der Weltmeinung schuldig ist! Erst einundsechzig Jahre war Glöckel alt. DNS schreckliche Miterleben der Niederschlagung, der blutigen Unterdrückung der Arbeiterbewegung, die Zerstörung seiner geliebten Schule, aber auch die lange Gefangenschaft hat seine Wider» standskraft gebrochen. Er wurde leichte Beute des Tode». s. Esn Kämpfer ist gefallen. Der Kampf geht weiter. Und die Arbeiter, die diesen Kampf führen, wissen, daß Glöckels Werk nur unterbrochen, daß es nicht ausgelöscht ist. Glöckels Schule wird Wiedererstehen. Und die Zeit wird kommen, da Glöckels Bild in allen Schulen Wiens den Kindern gezeigt werden wird als das des großen Bahnbrechers der Befteiung des Kindes! Wie«.(Eigenbericht.) Anter dem Drucke der Heimweh», die di« Schwäche und Haltlosigkeit der Regierung Schuschnigg für ihre neue« Total!- sierungsbeftrebungen ausnutzt, schwillt die Terrorwelle gegen die Linksparteien nun wieder im gleichen Maße an, in dem die Abwehrmaßnahme« der Regierung gegen die Nazi abflane«. Das offizielle Blatt der„Ostmärkischen Sturmscharen" Schuschniggs hat selbst die Parole zur Einstellung aller angeblichen„Versöhnungsbestrebungen" ausgegeben. Die Zeitung stellt die Frage:„Hat man den ehemaligen marxistischen Arbeitern ihre Weltanschauung genommen?" und schreibt dazu wörtlich: „Es wäre eine AugenauSwischerei, wollte man diese Frage unbedingt bejahen. Zu Kämpfern für unsereJdee wird sie das neu« Oesterreich nicht umformen können und ein bloßer Gewinn als Mitläufer rentiert sich ehrlich gesagt nicht." Mit dem Hinweis darauf, daß die Gewinnung der Arbeiter sich als aussichtslos erwiesen hat, fordert das Blatt des Bundeskanzlers „die Anwendung verschärfter Maßnahmen, um den Marxismus in seiner äußeren Form zweifellos zu vernichten." Die die Praxis schon in den letzten Wochen gezeigt hat, daß die„unabhängigen" öfterreichi- Danzig . Anläßlich,der gegen, die Danziger Zollverwaltung gerichteten Verordnung des polnischen Finanzministers überreichte der Danziger Senatspräsident Greiser dem diplomatischen Vertreter der Republik Polen eine Röte, in der gegen die polnische Verordnung Protest eingelegt wird. Die Verordnung, mit der die Tätigkeit der Danziger Zollämter auf die Abfertigung derjenigen Auslandswaren beschränkt wird, die für die Bedürfnisse des örtlichen Verbrauchs und Gebrauchs im Gebiete der Freien Stadt Danzig bestimmt sind, wird als Einbruch von außerordentlicher Tragweite in das zwischen der Freien Stadt Danzig und der Republik Po len bestehende Rechtsverhältnis dargestellt. Das Landeszollamt der Freien Stadt Danzig sei des- Otto Glöckels Einäscherung findet am Freitag um vier Uhr nachmittags in Wien statt. Die vielen, vielen Freunde des Verstorbenen, die nicht an seinem Sarg von ihm Abschied nehmen können, werden zu dieser Stunde in stillem Gedenken von unserem lieben Genossen Abschied nehmen. schen Richter, ohne zu mucken, die von oben gegebenen Terrorbefehle ausführen— im vergangenen Monat wurden gegen Sozialdemokraten und Kommunisten insgesamt 1103a hreKerker verhängt, darunter zwölf Jähre gegen den ehemaligen Berichterstatter des„Grazer ArbeitertviUe" wegen Kolportage der illegalen„Arbeiterzeitung" — sieht man den beiden großen politischen Prozessen, die unmittelbar bevorstehen, mit großer Besorgnis entgegen. Am 28. Juli beginnt der Prozeß gegen Genossen Friedrich H e x m a n n, der beschuldigt wird, die illegale kommunistische Arbeit in Wien organisiert zu haben. Hexmann, der in der T sch e- choslowakei geboren wurde, ist seit dem Dezember in Hast. Er hat bereits bei-dem bekannten Jäimerstreik im Jahre 1918, der dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie voranging, eine wichtige Rolle gespielt. Anfang August soll der M o n st r e p r o- zeß gegen 44 Genossen beginnen, unter denen sich der ehemalige verantwortliche Redakteur der„Arbeiterzeitung", Karl Hans Sailer , befindet, der in der Haft an einem schweren Augenleiden erkrankte, das nach der Befürchtung der Aerzte zu Erblindung führen kann, ferner der ehemalige Betriebsratsöbmann der Grünbacher Steinkohlenwerke, Genosse Franz H o n n e r, und der Kommunist Friedl F L r n b e r g, der ehemalige Professor am Moskauer Institut für Weltwirtschaft und Weltpolitik. Die 44 Genossen sind wegen der Einheitsfrontdemonstrationen im Feber dieses Jahres des„Hochverrates" ange- llagt. halb angewiesen worden, diese Verordnung n i cht auszuführen.'Der Senat erwarte, daß dies« Verordnung sofort zurückgenommen wird ünd behält sich weiterhin vor, alle Maßnahmen zu treffen, die ihm zum Schutze der Danziger Interessen notwendig erscheinen und Schadenersatz zu verlangen. Lechs Deutschnationale verhaftet Wegen Verbreitung von Flugblättern, in denen die Danziger Regierung„beschimpft" wird, hat die Danziger politische Polizei sechs Deutschnationale verhaftet. Die Flugblätter, die von der Polizei beschlagnahmt wurden, sind in der Druckerei des Danziger Zen- trumorgans gedruckt worden. Vor neuen Terrorprozessen in Oesterreich Anfang August MonstreprozeB gegen 44 Genossen 110 Jahre Kerker gegen Sozialisten Im vergangenen Monat Offener Konflikt zwischen Danzig und Polen 78 Roman Emil Vachek —\ Deutsch von Arm AurednKek So begeistert können nur Mütter sein! Herr Fottr war über diesen Empfang so Lberrascht, daß er wie«ine Puppe dastand, die alles über sich ergehen läßt. Als er endlich zu sich kam, umfingen ihn andre Arme, aber nicht die seiner Braut. Seine Knie schlotterten, der Hut fiel ihm aus der Hand. Die ihn jetzt an den schwelltnden Busen preßte— er galt als der Festeste am ganzen Zizkov —, war sein unerreichbares Ideal, die Assistentin des Dr. Knobloch. Jesus ThristuS, bin ich am Ende wahnsinnig geworden? dachte er. Hat sich ein Wunder vollzogen, wie es die guten alten Märchen schildern, wo sich im rechten Augenblick die häßliche Alte in'eine zauberhaft schone Prinzessin verwandelt? Nein. Er sah einige Schritte weiter seine Braut stehen, die sich bemühte, ihre Erregung zu unterdrücken. Er kam sich abscheulich betrogen vor, als er erfuhr, daß die Vision, die ihn umarmte und süß küßte(wenn man damit die kühlen Küsse Sophiens verglich), die Schwester seiner Erwählten war. „Warum hast du mir nicht gesagt, Sophie- chen, daß du«ine Schwester hast?" rief er klagend,„das ist wirklich sehr sonderbar." Man sah ihm an, wie erregt er war... Er hatte sogar vergessen, seine Braut zu begrüßen. „DaS tut nichts, lieber Schwager", flötete Magdalena,„jetzt weißt du es. Erlaube, daß ich e« noch mft einem verwandschaftlichen Kuß besiegle; vorausgesetzt natürlich, daß Sophie es erlaubt." Da Sophie stumm blieb, wurden wieder Küsse gewechselt, wobei sich Herr Foltr diesmal mit Wollust betätigte. Die Träume seiner Mansardennächte hatten jetzt Gestalt angenommen. „Mir scheint, Magdalenchen, daß ich dich schon irgendwo gesehen habe?" Magdalena errötete. „Es wird nur eine gewisse Aehnlichkeit sein, denn ich seh' dich heut« zum erstenmal im Leben." Ihr Zauber war so stark, daß Herr Foltr ihren Wor-i ten glaubte, obwohl er seinen Kopf gewettet hätte, daß sie und keine andre die fesche Assistentin war. IlebrigenS war eS ihm so angenehmer. Dann kam die Episode mit dem Blumenstrauß, die der zweite Nagel zu dem Sarg von Sophies Glück wurde. Toni hatte, wie jeder Bräutigam, einen Riesenstrauß von Rosen und Nelken mitgebracht, der begreiflicherweise für die Braut besttmmt war. Dieser unschuldige Strauß brannte ihm schon einige Minuten in der Hand. Nach kurzem Zögern faßte er den salomischen Entschluß, den Strauß eigentlich für die alte Mutter Chalupa bestimmt zu haben und drückte ihr die'Blumen in die Hand. „Du meine Güte", brabbelte die Chalupa, „so unnütze Ausgaben... das ist ja gar nicht für mich...das ist für Sophiechen..." Um die Situation nicht zuzuspitzen, zog Magdalene mit einem koketten:»„Du erlaubst doch, lieber Schwager?" die schönste Rose aus dem Strauß. Als Toni nun erllärte, er erlaube mit dem größten Vergnügen, obwohl der Strauß eigentlich nicht mehr ihm gehörte, roch Magdalena zu der Blüte und küßte sie. Sophie und Toni standen wie blüt- übergossen da, und jetzt folgte eine Reihe so ungeahnter Ereignisse, daß man sich'S kaum vorzustellen vermag: Erstens konnte der Bräutigam kein einziges Wort herausbringen. Er war so in Gedanken versunken, daß er völlig vergaß, wo er sich befand und was seine Pflicht erheischte. Er lächelte zwar, als er bei Tisch saß, antwortete, wenn man ihn etwas fragte, wußte aber nicht, was er sprach. Seine Schläfen waren von Keinen Schweißperlen bedeckt. Wie später Mutter Cha lupa berichtete, hatte der Bräutigam ausgesehen wie eine Frau, die von Geburtswehen befallen ist. Sophie hielt' es nur ein Weilchen auf ihrem Ehrenplatz aus und benützte die erste Gelegenheit, um zu verschwinden. Unter dem Borwand, Mutter Chalupa brauche ihre Hilfe beim Herd, rührte sie sich nicht von den Pfannen weg. Vergebens sprach ihr die Mutter zu:„Um des Himmels willen, Mädel, kehr' zu ihm zurück, er wird dir davonlqufen. Ich habe noch nie so eine Braut gesehen... auch nie so einen Bräutigam.... und weiß wirklich nicht, wem von euch dreien ich am liebsten ein paar Ohrfeigen herunterhauen möchte..." So verlief das Berlobungseffen wie ein Leichenschmaus. Niemand lobte die Speisen der Mutter Chalupa, auf die sie sich soviel zugute tat. Allmählich verstummte auch Magdalena und schaute nicht weniger nachdenklich drein wie die Verlobten. Schließlich unterlag auch die Mutter dieser Stimmung. In der Küche herrschte jetzt vollkommene Stille, di« nur von dem Summen äußerst vergnügter Fliegen unterbrochen wurde. Da machte Mutter Chalupa die unerwartete Bemerkung:;,Na ja, es mußte so kommen." Her Foltr erschrak ganz fürchterlich. Er riß sich aus seinen Gedanken und fragte unbeschreiblich verängstigt:„Was mußte kommen?" „Nichts", anwortete die Mutter, sagte dann aber gleich in unlogischer Weise:„Sie wissen eS schon gut. Magdalena, hol' uns den schwarzen Kaffee!" Magdalena, die mit aufgerissenen Augen dieser Unterredung zuhörte, wurde plötzlich lebendig.„Das kann geschehen", sagte sie mit ihrer alten Fröhlichkeit, sprang schnell und elegant auf— Sophie hätte das nie zuwege gebracht—, flog wie der Wind davon, zeigte Foltr dabet. ihre schlanken Waden, fletschte auf Sophie ihre gesunden Zähne, tätschelte die Mutter und war flugs mit der Kaffeekanne wieder da. Während sie Tonis Schale füllte, preßte sie sich so ftst Das Rüstunssfieber London . Das Unterhaus nahm in der Nacht auf Dienstag mit 195 gegen 42 Stimmen daS Nachtragspräliminare von 5,335.009 Pfund Sterling zwecks Erweiterung der Luststreitkräfte, entsprechend dem Regierungsprogramm für daheurige Jahr, an. Der Staatssekretär für Flugwesen erllärte, daß eS Pflicht der Regierung war, ein solches Programm auszuarbeiten, zugleich aber auch einen Lustpakt anzustreben, der die Luftrüstungen einschränken und den Charakter des Luftkrieges ändern würde. Washington. Präsident Roosevell hat die Vorlage unterzeichnet, auf Grund deren die Zahl der Marineoffiziere in Verbindung mit dem Ausbau der Flotte bis zur vertraglich vorgesehenen Stärke um 1032 erhöht wird. Kein Rüstungskredit an Deutschland London . Im Unterhaus stellte ein Vertreter der labouristischen Partei an den Finanzminister Chamberlain die Frage, ob sich die Regierung gegen die Gewährung eines Kredites an Deutsch land für den Ankauf von Kriegsmaterial ausgesprochen habe. Chamberlain erwiderte: Es besteht kein Grund zur Annahme, daß irgendein« englische Institution berufen war oder fein wird, Kredite für solche Zwecke zu gewähren. heue Dekrete Lavals in Vorbereitung Paris . Die Regierung Laval bereitet eine neue Serie von Regierungsdekreten vor, die Gegenstand der donnerstägigen Verhandlungen de- Ministerrates sein werden. Wenn sie angenommen werden, wird sie die Regierung noch in dieser Woche erlassen. Die neuen Dekrete betreffe» hauptsächlich die Belebung der W i r t- schäft s-undJndu st rietätigkeit und dieMilderungderTeuerung. Japan liefert Waffen London . Der Genfer Berichterstatter de? Reuter-BüroS erfährt, daß japanische Agenten große Waffen- und Munitionsseudungen beschleunigt nach Dschibuti mit Bestimmung nach Abessinien^expedieren. Sechs Stahlhelmführer In Schleswig-Holstein verhaftet Kiel .(EB.) Biel Auffehen erregt« di« Verhaftung von sechs bekannten Stahlhelmfüh- rern in Schleswig-Holstein durch di« Kieler Ge- stapo. Der<Nrnnv zu den Verhaftungen war folgender: Während eines privaten„Erdbeereisen-" hatten die verhafteten schleswig-holsteinische* Stahlhelmführer sich in Haßerfülltex und gemeiner Weise über nationalsozialistische Führet» Abzeichen und den verschiedenen nationalsozialistische«-Organisationen ausgesprochen. Unter anderem hatten sie gesagt, daß die nationalsozialistischen Formationen ja nnr ans„Säufern" bestünden. Die SA-Führer wurden als„Cowboys", dir bloß auf jeder Sette einen Dolch trügen, bezeichnet. Die Hakenkreuzfahne wurde von ihnen alS Drecklappen bezeichnet. Weiter wurde von ihnen behauptet, daß die Juden an de« Front ost besser ihre Pflicht getan hätten, al- einige der jetzigen nationalsozialistischen Führet. an die Schultern des berauschten Zinkographen, daß ihm Hören und Sehen verging. Aber selbst der schwarze Kaffee mtt seiner anregenden Wirkung löste nicht Foltrs Zunge- Sein Schweigen wirkte fchon unartig. Da faßt« die Mutter einen Entschluß: Der Wille Gotte- geschehe, aber ledig darf er nicht das Haus verlassen. Und sie brachte eine Flasche Wein. Aber nur Herrn Foltr wurde eingegossen. Die Alte wußte sehr gut, daß er die ganz« Flasche brauchte, um den Mut zu finden, au Szu« sprechen, was in ihm vorging. Und Toni trank und trank. Das Blut kehrte in seine Wangen zurück. Plötzlich sagte er ganz unerwartet:„Wenn die Damen ahnten, wie glücklich ich bin!" „Das freut mich, Foltrchen", erwiderte di« Mutti,„aber vielleicht trinken Sie doch noch ein Schlückchen." Herr Foltr aber gebot mit einer Handbewegung Ruhe.„Später. Letzt muß ich etwas erklären", sagte er. Man merkte, daß er trotz der heiteren Stimme nicht imstande war, die Augen von dem Tischtuch loszureißen. ■„Sehr geehrte Frau Chalupa! Geehrte Fräuleins! Ein Mann kann nicht allein auf der Welt sein, namentlich, wenn er ernst veranlagt ist und eine schöne Stellung hat. Wozu soll i<b lang von mir erzählen, jeder weiß, daß ich ein schöne- Sümmchen verdiene, daß ich nicht trinke, nicht Karten spiele, und daß die Frau, die mich mit ihrer Liebe beehrt, ein gutes Leben vor sich hat. Jä gestehe, daß sch heute bei Ihnen keinen gewöhnlichen Besuch gemacht habe. Heute führten mi<h andre Absichten in dieses Haus. Ich wollte mir eine Lebensgefährtin wählen und sehe, daß id) mich in einer musterhaften Familie befinde. Sehr geehrte Damen, ich bin glücklich! Sehr geehrte Frau Chalupa, ich bitte Sie um die Hand Jhre- Fräulein Tochter!" (Fortsetzung folgt.)'
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15 (24.7.1935) 170
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