vx.21Ü Sonntag, 8. September 1938 "Tritt 5 Die dänische Arbeiterregierung im Kampf Säuglingssterblichkeit Tie Deut scheJugendfür sorge teilt uns aus ihren statistischen Aufzeichnungen folgende Daten mit: Durch intensive Arbeit ist es gelungen, die Säuglingssterblichkeit in unserem Arbeitsgebiete auf 11.35 Prozent herabzumin­dern. Doch das ist nur der Durchschnitt. Während er heute schon viele Bezirke gibt, in denen die Säuglingssterblichkeit bei 6 7 Prozent liegt (Asch, Gablonz  , Grulich, Königinhof, Kratzau  , Tannwald  , Tepl  ), gibt es auch noch Gebiete wo sie 15 bis 18 Prozent beträgt(Hostau, Kaaden  , Kaplitz  , Rokitnitz  , Podersam, Marschendorf, Brüx  ). Bor 2V Jahren starb jeder 5. Säugling. Heute sterben in den einen Gebieten von 16 bis 17 Kindern nur noch eines, in den anderen aber jedes 67. Hier liegt noch weite Arbeit vor uns. Das unerhörte Elend, das unter den Kindern herrscht, muh auch hier gemildert werden. Die Deutsche Jugendfürsorge arbeitet mit größter An­strengung. Immer schwerer fällt es ihr, die fich ständig vergrößernden Ausgaben mit den verrin­gerten Einnahmen in Einklang zu bringen. Aber gerade heute darf die Jugendfürsorge ihr Arbeits­gebiet nicht einschränken und es mit einer Schutz­arbeit genug sein lassen, wie sie durch die Inter­esselosigkeit weiter Kreise bedingt wäre. Mögen obige Zahlen vielen die Augen öffnen über das, was das Wirken einer gut organisierten Jugend­fürsorge für die Zukunft bedeutet. Jubiläum des ersten tschechischen TagblatteS in Amerika  . Am 8. Oktober jährt sich zum 60. Male der Tag, an welchem in Chicago   die erste Nummer der von August Geringer begründeten TageszeitungSvornost" erschien. Das Blatt kämpfte für den Fortschritt und stärkte das Bolks- bewußtsein der in Amerika   lebenden Tschechen  . Bei AuSbruch des Weltkrieges stellte es sich in die Dienst« der tschechoslowakischen Selbständigkeits­bewegung. Acht Matrosen vermißt. Der Hamburger  Motorsegler»F l o t t b e ck", der der Reederei Tieren in Altona   gehört, geriet auf der Fahrt von Danzig   nach Riga   in der Nacht zmn Freitag an der Küste bei Palmnicken   in einen Sturm und kenterte. Die Besatzung betrug elf Mann. Der Kapitän und zwei Mann konnten sich in einem Rettungsboot retten, während die anderen acht Mann, die ebenfalls ein Rettungsboot be­stiegen hatten, bisher vermißt werden. Wahr­scheinlich sind sie ertrunken. Bei einem Autounfall bei Innsbruck   ist der albanische Generalkonsul in Bukarest   schwer ver­letzt worden. Der Generalkonsul befand fich auf der Reise nach Hall in Tirol. Sein Auto wollte einem löjähr. Radfahrer ausweichen. Infolge des scharfen MbremsxnS des MageyZ drehte, sich dieser um seine Achse und wurde gegen einen Baum geschleudert. Der Radfahrer und drei In­sassen des Autos, darunter der Generalkonsul er­litten schwere Verletzungen. PariS  Algier   und retour 1« zehn Stunden. Der französische   Flieger Mermoz   führte am Freitag einen Schnellslug ParisAlgierParis aus. Mermoz startete Freitag um 7.45 Uhr in Le Bourget und legte di« 1470 Km. lange Strecke nach Algier   in vier Stunden und fünf Minuten zurück. Nach 20 Minuten Aufenthalt in Algier  startete der Flieger zum Rückflug. Er landete am selben Tag gegen 17.46 Uhr wieder in Le Bourget. Tolstoi-Ausstellung. Die Leningrader öffent­liche Bibliothek bereitet eine große Ausstellung vor, die dem Todestage des berühmten Schrift­stellers Leo Tolstoi  (20. November 1910) ge­widmet ist. Auf der Ausstellung werden zahlreiche Brief«, Autographen, Erstausgaben von Werken Tolstois, Werke, die in den Sprachen der Völker der Sowjetunion   erschienen sind, Uebersetzungen in ausländischen Sprachen ufw. sowie eine Hand­schrift Leo Tolstois»Was ist Kunst?" zu sehen sein. KrkegSarchiv der Morganbank beschlagnahmt. In Verfolg dies Beschlusses der Senatskommission zur Untersuchung der Rüstungen und im Einver­nehmen mit der britischen und der französischen   Re­gierung hat das Staatsdepartement der Bereinigten Staaten ein Lastauw beschlagnahmt, auf welchem sich das Archiv der Morgan-Bank   befand. DieseS Archiv enthält Dokument« betreffend die Finanz- Transaktionen dieser amerikanischen   Hauptbank während deS Weltkrieges vom Jahre 1914 bis zum Jahre 1917 für beide Regierungen, nämlich die französisch« und die britische Regierung. Hamburg  . Ucber der Nordsee   und dem gan­zen norddeutschen Küstengebiete herrschte Freitag nachmittags und abends überaus stürmischer Nordwestwind,, der die See aufpeitschte und riesige Wassermengen in die Elbe hineintrieb. Mittlere und kleinere Schiffe sotyie die Fischerfahrzeuge mußten sofort Schuhhäfen aufsuchen. Gegen 22 Uhr wurde dann auf der Unter- Elbe em Stader Ausflugsdampfer mit 290 Aus- flüglern an Bord, darunter 250 Schulkindern, von der Sturmflut auf die übersOvemmten Bor­ländereien an der Pinnau-Mündung getrieben, wo er auflief. Der Dampfer befand sich auf der Rückfahrt nach Uetersen  . Feuerwehr mit Schein­werfern machte sich sofort an die Bergungsarbei­ten. Auch alle Doots- und Motorbootsbesitzer Kopenhagen, im August. Die Regierung S t a u n i n g, die sich auf eine Mehrheit von Sozialdemokraten und Radi­kalen, einer Kleinbauernpartei, stützt, ist nunmehr das sechste Jahr im Amt. Die dänische Arbeiter­und Bauernregierung ist somit die älteste und stabilste Regierung in Europa  . Die sechs Jahre ihrer Amtszeit waren einer intensiven Be­kämpfung der dänischen Wirtschaftskrise gewid­met und die Erfolge dieser Arbeit: Abstieg der Arbeitslosigkeit von 43.5 Prozent im Jänner 1933 auf rund 15 Prozent gegenwärtig. Stei­gerung der Rentabilität der dänischen Landwirt­schaft, die 1931/32 noch negativ war, auf 3.5 Prozent für 1933/34, haben sich für die Regie­rungsparteien, vor allem die Sozialdemokratie, günstig ausgewirkt. Die Partei hat nicht nur bei den Reichstagswahlen von 1932 nach dreijähriger Regierungsführung gesiegt, sondern auch nach fast sechsjähriger Amtszeit bei den letzten Bezirks­wahlen, wobei auch ihr organisatorischer Kader in ständigem Aufstieg begriffen ist. Seit dem An­tritt der Regierung Stauning ist die Mitglieder­zahl der Sozialdemokratie von rund 165.000 Mitgliedern auf rund 195.000 gestiegen, also um fast 20 Prozent, und dies vor allem auf dem flachen Lande. Dänemark   hat in diesen Jahren in seinem innerpolitischen Leben eine durchaus ruhige und stetige politische Periode erlebt und erst die aller­jüngste Zeit zeigt Anzeigen einer lebhafteren po­litischen Bewegung, die wohl hauptsächlich als Vorbote des Wahlkampfes im nächsten Jahr auf- zufaffen ist. Die politische Beunruhigung der letz­ten Wochen, die auch im Ausland aufgefallen ist, geht von der sogenannten L. S.(Bauern-Ver- einigung) aus, einer sich für politisch neutral ausgebenden agrarischen Vereinigung, die jedoch ganz deutliche nazistische und fascistische Tenden­zen aufweist. Die L. S., die schon seit einigen Jahren unter der Bauernschaft Dänemarks   eine sehr rege Agitation entfaltet hat, steht völlig unter der Führung" aristokratischer und Großgrundbesitz­elemente, denen die Regierung Stauning, also eine Regierung von Arbeitern und Kleinbauern, ein Dorn im Auge ist. Obwohl offiziell unpoli­tisch, so besteht heute, besonders nach dem Her­vortreten der L. S. durch den sogenannten Bauernzug" nach Kopenhagen   in den letzten Tagen des vergangenen Monats, gar kein Zwei­fel, daß die L. S., in deren Reihen sich gewiß auch kleinbäuerliche Elemente vorfinden, restlos unter dem Einfluß des dänischen Großgrund­besitzes steht, welcher mit der Politik der däni­schen Regierung, die auf den Ausgleich der In« tereffen sowohl zwischen den Kleinbauern und Grundbesitzern wie zwischen den einzelnen Pro­duktionszweigen der Landwirtschaft- und schließ­lich zwischen den Interessen der landwirtschaft­lichen Produzenten und der Konsumenten gerichtet ist, unzufrieden ist. Es ist selbstverständlich, daß in Dänemark  , dessen Hauptexportindustrie eben die Landwirt­schaft ist, das agrarische Krisenproblem an erster Stelle der Sorge der Regierung und des Inter­esses der Oeffentlichkeit steht. Und ebenso schwer wie in anderen Ländern» ja durch die speziellen Berhältniffe noch verschärft, ist es für die Re­gierung, den notwendigen Ausgleich zwischen den Interessen der einzelnen Zweige der Landwirt­schaft und den Konsumenten zu finden. Die dä­nische Arbeiter« und Kleinbauernregierung hat selbswerständlich nicht nur gerade den landwirt­schaftlichen Problemen das Hauptaugenmerk zu­gewandt, sondern sich auch ebenso wenig wie die anderen ftandinavischen Arbeiterregierungen da­vor gescheut, den Konsumenten, also vor allem^ der industriellen Arbeiterschaft, im Interesse der Kaufkrafthebung der Landwirtschaft nicht unbe­deutende.Opfer aufzuerlegen. Sie konnte dies um so leichter, weil gerade in der Arbeiterschaft trotz eigener Krisennöt das Verständnis für eine solidarische Haltung gegenüber den Bauern im eigenen wohlverstandenen Interesse vorhanden ist. Die dänische Regierung hat in weit stärke­rem Maße als es in den anderen ftandinavischen Staaten der Fall war, die Währung debalviert, um auf dem englischen Markte, dem Hauptabsatz­markt Dänemarks  , konkurrenzfähig zu bleiben. Sie hat eine engmaschige Regelung der Schweine«, Rinder-, Zucker- und Kartoffelmehrproduktion durchgeführt. ES ist nicht ihre Schuld, wenn durch die intransigente Haltung der sogenannten Bauern-Linken" das Getreideabgabegesetz ge ­stellten sich mit ihren Fahrzeugen trotz de- Unwet­ters zur Verfügung. Den vereinten angestreng­ten Bemühungen gelang eS, diese- schwierige Ber« gungSwerk zum glücklichen Ende zu führen und sämtliche Fahrgäste, in erster Reihe die Kinder, an Land zu bringen oder mit Booten abzufahren. Die Kinder, die nicht auSgebootet wurden, muß­ten von ihren Rettern, denen das Wasser stellen­weise bis an den Hals reichte, durch die weithin überschwemmten Ländereien getragen und in Sicherheit gebracht werden. Die Hamburger   Dampfer.PrimuS" und .Derfin", die den Frachtverkehr zwischen Ham­ burg   und Harburg   versehen, wurden gleichfalls vom Sturm in Mitleidenschaft gezogen. fallen ist und die längste Zeit keine Regelung auf dem Butter- und Getreidemarkt stattfinden konnte. Im Interesse des Ausgleiches der ver­schiedenen Interessen konnte die Regierung Stau­ning nicht einer Getreideregelung zustimmen, die sowohl die städtischen Konsumenten, wie auch die Biehbauern, die noch dazu vorwiegend Klein­bauern sind, in einem untragbaren Maße belasten würde. Gerade dies aber ist das Ziel der Groß­grundbesitz-Elemente in der L. S. Die For­derungen dieser Großbauern gehen nach einem nach eigener Terminologieangemessenen" Produktionspreis. Nun ist die Lage auf dem dänischen Marfte so, daß der Preis für eines der Hauptexportprodukte nach England, dem däni­schenbeacon", ganz ausgezeichnet ist, weniger beftiedigend jedoch ist die Preislage für Butter und Getreide. Es ist eine Erfahrung wohl in allen Ländern, die eine planwirtschaftliche Preis« regelung landwirtschaftlicher Produfte versucht hocken, daß eine Barriere zu überwinden ist, und das ist die Abhängigkeit von der Preisgestaltung auf dem Weltmarkt. Speziell in solchen Ländern, die wie Dänemark   vorwiegend auf Export­produktion eingestellt sind. Die Regierung leugnet keineswegs die unbefriedigende Lage auf dem Butter« und Getreidemarkt, im Gegenteil, sie zeigt sich an einer Abhilfe außerordentlich interessiert. Aber eS ist für sie als eine Regierung, die sich auf die breiten Massen der Arbeiter und Klein­bauern stützt, unmöglich, auf die phantastischen und die Kaufkraft eben dieser breiten Massen zerstörenden Forderungen der L. S.«einzugehen. Was die L. S. fordert, das ist nicht nur eine geradezu irrsinnige Erhöhung der Preise, sondern auch eine Beseitigung der Export- und Jknpört- kontrolle und eine neuerliche Devalvation der dänischen Krone, die einer Inflation gleichkomr.it. Die dänische Regierung hat«ine Devalva­tion durchgeführt, aber sie ist nicht bereit, eine zweite durchzuführen, die nicht nur eine un­natürliche und ungerechte Belastung der breiten Käuferschichten im Land wäre, sondern auch für die Industrie, deren Rohstoffe eine weitere Ver­teuerung erführen, katastrophale Folgen hätte und überdies auch handelspolitisch hon ver­heerender Wirkung wäre. Ein Preisdumping auf dem englischen Markte würde den entschiedensten Widerstand zur Folge haben und Dänemark   hat heute bereits auf dem englischen Martt zur Ge­nüge zu kämpfen. Gerade die Inflation ist aber zur Hauptforderung der L. S. geworden. Der Widerstand der Regierung mußte sich aber nicht nur gegen den Inhalt der Forderungen richten, sondern auch gegen die Form, in der es die aristokratischen Führerelemente der L. S. für notwendig befunden haben, sie anzumelden. Die L. S. hat jenen famosenBauernzug" nach Ko­ penhagen   veranstaltet, um dem König eine Adresse mit Forderungen zu überreichen. Sie hat sich dabei nicht gescheut, die Krone in eine recht peinliche Situation zu bringen. Es war ja selbstverständlich, daß König Christian keine an­dere Antwort geben konnte, als mit einem Hin­weis auf seine Eigenschaft als konstitutiv- neller Monarch die Petenten an den Staats mini st er Stauning und die po- lftischen Parteien zu verweisen. Das an­maßende und arrogante Auftreten der aristokra­tischen Großgrundbesitzer gegenüber dem Arbeiter­führer Stauning ist von diesem mit der ihm eigenen Mischung von Ironie und Festigkeit zu­rückgewiesen worden, und zwar in einer Weise, die durchaus den Herren die Macht der Demokra­tie in Dänemark   zum Bewußtsein kommen ließ. Daß es Stauning nicht abgelehnt hat, Forderun­gen der Bauernschaft, deren Berechtigung die Re­gierung auch ohne und schon vor der L. S. er­kannt hat, entgegenzukommen. ist selbst­verständlich. Die L. S. hat nun bereits mehrere Male ge­wisse Ultimaten an die Regierung gestellt und mit Maßnahmen" gedroht. Dabei blieb man aller­dings im allgemeinen recht unklar, worin diese Maßnahmen bestehen sollten. So sprach man von einem Produktionsstreik, was zur Folge hatte, die englische Oeffentlichkeit, welche die un­gestörte Zufuhr nach England bedroht sah, auf­zuregen und damit die Lage auf dem englischen Marfte noch zu erschweren, dann von einen, Milchstreik", und schließlich wurde das Projekt eines Angriffs auf di« dänische Währung ulti­mativ vorgebracht. Bor einigen Tagen trat der Wirtschaftsausschuß" der L. S. zusammen und beschloß, daßdieLand wirtschaft sich zumHerrn über ihre Export­valuta machen werde". Ueber die Or­ganisation dieses Vorganges wurde verlautet, daß die nun üblichen Zehntagewechsel für den Export landwirtschaftlicher Produkte Dreimonatewech­seln weichen sollen. Scheinbar glaubt man damit eine künstliche Knappheit an ausländischer Valuta schaffen und damit einen Druck auf die Regierung ausüben zu können. Könnte die L. S. sämtliche Firyien und Organisationen dazu bewegen, ihre Weisung einzuhalten» so würde die- tatsächlich eine Verminderung des Einganges an ausländi­schen Zahlungsmitteln in den nächsten drei Mo­naten von rund 100 bis 150 Millionen dänischer Kronen bedeuten. So kindisch und lächerlich dieser Plan ist, so hat er dadurch, daß er die primitiv egoistischen Ziele des Großgrundbesitzes enthüllte, einen Sturm der Entrüstung auf eigentlich allen poli­tischen Seiten ausgelöst. Auf der Rechten, wo !män naturgemäß der L. S. gewisse Sympathien I entgegengebracht hat, rückt man kräftig ab, auch Rat und Belehrung finden unsere Gemeindevertreter in reichem Maße in der Freien Gemeinde Redaktion und Verwaltung. Prag   XII., Fochova 62/V. die»Liyke", sonst eine sehr intransigent« Ver­fechterin agrarischer Interessen oder besser gesagt vermeintlicher Interessen, bekam die Nase voll, während die Sozialdemokratie und die radikale Kleinbauernpartei die angekündigte Valutaaktion der Großgrundbesitzer als Verrat am Staat und als direkten Angriff gegen die De- mokratieund dieJnteressen der arbeiten de nKlassenDänemarks au ff aßt. Hat es noch in den Tagen des Kopen­hagenerBauernzuges", der ja schon dadurch einen merkwürdigen Einschlag bekam, daß gerade an diesen Tagen die Kopenhagener Luxushotels und Vergnügungslokale von einer besonderen Masse von Provinzgästen überfüllt waren, bei jenen politischen Gruppen, die der Regierung oppositionell gegenüberstehen, Stimmen gegeben, die den nazistischen Charakter der L. S.-Führung nicht sehen wollten oder zu übersehen gedachten, so ist heute die Empörung allgemein und die L. S. hat genau das Gegenteil von dem erreicht, was sie beabsichtigt hat. Sie hat sich anstatt die Regierung isoliert und die Stellung Stau- nings anstatt geschwächt nur gestärft. Der Start zur Wahlkampagne für die Regierung ist also von ihren Gegnern ganz ausgezeichnet vorbereitet worden. Und die politische Gefahr, daß die L. S. imstande sein könnte, indifferente Schichten mitzureißen, ist auf ein Minimum herabgesunken. Das Schicksal der L. S. ist jedenfalls ein warnen­des Beispiel übersteigerten agrarischen Macht­dünkels. P. M. Wüstenbildung in Amerika  AP. Wir wissen heute, daß große Landstriche der Sahara   zur Römerzeit blühende Gebiete mit umfangreichen Siedlungen, ja großen Städten gewesen sind. Aehnlich ist«S nach den Erkundun­gen von Sven Hodin in Teilen von Tibet  , in der Umgebung des Lop-nor. Auch in Griechenland  gibt es solche Gegenden. Derselbe Vorgang der Versteppung" und Wüstenbildung vollzieht sich heute vor unseren Augen in Teilen von Nord­ amerika  . Wie kommt das?» Die Natur duldet nicht, daß der Mensch stn Umkreis seiner Siedlungen hemmungslos Wälder auörodet und den Baden der ihn schützenden Grasdecke beraubt. Rücksichtslose Abholzung bringt Abnahme der Niederschläge mit sich, Verwandlung von Weideland in Ackerland gibt in Zeiten gro­ßer Dürre den ausgetrockneten Boden den Sturm­winden Preis, die ihn Hochwirbeln und forttragen. Mehr und mehr mangelt es dann an der porösen Erdschicht, die die Niederschläge auf- und das Grundwasser hochzusäugen hat. Die Niederschläge speisen dafür die Flüsse, es wächst die Hochwas­sergefahr. Das Grundwasser sinkt, bis die Wur­zeln der Bäume es nicht mehr einholen können. Um so mehr ist die Erdoberfläche den Sonnen­strahlen ausgesetzt. So erklärt sich die Furchtbar­keit der Dürre sowie der Sand- und Staub­ftürme, die die Prärienprovinzen Amerikas   und auch Kanadas   in den letzten Jahren heimgesucht haben. In diesem Jahre wurden besonders Kan­ sas  , Nebraska  , Wyoming  , Nord  « und Süd- Dakota  , Colorado  , Iowa   und Missouri  , sowie Oklcchoma und Texas  , insgesamt eine Fläche von 750.000 Quadraftilometer heimgesucht. Die ober­ste Bodendecke wurde in die Luft gehoben, bis die gelben Wolken die Sonne verschleierten. Nichts als grober Kies blieb zurück. Felder und Sied­lungen wurden mit einer Sandschicht überzogen, Brunnen verschüttet, Menschen und Tiere der Er­stickungsgefahr ausgesetzt. Tausende von Farmern geben den Kamps gegen die wachsende Wüste auf. Viele wandern rat« und hoffnungslos in die Städte, andere ver­suchen als Pioniere ihr Glück in noch unerschlosse« ner Wildnis. So geht heute der Zug nach Norden, in die Bufchgebiete. Kundschafter werden voraus­geschickt, und die hohen Planwagen, mit Pferden oder auch mit Rindern bespannt, rollen Ücker die Prärie. Alte und Junge, Männer und Frauen, Mütter mit Kindern an der Brust legen so Hun­derte von Kilometern zurück. So ist auch der Zu­zug von 15.000 Verzweifelten nach Alaska   zu erklären. Das waren keineswegs alles Goldgrä­ber, sondern solche, die neues Acker- und Weide­land suchten. Es hat nicht an Warnungen gefehlt. Man verwies auf das Beispiel Chinas  , man mahnte, keinen Raubbau mit dem Boden zu treiben. Be­sonder- eindringlich hat der damalige Präsident Theodor Roosevelt   auf diese Gefahren hin­gewiesen, aber diese Rufe verhallten ungehört. Schon ist fruchtbares Ackerland im Umfang der Anbaufläche Deutschlands   verwüstet und verödet. Die Absicht von Roosevelt  , zur Rettung de- mitt­leren Westens einen 1000 Meilen langen und 1000 Meilen breiten Baumgürtel von Texas   bis zur kanadischen Grenze zu schaffen, wird schon von Fachleuten für undurchführbar gehalten, weil der Grundwasserspiegel an den meisten Stellen be­reits zu tief liege. Das zeigt die Größe der Ge­fahr, die auch den übrigen Landesteilen droht. 2S0 Kinder in Lebensgefahr Sturm über der Elbe  -Mündung