Dienstag,.27. August 1935 Nr. 199 15. Jahrgang Butl*nl<70lliMi (elntchliefilich S Heller Port»! 1 A IE NT R ALOE GAN DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSIOWAKISCHEN REPUBLIK ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XIUFOCHOVA 62. TELEFON 0077. HERAUSGEBER! SIEGFRIED TAUB, CHEFREDAKTEUR! WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR, DR. EMIL STRAUSS. PRAG  « Hitlers Stimmbänder wieder durchaus normal Operation drei Monate verheimlicht Berlin.  <DNB) Reichskanzler Hitler  , Ler Montag wieder nach Berlin   znrücktehrte, hat im Krühjahr am zunehmender Heiserkeit gelitten, die ihn sei der letzten Kundgebung im Reichstag besonders stark belästigte. AIS   Ursache dieser Stimmstörung fand Professor Dr. von Eicken einen Polypen am rechten Stimmband, den er am 23. Mai operativ entfernte. Nachfolgende Untersuchungen haben gezeigt, daß die Stimm- bänder nunmehr wieder durchaus normal find. Besatzung von Malta  verstärkt London  . In einige» Tagen werden etwa 1000 Soldaten die Reise nach Malta   und tl d e u antreten, um dir dortigen Besatzungen zu berstärken. Das britische   Kriegsministerium gibt hiezu die Erklärung, daß es fich nur um die Ausführung der Absicht handle, den im Jahre 1034 für diese beiden Garnisonen genehmigten Aerteidigungszustand zu erreichen. Das Flugzeug-MutterschiffG l o r i o u s", bas in Gibraltar   vor Anker lag, ist am Montag mit Bestimmung nach Malta   in See gegangen. Auch zwei im Hafen von Gibraltar   vor Anker lie­bende Torpedobootzerstörer haben den gleiche« Befehl erhalten. Reuter betont, daßGlorious" p r o- brammißig nach Malta   starte,«. zw. im Rahmen der zweite« Sommerreife der Mittel- bwerflotte, die fich z« diesem Zwecke bereits ge- sammclt hat. labourpartel vorbehaltlos hinter der Regierung London  . In einer Unterredung mit dem "Sunday Referee" äußerte sich der Führer der Arbeiterpartei George Lansbury zu der Haltung der wichtigsten englischen Oppositions­bartei in der Frage des italienischen abessinischen Konfliktes. Danach vertritt die offizielle Arbeiter­bartei vorbehaltlos den in der kürzlichen Kabinettsitzung zum Ausdruck gebrachten außen- bvlitischen Standpunkt der britischen   Regierung. Die Arbeiterpartei werde die Regierung unter- vützen, wenn sie zu Sanktionen auffordere, um mm italienischen Angriff gegen Abessinien ei» End« zu bereiten. Lansbury   erwartet die Einladung der fran- Wschen Sozialistenpartei zur Teilnahme an den Manifestationen, welche am 3. September, am Borabende der Aufnahme der Arbeiten des Völ- mrbundrates in Genf  , in Paris   werden veran­staltet werden. Krlegsrat In Bozen Bozen  . Ministerpräsident Mussolini   ist Montag kurz nach 12 Uhr mittags in Bozen   zur Teilnahme an den großen Manövern ein- tktroffen.. Er hat für Dienstag abends eine Sondersitzung des italienischen Kabinetts ein- «krufen. Die italienischen Manöver zeigten am Mon- W ein verhältnismäßig ruhiges Gesamtbild. Die Erfolge, die die von Süden angreifenden Blauen M Sonntag besonders auf dem westlichen Flügel ourch den überraschenden Einsatz von motorisier- Kavallerie und mit Hilfe neuer mechanischer Mntonbrücken an Stelle der nach der Annahme bon zurückweichenden roten Gegnern zerstörten Mücken erzielt hatten, wurden am Montag von M Blauen durch Vorschieben der Front und Megnahme einzelner wichtiger Punkte praktisch Msgenützt und gesichert. Dabei wurde bei Nanno M Zentrum der Blauen zum erstenmal die neue Motorisierte Division, die im Nachtmarsch aus Ment berangeholt worden war, eingesetzt. Der widerstand der Roten ist überraschend stark und ist anzunehmen, daß die Manöverleitung am Menstag, d. h. am ersten Tage, an dem der Duce lm Manövergebiet erscheint, aus dieser Tatsache ^scheidende Folgerungen ziehen wird. » Mussolini   wird Dienstag, früh zusammen den englischen und französischen   Pressever- Eketern, Mittwoch mit den deutschen   und Preffe- ^rtretern anderer Länder das Manövergebiet "sichtigen Mussolini  : Es gibt kein Zurück mehr! Schwere Drohungen gegen den Völkerbund  Einheitsfront, Volksfront, Einheitspartei Zum Kongreß der Komintern London.  Daily Mail" bringt eine Unterredung seines Korrespondenten mit dem Mnisterpräfidentau Mussolini  , welcher u. a. erklärte: Italien   kann nicht mehr zurück- weichen. Wenn die römische. Regierung ihren Standpunkt Ludern tvürde, wür­den die 200.000 italienischen Gewehre, welche sich gegenwärtig i« Ostafrika  befinden, vo« selbst losgehe«. Wenn in Genf   Sanktionsentschei­dungen gegen Italien   beschlossen wer­den sollten, werde Italien   sofort de« Völkerbund   verlasse«. Wer a« Sanktionen denken wird, müffe damit rechnen, daß er auf die bewaffnete Feindseligkeit des gesamte» italienische« Volkes stoßen werde. Ich warne den Völkerbund, er­klärte Mussolini   Wetter, unvorsichtiger Weise den Kolonialfeldzug in einen europäischen   Konflikt umzuwandeln, welcher schreckliche Folge« haben würde, für welche der Völkerbund   die Verantwortung trage« würde. Gegen Sanktionen bewaffneter Widerstand Mussolini   erklärte auch, daß Ita­ lien   mit allen Streitkräften zu Lande, zu Wasser und in der Luft Wider­stand leisten würde, wenn derVölker- bund als Sanktion gegen Italien   eine Blockade der italienischen Häfen oder die Schließung des Suezkanals be­schließe» würde. Mussolini   erklärte weiter, er werde nach Genf   eine Delegation entsenden, welche den Standpunkt Italiens   vor der gesainten Welt klar darlegen wird. Dieser Standpunkt'wird von Dokumenten und Photogra­phien unterstützt sein. Er werde nach Genf   eine ganze Kiste von Bü­chern senden, welche bezeugen werden, daß die Abessinier Barbaren sind und die Sklaverei nicht aufgehoben haben. Er warne auch den Völker­bund, mit Italien   in gleicher Weise wie mit den Abessiniern vorzugehen. Die Internationale gegen die Kriegsgefahr Paris.(Tsch. P.-B.) Die gemischte Kom­mission der internationalen Föderation der Gc- werkschafts- und der Sozialistischen Arbeiter-In­ternationale trat am Montag in Paris   zusam- men, um ihre Stellungnahme zum italienisch­abessinischen Konflikt festzulegen. Die gemischte Kommission bekräftigte ent­schieden die von den beiden Internationalen an­genommenen Resolutionen hinsichtlich der Ver­pflichtungen des Völkerbundes, die R« s p< k- tierung d e s V ö l k« r b u n d p a k 1 e s und der Friedensvrrträge zu erzwingen. Die ge­mischte Kommission wiederholte ihre Proklamation an alle angcschloffonen politischen und gewerk­schaftlichen Organisationen, am Vorabend der Tagung des Bölkerbundratcs ostentativ in ihren Ländern zu demonstrieren. Der amtierende Vizepräsident des Labouri- stischen Klubs im britischen   Unterhaus« Major Alles hatte in Paris   mit dem Führer der fran­ zösischen   Sozialisten Leon Blum   in Angelegen­heit des italienisch-abessinischen Konfliktes eine Beratung.Daily Herald" teilt hiezu mit, daß die Arbeiterparteien Großbritanniens   und Frank­ reichs   Zusammenarbeiten werden, um eine fried­liche Beilegung dieses Konfliktes zu sichern. Major Alles habe mit den französischen   Sozialistenfüh­rern eine Politik der Treue zu den Grundsätze« des Völkerbundes vereinbart. Sie würden anregen, daß Litwinow  in seiner Eigenschaft als Präsident des Bölker- bundratrs die äußersten Anstrengungen unterneh­men solle, um eine schiedsgerichtliche Regelung zu ermöglichen. Mussolini  , Mussolini  ! Wenn Du das Mittelmeer   überschreitest, wirst Du ein großes Reich zerstören! Nach der Beendigung des Kongresses der Dritten Internationale ist die Frage zu prüfen, welche Auswirkungen seine Verhandlungen auf di« westeuropäische Arbeiterbewegung haben werden. Es war sicherlich einer der besten Schachzüge der bewährten Moskauer   Regie, den ruhmbekränzten Revolutionär Dimitroff   zum Sprecher einer ausgesprochenen Rechtsschwenkung der kommuni­ stischen   Politik zu machen. Man mag seinem Referat und seinem Schlußwort so manchen Vor­behalt entgegensetzen, als Anfang einer selbst­kritischen Auseinandersetzung des außerrussiischen Bolschewismus mit seinen bisherigen Methoden ist vieles ehrlich zu begrüßen, was er gesagt hat. Es geht um mehr als um irgend eine takti­sche Schwenkung. Der Sieg des Fascismus in einer Reihe von Ländern hat die Erörterung der realen Voraussetzungen sozialistischer Kampfe und sozialistischer Siege, auf zentral- und west­europäischem Boden neu auf die Tagesordnung gesetzt. Nun sehen auch die Kommunisten die töd­lichen Gefahren einer Isolierung der sozialisti­ schen   Arbeiterschaft, die ihren Kampf in den kapitalistischen   Ländern zu führen hat. Neben den außenpolitischen Bündnisproblemen Sowjetruß­lands ist durch den verhängnisvollen Lauf der Ereignisse auch die Bündnisfrage in.den inner­politischen Tageskämpfen der außerrussischc» Staatenwelt aufgerollt. Aus der Erkenntnis, daß das sozialistische Proletariat allein in den mei­sten bürgerlich-demokratischen Ländern nicht zi« Macht gelangen kann und allein auch in den fascistischen Staaten die Diktaturen nicht zu stür­zen vermag, leiten die Kommunisten allerdings nicht die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Neu­orientierung ab, sondern sie empfehlen eine Reihe von taktischen Ueberbrückungen des unsere Zeit beherrschenden Gegensatzes zwischen der defen- siven Rolle und der offensiven Aufgabe der sozia­ listischen   Kräfte. Aus den neugewonnenen Erkenntnissen sind in Moskau   eine Reihe von Vorschlägen abgeleitet worden, die nun auf ihre Anwendbarkeit in den einzelnen Ländern überprüft werden müssen. Nebeneinander figurieren da die verschiedensten Begriffe: Einheitsfront, Volksfront, Einheits­partei, Volksfrontregierung, Linksregierung, Ein­heitsfrontregierung, demokratische Diktatur der Arbeiter und Bauern usw. Dabei werden alle diese Konstellationen nur als Uebergänge bezeich­net und als Endziel der kommunistischen   Politik in jedem Lande wird nach wie vor die Diktatur des Proletariats proklamiert. Daraus ist vor allem der Schluß abzuleiten, daß die neuen Mos­ kauer   Losungen«in großangelegtcS taktisches Zwischenspiel einleiten wollen, aber keine grund­sätzliche Wendung bedeuten. Nach wie vor ver­schließt sich die kommunistische Politik der grund­legenden Einsicht, daß die sozialisti- schen Lösungen gemäß den beson­deren Bedingungen eines jeden Landes ihre besondere politi­sche Ausprägung finden müssen. D<kr wcchselvolle Uebergang vom Kapitalismus zum Sozialismus soll, wenn auch auf Umwegen, doch überall auf den politischen General-Nenner einer Diktatur des Proletariats unter kommuni­stischer Führung gebracht werden. Die III. Inter­nationale wirbt nach allen Seiten hin um Bun­desgenossen: unter den sozialdemokratischen Ar­beitern, unter den unzufriedenen Kleinbürgern, Bauern und Intellektuellen, und wenn wir Dimitroff   richtig verstanden haben auch unter der nationalistischen Jugend der unterdrückten Völker. Diese Bundesgenossen werden eingestan­denermaßen aber nur zu Hilfsdiensten gesucht, zur Mithilfe an der Aufrichtung einer diktatori­schen kommunistischen   Alleinhcrrsckiaft. . Ganz abgesehen von der dienenden Rolle, die in den verschiedenen Einheitsfronten oder Volksfronten von dieser Konzeption den sozial­demokratischen Parteien zugemutet wjrd, leidet sie an dem grundlegenden Fehler einer unbe- sehenen Uebertragung der pri­mitiven Sozialstruktur des vor- revolutionären Rußland   auf die