Nr. 21«
Tonntaft, 18. September 1938
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tfudetendeuisdm Zeitspiegel
Machtvolle Kundgebung in Dux Mr Samstag nachmittags um 4 Uhr hatten die deutsche und die tschechische sozialdemokratische Arbeiterpartei gemenisam mit den tschechischen Nationalsozialisten die Duxer Bevölkerung zu einer öffentlichen Massenkundgebung auf dem Duxer Marktplatz aufgerufen.■ i Um 4 Uhr marschierten in disziplinierter Fcrmation die Teilnehmer auf den Marktplatz ein. Von Jugendlichen wurden Sturmfahnen und die Staatsflagge vorangetragen. Eröffnet wurde die Kundgebung vom Vorsitzenden der tschechischen nationalsozialistischen Partei L o u t e I und Genossen Pichl. Zu den Massen sprachen Genosse Senator Dr. Heller, Abgeordneter Genosse H l a d k h aus Klodno und Redakteur B o l e n aus Prag . Nach den Referaten wurde eine Resolution verlesen und angenommen, in der vor allem scharf gegen die Teuerung Stellung genommen und verlangt wurde, daß sofort ausreichende Hilfsmaßnahmen für die Arbeitslosen ergriffen werden. Diese Resolution wurde nach der Kundgebung dem Bezirkshauptmann übergeben und auch an das Ministerratspräsidium in Prag abgeschickt. Die Kundgebung wurde mit einem markanten Schlutzloort der Genossen D v o t a k und Pichl geschlossen.
Hilgenreiner geht Am 28. und 28. September findet der Parteitag der Deutschen christlichsozialen Volkspartei statt, auf dem vor allem die durch die Wahlniederlage der Partei vom 19. Mai geschaffene Lage besprochen werden wird. Das Resultat ist bereits bekannt, jener Mann, der die größte Verantwortung für die Politik der Partei trägt, Senator Hilgenreiner, wird nicht mehr zum Obmann der Partei gewählt werden. Damit ist die Niederlage des henleinfreundlichen Flügels der christlichsozialen Partei entschieden. Man weiß, daß die christlichsoziale Politik seit dem Aufkommen der Henleinbewegung schwankend gewesen ist und daß in der Partei zwei Flügel miteinander rangen, von denen der von Prof. Hilgenreiner geführte die Zusammenarbeit mit Henlein wollte, während der andere, dessen hervorragendste Vertreter der Abgeordnete Dr. Luschka und der ehemalige Minister Mayer-Harting sind, ein« Politik im Sinne der aktivistischen deutschen Parteien machen wollte. Zunächst siegte der Hilgenreiner-Flügel, weil die Christlichsozialen hofften, durch ein« betont nationalistische Note die Abwanderung ihrer Wähler ins Henlein -Lager zu verhindern. Den Höhepunkt erreichte diese Politik im Jänner dieses Jahres, als kurz nach der Saarabstimmung Hilgenreiner die kommenden Wahlen gleichfalls als eine Art Plebiszit bezeichnete. Auch während der Wahlen hat Hilgenreiner diese Politik vertreten. Das Resultat hat ihm unrecht gegeben. Die Christlichsozialen verloren von ihren elf Mandaten fünf und obwohl Hilgenreiner noch bei der Bildung der Regierung seinen Willen durchsetzen konnte und die Partei offiziell erklärte, nur im Einvernehmen mit der Sudetendeutschen Partei in die Regierung gehen zu können, hat Hil- genreiners Stunde doch geschlagen. Seine Politik gilt als gescheitert und er nimmt seine Wahl zum Rektor als willkommenen Anlaß seine Stellung niedcrzulegen. Als sein Nachfolger gilt Abgeordneter Dr. Luschka.
Unterstützten weist heuer einen ziemlich starken Rückgang— um 1982— auf. Daraus kann geschlossen werden, daß die schwache Besserung der Lage, die sich mancherorts doch bemerkbar macht, mehr in einer regelmäßigeren Beschäftigung einiger Betriebe als in der Aufnahme von neuen Arbeitskräften zu suchen ist. Der Rückgang der zeitweise arbeitslosen Unterstützten zeigt sich besonders bei den Textilarbeitern(1121 Personen). Ein teilweises Bild über die Entwicklung der Lage in den Hauptberufsgruppen zeigt die Anzahl der Arbeitslosen in den Jahren 1833, 1834 und 1838, wo mit Ende August folgende Zahlen ausgewiesen erschienen: Glasindustrie 20.278,17.873,12.884 , Metallindustrie 12.328, 10.044, 10.41«, Holzindustrie 4784, 4381, 4883, Textilindustrie 26.424, 22.376, 21.817, Bauarbeiter 8878, 8804, 10.383, Hilfsarbeiter 20.037, 18.028, 18.642 und Tagarb«iter 8782, 9888, 8048.
Von der deutschen Landjugend lieber tritt einzelner Funktionäre zur SdP— Ein neues Blatt der Landbundjugend Wie die„Sudetendeutschen Pressebriese" melden, ist der Reichsjugendführer der deutschen Landjugend Toni Müller, der schon seit längerer Zeit nicht mehr Mitglied des Bundes der Landjugend war, der Sudetendeutschen Partei beigetreten. Mit ihm haben auch Dr. Robert Hetz und A. Summer ihren Eintritt in die SdP vollzogen. Hetz war bei den letzten Wahlen Spitzenkandidat des B. d. L. im Wahlkreise BudweiS . Um die Organisation der Jugend des Bundes der Landipkrte wieder aufzurichten und zu stärken, erscheint eine neue Zeitschrift„Die deutsche Landjugend", die ein Organ Gustav Hak- kers ist, der e» übernommen hat, die Jugend für den Bund der Landwirte zu organisieren.
Rothau Die Lokalorganisation Rothau unserer Partei teilt uns mit, daß anläßlich des Bezirkstreffens der Sudetendeutschen Partei, welches Sonntag, den 8. September 1988, in Rothau stattfand, der Abgeordnete Wollnerin seiner Festrede unter verschiedenen anderen Beschimpfuirgen gegen di« sozialdemokratische Partei den Borwurf erhob, daß nur di« Sozialdemokraten an der Verschleppung der Rothauer Werke und daran schuld seien, daß di« deutschen Arbeiter um ihre Arbeitsplätze gekommen sind. Mit Recht stellt unsere Rothauer Organisation die Frage, ob«ine solche nichtsnutzige Verleumdung mit dem von Konrad Henlein ausgesprochenen Grundsatz von der Reinheit und Sauberkeit im Kampfe gegen politische Gegner zu vereinbaren sei. Die Arbeiter von Rothau und Umgebung kennen die wirklich Schuldigen, die die Tragödie von Rothau heraufbe- schtooren haben. War Herr Zentraldirektor Doderer vielleicht Mitglied der sozialdemokratischen Partei, oder steht Herr Doderer und di« Aktionäre der Eisenwerke A.-G. Rothau-Neudek der SdP nicht viel näher als der Sozialdemokratie? Hat Herr Doderer Wahlfondsgelder für die Sozialdemokratie oder für die Sudetendeutsche Partei gesammelt? Der Geist der Sudetendeutschcn Partei ist jener, der die Verwüstung des Rothauer Gebietes herbeigeführt hat und daß sich die Rothauer Arbeiter dessen bewußt sind, dafür ist der beste Beweis, daß ihr Kern treu zur Sozialdemokratie steht.
Die Falkenrepublik In Frankreldi In der Prager deutschen Arbeitersendung spricht Mittwoch, den 18. d. M., um 18 Uhr 80 Genosse Franz Lehner t-Graupcn über die Fahrt unserer Falken nach Frankreich und der Schweiz und ihren Aufenthalt in der internationalen Falkenrepublik in Frankreich .
England soll Garantien für Oesterreich übernehmen Offizielle Forderung des französischen Außenministeriums
Paris . Zahlreiche französische Blätter I stellen die Frage, bis zu welchem Maste Sir Samuel Hoare sein in seiner Siede in der Bölker- bundversammlung enthaltenes Versprechen in dir Wirtlichkeit umznsetzrn beabsichtige, daß nämlich England die Prinzipien des Bölkerbundpaktes überall und unter allen Umstän- den zur Geltung bringen wird. Die Blätter stellen die Frage, welchen Standpunkt die britische Regierung einnehmen würde, wenn Oesterreich überfallen würde. An informierten französischen Stülen wird bestätigt, daß daS französische Außenministerium an die britische Negierung diesbezüglich rin präziS lautendes Zirkular gesandt habe. Der„Temp S" spricht den Wunsch auS, England möge im Interesse der Beruhigung ganz Europas seinen Standpunkt präziS srstlegen, und sogt: Bei den Wirren, in welchen sich gegenwärtig die Welt befindet, könnte England keine glücklichere Geste kundgeben als wenn eS seine Solidari-
t ä ta« f E n r o p a(tut i t e r ft würde. Der europäische Friede, ja möglicherweise der Wrltfriede, würde auf diese Weise feste und dauernde Grundlagen erlangen.
Intrigen gegen Tltulescus Wahl? Am Montag wird die Wahl der nichtständigen Ratsmitglieder durch die Völkerbundversammlung erfolgen. ES kandidieren R u m ä n» n i e n, das turnusmäßig den halbständigen RatS- sitz der Kleinen Entente nach Dr. Benes einnehmen soll, Polen und ein südamerikanischer Staat. Die ungarische Delegation entfaltet eine starke Propaganda g e g e n die Wahl des rumänischen Außenministers. Hinter Ungarn soll in diesem Falle auch Deutschland stehen, welches Titulescu eine weithin sichtbare Niederlage bereiten möchte, und zwar nicht nur wegen seiner Außenpolitik im allgemeinen, sondern vor allem wegen seiner Rußlandpolitik,
Die Arbeitslosigkeit In Nordböhmen Starker Einfluß öffentlicher Arbeiten In den 47 Bezirksanstalten für Arbeitsvermittlung in Nordböhmen wurden im August 14.401 ArbeitS- und Dienststellen und 142.076 Beiverber und Bewerberinnen gemeldet, wobei 12.663 Vermittlungen erzielt wurden. In den Vermittlungserfolgen erscheinen die Erfolge der Unterbringung von Hopfenpflückern nicht eingetragen. Die Anzahl der gänzlichen Arbeitslosen ist im August von 114.117 auf 118.043, also um 1074, d. i. um 0.94 Prozent gesunken, wogegen im Vorjahre eine Erhöhung um 610 auf 116.362 festgestellt werden konnte. Einen bedeutenden Einfluß auf die Entwicklung der Lage am Arbeitsmarkte haben heuer die öffentlichenArbeiten gehabt. In Nordböhmen wurden im August 182 Not» standsarbeiten, d. h. Arbeiten, für welche daS Ministerium für soziale Fürsorge Beiträge auS dem Titel der produktiven Arbeitslosenfürsorge bewilligte, durchgeführt, bei denen'6100 Personen Arbeit gefunden haben und 72 Invest i t i o n S a r b e i t e n, bei denen 2483 Personen beschäftigt waren. Im ganzen wurden Heuer für Nordböhmen schon Beiträge für 386 Arbeiten im Betrage von 13,318.770 Xö bewilligt. Bei diesen Arbeiten sollten 17.695 Personen Beschäftigung finden. Den durch die Gewerkschaften ausgezahlten Staatszuschuß zur Unterstützung Arbeitsloser erhielten 28.278 gänzlich und 18.806 zeitweise Arbeitslose. Di« Zahl der zeitweise arbeitslosen
Abessinisches Wetterhäuschen Di« Ungewöhnlich lang« Regenzeit in Abessinien zwingt M«ss»lini, de« geplanten Raubzug«ach ei» wenig zu verschieben.
Regen bringt Frieden— Sonne bringt Krieg
Die militärische Sicherung Aegyptens Kairo. Nach offizieller Mitteilung fanden Besprechungen zwischen Ministerpräsident Nessim Pascha und Vizeadmiral ForbeS, dem Kommandanten der in Alexandrien stationierten englischen Flotte über Maßnahmen zum Schutze Aegyptens im Falle eines italienisch-abessinischen Krieges statt. ForbeS versicherte dem Ministerpräsidenten, daß die englische Regierung bereit sei, die Verteidigung Aegyptens sicherzustellen. Der Admiral erklärte, daß alle Maßnahmen zur Sicherung Aegyptens zur See und in der Lust getroffen seien. Jedem unvorhergesehenen politischen Ereignis sei borgebeugt worden. Keinem feindlichen Schiff oder Flugzeug sei es mehr möglich, Aegyp ten zu erreichen.
Schlecht maskierter Rückzug... DaS Deutsche Nachrichtenbüro Hatte am Freitag aus der Rede des Propaganda-Ministers Dr. Goebbels über Sowjetrußland ausdrücklich folgende zwei Sätze zitiert:„Die ganze Sowjetregierung ist auf das Niveau einer Verbrecher-Organisation Herabgesunken". „Die einzige Möglichkeit, durch die die Gefahr abgewendet werden könnte, wäre eine gemeinsame Aktion aller Mächte.* Am Samstag abend veröffentlicht nun das Deutsche Nachrichtenbüro eine Berichtigung, in der es heißt, daß infolge eines„technischen Versehens* bei der Funkdurchgabe«in „Fehler* unterlaufen sei: Dr. Goebbels habe in Wirklichkeit die beiden obangeführten Sähe aus einer englischen Zusammenstellung von Berichten über den Bolschewismus in Rußland zitiert.
Line magere Satisfaktion Washington.(TNB.) Staatssekretär H u I l drückte dem deutschen Geschäftsträger im Staatsdepartement das Bedauern der amerikanischen Regierung über das Urteil des Richters Brodsky im Prozeß wegen der kommunistischen Ausschreitungen gegen die„Bremen * aus. Der Staatssekretär fügte hinzu, daß Brodskys Ausführungen keineswegs die amtliche Haltung der amerikanischen Regierung darstellten.
Auf falschem Geleise... Genosse Hampl zur Einheitsfront Im Prävo Lidu" befaßt sich der Vorsitzende der tschechischen Bruderpartei Genosse Hampl an leitender Stelle unter dem Titel„Diskussion auf dem unrichtigen Geleise* mit her kommunistischen EinhesiSfrontpropaganda. Hampl gibt zu, daß die Parole des gemeinsamen Vorgehens von allen Angehörigen der arbeitenden Schichten sympathisch aufgenommen werden muß. Trotzdem müssen wir sagen, erklärt Hampl, daß die Diskussion sich auf einem falschen G« leis e bewegt. Es geht nicht ukn die Frage der Nützlichkeit eines gemeinsamen Vorgehens— die ist offensichtlich— sondern darum, ob auch schon die politischen und psychologischen Voraussetzungen in der kommunistischen Partei gegeben sind. Es ist nicht unsere Schuld, wenn wir behaupten müssen, daß wir diese Voraussetzungen noch nicht sehen, weder bei den Führern der KPE, noch in den Reihen ihrer Anhänger, die mehr als ein Jahrzehnt hindurch zum Haß gegen die Sozialdemokratie erzogen wurden. In den grundlegenden Gesichtspunkten hat die kommunistische Partei au dem Verhältnis zu den übrigen Parteien und zur Innenpolitik nichts geändert... Daher kann man ein gemeinsames Vorgehen nicht durch mechanische Mittel in die Wege leiten. Auch was die aktive Mitarbeit an v e r a n t w o r t u n g s v o l l e r A rb e it betrifft, ist der Standpunkt der KP2 bisher negativ, und die Versprechungen, daß sie im Parlament jede vorteilhafte Aktion der sozialisti schen Parteien unterstützen werden, bedeuten prak- tisch, daß die sozialistischen Parteien werden kämpfen, handeln und die Verantwortung tragen müssen, während für die Kommunisten der sehr opulente Anteil einer„a n st ä n d i g« n K r i t i k" abfällt, was im Grunde nichts anderes ist als die parteiische Agitation der kommunistischen Partei. Auch die kommunistischen Arbeiter müssen zur Einsicht kommen, daß der Ruf nach der Einheitsfront nur dann einen Sinn hat, wenn in einer Reihe von grundlegenden Fragen eine gemeinsame Auffassung erreicht wird. ES geht als« in der Diskussion nicht darum, al die Einheitsfront nützlich ist«der nicht, sanden» Gegenstand der Diskussion muß di« Frage sein, ab tag BarauSsetzunge» dafür gegeben sind, daß eine gemeinsame Aktion welcher Art immer dauernd und loyal sei. Gegmstand der Diskussion mutz ferner di« Frage sein, ob der grundsätzliche Standpunkt de» Sozialdemokratie und deS konstruktiven Sozialismus auf dem Boden der Tschechoslowakischen Republik und der demokratischen Prinzipien und im gegebene« Falle die aktive Beteiligung an der Regierung richtig ist oder ob man besser sich der These der kommunistischen Führung anschließt, das heißt zu«arten und die Bildung eines Verbandes von Sowjetrrpublikm und die Durchführung de» kommunistischen Diktatur anzustreben. Auf dieses Gebiet mutz man die Diskussion übertrage«, wenn nicht di« breiten Massen durch die Parole der Einheitsfront nur aufgewühlt und enttäuscht werden solle«!