Nr. ISS
DienStag, 27. August 1938
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das Gesetz ohne die Gefahr schwerster KompINa? neuen Minister legten heute um 11 Uhr vormit
tags den Eid ab.
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Aufbruch der Role« Jugend! Das war die Parole, die die Kreisführung des Kreises Nordböhmen des Sozialistische» Zugendverbandes für de« sonntägigen Äreisjugendtag ausgegeben hatte. Die Parole sollt« ausdrücken, daß die Sozialdemokratie und vor allem dieZugendder Sozialdemokratie, trachder Wahlschlappe mit der gleichen festen Organisation, mit demselben begeisterten Willen zum neuen Auf» bruch bereit ist. Die Parole sollte es zum Ausdruck bringen, d e r Zuge n d t a g in Bensen hat es gezeigt!
tionen undurchführbar. Diese BerteilungSvor- schriften müstten Liefervcrpflichtungen der Margarinefabriken festsetzen, sowohl hinsichtlich der Mengen, der billigen Sorten und eine genaue Umschreibung der Liefergebiete.— So wie das Gesetz setzt aussieht, kann eS bewirken, daß die gut bemittelten Schichten der Bevölkerung die billigen Kunstfettsorten erstehen, weil sie dem Kaufmann auch andere, bessere Waren abnehmen. Mr den armen Verbraucher aber, der nur die billigsten Sorten kaufen kann, bleiben die teueren, für ihn unerschwinglichen Sorten übrig.
eine Böhmerwäldlerln feiert den hundertsten Geburtstag Vor einigen Tagen beging die Holzhauerswitwe Maria Galli in ChristianSberg, in vollständiger geistiger und körperlicher Frische das seltene Fest ihres hundertsten Geburtstages. 1835 in ChristianSberg geboren, waren ihre jungen Zähre mit Bauerndienst auSgefüllt, worauf sie den aus Wallern gebürtigen und hier inDienst stehenden Johann Galli heiratete. Er trat als Holzhauer in die Dienste des Mrsten Schwarzenberg» welcher Beruf ihn später da» Leben kostete, wurde von einem stürzenden Daum erfastt starb an den fürchterlichen Verletzungen. Witwe lebt di« Frau nun bei ihrem Sohne Schneidermeister Josef Galli in ChristianSberg. Die Ernstbrunner Arbeiterschaft brachte der Hundertjährigen am Vorabend eine sinnige Gratulation, verbunden mit Musik und Geschenken dar.
„Gau IX". Angesichts der Nachricht, daß Oesterreich nach wie vor von den Nationalsozialisten als Gau VIII der NSDAP , angesprochen werde, verweisen die Rannt Noviny darauf, daß es im Orgänisationsapparat der NSDAP , auch einen Gau IX gebe, der Sudetendeutschland heiße. Schwere Bluttat m Rieder-Altstadt. Samstag abends versuchte der Gastwirt Bartel in Nieder-Altstadt bei Trautenau seiner Frau mit einem Messer den Hals zu durchschneiden und brachte ihr schwere Verletzungen bei. Nach der Bluttat ist Bartel zu einer Hochspannleitung gelaufen und hat sich durchBerühren der Drähte selb st gerichtet. Die Frau wurde dem Trautenauer Krankenhaus eingeltefert und dürfte, da die Wunde nur ins Fleisch gegangen zu sein scheint, mit dem Leben davonkommen.
die Republikanische Wehr an. Zum Schluß kamen lange Züge von Lokalorganisationen der Partei und sodann die Jugend- und Parteigruppen der Kommunisten. Eine solche Kundgebung hatte Bensen noch nicht gesehen I Kopf an Kopf standen die Menschen auf dem geräumigen Marktplatz, den sie zum großen Teile ausfüllten. Genosse Alois Patz begrüßt« für die Kreisführung. Rach ihm sprach
Deutscher Journalist aus Rumänien ausgewiesen Bukarest . Wie das Deutsche Nachrichtenbüro meldet, wurde der Vertreter des„Völkischen Beobachters" in Bukarest , Friedrich Weber , in Kischinew auf dem Wege von seinem Hotel zu einer Versammlung der„Liga für nationalchristliche Verteidigung verhaftet und über die ungarische Grenz« gebracht.
Jugoslawische Regierung umgeblldet Belgrad.(Avala.) Die Demission, die der Justizminister Dr. Auer, der Minister für öffentliches Gesundheitswesen P r e k a und der Minister für Forste und Gruben Stefanobic gegeben hatten, wurde vom Regentschaftsrat angenommen. Auf Vorschlag des Ministerpräsidenten und Außenministers StojadnoviL ernannte der Regentschaftsrat zum Justizminister M i ö k u l i n, zum Minister für Forste und Gruben den Minister ohne Portefeuille Djuro Ian- k o v i t und zum interimistischen Minister für öffentliches Gesundheitswesen den Minister für körperliche Erziehung KomnenoviL. Die
Genosse Josef S t y b e r-Komotau für den Ber- bandsvorstand des Sozialistischen Jugendverban- deS. Abgeordneter Genosse Franz Kogler» Bodenbach sprach für die Kreisorganisation der Partei und Abg. Genosse Wenzel Jaks ch-Prag für den Parteivorstand. Mit ein paar anfeuernden Worten schloß Genosse Heinrich Weißbach die Kundgebung, die Musik spielte die„Internationale", die im Massenchor alle mitsangen, und dann setzte sich der mächtige Zug wieder zum Festplatz in Bewegung, wo er von einem Kindersprechchor der Atus-Kinder begrüßt wurde. Am Festplatz herrschte sofort Hochbetrieb. Musik, Frohsinn. Zeltlagcrleben, Kasperltheater für die Kinder, turnerische Vorführungen der AtuS-Kinder des Bezirkes Bensen— alles in allem: Frohe Gesichter, Begeisterung über diesen herrlichen Jugendtag, Zuversicht und Glauben an die Zukunft. Den offiziellen Abschluß des Iu- gendtageS bildete ein von der Kreisführung veranstalteter Schlußappell der Ortsgruppen des Kreisgebietes, in welchem das Ergebnis des 1 sozialistischen Wettbewerbes verkündet wurde.
Vie Rattel 6er Reinen und Sauberen Ein Bezirkeielter der SdP als Hilscher verhaftet Bor einigen Tagen ging durch die Presse die Meldung von der Verhaftung des Buchdruckereibesitzers Otto Maschke in Hennersdorf (Schlesien ), da dieser der Fälschung von Briefmarken überwiesen wurde. Der Genannte hat Klischees für tschechoslowakische Einkronen- und öO-Heller-Briefmarken unter der Angabe anfertigen lassen, daß er diese zur Herstellung sogenannter Schwarzdrucke für Briefmar- ken-Alben benötige. Maschke hat aber mit seinem Helfer Eduard I a n e tz k a aus Jägerndorf diese Klischees zur Fälschung tschechoslowakischer Briefmarken benutzt. Bei seiner Verhaftung wurden einige Tausend Exemplare gut nachgeahmter Falsifikate gefunden. Wie wir erfahren, ist dieser Maschke ein b e- kannter F u n k t i o n ä r der Sudetendeutschen Partei, der sogar daSAmteineSBe- z i r k s l e i t e r s für den Gerichtsbezirk Hennersdorf bekleidet. Dieser Führer der„Partei der Reinen und Sauberen" konnte anscheinend nicht erwarten, bis ihm von Konrad Henlein geholfen wird, er versuchte dies auf seine eigene und für seine Gesinnung bezeichnende Weise.
Vie Kaiserin betet um Frieden Addis Abeba . In einer Sonderaudienz sagte die abessinische Kaiserin dem Reuterkorrespondenten, sie bete eifrig durch 16 Tage zur Hl. Jungfrau Maria um Frieden für Abessinien und für die ganz« Welt. Sie würde wünschen, daß auch die Frauen der ganzen Welt sich mit ihr im Gebet« vereinigen möchten. Wenn aber trotz allen Bestrebungen der Frieden nicht erhalten werden könne, würde sie die Erste sein, welche ihr Volk zum Kampfe gegen die Eindringlinge aneifern würde, wie dies seinerzeit die Kaiserin Tajtu getan habe, die in der Schlacht bei Aduä ihrem Gatten Menelik zur Seite stand.
[Auch die Gegner anerkennen sozialdemokratisches Aufbauwerk In der christlichsozialen«Deutschen Presse" vom Sonntag veröffentlicht Heinrich Schubert einen Artikel„Keimzellen nationaler Verständigung", in welchem die Initiative, die Gen. Dr. Czech als Sozialminister bei der Gründung der „Zentralstelle zum Schutze der arbeitenden Jugend" an denTag legte, voll gewürdigt wird. Das Blatt weist ausdrücklich.ruf die„vorbildliche Lösung der Sprachenfrage" in dieser wertvollen Institution hin und begrüßt es, daß der jetzige Sozialminister Gen. Necas die„unter Minister Dr. Czech so verheißungsvoll begonnene staais- politische Erziehung der Jugend" nun erweitern und neu belcken will.
An der Zahl der Teilnehmer, an der Stimmung und der Begeisterung der Menschen, an dem Fornmt der Veranstaltungen hat dieser Jugendtag in Bensen ftühere Jugendtage bei weitem übertroffen. Richt nur die Jungen sind gekommen, sondern auch die Alten. Aus dem ganzen Kreisgebiete wirren mit den Jugendgruppen auch Abordnungen der Partei gekommen, viele Männer und Frauen kamen mit den Naturfreunden, stramme Formationen brachte die Republikanisch« Wehr zum Jugendtag, eS war«ine Massenkundgebung der Sozialdemokratie dieses Kreisgebiete S. An dem Jugendtag Haden auch zirka 600 kommunistische Jugendliche und Arbeiter trilgrnommen, die sich vollkommen in die Ordnung des JugendtageS cm- gegliedert haben.— Sie werden in der nächsten Zukunft unter Beweis stellen müssen, daß eS ihnen mit den Einheitsfrontrufen ernst ist, denn ein« Kundgebungsschwalbe macht noch keinen EinheitS- frontsommcr! Vie Abendfeier w Schon ab Samstag mittag begann der Zustrom der Jugendlichen nach Bensen. Fast alle sind sie arbeitslos: aber mit unglaublichem Opfermut sind sie zum Jugendtag gekommen. Es dauerte gar nicht lang«, da stand die kleine Stadt am Polzen im Zeichen des sozialdemokrasischen JugendtageS. r Nach eimm imposanten Festzug fand am Fest« dlatz eine eindrucksvolleAbendfeierstatt,Zählte der Festzug schon an tausend Teilnehmer, bei der Abendfeier selbst waren mindesten» doppelt soviel— Der Bürgermeister von Bensen. Genosse R e h n«l t, begrüßte für die Stadt Bensen den Jugendtag.— Den Höhepunkt der Abendfeier bildete ein Fest» Iviel. das von den Ortsgruppen Letschen. Bodenbach and Krochwitz und von Abordnungen aller Bezirkt des «anzen Kreisgebietes bestritten wurde, und in welchem der Sinn des Spiele»— der Sieg der sozialistischen Idee über die llnvernunft— in Sprechchor. Musik. Gesang, Beleuchtung und Bewegung dargestellt wurde. - Vie Morgenfeier Sonntag früh setzte«in neuer Zustrom Jugendlichen und Parteigenosien nach Bensen Frühzeitig herrschte am Festplatz, dem schönen «roßen Sportplatz der Bensener Lrbeiterturner. rege» Leben und Treiben, in desien Mittelpunk ein Appell und Wettkämpfe der SIS standen. Schon am frühen Morgen spürt« und sah man, baß dieser Jugendtag groß und wuchtig werden wird. Dar hat sich dann auch gleich bei der Morgenfeier ««zeigt, dir im städtischen Kino in Bensen ftattfand. Zweimal war das Kino bi» bart an die Grenze der Zulässigen überfüllt. 0 Die Höhepunkte des Festes bildeten der mehr «Is dreitausend Teilnehmer um fastende Demonstrationszug und die Kundgebung am Marktplatz, an der- mehr als 4000 Teilnehmer gezählt wurden. Hunderte von Arbeiterkindern zogen dem Festzug voraus, hunderte Radfahrer folgten. Lange, lange dauerte der Zug der Sozialistischen Jugend, ihnen schlosten sich die Jugendordner und
Hohes Exportaktlvum gegenüber Oesterreich Wien . In den Monaten Jänner bis Juli dieses Jahres ergab sich gegenüber der Tschecho- slolvakei ein Einfuhrüberschuß von 46.2 Millionen Schilling.
Aufbruch der Roten Düsend Kreisjugendtag der Sozialistischen Jugend In Bensen— eine Massenkund« sebung der Sozialdemokratie/ Die kommunistischen Arbeiter schlleBen sich an/ Die Abgeordneten KBgier undJaksch sprechen zur Jugend
Lady Simon als Kronzeugin London . Der Londoner Berichterstatter de» „Le Matin" macht in Kommentierung der Unterredung Mussolinis mit dem Korrespondenten des Blattes„Daily Marl" darauf aufmerksam, daß sich unter den Dokumenten, welche die italienische Delegaticm in Genf vorlegen wird, auch ein Werk der L a d y S i m o n, der Gattin des ehemaligen Außenministers Simon, befindet, die bereits seit einigen Jahren gegen die Sklaverei kämpfe und in ihrem Buche all« Dokumente gesammelt hat, die bezeugen, daß in Abessinien bi- jetzt die Sklaverei noch in Blüte steht. Ihrem Buch« komme um so größere Wichtigkeit zu, weil die Autorin zu allen amtlichen Informationsquellen Großbritanniens Zutritt hatte.
Hot an Kunstfett Unter dem Titel„Das undurchführbare Margarinegesetz" veröffentlicht Genosse Franz Svoj» e in der„Konsumgenostenschaft" einen Artikel, dem wir folgendes entnehmen: Die Not an Kunstfett ist heute nicht mehr nur „drohend", sie ist vielfach bereits Tatsache gewor den. Es ist die dringende Aufgabe der Regierung, durch geeignete Maßnahmen rasch zu helfen. In der verflossenen Woche hat sich die Lage wieder verschärft. Eine Reihe von Margarineerzeugern, di« Produktionsquoten zugewiesen erhielten, er klärten, nichts mehr liefern zu können, andere tei len wieder mit, daß sie sich bemühen werden,„im Rahmen der Möglichkeit zu liefern". Die Ver braucher sind also der Laune dieser Erzeuger aus gesetzt. Dieser Zustand ist unhalwar. Es muß fest gehalten werden, daß unter den gegebenen Ver hältnissen eine gerechte Verteilung im Rahmen der eingeschränkten Produktion einfach unmöglich ist. Die Äersorgung der Bevölkerung darf nicht von Launen oder Möglichkeftrn der Erzeuger abhängig I Die Ursachen dieses schrecklichen Familiendramas sein. Mangels genauer Verterlungsvorschriften ist| sind noch nicht aufgeklärt.
Menschen auf Korridoren Bon Arnold Heilbut. Schon in unserer Jugend hat ein, Korridor eine Rolle in unserem Leben gespielt. Ihr wer, det es doch noch wissen? Hat nicht jeder einmal in der Schule auf dem Korridor gestanden I „Rausgestellt" vom Lehrer wegen irgendeiner steinen Lausbüberei. Da stand man dann während der Stunde mit klopfendem Herzen, schuldbewußt und vielleicht auch reumütig. Und wenn Man auch eine noch so trotzige Miene aufsehte: man schämte sich doch. Man zitterte, wenn der Rektor durch den Gang kam. duckte sich unter dem strafenden Blick au» funkelnden Brillengläsern, und die Augen suchten den Boden. Da hat sich hum erstenmal ein langer, zugiger Korridor, in bem die Schritte hallen, in dunklen Winkeln Anast ü"d Schrecken lauern, unserem Gemüt eingeprägt und die Seele bedrückt. So ein Korridor, öder, langer Gang mit blinden Fenstern, düsteren Winkeln und trübbrennenden Lampen hat dann weiter in unserem Leben eine Rolle gespielt. In solchen Räumen sind wir mit klopfendem Herzen zur ersten Musterung angetreten, damals, in jungen Jahren. Und «» war ein Abschnitt in unserem Dasein. In
unserer fröhlichen Unbekümmertheit, die selbst einer ernsten Stunde noch eine heitere Seite abzugewinnen wußte, hat da die Oertlichkeit wohl keinen allzugroßen Eindruck auf uns gemacht. Jahre später, viele von uns waren schon zum Manne gereift, standen wir wieder in diesen Gängen. Mit ernsten, blassen Gesichtern und bedrückter Seele. Wieder waren diese Korridore der Ausgangspunkt einer Wende in unserem Leben. Aber auch da» ist fortgefegt aus unserer Erinnerung. Ausgelöscht durch andere Eindrücke, untergegangen in den vielen schreckensvollen, erschütternden Bildern grausigen Erlebens. Die Jahre sind dahingegangen. Wieder sitzen Menschen in Korridoren. Biele Stunden lang. Sitzen da mit Gesichtern, in denen Not, Kummer und Entbehrung deutliche Spuren gezeichnet baden. Mit Augen, die trübe, matt, von großer Hoffnungslosigkeit sprechen. Eng aneinandergedrückt auf den wenigen Bänken hocken sie. Die einen, stumm, vergrämt in sich gekehrt und schamvoll. Andere, voller eindringlicher Beredsamkeit, mit grimmigem Humor, in den sie sich vor der Verzweiflung geflüchtet haben. Alle stumpf, ergeben in ein unabwendbares Schicksal — hoffnungsarm. Nur wenige zeigen eine zuversichtliche Miene. Das sind die Neuen, die noch nicht zermürbt sind von vielen vergeblichen Gesuchen und dem ewigen endlosen Warten. Aber
alle Blicke richten sich auf die Tür, hinter der sich ihr Schicksal entscheiden soll. Das Warten, das Bangen, die Ungewißheit zerrt an ihren Nerven. Ihre Augen werden stumpf und scheu. Wenn dann endlich ihre Nummer aufgerufen wird, wenn sie den kahlen Amtsrawn betreten, vor dem Pult des Beamten sitzen, seine sachlichen Fragen beantworten sollen, dann werden sie sich erst recht bewußt, was das Schicksal aus ihnen gemacht hat. Menschen, die in Korridoren sitzen, heute, morgen und nächste Woche. Und immer bleiben sie die Hoffnungslosen. Und wieder Korridore. Nicht so dunkel und trübe. Sie sind hell, luftig und sauber. Not und Elend macht sich nicht bemerkbar. Aber auch hier sitzen die Menschen in Angst und Sorgen— und was weit schlimmer ist— in Hatz. Sie alle sind mehr oder weniger mit Kummer beladen, aber sie beschweren sich dieses bittere Dasein noch mit Streit, um lächerliche Bagatellen manchmal. Man sollte meinen, ihre Nöte mützten sie vollauf in Anspruch nehmen. Sie aber finden noch Lust, sich zu zanken. Da sitzen sie auf den Bänken, streifen sich mit haßerfüllten Blicken, sind geschwollen vor Gift und Galle und warten darauf, d-m anderen zu schaden, ihn zu vernichten. Auch sie starren auf die Türen, die einen ängstlich bedrückt, mit bangen Herzen. Die anderen zuversichtlich, kainpfbereit, gewitzigt. Sie brauchten sich 1
nur ein gutes Wort« zu gönnen— es ließe sich vielleicht alles gütlich schlichten, man brauchte sich nicht zu kränken, zu schmähen, man könnte Geld sparen. Aber nein, blinder Haß frißt die Vernunft. • Tag ein. Tag aus sind die Gerichtskorridore gefüllt von Menschen, die ihr Recht suchen, die den Schutz der Gesetze anrufen. Die Korridore werden nicht leer. Und dann sind da dunfle Gänge hinter Gittern und Türen aus Stahl. Riegel und Schlüssel klirren. Schritte hallen auf blanken Steinfliesen. Menschen kommen daher, bleich, mit müden schweren Schritten. Ihr trübes Auge gleitet über die Gitter. Ein Schlüssel klirrt, Riegel schnappen mit klickendem Geräusch. Eine Tür fällt hinter ihnen ins Schloß, dumpf, schwer und unbarmherzig. Die Welt versinkt aus lange, auf kurze Zeit. Bis die Stunde kommt, da sie wieder über diese Korridore gehen, mit dem schweren, lastenden Druck auf der Seele, dem Druck dieser tödlichen, einsamen Tage und Wochen, Monate und Jahre, dieser grauen, qualvollen Stunden und schlaflosen Nächte. Dann haftet die Erinnerung an den Korridor lange, sehr lange. Unauslöschlich. Sie schleicht sich in alle Gedanken, in alle Träume und hüllt den Menschen ein in ihre öde. graue Trostlosigkeit.