Nr. 264

Mittwoch, 13. November 193§

Leite S

Eine kostenlose Zufluchtsstätte für Obdachlose Das Nachtheim in der Prager Husgasse

Mit dem Einsehen der spätherbstlichen Frost« und Regennächte beginnt für die Obdachlosen die grausamste und gefürchteteste Zeit des Jahres. In dünner, zerschlissener Kleidung, halb verhungert, bis aufs Mark durchfroren, irren hunderte unterftands« loser Menschen durch die erbarmungslosen Straßen der Stadt. Wenn die letzte Bahnhofshalle um Mitternacht geschlossen ist, bleibt ihnen nichts übrig, als stundenlang'icllos in Frost und Regen um­herzukaufen, bis sich um vier Uhr die Bahnhöfe wieder öffnen. Nun gibt es eine kurze Rast bis zum Abgang der ersten Morgenzüge. Dann werden die Warteräume von Portier und Polizist revidiert und jeder, der sich nicht mit einer Fahrkarte ausweisen kann, wird wieder qn die Luft gesetzt. Die meisten der armen Nachtwanderer sind in der wohligen Wärme des BahnhofsraumeS sofort in tiefen Schlaf verfallen und torkeln nach unsanfter Erweckung mühsam auf wunden Füßen wieder in den eiskalten Morgen hinaus. Nachtasyle reichen nicht a«S Die Prager Nachtasyle vermögen derzeit nach dem Ausbau der modern ausgestatteten BysoLaner Nachtherberge ldir allein über 900 Betten verfügt) bei Ausnützung aller Belagsmöglichkeiten etwa 1300 Obdachlofe aufzunehmen. Aber die Ueber- nachtung im Asyl kostet zwei bzw. drei KL und das ist viel Geld für Menschen, die auf winzigste Ge­legenheitsverdienste angewiesen sind und sich zum Betteln nicht erniedrigen wollen. Der Glücklichen, die einen in bar entlohnten Tagesverdienst auftrei» den, sind wenige. Beim Zeitungsverkauf ist die Konkurrenz erdrückend und all« guten Ver­kaufsplätze längst in festen Händen. Das Tragen von Rekla m e f i g u r e n ist ziemlich aus der Mode gekommen und soweit es noch in Frage kommt, wird es gleichfalls von bereits eingeführten Kräften besorgt. Das Koffertragen, das einen ständigen erbitterten Kampf mit den konzessio- nierten Dienstleuten bedeutet, ist ein unsicherer Er­werb, der manchmal den lieben langen Tag lang keine Krone einbrii.gt. Und wenn es schon dem einen oder dem andern Arbeitslosen gelingt, Gele­genheitsverdienste in Haushalten und Gaststätten zu finden, so besteht die Entlohnung meist nur in etwas Esten und einemTrinkgeld", dar kaum einem Almosen gleichkommt. Zum Beispiel: Für Kohlentrage» in den dritten Stock ein Topf Kaffee mit Brot und eine Krone? für Schonern bzw. Polieren de» Fußbodens ein Mit- tageffen und eine Krone? für Teppichklopfen rin Butterbrot«nd fünfzig Heller k Es ist somit begreiflich, daß drei Kronen Schlafgeld für viele arbeitswillige Obdachlose trotz allen Bemühungen ein unerschwingliches Kapital bedeuten. ES ist richtig, daß die sozialen Institutionen den gemeldeten Arbeitslosen für einige Tage der Woche.. kostenlose Anweisungen..auf. Nachtlager im

Nachtasyl ausstellen. Aber die Mittel reichen leider nicht hin, um allen Obdachlosen ständig ein. Nachtlager zu sichern. So bleibt ein ständiges Kon­tingent unterstandsloser Menschen, die nicht wissen, wohin. Die kriminalistische Erfahrung beweist, daß solche Unglückliche in dieser trostlosen Situation am ehesten der Kriminalität verfallen... Einer privaten Korporation ge­bührt das Verdienst, hier mit einer Aktion einge­griffen zu haben, die wärmste Anerkennung und Unterstützung der Oeffentlichkeit und der zuständi­gen Behörden verdient. Der VereinHospo- d ä i f l& pomo c"(Wirtschaftshilfe), besten Kanzlei sich in der S v L l e n a 47, befindet, hat in der Altstädter Husgasse(unweit der eingerichtet, die es ermöglicht, einem. Teil der un­seligen Nachtläufer wenigstens ein Dach über dem Kopf und einen geheizten Raum für die Nacht zu bieten. In dieser Unterkunft findet jedermann Aufnahme soweit der Platz reicht. Von Betten oder sonstigen Ruhelagern ist freilich keine Rede. In dem Gewölbe, einem früheren Büfett, finden etwa 160 Personen Raum und verbringen die Nacht hinter Tischen sitzend oder auf dem Boden ausgestreckt. Die Mittel reichen nicht zu mehr aus, aber es muß betrachtet werden, daß schon dieses wenige ungeheuer viel bedeutet für Menschen, deren höchster Wunsch ein warmer Winkel für die Nacht bildet. Sie schlafen, den Kopf auf der Tischplatte, oder auf dem Boden ausgestreckt, den tiefen Schlaf der Erschöpfung, wie eine geschlagene Armee auf dem Rückzug Arbeiter, Angestellte, graduierte Akademiker. Sie sind froh, dem erschöpften Körper Ruhe gönnen zu können, ohne der nächtlichen Kälte und Nässe ausgesetzt zu sein und dem Zugriff der Polizeiorgane, die pflichtgemäß aufVagabunden" Jagd machen. ES muß anerkannt werden, daß die Organi­satoren dieser nächtlichen Zufluchtstätte ein gutes Stück Arbeit geleistet haben. Den Gästen wird Möglichkeit zur Reinigung geboten sowie Nadel und Zwirn, um Kleider und Wäsche zu reparieren. Wer mit Ungeziefer behaftet ist, wird der Desinfektions­station auf der B u l o v k a überstellt. Es stehen Zeitungen und Spiele zur Verfügung und überall sieht man das Bemühen, den armen AuSgestoßenen wenigstens die Illusion von häuslichem Behagen zu verschaffen. Diese nächtliche Zufluchtsstätte steht täglich von 1719 Uhr der öffentlichen Besichtigung frei gegen Entrichtung einer freiwilligen Spende. Der VereinHospodär- skü pomoc", der dieses höchst notwendige Unterneh­men ins Leben gerufen hat, kämpft mit schweren Existenzsorgen. ES ist z« hoffen, daß die Erhaltung dieses WohlfahrtSwerkeS sowohl von der Oeffent­lichkeit, als auch von den znständigen behördlichen Stellen sichergestellt wird. rb.

»Der schwarze Drache" mordet eine« Gelehrte« London . Vor zwei Jahren veröffentlichte Pro- fefsor T. O'Eonroh, der an der Unwersität von Kioto westeuropäische Literatur vertrat, ein Buch, Die Drohung Japans ". In diesem grundlegen­den Werk, daS seit damals in der gesamten Welt» Presse immer wieder zitiert wurde, hat der Ge­lehrte ein umfangreiches Material zusammen- gettagen, das die Realität derGelben Gefahr" beweist. Seitdem kannte O'Conroy keine ruhige Stunde mehr. Unmittelbar nach Erscheinen begann die Flut von anonymen Drohbriefen, die zweifellos von den japanischen Geheimorganisationen, voran dem dem Schwar-en Drachen" stammten, deren Hinter­gründe O'Conroy zum größten Teil enthüllt hatte. Ta der Gelehrte nicht nur für sein eigenes Leben, sondern auch für das seiner japanischen Frau fürch­ten mußte, verließ er Japan und kehrte nach Lon­ don zurück, wo er sich vollkommen zurückzog. Aber die japanischen Terroristen spürten ihn auch hier auf, und die Drohungen ließen nicht nach. Dies erschütterte die Gesundheit des Professors derart, daß er mit einem völligen Nervenzusammenbruch kürzlich in eine Klinik übergeführt werden mußte. Hier verstarb er und die englischen Aerzte stellten als Todesursache ausdrücklich panische Angst vor den Drohungen desSchwarzen Drachens" fest.

Woher kommt di» Khaki-Uniform? Die Nach« richt, daß die französische blaue Uniform durch die llhhaki-Uniform ersetzt werden soll, gibt Beran« laffung, die Frage nach deren Herkunft aufzuwerfen. Es wird berichtet, daß sie von den Erfahrungen und Notwendigkeiten in Indien herrührt. Dort waren vo» 100 Jahren die englischen Soldaten zunächst" iveiß gekleidet. Im Jahre 1848 war ein Bataillon gezwungen,«inen schlammigen Fluß zu durch­schwimmen. Die Truppen mußten danach in Kämpfe eingreifen, bevor sie Gelegenheit hatten, sich zu säubern. Man stellte danach fest, daß die Verluste, die dieses Bataillon erlitt, viel niedriger waren als die Verluste der Bataillone mit weißen Uniformen. Bon da an verwandte man die Khaki-Farbe für alle siolonialtruppen. WaS den Namen selbst anbelangt, so rührt er von einem Hinduwort khak her, daS so diel wie Staub bedeutet. 111 iii ii Volkswirtschaft and Sozialpolitik Die Staatsbahnen im August Günstiger Ausweis. , Die Ausweise der tschechoslowakischen Staats­ahnen zeigen für den Monat August eine weiter­hin ansteigende Tendenz: Die Betriebseinnahmen ^trugen gegenüber dem Juli 1938 um 1.7 Mil­nonen(0.57 Prozent), gegenüber dem August J934 um 9.7 Millionen(3.36 Prozent), gegen­über dem August 1933 um 24.8 Millionen !9.06 Prozent) mehr. ; Die Einnahmen aus dem Personentransport betrugen im August 77.3 Millionen, aus dem Eilgut- und Lastguttransport 182.4 Millionen, bi> übrigen Einnahmen wachten 38.2 Millionen »us, so daß die Gesamteinnahmen 297.8 Mil- "onen(plus 9.7 Millionen oder 3.36 Prozent) Erreichten. Die Gesamtausgaben weisen eben­falls eine Steigerung auf. fc? Ende August stiegchie Gesamtzahl der An- Oestellten gegenüber dem Vorjahr um 8563 auf 143.841 Personen, woran hauptsächlich Hilfs­arbeiter im Bahnerhaltungsdienst beteiligt sind. In den ersten acht Monaten des Jahres be« 'nigen die gesamten Betriebseinnahmen 2022.9 Millionen KL, gegenüber den ersten acht Monaten beS Jahres 1934 um 65.6 Millionen oder 3.35 Prozent mehr.

Die Insel der Verheißung In Kopenhagen ist dieser Tage der dänische Romanschriftsteller Laurids Bruun im l. Lebensjahr gestorben. In deutscher Sprache sannte man ihn vor allem als den Autor der Van «anten-Romane. Und unter diesen haben beson- brrs zwei»Van ZantenS glückliche Zeit" und 'Die Insel der Verheißung" viele Zehntausende brgeisterter Leser gefunden. Während Laurids Bruun inVan ZantenS glücklicher Zeit" einer von ihm selbst empfunde­nen romantischen Sehnsucht nach europafernen Gefilden der Seligen" dichterisch, verklärten Ausdruck verleiht und sie in einem Liebesidhll nuf einer Südsee-Jnsel ihre romantisch-lyrische Erfüllung finden läßt, die nur der Tod löst, gibt in derInsel der Verheißung" die gleiche Sehnsucht der Ironie, der Selbstironie preis. Aer Männer, ein Maler, ein Dichter, ein Nkusiker, und ein Koch, sagen sich von Europa fvs und suchen fern aller fragwürdig gewordenen Zivilisation auf einer menschenleeren Südsee- Wl das ersehnte Paradies eines naturverbunde­nen Lebens. Ihnen selbst unbewußt aber und b«rin liegt die Ironie schleppen sie das alle Europa , dem sie entfliehen wollen, mit sich fort dieneue" Welt. Sie selbst bleiben Europa­menschen. Der Maler, der Dichter, der Musiker luchen in der tropischen Natur die neuen Farben, bie neuen Worte, die neuen Klänge als Ausdruck ihrer Wandlung. Sie scheitern kläglich-komisch an ihrer inneren Gebundenheit an die Lebensformen, benen sie entfliehen wollten. Und statt der neuen

^ericsttsLaat Drei Kassenknacker Prag . Das Kleeblatt, das dem Strafsenat Kaplan aus der Untersuchungshaft borgeführt wurde, genießt bei den Sicherheitsbehördcn den Ruf, zu den Zierden der Einbrecherzunft zu gehören. Jaroslav S a m e k. Jaroslav H o ch m a n und Franz H a j n tz sind alte, vielfach vorbestraft? Kassenknacker. Sie wurden auf ziemlich originelle Art dingfest gemacht. Am 81. Mai fand ein zufälliger Passant in einem Steinbruch in der Nähe des Dorfes K r u§ o» Vice eine Aktentasche und der redliche Finder trug sie zum nächsten Gendarmerieposten. Der Inhalt der gefundenen Aktentasche erregte das größte Jnter- effe der Gendarmen. Er bestand aus drei geladenen Revolvern und allerlei EinbruchSwerkzeug. Der Fundort wurde unter Beobachtung gestellt ststd

Farben, Worte und Klänge, von denen sie enthusiastisch schwärmen, entdecken sie nur Europa in sich selber. Der Maler sitzt mit seiner Palette vor der tropischen Farbenglut, aber was er malt, wird schließlich immer wieder nur das Bild der heimatlichen Wiese mit weidenden Kühen. Und ähnlich ergeht es auch dem Dichter und dem Musiker. Nur der vierte, der Koch, der ohne alle romantischen Illusionen bloß eine unglückliche Liebe verschmerzen wollte, findet sich» in seiner praktisch-nüchternen Veranlagung, eine Mischung von Robinson und Sancho Pansa, mit dem Ein­siedlerdasein auf der Insel schlecht und recht ab; er läßt an jene Frontsoldaten denken» die noch ihren Unterstand mit einer gewissen kleinbürger­lichen Behaglichkeit und Propretät auszustatten trachteten und zierliche Gärtchen mit Birken­geländern um die Glasalarmglocken anlegten. Schließlich stört ein auf diese Insel verschlagenes Südsee-Weib den Bund der vier Männer trotz der festgehaltcnen räumlichen, Trennung die Europa -Sehnsucht aller Vier, die einer vor dem anderen beschämt verschwiegen hatte, kommt unverhüllt zutage, und die drei lebensfremden Künstler verdanken es zuletzt dem simplen Koch, dem Sancho Pansa des Quartetts, daß ihnen die reumütige Heimkehr, die Reise in die einst so wortreich geschmähte Europa -Heimkehr gelingt. Die Vier gehen, von der Ironie des Dichters geführt, den Weg, den mehr oder minder innerlich verwandt vor ihnen und nach ihnen viele gegangen sind, von Lenau , der in Amerika , mit weißen Manschetten am Hemd, Urwald roden und Bäume fällen wollte, bis zu Gauguin , der m der Südsce neue künstlerische Offenbarungen sucht und findet, Van ZantenS exotisches Liebes­idyll wirklich erlebt und doch wieder heimkehrt.

die Einbrecherinstrrimente der P r a g e r Fahn- dungszentrale übergeben. Tatsächlich wurde am Fundort der Erstangeklagte Jaroflav S a m e k festgenommen, als er zurückkehrte, um die vergessene Aktentasche zu bergen. In kurzer Zeit wurden auch seine beiden Komplizen H o ch m a n und H a j n h verhaftet. Inzwischen hatte aber die Prager Fahndungs­zentrale festgestellt, daß mit dem Brecheisen, wel­ches in der Aktentasche aufgefunden worden war, der Einbruch im das Bräuhaus von Kostomlat verübt wor.den war, bei wel­chem die Einbrecher über 5000 KL aus einerein­bruchsicheren" Kaffe davontrugen. Der Fachmann kann die Arbeit einzelner Kassenknacker trefflich unterscheiden. So kam die ganze Platte vor Gericht unter Anklage des gemeinsam be­gangenen E i n b r u ch d i e b st a h l e s und der Uebertretung d e s Waffen­patentes. Jaroslav S a m e k war außerdem noch des Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit angeklagt. Als man ihn nämlich beim Bezirksgericht Neu-Stra»

bis zu Rimbaud , der als Neunzehnjähriger seine geniale Feder zerbricht und in Afrika einsinn­volleres" Leben beginnt, und bis zu Dr. Ritter, der auf den Galapagosinseln als moderner Ro­binson stirbt. Und auch dieIkarier", jene utopisch-sozialistischen Kolonisten, die in Amerika eine kommunistische Gemeinschaft gründen woll­ten und an den realen Widerständen jeglicher Utopie scheiterten, gehören in die Reihe derer, die dieInsel der Verheißung" suchten. Und alle diese Fluchtversuche, unternommen aus verschiedenstem Antrieb, führen immer wie­der zu der gleichen Erkenntnis, die Laurids Bruun ironisch formulierte: es gibt keine«Insel der Verheißung", wie es keinenMessias " gibt, der alles Leid zu heilen vermag. Es gibt keine Flucht aus den tausendfältigen Bindungen an die Wirklichkeit. Es kann der Einzelne nicht sich dem Ganzen entziehen, als dessen Teil er mit ihm verbunden bleibt, das er mikrokosmisch selbst verkörpert. Wohin wir auch entfliehen mögen überall hin nehmen wir diese Welt, die uns miß­fällt, in uns selber mit. Es gibt nur eins: diese Welt in ihren Zu­sammenhängen zu erkennen, die Ursachen ihrer Mißgestaltung bloßzulegen und diese Ursachen zu bekämpfen. Es gibt nur daS: noch auf dem letz­ten und kleinsten Posten dafür zu wirken, daß diese Welt geändert wird. Keine romantische Flucht rettet uns vor ihr, gleichviel, ob wir die Insel der Verheißung" in der Südsee oder in geistig-individualistischen Bereichen suchep. In unserer Zeit ist das eine tragische Er­kenntnis. Abertausende sind zur Flucht aus ihrer Utsprungswelt gezwungen worden. Und zwar gerade die, die das am klarsten wußten: daß es

Feinde unserer Zähne sind am gefährlichsten, wenn sie ihr Zerstörungs­werk unbemerkt vollbringen können wie das Millionenheer der Fäulnisbakterien. Wenn die Schäden sichtbar werden, ist es schon zu spät. Besser ist rechtzeitiges Vorbeugen durch regel­mäßige Zahnpflege mit Chlorodont-Zahnpaste, die trotz größter Putzkraft den empfindlichen Zahn­schmelz nicht angreift. Tube Kc4*.

schitz verhörte, ergriff er plötzlich einen Stuhl und stürzte sich auf den Untersuchungsrichter, der sich seiner nur mit Mühe zu erwehren vermochte. Dann zerschlug er mit dem Stuhle die Fenster­scheibe und versuchte durch das zerttümmerte Fenster zu entkommen. Als dieser gewalttätige Fluchtver­such mißlang, verlegte er sich auf eine andere Taktik. Er beschuldigte die verhörenden Gendarmen, daß sie durch allerlei Mißhandlungen hätten Geständ­nisse erpressen wollen. Sie hätten ihm brennende Watte in die Nasenlöcher gesteckt, ihm das Nasen­bein eingeschlagen, die Fingerknochen zu brechen versucht, mit einem Schlüssel die euipfindlichen Par­tien hinter der Ohrmuschel bearbeitet usw. Ta diese Beschuldigungen sich als erfunden herausstell­ten, war Samet außerdem noch des Verbre­chens der fälschlichen Bezichti­gung angeklagt. Die Verhandlung dauerte bis in die Nach­mittagsstunden. Das Beweisverfahren vermochte allerdings einen direkten Beweis für den in Frage stehenden Einbruch nicht zu erbringen. Dagegen wurde Jaroslav Samek der fälschlichen Bezichtigung und der öffent­lichen Gewalttätigkeit und der Uebertretung des Waffen- patenteS schuldig erkannt und zu achtzehn Monaten schweren Kerkers verurteilt. Seine beiden Kumpane erhielten wegen Uebertretung des Waffenpatentes je drei Tage strengen Arrestes, rb..

Opfer« und Lache«! Zum Motto der Deutschen Winter­hilfe 1935/36. Volksgenossen, hereinspaziert! Wir warten auf fromme Gaben, nur nicht gefackelt, nur nicht geziert, wir nehmen auch, wie sichs für uns gebührt,. von denen» die nichts mehr haben. Wollt ihr wohl kommen, verdammtes Pack? Du Untermensch, du Pöbel, und zeigst du uns den leeren Sack, so hauen wir dir, nicht fein, auf den Frack' und nehmen dein letztes Stück Möbel. Griesgrämige Gesichter mögen wir nicht, was sind denn daS für Sachen? Erfüllt eure vaterländische Pflicht mit fröhlich strahlendem Gesicht, laut Motto: Opfern und lachen! Gib deine letzten Pfennje, Prolet, ,..'. es bleibt dir vom Leben sowieso nichts, und wenn dein Weib auch Schlange steht, und euch vor Hunger der Magen sich dreht, nur opfern bis zum Tage des jüngsten Gerichts. Nur nicht gezögert, kleiner Mann, die Großen lassen wir laufen, trittst du auch sauer lächelnd an, verfluchst uns sogar später dann, für dein Geld kann man trotzdem was kaufen.. Du bringst die Opfer, du der nichts hat, die anderen können lachen, du ißt dich schon lange nicht mehr satt, daS Elend macht dich müd und matt, die anderen die lachen! Herein, ihr Opfer, hereinspaziert, macht uns nur keine Sachen, wir hoffen, daß alles jetzt gut funktioniert, sonst werdet ihr mal im KZ dressiert. Jawohl da lernt ihr das Lachen! Pretßner.

gilt, die Welt zu erkennen und zu verändern. Sie sind vertrieben worden, aus der Heimat ver­jagt, in die Fremde gestoßen. Nun irren sie um­her, von Land zu Land, ohne Existenz, ohne Habe, ohne Heimat sie alle auf der Suche nach einerInsel der Verheißung", von der sie nichts weiter erwünschen und erhoffen als das tägliche Brot. Und auch sie finden diese Insel nicht. Wohin sie auch gehen überallhin nehmen sie die Heimat mit, aus der sie fliehen mußten; sie tragen sie in sich, in ihrem Bewußtsein, in ihrem Fühlen und Denken, in ihrer Sehnsucht. Und wenn es deutsche Flüchtlinge sind, so erleben sie ein Schicksal von tragischer Ironie: überall, wo deutsche Auslandskolonien die Hakenkreuzfahne hissen, stoßen sie wieder mit diesem Deutsch­ land zusammen, dem sie entflohen sind; als poli­tische Emigranten geraten sie in die alten feind­seligen Gegensätze, wo sie als Deutsche zu Deutschen kommen, und noch in Rio de Janeiro fordern Deutsche von ihnen den Hitlergruß. Und wenden sie sich ab und dem fremden Volke zu, so begegnen sie der Gefahr, als Angehörige des deutschen Volkes, von dem die Welt sich bedroht fühlt, mit gleicher Elle gemessen zu werben. DieInsel der Verheißung" finden sie nirgends. Wohin sie auch gehen überall ge­raten sie an die Zäune gesetzlicher Bestimmungen, die ihnen die bescheidenste Existenz verwehren, überall stoßen sie auf Schranken. Es gibt nur diese Welt, an die wir mit tausend Bindungen gefesselt sind und die den Erdball umspannt die Welt der kapitalistischen Gesellschaft, die im FascismuS ihr furchtbarstes Gesicht xnthüllt und vor der keine Flucht möglich ist, gegen die eS nur zu kämpfen gilt zu kämpfen noch auf dein letzten Posten des Exils. Manfred.