Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

15. Jahrgang

Dienstag, 24. September 1935

Regierung Schuschnigg

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 223

Sollen die kleinen Landwirte völlig ruiniert werden?

völlig kopflos Dürfen Großagrarier ungestraft

Hochkonjunktur für Nazipakler Schuschniggs Nachfolger am Werk

Neutralisierung Oesterreichs  durch den Völkerbund  

Gesetze übertreten?

Im Hopfenbau gehen Dinge vor sich, die bei den Kleinlandwirten oft 60 bis 70 Prozent. einer entschiedenen Kritik bedürfen, nachdem an- Gerechteriveise hätte daher der gesetzlichen Bes 1928 zugrunde gelegt werden müssen.

Wien.( Eigenbericht.) Aus absolut verläß nung vertreten, daß es jetzt notwendig sei, das scheinend unsere zuständigen Stellen blind und schränkung die Hopfenanbaufläche vom Jahre 1 Quelle werden die Nachrichten über wachsende Projekt einer Vanitstimmung im Bundeskanzleramt bestätigt. Man erfährt, daß die Furcht vor den außenpolitischen Konsequenzen des abessini­sechen Abenteuers Mussolinis, die längst schwärenden Gegensätze im Regierungslager zum schwärenden Gegensäße im Regierungslager zum offenen Ausbruch gebracht haben.

In den letzten Wochen kam es dreimal bei Sitzungen des Ministerrates zu solchen Zusam­menstößen, daß Schuschnigg   mitten in den Ber­handlungen aufsprang und erregt das Sitzungs­zimmer verließ. Einen ähnlichen Auftritt gab es bei einer Unterredung zwischen Schuschnigg  und seinem präfumtiven Nachfolger, dem ober­österreichischen Landeshauptmann Gleißner. Schuschnigg   brach diese Unterredung ab, indem er vom Verhandlungstisch auffprang und Herrn Gleißner allein siten ließ.

Gleißner, der überall als der kommende ,, österreichische Papen",

der Steigbügelhalter für die Nazi in Ober­ österreich   gilt, legt eine auffallende Aftivität an den Tag. Er verbringt den größten Teil der Zeit nicht in seiner Amtsstadt Linz  , sondern in Wien  , wo er

stundenlange Unterredungen mit Naziunter­händlern einerseits und nazifreundlichen hohen österreichischen Regierungsfunktionären ande­rerseits hat.

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Allge tein herrscht im Regierungslager die Auffassung, da die Lage- ganz abgesehen davon, ob es zu friegerischen Verwicklungen in Afrika  tommt.oder nicht für die Regierung unha It­bar werden muß, da Italien   für alle Fälle eine so schwere außenpolitische Einbuße erlitten habe, daß es kaum in der Lage sein werde, Herrn Schuschniggs Regime zu garantieren. S t a r hemberg gilt als der einzige, der unentwegt an dem italienischen Kurs um jeden Preis fest hält, während Schuschnigg   selbst zwischen dem Einfluß Starhembergs und den anderen politi­schen Einflüssen haltlos schwankt.

neuerlich ernst zu prüfen. Man weist darauf hin, daß schon das außenpolitische intakte Regime Mussolinis nicht imstande war, den steigenden Nazieinfluß in Destereich einzudämmen, um so weniger werde das dem ramponierten Italien   von heute gelingen. Als einzige fonkrete Augenblicks­lösung, die nach der Meinung dieser Kreise die drohende Nazigleichschaltung verhindern könne, bliebe die Sicherung der österreich   i- fchen Unabhängigkeit durch ein Völkerbund regime, welches dem ge­fährlichen außenpolitischen Kampf um   Oesterreich ein für allemal ein Ende sezen könnte.

taub sind. Das neue Hopfengesetz vom Jahre 1933 bestimmt, daß die Hopfenanbaufläche über den Stand vom Jahre 1933 hinaus nicht ausgedehnt werden darf, nachdem in den vorangegangenen Jahren eine erhebliche Einschränkung des Hopfen­baues, und zwar ungefähr 40 Prozent der Fläche vom Jahre 1928 erfolgte. Hiebei muß festgestellt werden, daß schon hier eine Schädigung der klei­nen Landwirte vorliegt.

Die Hopfenanbaufläche ist vorwiegend von den kleinen Besitzern und im   deutschen Gebiete ein­geschränkt worden. Während die größeren Hop­fenbauern, in erster Linie Restgutsbesitzer, nur 15 bis 20 Prozent ihrer Hopfengärten auf­

ließen

( in einzelnen Fällen erfolgte bei ihnen überhaupt feine Einschränkung), beträgt die Einschränkung  

Mussolini lenkt ein  

Italiens Gegenvorschläge

Aloisi fuchte  

Genf. Der Leiter der italienischen Delegation beim Völkerbund Baron Montag vormittags den Vorsitzenden des Fünfer ausschusses des Rates, den spanischen Gesandten Madariaga auf und übergab ihm den Text des Beschlusses der italienischen Regierung über die Vorschläge des Ausschusses für die Regelung der italienisch abeffinischen Beziehungen. Die Mo­tive, die die   italienische Regierung zur Ablehnung der   Genfer Borschläge veranlaßt haben, legte Baron Alofi nur mündlich dar.

Nach der Meldung einer stets gut unter- Arme e gesprochen hätten. Dementsprechend ver­richteten Depeschenagentur handelt es sich um lange er, daß ein großer Teil des abessinischen folgende Forderungen:

1.   Italienisch Somali- Land und Erythräa müffen eine territoriale Verbindung erhalten durch Abtretung eines breiten Ge­bietsstreifens quer durch Abessinien;

2. Wenn Abessinien einen Zugang zum Meer erhält, so müsse das durch einen Korridor durch italienisches Gebiet entweder in Erythräa oder in   Italienisch Somali- Land ver­wirklicht werden;

Heeres en twaffnet und der Rest unter italienische Führung gestellt

werde.  

Genf. Der Fünferausschuß tritt Dienstag zusammen, um den dem Völkerbundrat zu unter­breitenden Rapport auszuarbeiten. Der Rat wird für Dienstag oder Mittwoch einberufen werden, um sich über die Gesamtlage ins Benehmen zu Es mehren sich in diesen Tagen der Verwir sezen. Der Fünferausschuß vertritt die Ansicht, daß er mit Rücksicht auf die   italienische und die rung übrigens auch die Versuche alter, halbde­3. Kritisiert Muffolini, daß die Vorschläge abessinische Antwort seine Mission nicht fortsetzen mokratischer christlich sozialer Kreise, sich wieder in die Politik einzuschalten. Von diesen des Fünferausschusses betreffend die Reorgani- könne, denn die im Spiele stehenden Interessen Kreisen sollen die Bemühungen um eine bef- fierung Abessiniens auf organisatorischem und seien unermeßlich wichtig und es werde notwendig sere Beziehung zur Kleinen verwaltungsmäßigem Gebiet nur von einer K on. sein, daß ihm der Rat ein neuerliches Mandat er­Entente ausgehen, Bemühungen, die aller- trolle der Polizei, nicht aber der teile. dings angesichts der erbitterten Anfeindung von seiten des Starhemberg- und auch des Gleißner­flügels in   Oesterreich wenig Aussicht auf Verwirklichung haben.

In demokratischen und Gewerks

Jung und Schubert geflohen

Der Vorschlag des Fünferrates

Diese Einschränkung des Hopfenanbaues, die zum übergroßen Teile auf Kosten der kleinen Bes fiber ging, hat eine Preiserhöhung des Hopfens bewirkt infolge der verringerten Produktion. Der Hopfenpreis hält sich seit dem Jahre 1933 un­unterbrochen zwischen 1400 und 2400. Damit war nun die Rentabilität im Hopfenbau in den letzten drei Jahren gesichert. Diese günstigen Preise aber lassen die Herren Hopfengroßprodus zenten nicht in Ruhe. Sie umgehen nach allen Regeln der Kunst das Beschränkungsgesetz. So liegen uns Berichte aus dem Saazer Gebiete vor, und Horatih mehrere hundert Schock Hopfen über daß große Grundbesizer in Litschkau, Ferbenz das zulässige Ausmaß ausgefeßt und davon auch geerntet haben, ohne von den Behörden, denen eine strenge Ueberivachung obliegt, gehindert wor den zu sein. Hingegen wacht das Auge des Gesetzes streng darüber, daß ja kein Häusler auch nur eine einzige Hopfenpflanze mehr ausseßt, tut er dies, so hat er am anderen Tage schon die Gendars merie auf dem Felde und er wird gezwungen, die Hopfenpflanzen wieder herauszunehmen.

Es ist der Fall vorgekommen, daß fleine Hop fenlandwirte dazu verhalten wurden, die ge< ringe Anzahl von fünf oder sieben Hopfenflan­zen herauszureißen, während die großen Grundbesitzer Brazda, Litschkau, Kloster  Břevnov, Stiftsmeierhof Libotschan, David, Hockau, Gutsbesitz Setschitz, Diel, Ferbenz 1. a. weit über tausend Schock Hopfen mehr ausgesetzt haben, ohne daß sie von der Gendar­merie behelligt wurden.

Jm März d. J. hat eine Abord­nung des Kleinbauern Verbandes * beim Präsidium der Landesbehörde vorgesprochen und auf diese Zustände aufmerksam gemacht. Präsident So­botka hat damals erklärt, daß die Leute ruhig nach Hause gehen kön nen, es werde niemandem die Ver. größerung der Hopfenanbaufläche er. laubt werden, auch den größeren Be sitzern nicht. Diese Zusicherung ist nicht eingehalten worden, wobei wir keineswegs behaupten wollen, daß etwa mit Zustimmung des Herrn Lan. despräsidenten sich die obengeschil. derten Dinge ereignet haben.

Hier liegt eine himmelschreiende ungerech tigkeit vor und eine straflose Gesetzesverletzung durch großagrarische Hopfenproduzenten. Im Saazer- Lande spricht man davon, daß diese Hers ren irgendwo eine große Protektion haben müssen.  

Genf. Das Sekretariat des Völkerbundes hat rater stehen, die übrigen Berater würden entweder schaftstreifen wird nun oft die Mei- die vorläufigen Vorschläge des Völferbundrates, dem Delegierten des Völkerbundes beim abessis Gerüchte besagen auch, daß man einigen größes wie sie am 18. September von dem Gesandten nischen Kaiser untergeordnet sein oder ein Kolle- ren Besizern die Erweiterung der Hopfenanbau­Madariaga den   Genfer Vertretern Abessiniens gium bilden, wobei einer von ihnen den Vorsiz fläche erlaubt habe, weil sie angeblich durchwegs und   Italiens überreicht wurden, veröffentlicht. führen und Delegierter des Völkerbundes sein ausländische Abnehmer hätten. Hiebei handelt es Die Vorschläge des Fünferausschusses berufen sich würde. Das 4. Kapitel bestimmt, daß die Beras sich wohl nur um eine fadenscheinige Begrün auf die Notwendigkeit, die Unabhängigkeit der fer- ter vom Völkerbundrat mit Zustimmung des Kai- dung, mit der man die Gesebesübertretung bes ritorialen Integrität und die Sicherheit aller Mitsers von Abessinien gewählt würden. Die übrigen schönigen will, denn der Großteil des tschechoslo­gliedsstaaten zu respektieren, sowie auf die Not Berater würden vom Kaiser von Abessinien auf wakischen Hopfens geht ins Ausland, ob nun der wendigkeit, unter allen Mitgliedstaaten gutnach Empfehlung des Delegierten des Völkerbundes er- Hopfenproduzent direkte Beziehungen dorthin hat Vor der Eröffnung ihres Prozesses barliche Beziehungen zu sichern und behandeln in nannt werden. Dem 5. Kapitel zufolge würde oder nicht. Wie die Prager Preffe" meldet, find die fünf Stapiteln die einzelnen Fragen betreffs Neu- mindestens einmal jährlich der Delegierte des Völ- Das neue Hopfengeset sollte der Anfang ehemaligen nationalsozialistischen Abgeordneten regelung der abessinisch- italienischen Beziehungen. terbundes in Abessinien dem Wölferbundsrat über einer planwirtschaftlichen Regelung der landwirts Jung und Schubert aus ihren bisherigen Jm 1. Kapitel wird festgestellt, daß der Völkerbund schaftlichen Produktion sein. Die Umgebung des Wohnsitzen   Troppau und   Fulnek ver- die Pflicht hat, der abessinischen Regierung seine seine Tätigkeit Bericht erstatten. Ein 6. Kapitel Gesetzes durch die großen Besizer zeigt, daß diesen schwunden. Es wird angenommen, daß sie nach Mitarbeit und Mithilfe auf internatonaler fol- bestimmt, daß der Sanierungsplan fünf Jahre Leuten jede Planwirtschaft Wurst ist, Hauptsache Deutschland geflüchtet sind. Gegen beide lektiver Grundlage zu gewähren. Dieses Kapitel Gültigkeit haben soll und daß er abgeändert oder ist ihr Profit, selbst auf die Gefahr hin, dagtide fchwebte ein Strafverfahren nach dem Schußgefet, betont, daß jeglicher Gesundungsplan ehestens bon erneuert werden fann. Ueber allfällige territoriale diese Erweiterung der Hopfenanbaufläche der welches in der nächsten Zeit in   Brünn zur   Ber- der abessinischen Regierung gebilligt werden Aenderungen sprechen die Vorschläge des Fünfer- Hopfenpreis neuerdings ins uferloſe ſinkt. handlung kommen sollte. Mitangeklagt waren auch müsse. Jm 2. Kapitel werden alle administrativen ausschusses nur mit Rücksicht auf die Bereitivillig­Andererseits gibt es Tausende von Häuslern die ehemaligen Nazi- Abgeordneten Krebs und Maßnahmen die in Abessinien neu eingeführt wer- feit Englands und   Frankreichs, diese Aenderungen und Kleinlandwirten im Saazer Gebiete, die in Kasper. Das Verfahren gegen Kasper wurde den sollen, sowie die wirtschaftlichen, finanziellen durch eigene Konzessionen zu ermöglichen. Außer der Zeit der schlechten Hopfenpreise ihre Anbau­niedergeschlagen, weil er sich vorwiegend gewerk und jene Maßnahmen, welche die öffentlichen dem erkennen   Frankreich und England insbeson- fläche verringerten, weil sie damals oft noch schaftlich betätigt hatte. Krebs ist seinerzeit von Dienste insbesondere die Justiz, den Unterricht dere die Wirtschaftsinteressen   Italiens in   Abesi- in ihrem Nebenberuf als Arbeiter oder Hand­Aluffig aus geflüchtet und nun sind auch Jung und und das Gesundheitswesen betreffen besprochen. nien an und genehmigten, daß zwischen den beiden werker etwas verdienen konnten. Seither sind die Schubert feinem Heldenbeispiel gefolgt. Das 3. Kapitel betrifft die innere Struktur der Staaten ein Wirtschaftsabkommen geschlossen wer- meisten arbeitslos geworden und leiden oft arge internationalen Hilfe für bessinien. An der Spitze de, wobei die Rechte der Engländer und Franzosen   Rot. Sie haben seinerzeit erkannt, daß nur durch der vier öffentlichen Dienste würde ein Hauptbe- allerdings vollkommen gewahrt würden.

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Die Segnungen des Dritten   Reiches mögen

fie über die ausgestandenen Aengste trösten.

cine Beschränkung der Hopfenanbaufläche eine