Sosialdemokra

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

16. Jahrgang

MOTED TO

Dienstag, 7. Jänner 1936

Neue Rettungsanker für Mussolini  

Papst und Könige in Aktion

Die Rolle Leopolds III. Und wieder Laval!

Während die italienische Heeresleitung ans scheinend an einem großen Versuch arbeitet, der noch vor Beginn der Regenzeit zugleich mit einem vollwertigen Faustpfand eine Operationsbasis für den eventuellen Herbstfeldzug in die Hand der Staliener bringen soll, wird von den Freunden Mussolinis nichts unversucht gelassen, ihm einen diplomatischen Sieg zu sichern, ehe noch die Re­genzeit, weitere militärische Mißerfolge oder das Einsetzen verschärfter Sanktionen seinem Afrika­Traum ein Ende bereiten.

Die Stimmung in Italien   hat sich allen Bes richten zufolge seit den unverkennbaren militä rischen Mißerfolgen um die Dezembermitte und dem Sturze Sir Samuel Hoares bedeutend ver­

schlechtert. Besonders auffällig ist es aber, daß in den letzten Tagen die Preise sehr fried­fertig geworden ist soweit man diesen Aus­druck auf faschistische Zeitungen überhaupt an­wenden kann. Der Ton gegen England ist gemäs Bigt, die Forderungen werden nicht mehr so maß­Los hoch gespannt wie noch in der Besprechung des Laval- Hoare- Planes, und die Durchhalte­phrasen werden auch in gedämpfter Ausgabe ge­liefert. Die ersten Folgen der Sanktionen, der Goldmangel, die blutigen Ver­I u ste des Krieges, die nachgerade nicht mehr zu verheimlichen sind, das Ausbleiben der erhofften großen Siege, tun ihre Wirkung.

Italiens   Menschenverluste

Man darf nicht vergessen, daß der afrikas nische Krieg, trop seines merkwürdigen Charak­ters ohne große Schlachten, bisher schon einen schweren Ader la ß für Italien   bedeu­tet. Man darf sich freilich nicht an die offiziellen Verlustlisten der italienischen Heeresleitung hal­ten, die in schamloser Weise lügen. Die einzige berläßliche Angabe bietet bisher der Ausweis der Suez Kanalgesellschaft.

Diese hat in der Zeit vom 25. Juni bis zum 25. Dezember 1935 in der Richtung gegen Erytrea

24 6.3 61 Mann Solbaten un b

Arbeiter

befördert, in der Gegenrichtung aber 35.6 97 Verwundete und Krante das sind von der erstgenannten Zahl gerechnet 14.5 Prozent.

zurückgehen, und wohl auch der größte Teil ber kranken oder verwundeten Askari, die der zivilifierte Italiener   zweifellos in Ort und

Stelle verkommen läßt.

Man wird also faktisch mit wenigstens 50.000 franken und verwundeten Italienern und einer schwer zu schäßenden Zahl verwundeter und kranker Askaris bis Jah­resende rechnen müssen. Dieser Zahl dürften aber wenigstens 3000 bis 5000 Tote ent­sprechen.

Man kann sich schon vorstellen, daß diese Verluste auch von einer an Kopfzahl großen Na­tion empfindlich gespürt werden und daß sie die Begeisterung für einen größeren Krieg abdämp­fen und eindämmen.

Verhandlungsbereit?

Auf diese Wandlungen scheint es zurüdzus führen zu sein, daß Italien   verhandlungsbereit wird. Wieweit Mussolini   selbst es ist, wie­weit er von stärkeren Sträften, etwa von der Generalität, gedrängt wird, ist eine andere Frage. Auffällig war schon seine Aeuße rung, daß Italien   für das Scheitern des Laval­Hoare- Planes nicht verantwortlich sei, da man seine Antwort gar nicht abgefvartet habe.

Neuerdings verlautet, daß Italien   wahr scheinlich sehr froh wäre, wenn es auf der Basis das Laval- Hoare- Angebotes verhandeln könnte. Wahrscheinlich würde es sich sogar mit weniger zufrieden geben. Seine Aussichten für den wei­teren Feldzug sind nicht besonders günstig.

Selbst wenn es Baboglio gelingt, durch den angeblich geplanten Gewaltstoß der Südarmee die Provinz Sidamo in seine Hand zu bringen und dieses fruchtbare und Klimatisch günstige Gebiet, das jedenfalls besser ist als die Ogaden, während der Regenzeit besetzt und in dauernder Verbin­dung mit den Somalihäfen zu halten, wird bie Position dieser italienischen   Armee durch viele Monate sehr schwierig sein und bei Beginn des Herbstfeldzuges wird sie nicht nur mit dem Feind

von 1935, sondern mit einem wesentlich besser

ausgerüsteten zu kämpfen haben.

Badoglio und die Armee würden also zwei fellsohne einen raschen Frieden jeder Fortsetzung des Krieges vorziehen.

Auf einen raschen Frieden drängt aber augenscheinlich auch die Krone, drängen ge­wisse Streise der Finanzwelt und drängt vor allem die Stir ch e.

Inettspolitik der Häuser Savoyen   und Koburg zu durchkreuzen.

Der Vatikan  

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Nr. 5

Wiedergeburt und Neubeginnen

Zum Parteitag des BdL

In gleicher Richtung wie der König der Bele gier soll der Papst arbeiten. Daß die Kirche keine Entwicklung wünscht, die zu einem großen euro­Am 19. Mai 1935 sind die bürgerlichen päischen Krieg, zu einer Niederlage Italiens  und wahrscheinlich zu einer Revolution in Italien  , Parteien des Sudetendeutschtums von der Attade mindestens zur Herstellung einer stark freimaus der SdP in einem Maße niedergeritten worden, rerischen liberalen Republik führen könnte, ist daß in weiten Kreiſen der Eindruck entstand, es berständlich. So wenig sympathisch dem Vatikan   gebe im Sudetendeutschtum nur noch die eine manche Züge Mussolinis sein mögen, so sehr der große totalitäre Bürgerpartei und neben ihr eine Papit zu Striegsbeginn wahrscheinlich eine Erledi- beträchtlich fleinere marristische Opposition. Was gung Mussolinis durch seine konservativen Gegner dazwischen liegt, könnten nur noch Trümmer sein, begrüßt hätte, so gefährlich dürfte ihm im jetzigen die in absehbarer Zeit verschwinden würden. Noch Augenblick ein Sturz Mussolinis und eine Ent- in ihren letzten Stundgebungen und Pressepole= wicklung nach links erscheinen. Man darf nicht ver- miken hält die SdP an der anspruchsvollen Deu­geffen, daß ein Krieg im Mittelmeer   wahrscheinlich tung fest, sie sei die Partei des sudetendeutschen  Veltes schlechthin. die französische   Linke ans Ruder brin­gen, Frankreich   radikalisieren und nahe an den Daß dem feineswegs so ist, heute nicht mehr Rand einer jakobinischen Diktatur führen, die so ist, hat der Parteitag des Bundes der Landwirte doch wohl in anschaulicher Zusammenarbeit der Westmächte der vielleicht auch Kraft erwiesen. Nachdem sich schon die Christlich­Sowjetunion vertiefen, Spanien   aufs neue in die revolutionäre Front sozialen besonnen, zum Widerstand aufgerafft einreiben würde. Möglicherweise fürchtet der und durch einen Wechsel in der Parteiführung nach, außen und innen die Absicht zu einer selb Vatikan   auch für Mitteleuropa  . standigen und eindeutigen Politik dargetan haben, beweisen die Kundgebungen sowohl des Ministers

mit

Seine Politik läuft darum zweifelsohne auf die Herbeiführung eines raschen Friedens hinaus, bei dem Mussolini   nicht zuviel an Prestige ver­liert, aber vielleicht gerade genug, um gegen eine Einschränkung feiner Macht durch die erstarkende Krone und die Kirche nichts unternehmen zu können. In der Richtung eines raschen Friedens, der zugleich eine kleine, nach außen kaum merkbare Demütigung Mussolinis sein könnte, arbeiten augenscheinlich Pius XI.  , der Stronpring Umberto, die katholischen Kreise Frankreichs   und Belgiens  , Leopold III.   und gewisse britische   Kreise.

Pierre Laval  

pina als auch des neuen Partei- Obmanns des BdL, Gustav Hacker  , darüber hinaus aber der ganze Geist, von dem der Parteitag ge­tragen war, und die eindrucksvolle Stärke der Delegationen aus allen Landgebieten, daß die alte Bauernpartei des Sudetendeutschtums ent­schlossen ist, den Kampf gegen die Totalitätsbes strebungen Henleins wieder aufzunehmen, und daß sie sich träftig genug fühlt, diesen Kampf durchzuhalten bis zu dem Punkte, an dem das Versagen der Henleinschen Gesamt- Konzeption weiteren Streifen des Landvolks offenbar werden muß. Der Aufstieg der SdP und der Niedergang der alten bürgerlichen Standes- und Weltan­schauungsparteien war durch ebendiese selbst Herr Laval, durch die letzte Abstimmung mit zum großen Tei verschuldet worden. Nicht nur 20 Stimmen Mehrheit für drei Wochen Regent die tätige Hilfe gerade etiva Minister Spinas und von Frankreich  , nützt die Frist und soll schon anderer bürgerlicher Politiker, mehr noch der läh­wieder einen Planfertig haben. Er will mende Geist der Kapitulation, von sich diesmal zuerst der Zustimmung Mussolinis ver- dent sich angesichts der Hitlerei und des Volks­fichern und dem Völkerbundrat dann mit dem Plan gemeinschaftsrummels die alten Parteien ansteks aufwarten, um eventuell mit der Zustimmung fen ließen, haben zwischen 1933 und 1935­Genfs vor die Kammer treten und sich ein neues neben der gefährlichen Haltung verantwortlicher Vertrauensvotum holen zu können.

Daß bei solchem Spiel Pierre Laval   nicht fehlen darf, versteht sich am Rande dieser Be­trachtung.

Auf keinen Fall will Laval die Delianttion ristieren, die seinem Freund Mussolini   den Todesstoß versezen würde. E den ist durch die Haltung Lavals genötigt, in Genf  eine zurückhaltende Politik zu verfolgen. Die Ent­scheidung über die Delsanktion, über den Friedens plan, über Mussolini  , Laval und Eden wird aber Franklin Roosevelt  

tschechischer Kreise das meiste dazu beigetra­gen, daß Henlein   über das Maß der Erfolge hin­ausgelangte, die man ihm nach der Auflösung der

alten nationalen Parteien als deren Erben und Stronwächter von Haus aus vorhersagen konnte. Spät, aber doch wohl nicht zu spät, sind sich die verantwortlichen Menschen in den bür­gerlichen Parteien darüber klar geworden, daß sie nicht, wie sie es wohl erhofft hatten, die To tengräber des Marrismus, sondern die ihrer eige­

Nun waren freilich schon vor dem 25. Juni italienische Truppen nach Erytrea   und Somalis  land abgegangen. Die Zahl der rückbeförderten fällen. Wie zu Beginn des Jahres 1917 spielt auch nen Parteien zu werden drohten, daß sie aber Verwundeten wird, auf diese berechnet, vielleicht heute der Präsident der USA   eine welthistorische auch der Nation, der sie zu dienen meinten, einen nur 12 Prozent betragen. Andererseits sind in Leopold III.   als Vermittler Rolle. Wie damals Wilson wird heute Roose- wahren Bärendienst erwiesen hatten. diesen Ziffern noch die Opfer der Schlachten von. velt durch widerstreitende Motive geleitet: Ethif Der deutsche Katholizismus Mitte Dezember nicht enthalten, die In einer recht merkwürdigen Rolle erscheint und Geschäft. Rücksicht auf Sympathien und des Staates, die deutschen   Bauern der doch die blutigsten und überhaupt die einzigen dabei der König Leopold III.   von Belgien  , dessen Antipathien seiner Mitbürger und Wähler, welt- Tschechoslowakei, die deutschen   Gewerbes großen Kämpfe des bisherigen Feldzuges waren! Schwester Maria José mit dem italienischen geschichtliche Erwägungen, durchkreuzen einander treiben den, haben kein Interesse daran, Man muß aber auch ins Kalkül ziehen, daß Kronprinzen Umberto verheiratet und niemand vermag nach Roosevelts vieldeutiger sich durch eine Katastrophenpolitik, die nach Berlin  unter den 35.697 zurückbeförderten Kranken und ist. Leopold III.   soll sich seit Wochen als Vermitt- Rede froß ihrer Spitze gegen die Diftatoren heute schielt und von Berlin   ihre Rettung erhofft, wie sie Verwundeten sicher nicht enthalten sind: ler im Dienste Italiens   betätigen und an dem zu sagen, wie der Mann entscheiden wird, der von dort auch ihre Orders erhält, im Staate iso­die schwersten& ä II e, die nach mehrwö- Zustandekommen des Laval- Hoare- Planes beteis mächtiger als alle Könige und Bischöfe und Dif­chiger Behandlung in der Etappe in die Front ligt gewesen sein. Er ist im Dezember 3 we itatoren und doch gefesselt ist durch die Aussicht auf malin London   gewesen angeblich um die kommende Präsidentenwahl! einen Arzt zu fonsultieren faktisch, wie es ſcheint, um englische Politiker und um seine eng­lischen Verwandten( Leopold ist ja Koburger wie die britische   Königsfamilie auch, die sich allerdings im Kriege in Haus Windsor   umbenannt hat) zu besuchen und für Italien   günstig zu stimmen.

Angst vor dem Ende

lieren, zu einer mageren und im Falle einer europäischen   Fehlrechnung der Herren Ribbentrop  

und Walter Brand   für die Sudetendeutschen  todlichen Obstruktion verurteilen zu Zum Falle des Redakteurs Maixner lassen. Sie merkten bald nach dem 19. Mai 1935, daß Henlein   sie und die Nation, soweit sie ihm Zu unserem am 2. III. 1935 unter der Paris  . Bedeutende Aufmerksamkeit in der gefolgt, auf diesen Weg führen muß. Sie wurden Ueberschrift..Faschistische Internationale in Af­Pariser Presse hat ein Artikel im Organ des ernüchtert und zogen einige Konsequenzen aus tion. Einheitsfront Adolf Borstendörfer Miloš Linksflügels der faschistischen Partei" Regime ihrer Erkenntnis. Die Schwenkung der Christ Mairner" veröffentlichten Artikel konstatieren Einigermaßen rätselhaft ist dabei freilich die Fascista" hervorgerufen, der sich für eine be lich sozialen, die fürzlich erfolgte bemer wir, daß unsere Nachricht, als ob Herr Miloš Frage, wie sich in einem parlamentarisch regier- chleunigte Regelung des it as fenswerte Stellungnahme der Gewerbepar­Mairher mit dem reichsdeutschen Publizisten ten Lande wie England der königliche Einfluß lienisch abeffinischen Konflittes tei Stenzle, nunmehr die Erklärungen Spinas Adolf Borstendörfer zusammengearbeitet hätte, überhaupt so stark geltend machen kann. Der Ein- ausspricht. Das Blatt schreibt, das entscheidende und Hackers, die von anderthalb tausend Bauern auf falschen Informationen beruht hat und daß fluß des Königs hat ja auch, wenn er überhaupt Wort in den Versöhnungsversuchen sollte der und Bauernvertretern also doch wohl nach­der Redakteur Miloš Maigner auch schon im vorhanden war, nicht ausgereicht, um Hoare   zu Völkerbund führen. Dieser Standpunkt wird als weisbar und zweifelsfrei gut deutschen und bos Sommer dieses Jahres vom Straffreisgericht in balten und den Plan gegen die öffentliche Meis fumptomatisch für die Wendung gehalten, die sich denständigen Menschen zustimmend aufgenom Prag   von der gegen ihn erhobenen Klage frei- nung durchzusetzen. m der italienischen Oeffentlichkeit bemerkbar zu men wurden, erweisen den Anbruch der gesprochen worden ist. Verständlicher wäre ein Drud hoher machen beginnt. Der Berichterstatter des Paris Henleindämmerung im fatholischen, firchlicher Kreise auf die belgische Midi" schreibt, einflußreichen ausländischen Kleinbürgerlichen und bäuerlichen Lager. Regierung und eine diplomatische Vermittlung Stimmen sei es gelungen, die führenden ita- Es wird nicht nur für diese Varteien, deren Leopolds III. im Einvernehmen mit seinem Pre- lienischen Regierungsfaktoren darauf aufmerksam Schicksal am Ende ihre eigene Sache ist, sondern mierminister Van Reeland. Hier beginnt eine zu machen, daß die Bombardierung des schwe- fir die Massen des sudetendeutschen  . Ifes von Wir führen hiemit unser Referat auf das große Aufgabe für unfere belgidischen Feldlazaretts im Auslande einstimmig großer Bedeutung sein, ob die wiedererstarkenden richtige Maß zurück. schen Genossen: die Ansätze einer Stabi- verurteilt worden ist. Gruppen der bürgerlichen Mitte an' item Bora

Auf Grund des durchneführten Gerichts­verfahrens teilen wir mit, daß Herr Miloš Mair­ner feine staatsfeindliche oder unehrenhafte Handlung begangen hat.

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