Rr. 17V Mittwoch, 24. Juli 1835 Seite S fudetendeutscficr Zeitspiegel „Meine Idee stand mir höher als mein Leben I“ Eine seltene Botschaft 900 Glasarbeiter finden Beschäftigung Wie das Tschechoslowakische Preßburcau meldet, nehmen die Glashütten vorm. I. Schreiber u. Söhne, deren Fabriken in Neitendors (Rordmähren), Lcdnisle Novno(Slowakei ) und LuLice(Südmähren ) stehen, nach jahrelangem Stillstand den Betrieb in zwei Fabriken wieder auf. Der Meldung des Preßbureans nach soll schon in den nächsten Tagen die Produktion in den Fabriken in Reitendorf und Ledniskk Novo, mit einer 800 Arbeiter zählenden Belegschaft aufgenommen werden. Wenn die Wiederaufnahme der Betriebe ohne die nach den Betriebsstillegungen üblichen Lohndrückerei erfolgt, dann wird diese Meldung für Hunderte von Menschen eine Freudenbotschaft sein, die ihnen nach jahrelangem Leid und Hunger die längst verlorene Lebensfreude wicdergibtl kischen Turnvereins, wobei 18 Jünger der neuen Lehre im sogenannten„nationalen Arbeitsdienst' Beschäftigung finden. Die Einstellung dieser 18 Arbeiter sollte in einem.Weiheakt' gefeiert wer. den. wozu der Umzug durch sein Tamtam bie nötigen Zuschauermassen auf die Beine brinaen sollte. Die Art, wie die Henleinleute jede Gelegenheit, auch die Not und da- Elend der Arbeitslosen benützen, um der Bevölkerung durch Faschingsumzüge ihre Existenz aufzuzeigen, löst unter den Arbeitslosen Verbitterung,aus, da diese sich sagen, daß das Geld, das für solch« Zwecke auf- gewendet wird, bessere Verwendung in der Ar- bettslosenfürsorge finden könnte! Ein Hakenkreuzlümmel muß der Arbeitersolldarltüt welchen Wie die WarnSdorfer.Zolksstimme" berichtet, ohrfeigte der Manipulant der Firma Brüder Richter in Warnsdorf, Rudolf Ulbricht, ein bekannter Nationalist, einen Weber der gleichen Firma aus nichtiger Ursache und warf ihn in äußerst roher Weise die Treppe hinunter, so daß der Arbeiter am untersten Treppenabsatz schwer verletzt liegen blieb. Er mußte im Auto zum Arzt gebracht werden, der bei dem Weber erhebliche Verletzungen des Beckens und des Schienbeines feststellte. Ueber diese Brutalität erfaßte die Arbeiterschaft des Betriebes eine ungeheure Erregung und während der Betriebsrat die Leitung des Unternehmens von dem Vorfall verständigte, versammelte sich im Hofe der Fabrik die gesamte Belegschaft von 800 Arbeitern und Arbeiterinnen, um in energischer Form die sofortige Entlassung des Rohlings zu verlangen. Die Arbeiterschaft beruhigte sich erst wieder, als der Betriebsausschuß die Mitteilung machte, daß Ulbricht auf der Stelle entlassen worden sei. Die Firma stellte sich ohne lange Verhandlungen auf Seite der Arbeiter und damit auch auf Seite des Rechtes und hat so zu erkennen gegeben, daß sie mit den Methoden des Faustrechte» nicht» zu tun haben will. Die Arbeiter aber haben gezeigt, daß sie noch immer imstande sind, durch geschlossenes Vorgehen Unrecht abzuwehren. Von Hitlerschergen ermordet? Die»Rote Fahne' meldet, daß der am 28. Mai von Ebersdorf im Bezirk Friedland über die Grenze nach Deutschland gekommene Arbeiter Franz Neumann in Görlitz verhaftet worden sei, ohne daß er oder andere wußten warum. Neumann wurde von diesem Tage an ge« fangengehalten und trotz aller Interventionen beim tschechoslowakischen Konsulate in Breslau weder freigelasien, noch instandgesetzt, sich mit jemand zu derständigen. Dieser Tage soll er nun im G e* fängni» in Görlitz den Tod gefunden haben. Auf welche Weise der gesunde und erst 26 Jahre alte lebensfreudige Mensch um» Leben kam, wurde bei der Meldung des Todes durch einen Angestellten auS dem Reiche, der auf das Gemeindeamt nach Ebersdorf kam, nicht gesagt. Es war aber auch gar nicht notwendig, daß er das sagte, denn wenn ein politischer Häftling, auch wenn er völlig schuldlos ist, in einem Hitlerkerker sein Leben beendet, bann vermutet jedes Kind, daß er auf bestialische Art ermordet wurde. Die tschechosiowakischen Behörden aber haben die Pflicht, über den Fall Aufklärung zu verlangen. Zusammenstöße In Brüx Prag. (Tsch. P. B.) Einige private ausländische Nachrichtenbüros verbreiteten Gerüchte, daß es angeblich Montag in Brüx zu ernsten Zusammenstößen der Staatspolizei mit Rutschen Turnern kam und daß sogar einige Personen getötet wurden. Wir haben an den zuständigen Stellen angefragt und festgestellt, daß es sich um erdachte Gerüchte handelt, denn es geschah nicht» andere», als daß der Brüxer Ortsgruppe des Bundes der Deutschen Vie Judenhatz' geht weiter Die judenfeindliche Agitation in Berlin wird fortgesetzt. In der Rächt zum DienStag wurden in zahlreichen jüdischen Geschäften die Fensterscheiben ringeschlagen. Englische Intervention? HavaS meldet aus London , daß die britische öffentliche Meinung die antikatholischen und antijüdischen Verfolgungen in Deutschland verurteilt. Einigen Nachrichten zufolge soll das britische Kabinett entschlossen sein, in Berlin eine diplomatische Demarche zu unternehmen, falls die antijüdischen Verfolgungen nicht aufhören sollten. und den deutschen Turnern ein Umzug zu dem neueröffneten Arbeitslager für den 23. d. M. bewilligt wurde. Als dieser Umzug bereits Montag veranstaltet wurde, forderte die Polizei die Teilnehmer zum Auseinandergehen auf und zerstreute sie wegen Nichtfolgeleistung mit Gummiknüppeln. Etwas anderes hat sich nicht ereignet. Bei der Polizei meldete sich einer der Veranstalter namens Dr. F ü s s e l, der ein privatärztliches Zeugnis über eine erlittene Verletzung vorlegte. Sonst hat sich niemand als verletzt gemeldet. Den Anlaß zu diesem Umzuge gab die Herrichtung des Sportplatzes des Ersten deutschvöl- W i r n. Der Rechnungshof, daS höchste österreichische Kontrollorgan der Staatswirtschaft, veröffentlicht einen Bericht über seine Tätigkeit, der zum erstenmal vom neuen Präsidenten dcö Rechnungshofes Dr. Ender, dem ehemaligen Bundeskanzler, unterzeichnet ist. In dem Bericht heißt cs: Wiewohl der Rechnungshof im Jahre 1934 zur größten Sparsamkeit angeregt hat, vermochte er n i ch t die Ueberzeugung zu gewinnen, daß die mit öffentlichen Geldern wirtschaftenden Organe immer mit der größten Sparsamkeit umgegangen seien. Der Tätigkeitsbericht bemängelt zuerst, daß die Kosten des erhöhte n S i ch e r h e i t.S- dienstes auf denEisenbahnen den Bundesbahnen zur Gänze angelastet werden. Der Sicherheitsdienst auf den Bundesbahnen gehöre in den Aufgabenkreis der staatlichen Exekutive. Der Bericht bemängelt den für da» Schutzkorp» zulässigen Sachaufwand und erklärt, daß die Gebarung beim Schutzkorp» die gewöhntrSparsamkeit hatte missen lassen. Ferner fiel auf, daß Unsere Henleiner, die bei den letzten Wahlen indirekt ihre Stimmen für Adolf Hitler abgaben, um daS ihnen in der Flüsterpropaganda verheißene Dritte Reich möglichst bald genießen zu können und die zum Teil auch heute noch auf die Erfiillung der Prophezeiungen warten, würden sicher stark enttäuscht sein, wenn sie all die Freuden und Herrlichkeiten, die die braunen Barbaren für die Arbeiterschaft in Bereitschaft haben, kennen lernen würden. Fast möchte man eß wünschen, daß all den nationalistischen Hitleranbetern und den journalistischen Wegbereitern des Fascis- mus eine Kostprobe neudeutscher Kultur verabreicht werden könnt«, sie würden recht bald von ihrer HitleritiS geheilt sein. Weil die Verabreichung einer praktischen Kostprobe glücklicherweise in unserer Republik unmöglich ist, lasten wir nachstehend einen Bericht folgen, der in aller Deutlichkeit die furchtbaren Demütigungen aufzeigt, denen die Arbeiter ausgesetzt sind und daS Gerede von den geordneten wirtschaftlichen Ber- hältnisten in Hitler -Deutschland Lügen straft. Die nicht anzuzweifelnden"Tatsachen,— Name und Wohnort deS deutschen Arbeiters sind der Redaktion bekannt—, die uns dieser Arbeiter schilderte, lasten sehr tief blicken und zeigen mit aller Klarheit, daß man selbst unter Androhung von Todesstrafe bemüht ist, die Rüstungen zu einem neuen Völkermorden geheim zu halten. Der Mann ist über 40 Jahre alt und muß durch volle vier Wochen jeden Samstag in die Kaserne, um die militärische Ausbildung zu»genießen'. Von dieser Ausbildung kommt er erst in der Nacht zum Montag zurück. Als Enkschä- digung erhält er für die zwei Tage 3 Mark 60 Pfennige. Innerhalb der vier Wochen bucht der Mann einen Verlust von rund 100 Mark. Im kommenden August muß er, wie viele andere, auf volle vier Wochen zur Waffenübung einrücken, die sich alle Jahre wiederholt. Sobald er die Kaserne betritt, muß er sich zwei Bücher zum Preise von 3 Mark und 1 Mark und 60 Pfennige. Berichterstattung... Die»B r ü x e r Z e i- t u n g" scheint einen besonders gut organisierten Informationsdienst zu haben. Vom Eindruck, des Verlaufs des britischen Frontkämpferbesuches in Deutschland auf die englische Preste unterrichtet sie ihre Leser auf ihre Weise. Sie liest nur den»Observer", der sich zustimmend äußert und der ein Mitglied der Delegation zu Worte kommen läßt. Von den zahllosen entgegengesetzten Kommentaren der. britischen Zeitungen hat sie nichts erfahren; auf mehr Englisch , als auf den„Observer" langts anscheinend nicht! Hat das Ber liner Propagandamintsterium schon seinen verbindlichsten Dank ausgesprochen? körperlich und gesundheitlich in die Schutzkorps nicht dir geeigneten Personen ausgenommen worden waren, wodurch wesentliche Ausgaben für die SpitalSpflege erwuchsen. Der Oberste Rechnungshof bemängelt weiter die finanzielle Hilfe deS Bundes für die Operettenbühnen M a r i s ch k a s, weiters einen Vorschuß für eine Filmgesellschaft, verschiedene kostspielige Dienstteisen usw. Interessant ist auch die Feststellung des Obersten Rechnungshofes, daß die Lage deS Kriegsopferfonds sich immer mehr verschlechtere, und/daß die Aktiven des Fonds die Passiven von 181.000 Schilling nur zur Hälfte decken. Dieser Fonds wird bekanntlich von den Erträgnissen der Habsburgergüter gespeist, die jetzt der Familie Habsburg zurückerstattet werden, so daß die Lasten nunmehr zur Gänze der Regierung zufallen. Die Regierung veröffentlicht hiezu im Rahmen der ihr gestatteten gesetzlichen Möglichketten eine kurze Entgegnung, die aber nichts Wesentliches enthält. kaufen, in denen die Kommandos, Erkennungszeichen der Vorgesetzten usw., kurz alles, was ein ausgebildeter Soldat wissen muß, enthalten ist. Der Einberufungsbefehl wird-durch die Polizei zugestellt und muß streng geheim gehalten werden. Die Veröffentlichung ist mit Todesstrafe bedroht. Ueber die Verhältnisse in den Betrieben konnten wir erfahren: Die Belegschaft des Be- ttiebes, in dem unser GelvährSmann beschäftigt ist,— und in anderen Betrieben ist es nicht anders—, muß fünf Minuten nach 6 Uhr morgens im Bettieb stehen. Dort müssen die Arbeiter und Arbeiterinnen ihre Arbeitskleidung anziehen und unter Leitung eines SA-Mannes beginnen die Gelenksübungen. Jeder Beschäftigte muß sich an den Uebungen beteiligen. Auf weibliche und ältere Personen wird keine Rücksicht genommen. Nachher wird das»Deutschlandlied " oder das ,»Horst-Weffellied" angestimmt. Dann erst be- ginnt die Arbeit... . Ost kommt cs vor, daß einer der braunen Bonzen Lust empfindet, seine lieben„Volksgenossen" während des Tages aufmarschieren zu lassen, um ihnen durch Rundfunk die„Volksgemeinschaft" neu zu vermitteln. Und da die „Betriebsgemeinschaft" kein leerer Wahn ist, muß der Volksgenosse Arbeiter abends die versäumte Zett, die er durch Anhören de» Sprühregens eines braunen Bonzen versäumte, einarbetten. Ein Mitbestimmungsrecht dr» Arbeiter» in den Betrieben gibt e» nicht. Der Unternehmer bestimmt allein. Um aber theorettsch Kameradschaft zu mimen, wird von Zeit zu Zeit ein sogenannter.Kameradschaftsabend" veranstaltet, für dessen Durchführung die Kosten durch Lohnabzüge gedeckt werden. Diese» Manöver ist ei« ganz gewöhnlicher Bolksbetrng, dem Arbeiter werden füt minderwertige Gegenleistungen 2 Mark und 50 Pfennige vom Lohn Staatsselder für das Schutzkorps verschleudert Scharfe Kritik des Rechnungshofes am Bundeshaushalt> .Volksgcmclnsdiair Im Dritten Reich...! Josef Gerl Heute vor einem Jahr ist unser Genosse Josef G e r l vom Henker der„christlichen" Fascisten « regierung ermordet worden. Als das Todesurteil verkündet wurde, rief er seinen Blutrichtern zu: „Meine Idee stand mir höher als mein Leben!". Und ein paar Stunden später wurde dieses Leben, das kaum zwanzig Jahre gewährt hatte, unter dem Galgen der Kanonenchristen geopfert. Der Richter deS Staates, dessen Recht von Gott ausgeht, hatte sich geweigert, den jungen Helden der Gnade zu empfehlen, der Kanzler des Staates, dessen Recht von Gott ausgeht, war für den Rechtsanwalt, der um Gnade bitten wollte, nicht zu sprechen, der Präsident des Staates, dessen Recht von Gott ausgeht, blieb gegen die Gnadenbitte, die gegen den Willen Gerls vorgebracht wurde, taub. DaS Leben, das Josef Gerl für die Idee hingab, ist unter dem Strang des Henkers ver- röchelt. Aber die Idee lebt, sie lebt, vermählt mit dem Haß gegen das Henkerregime, der aus den Gräbern tausender ernwrdeter Arbeiter, aus den Gräbern der Gehenkten, auS den Gräbern Wal « lischs, Weisels, MünichreiterS, Josef Gerls emporwächst. Di,? Jdex, die höher sttzhj. das Leben, die Idee des.Sozialismus lebi.lein,Henker kann sie ermorden, kein Galgen wird ihren Sieg aufhalten. Und kein Arbeiter der Welt wird im Kampf und im Sieg die Namen der großen Opfer dieses Kampfes vergessen, die Namen, zu denen für aste Ewigkeit der Joses Gerls zählt. abgezogen. Wer an diesem BollSbetrug nicht teilnimmt, gitt als Staatsfeind... Der Wochenverdienst eine» Arbeiter» und die Abzüge. Ueber den wöchentlichen Verdienst eines Arbeiters un^ die Abzüge, vom Arbeitslohn wurden unS die nachstehenden belegten Angaben gemacht(Der Verdienst in der Woche vom 31. Mai bis 7. Juni 1935 betrug 24 Mark, 60 Pfennige.) langten an Barlohn noch zur Auszahlung sage und schreibe: 14 Mark, 43 Pfennige. A b z ü g e: Einkommensteuer.... 2.10 Mk. Bürgersteuer(Negcrsteuer), 0.78 Mk. Arbeitsfront,,,,, 2.28 Mk. Jnvalidenkasse.,,,, 1.50 Mk. Krankenkasse.«,,. 1.28 Mk. Erwerbslosen- u. Ehestands- beihilse 0.78 Mk. Abzug für den noch nicht ge- lieferten Arbeitsfrontanzug 1.— Mk. Für„Mutter und Kind". 0.20 Mk. Kameradschaftsabend... 0.25 Mk. 10.17 Mk. Nach diesen Abzügen von 10.17 Mark ge» Da» sind die Segnungen dr» Dritten Reiche», di« dem Arbeiter zuteil werden, die unseren sudetendeutschen Arbeitern al» erstrebenswert hingt» stellt werden. Rur völlig vertrottelte und geistesschwache Menschen können diese elenden, auf Ausbeutung beruhenden schmachvollen Verhältnisse alS vorbildlich und erstrebenswert hinstellen... kundfahrt Masaryks durch Prag Prag.(Tsch. P.-B.) Am Sonntag, dem 21. d». unternahm Präsident Masaryk einen Autoausflug von Läny nach Prag . In Prag fuhr er durch die innere Stadt, über den Altstädter Rigg, den Graben, den Wenzelsplatz und dir Ra- tionalsttaße und kehrte wieder nach Läny zurück. Die Bevölkerung bemerkte an einigen Stellen, daß im Auto der Herr Präsident fährt, und grüßte. In der Prager Burg ist der Herr Präsident nach unseren Informationen nicht ausgestiegen.
Ausgabe
15 (24.7.1935) 170
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