Seite 2 Mittwoch, 27. November 1935 Nr. 27« Christlichsoziale und SdP Radikale unnachgiebig Paris . Die NachmittagSsitzung des Radi« kalen Klubs brachte keine Klärung der Lage. Trotz der eindringlichen Vorstellungen der Minister Herriot und Bonnet, verharren zahlreiche Radikale darauf, daß die Regierung an die Spitze des Programmes vor der Finanzdebatte die Debat^ über die Ligen setzen möge. Zum Schluß wurde eine Resolution angenommen, in der erklärt wird, daß die Radikalen der Finanzdebatte den Vorrang unter der Bedingung geben werden, daß die Kammer am 8. Dezember den neuen Text über die Ergänzung der Regierungsdekrete über die Manifestationen, die Auflösung der Ligen und das Recht, Waffen zu tragen, genehmigen werde. Die Resolution wurde mit 28 gegen 20 Stimmen angenommen. durch Neueinstellung von Arbeitern verringert man die Arbeitslosigkeit, indem man die Arbeitslosenstatistik auf.wissenschaftliche" Grundlagen stellt. Davon werden die Arbeitslosen zwar nicht satt, aber sie verschwinden aus der Statistik. WaS für eine Vorstellungswelt l Dieselben Unternehmer, deren Initiative nicht einmal imstande war, ein Netz von Handelskorrespondenten zu schaffen, so daß sie das Aufspüren neuer Absatzmöglichkeiten im Auslande vom Staate verlangen, wehren sich mit Händen und Füßen dagegen, daß die Neueinstellung von Arbeitern ihrer absoluten Willkür entzogen wird. Sie laufen Sturm gegen den Gedanken öffentlich kontrollierter Zwangssyndikate, aber sie verlangen gleichzeitig vom Staate, daß er die Kartellierung fördert und ihnen die Außenseiter vom Halse schafft. Sie haben gegen das Diktat der Banken nie aufzumucksen gewagt, aber bei der Vorstellung, daß der Staat und gar— schrecklicher Gedanke!— die Arbeiter und Konsumenten in der Produktion, die auf ihrer Arbeit und ihrer Kaufkraft beruht, ein Wort mitreden sollen, stehen ihnen die Haare zu Berge. Daß die Errichtung neuer Betriebe verboten wird, finden sie ganz in der Ordnung, aber daß auch die Einstellung von Betrieben verhindert wird, ist ein unzulässiger Eingriff in die Unternehmerinitiative. Diese Initiative hat nicht ausgereicht, in den einzelnen Produktionszweigen Ordnung zu schaffen, so daß der Staat zu Hilfe gerufen wird, aber wenn der Staat dann auch die Arbeitsbedingungen regeln will, wird ihm eine manchesterliberale Predigt von der Funktion der Verfassung gehalten. Die Verkündung einer Unternehmerinitiative, die sich in Lohnsenkungen und Betriebsstillegungen erschöpft, aber von der Staatshilfe die Unterbin-' düng der Konkurrenz verlangt,. die doch zum Wesen des KapitansntuS gehört, kann uns nicht auS der Krise herauSführen. Erst bis die Hunderttausende hungernder Menschen, die sich von gauk» lerischen Volksgemeinschaftsphrasen den Scharfmacher zum Brotgeber verklären ließen, biS die Bauern, denen eine unaufrichtige Agitation den Sozialismus als den bösen Feind vorstellte, bis der Mittelstand, der im sozialen Aufstieg der Arbeiterklasse und nicht im Verfall der privatkapitalistischen Wirtschaftsordnung die Ursachen seines Elends zu sehen gewohnt war, erst bis alle diese Schichten sich mit der kämpfenden Arbeiterschaft zusammenschließen zur Schaffung einer planmäßig von der organisierten Gemeinschaft geleiteten Produktion» erst dann wird daS Wirtschaftselend überwunden werden. Bor und während der Maiwahlen, zu der Zeit, als der Senator Dr. Hilgenreiner noch Parteiführer war und die Partei bedenklich in das völkische und totale Lager der Fascisten geführt wurde, schwammen die Christlichsozialen ganz im Nebel der Henleinbewegung. Allerdings fehlte n?cht viel und die Partei hätte bei den Wahlen völlig Schiffbruch erlitten. Die Theorie, erst die völkische Ueberzeugung und dann erst die Religion, erst deutschvölkisch sein und dann erst christlichsozial, die ganz offen propagiert wurde, erlitt einen argen Stotz.. In einer christlichsozialen Versammlung in Reichenberg gab nun Herr Senawr Hilgenreiner seine jetzige Ansicht über die SdP. kund. Er erklärte: „Die Entwicklung der Sudetendeutschen Partei kann nach zwei Richtungen erfolgen. Entweder sie entwickelt sich nach rechts und kommt uni in unseren weltanschaulichen Fragen recht nahe. Diese Entwicklung wäre möglich, wenn man' Kon rad Henlein selbst und einen Teil seiner Führerschaft betrachtet. ES besteht aber die große Gefahr, daß die Entwicklung sich nach links richten wird." Die Ansichten des Herrn Hilgenreiner über den Entwicklungsgang der SdP verraten keine besondere Kenntnis der Tendenzen der SdP. Ihre Entwicklung vollzieht sich in der Entwicklung aller fascistischen Parteien» die in der Umgebung unseres Landes in den letzten Jahren zu beobachten waren. Sie entwickelt sich zu einer Unternehmerpartei, in der die Arbeiter und Angestellten Staffage bilden dürfen. Daß, die SdP. sich nicht im sozialistischen, wirtschaftlichen und weltanschaulichen Sinn nach links entwickeln wird, dafür wird sicher der „Stammesführer " sorgen und diese Entwicklung werden die Geldgeber der SdP. beizeiten abbiegen, wenn etwa solche Tendenzen zutage treten sollten- Einstweilen sind sie noch nicht vorhanden. Herr Hilgenreiner ist über die Auswirkungen, die die Maiwahlen hatten, anscheinend noch nicht genügend unterrichtet. Um so mehr ist es aber die christlichsoziale Presse, die diese Auswirkungen zu spüren bekommt und die Mitglieder, die den Hilgenreiner-Kurs wahrscheinlich nicht mehr lange mitmachen werden, wenn nicht eine radikale Schwenkung zu einer realen und sozialen Politik erfolgt. Schon rebelliert es in den Mitgliederkretsen der Christlichsozialen. Vor einiger Zeit veröffentlichte die„Deutsche Presse" die Zuschrift eines Lesers über den Fall Hollube. Der Leser schreibt unter anderem: „Bei jeder Gelegenheit spricht Konrad Hen lein von der Reinheit Und Sauberkeit in der Politik. Beim Lesen seiner Reden gewinnt man den Eindruck, Henlein habe eS sich zur Aufgabe gemacht, die Unsauberkeit in der Politik zu bekämpfen. Ein lobenswerter Vorsatz... Henlein spricht von der Sauberkeit der anderen, in seinen eigenen Reihen aber darf ein Parlamentarier sitzen, der wegen Diebstahls vier Monate abge« sessen hat. Etwas Unerhörtes!!!! Die Stimme dieses Lesers deckt sich mit der Meinung, die in neuester Zeit ständig in der christlichsozial^N Presse vertreten wird. In der Abwehr der SdP-Angriffe gegen die Christlichsozialen und ihre Preffe, die nicht immer sanft sind, sondern ganz so, wie man eS gewöhnt ist ' aus den Angriffen gegen den Marxismus, findet die klerikale Presie recht bezeichnende Töne und Argumente. Es gibt da scharfe Auseinandersetzungen und diese Auseinandersetzungen der einstmals freundschaftlichen Brüder, die Arm in Arm im Kampf gegen den Marxismus standen, die sich gegenseitig begünstigten, deren Führer man im Kampfe gegen die Sozialdemokratie kaum noch auseinanderhalten konnte, sind bezeichnend. Wie tiefgehend die Zerwürfnisie sind, kann man auch aus folgender Auslastung der „Deutschen Preffe" ersehen. In einer Polemik über die Frage, was deutsch -völkisch ist, schreibt die„Deutsche Preffe": „Die Hauptleitung deS SdP hat de« Abgeordneten Dr. Köllner mit den hochschnlpolitischen Aufgaben betraut. Seitdem hat flch rin Arbeitskreis der SdP-Studenten gebildet, der feine« Zweck in dem Versuche einer planmäßige« Verpolitisierung der deutschen Hachschäler erblickt. Datei wird der unreifen Jugend von dr« verantwortliche« Parteifaktore« anscheinend zu den unglaublichste« Anmaßnngen Freiheit gelassen. Auf Briefpapier mit dem gedruckten Kopf der SdP versenden sie die Grundsätze des Aufgabenkreises der SdP-Studenten, deren erster lautet:„Aufgabe des Arb eitSkreiseS ist die Erfassung sämtlicher nichtkor- porierler deutsch -völkische Hochschüler inder Tschechoslo» wakischenRepublik. Deutschvölkisch ist im Sudetenraum nur derjenige Hochschülrr, der sich durch die Zugehörigkeit zurSdP. zu Konrad Henlein bekannt oder dem Turnverb an d angehört!" Die Christlichsozialen hätten sich diese Feststellung ersparen können, wenn sie nicht aus Hatz gegen die sozialdemokratische Bewegung den Henleinern Hilfsstellung geleistet hätten. Sie hätten sich auch eine Kennzeichnung dieser Methoden der LdP. ersparen können. Wenn man heute schreibr, daß es„eine hemmungslose Anmaßung" ist, was die SdP. erneut treibt, eine „Beleidigung für die übrige deutsche Studenten- schwft" darstellt, so ist den Politikern mit der langen Leitung zu sagen, daß diese Erkenntnis im entscheidenden Augenblick vorteilhafter für die Polttik unseres Landes gewesen wäre. Hätte man früher die Politik mehr vom Verstände leiten lasten, statt vom Hatz gegen die sozialdemokratische Arbeiterbewegung, wäre den Christlichsozialen auch die schmachvolle Behandlung nicht widerfahren, die ihnen die Henleinbewegung jetzt zuteil werden läßt. Folgendermaßen höhnt die Henlein-Prozinzpreste: „Die christlichsoziale schreibende Press« /ereifert sich darüber, daß einige sudetendeutsche Blätter dem Sinne nach schrieben: Die Christlich soziale Partei habe für daS Außenexpose deS Ministers Dr. Beneö gestimmt... Und gerade daS bestreitet dir christlichsoziale Presse mit einem anfgeregte« Geschimpf.. Schadenfreude ist in der Polittk nicht angebracht. Aber die Lektion, die die Preffe Konrad HenleinS heute den Christlichsozialen erteilt, ist nicht unverdient. Die böhmische LandeSvrrtrrttmg setzte am Dienstag die Budgetdebatte über die Kapitel Landwirtschaft und Oeftentliche Arbeiten fort. Arbeitenminister verspricht Beschleunigung der Investitionen Arbeitenminister Jng. Dostalek unterstrich in seinem Expost die Notwendigkeit der Koordierung der Eingriffe in das Wirtschaftsleben, die sich zu seiner Gesundung als notwendig erweisen. Er hob die Bedeutung der öffentlichen Investitionen im Rahmen dieser Maßnahmen hervor und erklärte es für unumgänglich notwendig, ihre Verwirklichung zu beschleunigen und damit so wirksam wie nur möglich in den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit einzugreifen. Können die Jnvestittonen in dem notwendigen weitesten Rahmen nicht aus Budgetmitteln gedeckt werden, dann muß man eine andere Art der Finanzierung suchen, ohne freilich die gesunde Finanzpolitik des Staates zu stören. Das Ministerium wird für 1936 einen Betrag von 600 Millionen für staatliche Zn- vestiiionen zur Verfügung haben. Dazu komme» 250 Millionen an Subventionen für nicht- staatlich« Faktoren und 130 Millionen Kredit» für Erhaltungsarbeiten. Daraus ergibt fich ein Betrag von fast einer Milliarde K£ als Beitrag der öffentlichen Arbeite« zur Milderung der Ar- beitSlostgkrit. Von größeren Hochbauten, die fein Ressort in Angriff nehmen kann, erwähnt der Minister die Lösung der Frage dekPragerKliniken, deren Bauprogramm in der Höhe von 180 Millionen auf eine lange Reihe von Jahren verteilt ist. DaS Pro« iett besteht auS zwei Teilen: der Rekonstruftion der Krankenhäuser im Innern der Stadt(Allgemeines Krankenhaus und Dwisionsspital) und dem Bau eine» klinischen FilialkrankenhauseS an der Peri« pherie. Sobald die Grundstücke gesichert sind, wer» den zunächst die klinischen Projekte ausgeschrie« ben werden. Wetter soll der Lau der Staats» g a l e r i e auf der Prager Leina noch Ende 1986 begonnen werden. Der Minister gab dann eine liebersicht über die projektterten' Wasser- und»Straßenbauten. Etwa 14 Prozent der Staatsstraßen harren noch der Modernisierung. Der Aufwand für die bisherige« Straßenbauten und«erneuerungen erreicht bis Ende 1935 rund 1970 Millionen. Für die nichfftaatlichen Straßen sind 212 Millionen präliminiert. - Die weiteren Ausführungen des Minister» waren dem Flugwesen gewidmet, wobei er in?» besondere die Wichtigkeit der neuen Verbindung mit Rußland betonte, die im Frühjahr eröffnet werde« wird. Ueber die Elettrifizierung des flachen Lande» berichtete der Minister, daß bisher bereits 8622 Gemeinden eleftrifiziert sind, während 7060 noch der Elettrifizierung harren. Aus Staatsmitteln wurde hiezu mehr als eine Biertelmilliarde bewilligt. Bruverladennovellt noch im heurigen Jahr? Im sozialpolitischen Ausschuß fand eine Aussprache über die Bergarbeite<Versicherung statt, über die Oberrat Bednak vom Ministerium für öffentliche Arbeiten referierte. Dr. Schönbaum ergänzte diese Ausführungen durch ein umfangreiches Referat. Der Ausschuß sprach nach längerer Debatte der zuständigen Kommission und Dr. Schönbaum für seine Mitarbeit den Dank au». Es wurde der Anttag angenommen, daß die betreffende Novelle beschleunigt vorgelegt werden soll, damit sie noch bis Ende 1935 verfastungS« mäßig verabschiedet werden könne. 11 Roman von Karl Stym Copyright by Bugen Prager-V erlag, Bratislava Hinter der„Rolle" ist eine große, betonierte Aschengrube. Als Paul und ich dran vorübergehen, hören wir jämmerliches Glucksen. Wir sehen nach. Die Aschengrube ist an einen Garten gebaut. Zwischen der Betonwand und dem Gartenzaun ist ein etwa halbmeterweiter Schlitz . Hell langt hinein und zieht einen Jungen beim Rockkragen heraus. „Laß mich aus!" Der Junge wehrt sich. Er versucht, Pauls Hand mit einer Zigarette zu brennen. Es ist Schicks Ältester, ein bekannter Lausejunge. Ich habe inzwischen den zweiten herausgeholt Der fünfjährige Jupp Karli weint Seine blonden Haare sind voll Wagenschmiere. Hell fährt Schicks Sprößling an: „Was hast du mit dem Kleinen gemacht?" „Gespielt!" ist die freche Antwort Jupp Karli faßt Mut. „Er hat mir— den Kopf angeschmiert— Dann hat er mir— die Zigarette in den Mund gesteckt— und ich hab’ müssen— anziehen!— Es brennt so!“ Wagenschmiere und Tränen rinnen über das Kindergesicht „Laß meinen Jungen los!" schreit eine grelle Stimme vom ersten Haus her. Gleich darauf flattert die Schickin auf uns zu. Auf ihrem grauen Gesicht glühen zwei rote Flecken. Sehe ich dieses Weib, so habe ich immer die Vorstellung von einem Zaunstecken, um den ein paar schmutzige Lumpen gehüllt sind. Ihre zehn Kinder und der versoffene Mann hahon ihr jede Weiblichkeit genommen. Aber ihre Kinder liebt sie trotzdem. „Was hat er denn gemacht?“ .„Sehen Sie diesen Kleinen da an!“ „So was tut der Meine nicht!“ ist die entschiedene und gläubige Antwort Welche Mutter hat nicht das bravste Kind?— „Wir vielleicht?“ Hell wird wütend. „Wasche den Kleinen wenigstens, sonst bekommt er zu. Hause obendrein noch Prügel!" Das Weib funkelt mich an: „Ich?— Ich hab’ selbst zehn solche Stücke!— Und für die?— Das Diebsgesindel?— Nein! Die soll sich ihre Seife selber kaufen, mit dem gestohlenen Geld!“ Sie nimmt ihren Jungen und schiebt ihn wie schützend vor sich her, immer noch schimpfend und beteuernd. Paul wischt mit seinem Taschentuch den ärgsten Schmutz vom Gesicht des kleinen Jupp. Der heult noch immer. „Das gib deiner Mutter!“ Paul drückt ihm einen Schilling ins schmutzige Händchen. Jetzt geht’s erst recht los. Die Tränen purzeln nur so aus den Augen,— um einen zweiten Schilling. Seine arme Mutter kann viel solche brauchen... Wir auch. Auf der mageren Wiese vor Schropps Häuschen bleibt Paul stehen und sieht zur„Rolle" zurück hinauf. „Schrecklich, wie die da oben Kinder erziehen!" „Erziehen, glaube ich, wollen sie gar nicht. Sie füttern ihre Kinder nur recht und schlecht groß und geben ihnen die Logik ihres Lebens. Die ist weder weltbewegend, noch schön und ohne viel Umsehens, aber selbstverständlich für sie!“ Die Schropp Sophie drückt sich an uns vorbei gegen die „Rolle“. Ich spitze meine Lippen und schmatze. Das Mädchen tut verlegen. „Das Essen ist schon gerichtet!— Und wenn Vater fragt, wo ich bin, so sagt!“• „Beim RÖhling!“ „Untersteh dich!“— Eine Stunde später mache ich den gleichen Weg. Oberhalb der„Rolle“ rennt mich Röhling beinahe um. „No!" Röhling, scheint mir, mag sich wieder mal selbst nicht. „Mensch, ich wollt’, du hättest einen Strick für mich!“ „Wenn’s pressiert, muß es auch der Hosenriemen machen!“ Der Kerl ist komplett auseinander, als habe er ein» Spinne geschluckt oder einen Haupttreffer gemacht. „Heiraten soll ich!— Hast du verstanden: Hei— ra— ten!— Die Sophie! Ich die Sophie?— Die ist verrückt!“ „Was wird dir schließlich anders übrig bleiben?“ Das Tellergesicht vor mir arbeitet mächtig. Bald sieht«s aus wie eine glatte Mondscheibe, dann wieder wie eine verrunzelte Tomate. „Nichts! Rein gar nichts!— Verdammt!“ Er stampft halb wütend, halb ergeben davon. Röhling ist eine ehrliche Grubenratte, aber außerhalb der Grube ist er ein Narr. Auf der einen Seite ordinär bis zur Schamlosigkeit, auf der anderen voll Sehnsucht wie ei« alberner Backfisch. Er leidet an der fixen Idee, das Lebe« habe für ihn noch eine Chance mit steifen Krägen und scharfen Bügelfalten bereitgestellt. Wie und was es sein soll, weiß er allerdings selbst nicht. Aber er glaubt an seine „Bestimmung". Wir anderen bemühen uns gar nicht, ihn» das auszureden; erstens wäre es zwecklos und zweitens profitieren wir dabei. Seine sehnsüchtige Tolpatschigkeit ist für uns ein köstliches Amüsement. Inzwischen ist es dunkel geworden. Am reingefegten Himmel steht der Mond. Zwischen den Buchenstämmen flimmert hie und da ein Licht auf. Von der„Rolle“ unten. Martha erwartet mich schon. Vom Flachland unten kommt ein frischer Wind. Wst schmiegen uns ganz eng aneinander. Eine fast taube Still* ist um uns.
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15 (27.11.1935) 276
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