Nr. 183 Donnerstag, 8. Angust 1938 Sette S tfudetemteulsdici! Zeitspie&ct In» Glasarbeitergebiet von Haida-Stein- schönau wütet die Krise seit Jahren mit besonderer Schärfe. In den Dörfern, in welchen die Heimarbeiter zu Hause sind, ist es unheimlich still geworden. Im Sommer sieht man in den Wälder Arbeiter Baumstöcke roden, um durch diese Holzgowinnung wenigstens den Kauf der teueren Kohle zu ersparen. Auch das Sammeln von Beeren und Pilzen ist jetzt eine ständige, wenn auch schlecht bezahlte Beschäftigung der Arbeitslosen, welche sehnsüchtig nach jeder Ver- dienstmöglichkeit Ausschau halten. Es ist daher kein Wunder, wenn sie mit Freuden der Hopfe n p f l ü ck e entgegensetzen, welche ihnen einige Tage ein kleines Einkommen und ausreichende Kost bieten könnte. Es gibt Leute, die schon acht bis zehn Jahre zu einem und demselben Hopfenbauer gefahren sind und dort zu beiderseitiger Befriedigung beschäftigt waren. Heuer scheint dies anders werden zu sollen. Einem alten Parteigenossen, welcher seit Jahren einem Hopfenbauern eine Partie Pflücker vermittelt hat, erklärte diesmal die Bäuerin bei seiner Vorsprache wörtlich: Deutschland ten über die Zustände im Gefangenenhaus und über die Behandlung der politischen Gefangenen, die heute noch drei Etagen des Hauses füllen. Die Leute werden gehetzt und gemartert, man hörte oft in der Nacht ihr Stöhnen, die Verpflegung war schlecht und mager, Rauchen und Lesen war nicht gestattet. Er hat auch mit ehemaligen Angehörigen der SPD gesprochen, die seit nahezu zwei Jahren „sitzen" und nicht wissen warum. Das sind die Eindrücke eines Sudetendeutschen im vielgepriesenen„Dritten Reich ". So wie ihm, soll cs noch acht andern Landsleuten ergangen sein, weshalb vermutet wird, dass der SHB mit der Gestapo in den Diensten des Dritten Reiches steht und seine Geschäfte besorgt. Wir erwähnen schliesslich noch, dass Haberzettl seine Eindrücke in der Kanzlei der Sudetendeutschen Partei mitgetcilt und dort am 1. August l. I. seinen Austritt gemeldet hat, worauf man ihn bat, er möge doch nicht mit diesen Erlebnissen in die Oeffentlichkeit gehen. Wieder einer! Die Erkenntnis bricht sich langsam, aber stetig Bahn! Sandner soll kaltgestellt werden? Nicht zum ersten Male taucht die' Nachricht auf, dass die Stellung des Abgeordneten S a n d- a e r innerhalb der Sudetendeutschen Partei erschüttert ist. Sandner galt in der Zeit der Entstehung der Sudetendeutschen Heimatfront als der jtveite Mann der Partei, als der Stellvertreter des„Führers" Konrad Henlein . Er war dazu bestimmt, die sudetendeutschen Arbeiter in das Lager Henleins zu führen. In den letzten Monaten aber ist die Gegnerschaft gegen Sandner innerhalb der Sudetendeutschen Partei gewachsen. Die Partei wird gegenwärtig— wie die„Lidovs Noviny" seststellen— von zwei Gruppen beherrscht: von den Mitgliedern des ehemaligen Kameradschaftsbundes und von den Funktionären der Turner- arganisation. Sandner, der bekanntlich früher Sozialdemokrat gewesen ist, gehört zu keiner der beiden Gruppen. Gegenwärtig beherrscht die Sudetendeutsche Partei Dr. Waller Brand, der Sandner an die Wand zu drücken bemüht ist. Die Mitglieder der Henleinpartei haben allerdings keinen Einfluss auf die Führcrkämpfe innerhalb der Sudetendeutschen Partei, in der eine Cliquenwirtschaft immer mehr die Oberhand ge- tvinnt. Henlein selbst ist in England und kümmert sich wenig um das, was in der Partei vor- S'ht. Sie taten es also nur, um der Oeffentlichkeit zu beweisen, wie die bei der Wahlpropaganda so gepriesene Volksgemeinschaft aussieht. Das Vorgehen der Henleinmannen in Auscha ist eine hoffentlich heilsame Lehre für alle die Menschen, die noch immer im Banne der Volks- gemeinschaft sich bedudeln lassen, die den Henlein- führern und der bürgerlichen Presse Gelegenheit gebeu, fortgesetzt von der Volksverbundenheit zu faseln, während, wie hier das Beispiel zeigt, das Wort von der Volksgemeinschaft nur zur Augen- auswischerci der armen betörten Arbeiter und Arbeitslosen missbraucht wird. sängen oder Prozessionen ihren Wachdienst in den vatikanischen Höfen oder auf dem großen Peters- platz, der ja noch zum päpstlichen Gebiet der Vatikanstadt gehört. Ihre Uniform ist die der Grenadiere des ersten französischen Kaiserreiches. Der bekannte bayrische sozialdemokratische Führer Georg von Vollmar war in seiner Jugend zwei Jahre Offizier dieser Garde. Er hat über seine Erlebnisse im vatikanischen Dienst später eine Broschüre:„Zwei Jahre Schlüsselsoldat" geschrieben. Am bekanntesten ist die päpstliche Schweizergarde. Sie ist die eigentliche Leibwache des Papstes. Diese Garde ist eine Söldnertruppe und ergänzt sich ausschließlich aus jungen Schweizern der katholischen Kantone. Sie verpflichten sich bei ihrem Eintritt auf eine Reihe von Dienstjahren und müssen während ihrer Dienstzeit unverheiratet bleiben. Sie werden übrigens sehr gut bezahlt. Der Sold eines Schweizergardisten beträgt— in tschechischer Währung umgerechnet— monatlich etwa 3500 XL. Sie werden von einem Obersten, dem mehrere Offiziere beigegeben sind, kommandiert. Bekannt ist ihre malerische Tracht, die seit vierhundert Jähren unverändert blieb und die kein Geringerer als Michelangelo entworfen hat. Der Dienst stellt ziemlich schwere physische Anforderungen, denn es ist keine Kleinigkeit bei der Gluthitze Roms, in Eisenpanzer und Eisenhelm Dienst zu machen. In dieser mittelaüerlichen Tracht, mit geschlitzten Beinkleidern und Wams, ein„Mysterienspiel" dessen Hauptrollen Hitler , Hilgenreiner und Hen lein spielen, wird gegenwärtig in den Spalten der christlichsozialen„Deutschen Presse" einem amüsierten Publikum dargeboten. Den Stoff bietet eine vor kurzem durch die Weltpresse gegangene und auch in den„LidovL Listy" der tschechischen Volkspartei abgedruckte Meldung, die besagte, daß die Oberammevgauer Paffionsspiele vom Hitlerregime verboten wurden und an deren Stelle ein antisemitisches„Mysterienspiel" aufgeführt werde. Worauf die deutschen Christlichsozialen, die nun einmal— wem Henlein recht ist, muß Hitler billig sein— einen gewissen Hang für das Dritte Reich nicht verleugnen können, mit wütendem Geifer gegen ihr tschechisches Bruderblatt loszogen und ihm vorwarfen, daß es Lügenmeldungen über das Dritte Reich veröffentliche. Die„Lidovk Listy" blieben nichts schuldig, sie stellten das Hil- genreinerblatt bloß, indem sie den Namen des erwähnten„Mysterienspiels"— Ernte— und dessen Verfasser, den bekannten hakenkreuzlerischen Hetzpfaffen Senn nannten, worauf, nun die „Deutsche Presse" ihrerseits zurückschlägt und alle Angaben des Sramekblattes als eitel Unwahrheit bezeichnet. Der Familienflandal im Hause unserer Klerikalen, der sich um dieses mysteriöse Mysterienspiel zuträgt, wäre für den Aussenstehenden nur unterhaltsam und kaum interessant, wenn nicht die durch die Wut gelösten Zungen manche bemerkenswerte politische Wahrheit verrieten. Die gestern erschienene„Deutsche Presse" lässt sich u. a. zu diesem Streit folgend vernehmen: Es geht hier leider nicht um Literatur, sondern um eine bestimmte politische Tendenz. Seit einiger Zeit versucht das tschechische Blatt (die.MdovL Listy), die reichsdeutschen Vorgänge gegen die hiesigen Katholiken auszuspielen Da war der unsachliche und unanständige Angrift auf die hiesige Caritas wegen angeblich mangelnder Fürsorge für die katholischen Emigranten... So aber hat die tschechische katholische Presse der kommunistischen und sozialistischen Presse ein Futter geliefert, von dem sie wochen- Volksgemeinschaft in der Praxis Die in ihrer Zweidrtttelmehrheit vom Verfechte marxistischer Gesinnung freie Stadtvertre- iung von Auscha hatte die Jahre her nichts an dem ortsüblichen Lohnsätze für Gemcindearbeiter Alt bemängeln. Erst die Abgabe von 877 Henlein- ssimmen hat die Energie einiger Herren zum Klassenkampfe von oben beflügelt, jener Herren nämlich, die einstmals auf gewerbeparteilichen Listen gewählt, rechtzeitig zu Henlein hinübergewechselt waren. Diesen Herren blieb es Vorbehalten, die Herabsetzung der Löhne der Gemrindcarbeiter von 25 auf 20 XL w betreiben. Zuerst redeten sie dem neu amtierenden Bürgermeister ein, die Gemcindelöhne seien schon immer im Sommer herabgesetzt worden, dann setzten sie einen analogen Beschluss im Stadtrate durch und stellten sich gegen sozialdemokratische Gegenanträge taub, schliesslich verpflichteten sie ihre Mannen, in der öffentlichen Ausschußsihung den sozialdemokratischen Dringlichkeitsantrag niederzustimmen. Ein einziger der bürgerlichen Stadtverordneten machte die antisoziale Attacke nicht mit, nicht etwa ein Henlein-Volksgemein- fchaftlrr, sondern ein sogenannter„Liberalist ". Die neugebackenen Henlein -Mannen aber, die für die SdP am 19. und 26. Mai in den Wahlkommissionen gewesen waren/ stimmten Mann für Mann gegen die armen Teufel, die Gemcind«arbciten verrichten, sie, die das P. T.- ^iundwerk nicht genug über Czechkarten, Wirt« lckvftsnot, Jndustriefriedhöfe usw. ausleeren können, entrissen dem Haushalt« des Gelegenheitsarbeiters, der hie und da und für die Gemeinde arbeitet,' erbarmungslos die 5 XL pro Tag, schmälerten damit die Rationen hungriger Kinder, die darauf warten, dass des Vaters Zufallskreuzcr ihnen wieder einmal ein anständiges Mahl ver- kchaffen und das zerschlissene Hemdchen durch ein neues ersetzen können. Und sie taten es ohne alle Rot. Die Gemeinde kennt keine finanziellen Schwierigkeiten. Vie Schlüsselsoldaten des Vatikans Als die deutschen Landsknechte FrundÄerg's im Jahre 1523 Rom eroberten und plünderten, fanden sie bei den päpstlichen Truppen nur ganz geringen Widerstand, weshalb sie ihnen den Spottnamen„Schlüsselsoldaten", nach dem päpstlichen Wappen mit den zwei gekreuzten Schlüsseln gaben. Dieser Name ist seither den päpstlichen Soldaten geblieben; heute sind es allerdings wenige, die als Palastwachen dienen. Die bewaffnete Macht des Papstes besteht aus drei Garden, der Nobelgarde, der Schweizergarde und der Palastgarde. Die Nobelgarde besteht aus Söhnen des päpstlichen Adels Italiens und des Patriziates von Rom . Die Nobelgardisten stehen alle im Offiziersrang und machen im Turnus unentgeltlich Ehrendienst am päpstlichen Hofe. Bei Audienzen begleiten stets Nobelgardisten den Papst und flankieren in ihrer Uniform, die ähnlich der bekannten französischen Kürassieruniform ist, den päpstlichen Thron bei allen feierlichen Anlässen. Die P a l a st g a r d e ist eine Art päpstlicher Miliz. Nur die Offiziere sind ständig im Vattkan. Die Palastgardisten werden nur bei gewissen Anlässen in den Vatikan gerufen, sonst gehen sie in Rom irgend einem bürgerlichen Berufe nach. Gegen Tagegelder versehen sie bei festlichen Emp- So ergeht es den Sudetendeutschen int Dritten Reich! Die SHF zahlt Fahrspesen nach Am 13. November 1934 trat der in Turn » Jahnstrasse, wohnhafte, im Jahre 1910 geborene Gärtner Rudolf Haberzettl der SHF bei. Er er hielt Mitgliedsnummer 150.523. Vor einigen Wochen wurde ihm nun von SHF-Funktionären gesagt, er solle nur nach Deutschland fahren und sichs dort„einige Tage gut gehen lassen". Der„Sudetendeutsche Heimat bund in Dresden " werde ihm schon helfen. Die Geschäftsstelle der Sudetendeutschen Partei in Turn gab Haberzettl das Fahrgeld und dieser steuerte nun los. Man sagte ihm noch in der SHF-Kanzlei, dass er keinen Paß brauche, es ge nüge das Mitgliedsbuch der SHF, durch das ihm auch drüben alle Begünstigungen gewährt werden. - In der Kanzlei des SHB in Dresden erhielt er nun lediglich einen Ilebernachtungsschein für das Heim eines katholischen Gesellenvereins, sonst nichts. Der Mann war sehr überrascht, als er am andern Tag in der' Früh von der Kriminalpolizei geholt und in Untersuchungshaft gesetzt wurde, wo er sieben Tage zubrachte. Er erzählte vor allem interessante Einzelhei- „Wir(da- find die Bauern des Sr« teS. D. R.) haben beschlossen, bloß solche Pflücker aufzunehmen, welche bei der SHF sind«nd weder„Böhmische" noch Sozialdemokraten oder Kommunisten aufzunehmen. Auch die Gemeinde will es heuer so haben." Dies geschah in der kleinen Gemeinde Tetschendorf bei Auscha . Auch aus einem andern Orte wird ein ähnlicher Fall berichtet. Fzir ein paar Tage Arbeit bei der Hopfenpflücke verlangen die Henlein -Bauern, daß die Arbeiter zu Gesinnungslumpen werden. Die Henleinloute bieten ihnen ja auch für zehn XL wöchentliches Taschengeld Lohndrücker an und entpuppen sich so immer mehr als Anwälte der Besitzenden. Es besteht aber auch für dir staat- lichen Behörden die Pflicht, einzugreifen und endlich dem wirtschaftlichen, sozialen und Grsin- nungsterror der Henleinleut« ein Ende zu machen. bekommen Tschechen und dürfen keine Arbeit Wer nicht bei Henlein ist, soll verhungern I lang gezehrt hat. Und im Falle Oberammergau ist es wieder so. Die ganze Sache wird zu einer Affäre aufgebauscht, nur, damit man sie mit dem Untertitel versehen kann:„W erden dir böh m i schdeutschen katholischen Kreise die antikatholischen Ausschreitungen im Dritten Reiche entschuldigen?" Wir lehnen di« ständigen Einmischungen des tschechischen Blattes in die Angelegenheiten der hiesigen Katholiken als illoyal und unsachlich ab. Leider wird aber die„bestimmte" polittsche Affäre, um die es geht, nur sehr unbestimmt behandelt. Die mangelnde Fürsorge unserer deut, scheu Christlichsozialen für ihre aus Deutschland vertriebenen Gesinnungsbrüücr— die in Wahrheit eben auf mangelnde Sympathie für dir Opfer und wachsende Sympathie für ihre Vertreiber zurückzuführen ist— ist eben nur eine Folge, keineswegs die Grundlage dieser bestimmten politischen Tendenz. Die Grundlage ist der unhaltbare poli- tssche Eiertanz, unserer Christlichsozialen, die— weit entfernt von dem Bibelwort: eure Rede sei ja ja und nein nein; was darüber hinausgeht ist vom Bösen— sichs weder mit dem Klerikalismus, noch mit Hitler verderben wollen. Und es darf die „Deutsche Presse" nicht wundern, wenn das„Mysterienspiel", in dem Hitler, Henlein und Hilgen- reiner in trautem Verein auftreten, schlechte Rezensionen findet. Das„PraserMontassblatt“ und die Arbeiterjugend Zu den Zeitungen, die bei jeder Gelegenheit die Stimme der Jugend verlauten lassen, gehört auch das„Präger Montagsblatt", dessen Chcf- redatteur, Herr Egon Fischer, in jeder Nummer mindestens einmal für die Jugend eine Lanze bricht. Wenn irgendwo eine Henlein-Kundgebung stattfindet oder die jungen Bauern auftnarschieren» so ist es Herr Egon Fischer, der seine Zeitung diesen Veranstaltungen zur Verfügung stellt. Wer der Herr Egon Fischer scheint kein Interesse an der arbeitenden Jugend— na, sagen wir es doch ruhig heraus— an der sozialistischen Jugend zu haben. Anlässlich des Tages der Freiheit in Dux am 3. und 4. August haben unsere Jugendlichen auch das„Prager Montagsblatt" eingeladen, einen Vertreter nach Dux zu schicken, damit er dann der Oeffentlichkeit bekanntgeben kann, was die sozialistische junge Generation durch den Mund ihres Sprechers, des Wg. Gen. I a k s ch zu sagen hat. In Dux marschierte nämlich die republikanische Jugend auf, die sich zu unserem Staate bekennt. Und ein solches Bekenntnis zur tschechoslowakischen Demokratie interessiert ja das„Prager Diontagsblatt" nicht— seit es henleingleichgeschaltet wurde und Herr Egon Fischer ein so warmer Fürsprecher des sudetendeutschen Henleinfascismus geworden^ ist. Also ist es auch nicht notwendig, einen Berichterstatter nach Dux zu einer Kundgebung zu senden, bei der tausende Menschen für den Frieden demonstrieren! Dafür bringt Herr E. F. auf der ersten Seite einen ganz gehässigen Artikel gegen die Sozialdemokratie! Na, schön so! Die jungen Sozialisten wissen nun, woran sie sind— mit dem „Prager Montagsblall" und seinem Chef, dem Herrn Egon Fischer! Resystemisierung der Staatsangestellten Im Herbst Wie die„Lidovs Noviny" berichten, hat der letzte Ministerrat beschlossen, daß heuer im Herbst eine Resystemisierung in allen Staatsämtern und Unternehmungen vorgenommen werde. Grundlage ist die erste Systemisierung aus dem Jahre 1927, welche zum ersten Male im Fahre 1930 revidiert worden ist. Die zweite Resystemisierung sollte 1933 erfolgen, wurde aber damals mit Rücksicht auf die Lage der Staatsfinanzcn verschoben. I in der Hand die Hellebarde, bewachen sie am Petersplatz das riesige Bronzetor, den Eingang in den Vatikan . Klirrend tritt die Wache an, wenn ein Kardinal das Tor passiert, und ein seltsames Bild bietet sich dem Zuschauer, wenn die Garde beim Nahen des Papstes in die Knie sinkt. Die Zahl der Schweizergardisten beträgt etwa 120 Mann. Rach Ablauf ihrer Dienstzeit kehren sie meist in die Heimat zurück, wo sie sich mit ihren Ersparnissen eine bürgerliche Existenz gründen. Ferner besteht im Vatikan eine gut organisierte päpstliche Gendarmerie in der Stärke der Schweizergarde . Ihr obliegt der Sicherheitsdienst im vatikanischen Gebiet. Auch beherbergt der Vattkan eine Berufsfeuerwehr, die ständig Wachdienst macht, um die unermeßlichen, unersetzlichen Kunstwerke des Vati kan zu schützen. Zusammengefaßt ergibt die ständig im Va tikan anwesende militärische Macht eine Zahl von mehr gls dreihundert Mann. Da die Vatikanstadt nicht ganz sechshundert Einwohner zählt, so ergibt sich die eigenartige Tatsache, daß der Vatikackr das Zentrum einer geistlichen Herrschaft, die—• freilich nur relativ— militaristischeste Stadt ist, denn mehr als fünfzig Prozent ihrer Bewohner sind Militärs. Alljährlich empfängt der Papst am NeujahrS - tage das Offizierskorps seiner Garden, die ihm ihre Treue bis zum Tode versichern. Menschlicher Voraussicht nach werden sie wohl nie in die Lage kommen, dieses Gelöbnis einlösen zu müssen.
Ausgabe
15 (8.8.1935) 183
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