Nr. 239
Sonntag, 13. Oktober 1935
Seite 3
fudetendcutscfier Zcitspie^el
An der Krisenfront
Wir beginnen in der nächsten Woche mit dem Abdruck einer Artikelserie über die Lage in den deutschböhmischcn Notstandsgebieten an der Schwelle dieses neuen Krisenwinters. Obwohl in unserer Presse dieses Thema ohne Unterkatz erörtert wurde, scheint es notwendig zu sein, neuerdings vor der breitesten Oeffentlichkeit aus die bedrohliche Verschärfung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in den Grenzgebieten hinzuweisen. Dabei soll in erster Linie den Berichten unserer Vertrauensmänner Gehör geschenkt werden, die in der vordersten Kampffront gegen dir Kriscimot nnd den immer«nverfchämtrr praktizierten Betriebsfasrismns stehen. Zu diesem Zwecke hat einer unserer Mitarbeiter in den lebten Tagen das Grenzgebiet zwischen Asch und Weipert bereist und an Ort und Stelle Tatsachenmaterial gesammelt. Es fanden Vertrauensmänner-Besprechungen statt: in Asch, Roßbach, Schönbach, Fleiß en, Graslitz , Rotha «, Schindlwald, Altrohlau , Maierhöfen » Weipert, Christof- Hammer und Kupferberg . Das auf diesem Wege gewonnene Bild der wahrhaft tragischen Lage der Arbeitslosen und der immer mehr verelendenden Betrirbsarbeiter und ihre dringlichsten Forderungen werden wir mit unserer Anfsatzreihe der breitesten Oeffentlichkeit und allen berufenen Faktoren zur Kenntnis dringen.
0« Prozeß gegen die Brünner Nazis beendet
Urteil erst am Mittwoch
Zu Beginn der samstägigen Verhandlung wurde der letzte Zeuge D o st a l einvernommen, der Obmann der Ortsgruppe des Volkssportes Ivar. Er gab an, daß sich die Angeklagten nicht betätigt hätten. Der Staatsanwalt legte als Beweis ein Kassabuch vor, in dem die Beiträge, die die Angeklagten dem Volkssport geleistet hatten, verzeichnet sind. Die Angeklagten sahen dieses Buch sichtlich betroffen an. Sie und die Verteidiger behaupteten sodann, daß es sich lediglich um ein Spendenbuch und nicht um ein Mitgliedsver- zeichnis handle. Der Vorsitzende stellte jedoch aus dem Buche fest, daß die Mitgliedsnummern der Angeklagten bei den Beiträgen verzeichnet sind.
Der Vorsitzende erklärte sodann das Ne- w e i s v e r fahren für a es ch lo s s e n' worauf^äch'estfer^üTzeil^äuse'der'BMltzün- walt ein kurzes Plädoyer hielt, in dem er die Verurteilung der Angeklagten im Sinne der Anklage forderte.
Die vier Angeklagten beteuerten nochmals ihre Unschuld. Die Verteidiger versuchten in ihren Plädoyers natürlich die Unschuld der Angeklagten zu beweisen und das Dritte Reich als einen Jdcalstaat hinzustellen. Dr. Kreisel betonte, es sei„ein religiös mystischer Begriff",„ein gesellschaftlich idealer Zustand, kein territorialer Begriff". Dr. B r a n c z i k erklärte, daß sich das Programm einer Partei ändern könne; als Hitler zur Macht kam und sah, wie die Dinge wirklich liegen, habe er selbst sein Programm langsam revidiert. Dr. Schwabe bezeichnete die Anklageschrift als abgeschriebene Polizeiberichte.
„Unsere positive Einstellung zu Hitler ", sagte er, „erklärt sich daraus, daß wir um Deutschland hangen und bangen. Der Nationalsozialismus war es, der den Staatenblock Deutschland- Polen zustande brachte". Der Prozeß ist damit beendet, das Urteil wird am kommenden Mittwoch gefällt werden, für die Einheit— gegen Elnheitsfrontmanöver! Die Kreisführung des Kreises„Nordböh men " des Sozialistischen Jugendverbandes hielt Donnerstag in Bodenbach eine Sitzuncr^ab, in welcher sie nach einem Referat des VMands- sekretärs Genossen Rudolf Geißler und nach
einer gründlichen Debatte, an der sich die Vertreter aller Bezirke des Kreises beteiligten, das neue, mit anderen Mitteln und Methoden aufgezogene Einheitsfront manöver der kommuni stischen Jugend in einem einstimmigen Be- schlusse ablehnte und ein neuerliches Bekenntnis zu der in Neu-Ohlisch beschlossenen so« sialisttschen Jugendarbeit, die der kommunistischen Auffassung von der politischen Jugendarbeit im wesentlichen entgegengesetzt ist, abkegte. Die Be- schlüffe werden allen Organisationsstellen und Mitgliedern der Kreisorganisation sofort mit der Aufforderung bekanntgegeben, Mitglieder- versammlungen zu veranstalten, in denen über unsere Stellung zur Einheitsfront' und über unsere Bestrebungen, zur wahren Einheit der Jugend zu gelangen, gesprochen wird.
Aus dem Lande der braunen Bestie Das Martyrium des Doset Simon Wieder in den Klauen der Dachauer Mordgesellen Ein siebzigjähriger internationaler und deutscher Gewerkschaftsführer muß Schändliches ertragen
Seit etwa zehn Wochen befindet sich der frühere deutsche Reichstagsabgeordnete der Sozialdemokratischen Partei von H o f in Bayern , Josef Simon , wieder in„Schutz-" und „Erziehungs"-Haft im berüchtigsten aller Konzentrationslager des Hitlersystems, in Dachau l>ei München . Dort, in Dachau , hatte der alte Mann bereits früher viele Monate zugebracht und Schlimmstes, weil Infamstes, erdulden müssen. Jetzt hat man den Greis von schwächlicher Körperkonstitution und gebeugt durch ein Leben voller Arbeit und Mühe— erneut verhaftet und nach Dachau transportiert. Eine photographische Aufnahme, die einer der aus Dachau Entlassenen kürzlich über die Grenze brachte, zeigt Josef Simon im Kreis eines Dutzend von Schicksalsgefährten. Innerhalb des Lagers Dachau ! Die Bitternis dieser Gesichter kann kein Epiker beschreiben! Simon selbst mutz bei diesem Klebenden Bild", von den SS-Ban- dtten oder frisch ernannte« Schutzpolizisten des Lagers zu ihrer sadistischen Belustigung gestellt, ein grotzes Schild vor der Brust hatten; daraus steht mit Kreide gemalt:„Ich bin ein klassenbewutzter SPD -Bonze". Sein Sohn— ein etwa Dreißigjähriger— der mit und neben seinem alten Vater alle diese Schändlichkeiten über sich ergehen lassen muß, hat sich auffällig dicht neben ihm aufgestellt, als wollte er ihn schützen, wenn nach der photographischen Prozedur es wieder Schläge und Tritte für dieses schauerliche„lebende Bild" hageln würde. Auf demselben Photo sieht man den Schwiegersohn des in der Revolution erschossenen bayrischen Ministerpräsidenten EiSner, den früheren bayrischen KriegSminister und sozialdemokratischen Abgeordneten Unterleit hner, mit einem in der Bandage gehaltenen Arm. Man hatte Unterleithner zu schwerster Galeerenarbeit gezwungen, die ihm eine bösartige, eitrige
Verletzung an der Hand eintrug. Dennoch mußte er in diesem Zustand weiter schuften, beispielsweise die Latrinen reinigen. Augenzeugen der Behandlung des atten Simon in Dachau verbürgen fich dafür, dah der Greis gezwungen wurde, sich mit feinem eigene« Kot Bart und Schnurrbart ins Gesicht zu malen und sich fo den übrigen Lagerinfasien zu zeigen. Josef Simon , wie gesagt, ein S i e b z i g- jähriger(I), war im Nachkriegsdeutschland der Vorsitzende des Zentralverbandes der Schuhmacher Deutschlands . In der internationalen Gewerkschaftsbewegung hatte er als V o r s i t- zender des Internationalen Lederarbeiterverbandes Namen >md Ansehen von besonderer Art. Ist es schon eine nur unter den viehisch-irrsinnigep Verhältnissen des deutschen Fascismus mögliche Bestia» lisierung der Gesinnung sowohl der Verantwortlichen wie der Schergen des Systems, den eigenen Sohn zu zwingen, der Vergewaltigung deS greisen Vaters.dauernd als Mitgefangener zusehen zu müssen, ohne anders tun zu können, als vielleicht die schlimmsten Schläge auf den eigenen Körper zu lenken, so dürfte die Tatsache, daß'Simon ein bekannter und angesehener Führer der Arbeiterschaft der ganzen zivilisierten Welt gewesen ist, den Fall dennoch in seiner Infamie selbst für das braune Tobsnchtssystem einzigartig.machen. Aber was tut diese Wett eigentlich gegen dies Svstem praktisch, der man in der Person dieses armen atten ManneS täglich selbst ins Gesicht spuckt? Die Antwort können wir nicht geben; aber die Frage aufzuwerfen, ist unsere Pflicht als Deutsche und als Europäer!
Grat Vinzi weigert sich, Addis Abeba zu verlassen AddisAbeba. Der italienische Gesandte Graf Vinci hat sich am Samstag geweigert» das Gesandtschaftsgebiet zu verlassen. Zur Zeit der Absahrt des für ihn bestimmten Zuges hat er sich im Keller der Gesandtschaft eingeschlossen. Verhandlungen wurden ausgenommen» um ihn zum Verlassen der Gesandtschaft zu bewegen. Graf Vinci, in dessen Begleitung sich der Militärattache Caldriani befindet, ist bisher den Aufforderungen nicht nachgckommen. Der Gesandte begründet sein Verhalten f« einem Schreiben an das abessinische Auswärtige Amt damit, daß ihm dir abessinische Regierung nicht gestatten wolle, das Eintreffen zweier italienischer Koyjularbeamtrn abzuwarten, für die er Besorgnisse hegt. Das diplomatische Korps ist» wie das Deutsche Nachrichtenbureau meldet, über die Hairdlungsweise des Grafen Vinci empört, zumal dieser von Rom den Befehl erhalten hatte, abzureisen. Das übrige Personal der italienischen Gesandtschaft hat mit dreistündiger Verspätung um 11 Uhr im Sonderzug Addis Abeba verlassen. Als sich der Zug in Bewegung setzte, weigerte sich der zimite Pekretär der italienischen Gesandtschaft, de Grenet, mitzufahren und flüchtete. Er wurde in einem Restyurant, in dem er sich verborgen hielt, festgenommen und entwaffnet. In Begleitung einer Wache wurde er dann gewaltsam mit dem nächsten fahrplanptäßigcn Zuge zur abessinischen Grenze gebracht. Als„Gäste“ gefangen Die letzten Meldungen besagen, daß Graf Bintt und der sein Schicksal freiwillig teilende Militärattacht Ealdriani die Gesandtschaft verließen und in Begleitung einer Eskorte nach dem befestigten Hause deS Ras Gesta gebracht wurden. Binri und Ealdriani sind formal„Gäste" der abessinischen Negierung, in Wirklichkeit aber Gefangene. Der Kaiser selbst prüft die Lage und wird Wahrscheinlich daran schreiten, den italienischen Gesandten zur Abreise aus Addis Abeba zu zwingen.
Kabine« Slawek zurückgetreten Warschau . DaS Kabinett Slawek hat Samstag den Demissionsbeschluß gefaßt. Ministerpräsident Slawek begab sich auf das Königs- schloß und legte dem Präsidenten der Nepublil das Rücktrittsgesuch des Gesamtkabinetts vor. welches vom Präsidenten auch angenom- m e n wurde. Des Präsident betraute den Innenminister Koscialkowski mit der Kabinettneubildung. Der neu designierte Ministerpräsident bat unverzüglich die Verhandlungen mit den in Frage kommenden Persönlichkeiten ausgenommen. Die Kabinettsneubildung wird noch im Laufe der Nacht, spätestens am Montag erwartet. Nach den bisher umlaufenden Gerüchtei' dürfte in das neue Kabinett der ehemalige Han- delsminister Kwiatowski eintreten. Zmu Minister für Heereswesen ist General Sos. n o w s k i ausersehen. Ferner sind Aenderungei' auf dem Posten der Minister für Inneres und für Finanzen vorgesehen, während die übrigen. Stellen, darunter mich das Portefeuille des Außenministers, von den bisherigen Ministcri' besetzt bleiben sollen.
Nummer 176.096: eine goldene Uhrl Von KlauS Klaußcn Der Saal ist boll Menschen, Kopf an Kopf. Man reckt und streckt sich, stellt sich auf den Fußspitzen, um besser sehen und hören zu können. Die Luft ist dick und voll Vergangenheiten wie sie getragene Sachen mit sich bringen, die ihren Besitzer verloren haben und nun, auf eine schiefe Ebene geraten, ins Nichts gleiten. Ich bin in eine Ecke gedrängt worden, obwohl ich getrackstet hatte, bis zu den ersten Reihen vorzudringen. Aber vergeblich. Ich konnte meinen Platz nicht behaupten— und stehe nun plattgedrückt in der Ecke. „Ein Wintermantel... dreißig... fünf- unddrcißig... zum ersten und zweiten, zum... dritten!" Die Stimme stählt in den Raum, als wären Menschen zu spießen, Todesurteile zu fällen. Gehirne errechnen Suinmen, Finger zählen Banknoten, augenblicklang wird der Vorteil erwogen, der Gewinn erhascht. Triumphales Lächeln schmückt den neuen Besitzer deS Wintermantels, in dessen Falten noch das wesenlose Gesicht des ursprünglichen Eigentümers kantet. „Ein Jagdgewehr, System..." Ich denke an meine Uhr. Meine alte, liebe Uhr mit dem schon blinden Deckel, der nicht mehr so elastisch aufspringen konnte, denn er war alt geworden, müd wahrscheinlich. Wie ich. Sie hatte mir treu gedient, die Uhr. Es war ein strahlender Maitag gewesen und ich hatte das Leben noch in den belebendsten Farben vor mir gesehen: da hatte ich sie bekommen. »Sie ist gut und treu, mein Sohn", sagte
meine Mutter,„und wird dir dienen. Sei auch sie war mir treu. Und sie ist treu gewesen, hat mir treu gedient, die liebe, alte goldene Uhr mit dem schon blinden, damals noch glänzenden Deckel. Tag und Nacht war sie bei mir, Jahr um Jahr. Sie frug nicht nach Freud und Leid: sie tickte bei mir, und wäre die Welt untergegangen auch dann. Doch ich glaube, wenn ich gestorben wäre, dann wäre sie stehen geblieben, gestorben wie ich. Denn sie ar mir treu. „Zehn Herrenhemden, Zephirstoff... fünf- und.. Ich hatte gar oft meine Sorgen mit ihr. Die Zeiger wollten nicht vorrücken und ich begann sie zu hassen, denn ihnen schob ich die Schuld zu, so lange an die Arbeit gefesselt zu werden. Als sie Stunden anzeigte, klappte ich freudig den Deckel zu und eilte durch breite Straßen, dann minkelige Vorstadtnassen, bis ich vor einem Haus stand, dessen gähnendes Tor mich aufnahm. Ich stieg eine schmale Treppe empor und klopfte an eine Tür. Sie tat sich auf und Arme legten, sich um meinen Nacken. Dann durchliefen die Zeiger mit jagender Hast die Stunden des Glücks, bis sie wieder mahnend die Stunden der Pflicht anzeigten. So vergingen Jahre. Bis die Wochen kamen, in denen ich minutenlang das Ticken der Uhr zählte, die ich in der einen Hand hielt, während icki mit der anderen den Puls fühlte. Es waren Tage, in denen mein Haar ergraute und Falten sich in die Stirne gruben. In denen Nächte zur Ewigkeit wurden und ich ermattet im Stuhl einschlief, während die Kranke leise aufstöhnte. Bis dann— damals zeigte der Zeiger die dritte Stunde an— ein leidender Mensch, der sechs Jahre neben mir gelebt, mit mir gefühlt, geliebt
und gebangt hatte, mit einem tiefen Seufzer wortlos von mir Abschied nahm. Seit damals rief mich keine Stunde mehr von der Arbeit fort; schweigend ging ich durch breite Straßen dem Hause in der winkeligen Vorstadtgasse zu, stieg langsam die schmale Treppe empor, denn die Tür ward auf mein Klopfen nicht aufgetan und keine Arme umschlangen meinen Racken. „Eine Toilettengarnitur aus Onyx .... hundertzwanzig zum..." Stunden der Angst und der Not, der Qual rmd des Wahnsinns durchlebte die Uhr mit mir. Dreck ließ ihren Glanz erblinden, Läuse krochen über sie hinweg; sie gab das Zeichen zum Angriff und Rückzug. Und sie zeigte die elfte Bormittagsstunde an, als ich erfuhr, daß der fürchterliche Krieg ausgekämpft. Jetzt kamen die Stunden der Sorgen, Dann der Arbeitslosigkeit. Langsam krochen die Zeiger, mit jeder Enttäuschung, jeder schwindenden Hoffnung auf Arbeit und Zukunst wurden sie müder; auch ich. Ich verkaufte meine Bücher. Dann die Wäsche; dann einen alten Kupferstich, die Elfenbeinpfeife meines Großvaters, das Schach aus Ebenholz. Der Magen ist unersättlich. Hunger gefräßig: die Wohnungseinrichtung, Wäsche, Kleider, Erinnerungen und Schmuckstücke, alles wanderte denselben Weg. Ins Versatzamt, zur Versteigerung. Nur die Uhr ist mir geblieben. Sie sollte mir auch meine letzte Stunde anzeigen. Es kam anders. Als ich eines Tages den Friedhof betrat, zeigte mir der Totengräber eine an mich gerichtete Aufforderung, die Miete für das Grab zu erneuern, da es sonst aufgelassen würde. Ich bin lange vor dem kleinen, schon etwas verwitterten Stein gestanden und versank in meiner Trostlosigkeit. Was tun? Da fühlte ich| die Uhr in meiner Hand... Ich dachte an die Arme, die sich auf meinen Nacken gelegt hatten,
an die vielen Stunden voll satter Freude, strahlender Hoffnung, wortloser Glückseligkeit. Und ich trug die Uhr dorthin, wohin ick alles getragen hatte. Run will ich bloß sehen, wer sie bekommt, ersteht. Welchem Herrn sic dienen muß. Ob es überhaupt nwglich ist,' daß meine liebe, gute Uhr... „Nummer 176.099: eine goldene Uhr..." Mich reißen die Worte hoch. Ich starre über die Köpfe in die Raummitte. Ein dicker Mann hält die Uhr hoch, meine Uhr. „Mit Doppelmantel... Leicht beschädigt, das Werk läuft..." Ter Mann hält die Uhr ans Ohr. Zieht sic auf und horcht nochmals. Sie ist also nickt stehen geblieben, dient weiter, still und tteu, wenn ick treulos geworden bin. Oder: sollte ich meine Uhr vergessen haben? „Hundertfünfzig zum ersten, zum zweiten ... Hunde rtsechzig zum... Hundertsiebzig..." In meinen Ohren hebt ein Sausen an. Ick sehe die Uhr in der klotzigen Hand baumeln, einige dutzend Augenpaare staunen sie an; gierig lüstern. Müde klappt der Deckel auf, in meiner Richtung, als hätte er mich erkannt, sucht Hilfe bei mir und Zustucht. Bin ick dir nickt immer treu gewesen? Deine Dienerin? Mit dir durch dick und dünn gegangen? So höre ich sie bitten, fordern. „Zweihundertzehn zum ersten,-zum zweiten und— zum— dritten!" Eine Hand streckt sich vor und reicht die Banknoten. Dann greift sie gierig nach meiner Uhr. Schatten fallen vor meinen Augen. Da gebt eine Stimme auf, satt vor verhaltener Wut und Enttäuickung. „Die geht doch nickt!..." Der Lizitator zuckt die Achseln und ick schleiche beschämt fort. Sie ist mir tteu geblieben, meine Uhr, obwohl ick sie verlassen hatte. Sie wollte keinem neuen, fremden Herrn dienen...