Nr. 8 Freitag, 10. Jänner 1936 Seite 3 Brüssel  . Der belgische Innenminister er­klärte, daß die Regierung nicht die Absicht habe, schon im Mai Parlamentswahlen durchzuführen, sondern erst im Herbst, wahrscheinlich iin Oktober. fudetendeufecfrer Zeitspiegel menhang mit dem Selbstmord der Schriftstellerin Marie Gräfin   Bienerth, dec Tochter des ehemali­gen österreichischen Ministerpräsidenten Richard Bienerth. Es handelt sich um eine monarchistische Schriftstellerin, die den Text einer Oper geschrie­ben hat und diese in dem Theater deS Herrn ver Weg unserer Jugend Ein Genosse, der am Verbandstag des Sozialistischen Jugendverbandes in Teplitz- Schönau   teilnahm, schreibt uns: Ich habe schon so mancher bedeutsamen Ta­gung beigewohnt, noch selten aber hat mich eine so gefesselt, wie der Verbandstag unserer Ju­gendlichen. Unsere jungen Funktionäre der SJ haben mit dieser Tagung nicht nur bewiesen, dass sie es ausgezeichnet verstehen, organisatorisch ihr Haus zu bestellen, sie bekundeten in ihrer über­wältigenden Mehrheit auch eine restlose Klarheit über die Aufgaben ihres Verbandes. Es mutz überhaupt gesagt werden, datz der Verbandstag eine selten grotze geistige Lebendigkeit aufwies. Eine besondere Freude bot die Verfolgung der Diskussion, die sich an das inhaltlich wie retho- risch gleich hervorragende Referat des Genossen Kern anschlotz. Nicht weniger als 20 junge Genossen ergriffen das Wort und nützten die fünfzehn Minuten ihrer Redezeit fast durchwegs zu sachlichen, gut vorge­tragenen Darlegungen aus. Die meisten Redner bewiesen nicht nur, datz sie die Probleme der Ju­gendarbeit ausgezeichnet meistern, sondern datz sie auch über einen beachtlichen Fundus von so­zialistischem Wissen verfügen, der sie bald zu grösseren Aufgaben in der Partei berufen wird. Neben der Tagung selbst, über deren klare Beschlüsse bereits berichtet wurde, war es der Nachweis der geleisteten Arbeit, der besonders interessierte. Dem Verbandstag war eine Aus­stellung über das Jahr der Kamerad­schaft angegliedert. Was hier in trockenen Zahlen und in gut zusmnmengestellten Photos zum Ausdruck kam, umschloss eine solche Fülle praktischer Arbeit, dass deren freudige Anerken­nung nicht unausgesprochen bleiben darf. Es war schade, datz diese Ausstellung nicht einem grötzeren Teil unserer Parteiöffentlichleit zu­gänglich gemacht werden konnte. Vielleicht über­legt die Lettung des Jugendverbandes, ob sie mit ihrem reichen Material nicht eine Wander­ausstellung organisieren kann. Noch ein Wort sei bei dieser Gelegenheit über die Zeitschrift unserer jungen Genos­senDas junge Volk" gesagt. Das ist eine Jugendzeitschrift wie sie sein soll! Das Blatt hat Niveau, es ist jugendtümlich und lehendig, beleh­rend ohne lehrhaft zu sein, es gibt der Stimme der JPieiiderzi^er Ebenso Raum wix^enA der Jugend selbst, und es ist mit grosser Sorgfalt und Liebe redigiert. Die sozialistische Jugend ist zu diesem Blatt, das sie in schwerer Zeit so präch­tig ausgestalten konnte, aufrichtig zu beglück­wünschen. Der Verbandstag in Teplitz-Schönau  , der fünfzehn Jahre nach dem grotzen Aderlatz der Spaltung zusammentrat, erbrachte den Beweis, datz der Weg, den unsere Jugend verfolgt, der richtige Weg ist. Warum nur die Krankenkassen? An leitender Stelle des Henlein-OrganS Die Zeit" befasst sich Herr Josef Mayer« Eger  , dessen politische Gesinnung ebenso in der Geschichte schwankt, wie nach Schillers bekannten Worten das Charakterbild Wallensteins mit den verhinderten Kränkenkaffenwahlen". Herr Mayer beklagt sich darüber, dass die Wahlen in die Ver­waltungsorgane der Krankenkassen noch immer nicht stattgefunden haben und beschwert sich ausgerechnet in der totalitärenZeit" über den Mangel an Demokratie, der so zum Vorschein kommt. Wir glauben, dass es Herrn Mayer viel näher läge, die Demokratie in einer anderen Ein­richtung zur Geltung zu bringen, nämlich im Landeskulturrat. Herr Mayer ist Landwirt, ist lange agrarischer Abgeordneter ge­wesen und hat Zeit genug gehabt, für die Durch­setzung demokratischer Forderungen in seinem ur­eigensten Wirkungsgebiete einzutreten. Wir haben aber noch nie gehört, dass Herr Mayer etwa für das gleiche Wahlrecht in die Landeskulturräte für alle in der Landwirtschaft Tätigen eingetreten wäre. Ebenso haben wir in derZeit" noch nicht gelesen, dass diese etwa für die Ausschreibung der Wahlen in die H a n d e l s k a m m e r n sich eingesetzt hätte, obzwar gerade in den Landes­kulturräten nnd den Handelskammern jener Ein­wand wegfällt, den man bei den Wahlen in die Krankenkassen geltend machen kann, nämlich die Tatsache, datz augenblicklich ein grotzer Teil der Arbeiter wegen der Arbeitslosigkeit das Wahlrecht in die Krankenkassen nicht hat. Die Henlein  -Sippe wird also auch in diesem Falle die Oeffentlichkeit nicht davon überzeugen, dass ihr nichts so sehr am Herzen liege, wie die Demokratie.' Der neue Kurs Wien  . Wie amtlich mitgeteklr wird, ist der Sicherheitsdirektor für Steiermark  , Franz Zel- berg, von seinem Poften zurückgetreten. An seine Stelle wurde Hofrat Viktor Kastner-Poehr zum Sicherheitsdirektor für das Land Steiermark  -r- nannt>. Zelburg war durch seine Unversöhn­lichkeit bekannt, mit der er die politischen Geg­ner verfolgte und die schliesslich auch unter den Anhängern der Regierung abfällig kritisiert wor­den war. Das Elend im Egerland  Jeder fünfte Einwohner arbeitslos... In der letzten Sitzung der Stadtvertretung Königsberg«, d. E. wurde, wie uns ge­meldet wird, festgestellt, dass die Stadt derzeit 950 Arbeitslose zählt. Stellt man dies« Ziffer der Zahl der Einwohnerschaft Königsberg   gegen­über die Stadt zählt rund 5000 Einwohner so ergibt sich, dass in Königsberg   jeder fünfte Einwohner arbeitslos ist... Arbeltslosen-Selbstmord In Königswerth   bei Fallenau a. d. E. hat sich der erst 18 Jahre alte Geschäfts­angestellte Franz Sattler entleibt. Der Un­glückliche hat, wie uns mitgeteilt wird, zur Waffe deshalb gegriffen, weil es ihm trotz aller Bemü­hungen nicht gelungen war, Arbeit und Verdienst zu finden. bettelnde Kinder überfallen Ladeninhaberin Aus Karlsbad   wird UNS gemeldet: In den Abendstunden des Dienstag erschienen im Filial­geschäft der Zentralmollerei im HauseMen­delssohn", in welchem eine Frau Josefine Sa­misch als Verkäuferin angestellt ist, fünf Bettel­jungen, die um ein Almosen baten. Frau Samisch  füllte ein Trinkglas mit Milch, das sie einem der Knaben gab. Während dieser trank, begannen plötzlich die übrigen vier Buben einen Raufhan­del, der, wie sich später herausstellte, dazu insze­niert worden war, um die Verkäuferin abzulen­ken. Als Frau Samisch   vor das Ladenpult trat, um die Raufenden zu trennen, nahm der Junge, dem sie die Milch gegeben hatte, das noch halbge­füllte Glas und schleuderte es zu Boden, wo es zerschellte. Im gleichen Augenblick versuchte der Bursche, Waren vom Ladenttsch zu nehmen und sie emzustecken. Dies bemerkte die Frau, lief aus die Strasse und rief einen Wachmann, worauf die Jungen, die emsahen, daß ihr Trick misslungen war, im Laufschritt das Geschäft verlietzen und flüchteten. Einer von ihnen wurde jedoch erkannt und zur Anzeige gebracht. Die gleiche Gruppe von Jungen versuchte bezeichnenderweise im Geschäft der Zentralmollerei im HauseMisa", das von Frau Freund geleitet wird, den gleichen Trick an­zuwenden. Als ihnen dies hier nicht gelang, weil die Frau die Jungen aus dem Laden wies, ging einer der Burscben tätlich gegen die Verkäuferin los, di« sich nicht anders helfen konnte, als dass sie ein Brett nahm und sich damit der frechen Buben erwehrte. Die Polizei hat die jugendliche Bande ausgeforscht. Juden raus!" In Moldau  Unseren Bericht über die Vorfälle im Gast­hausFreundschaft" in Moldau   nimmt der Deutsche SchwimmvereinHellas" in Tet- schen-Bodenbach zum Anlass einer Presseberichti­gung. Diese entspricht zwar nicht den gesetzlichen Bestimmungen und entkräftet auch nicht unsere Darstellung. Dessenungeachtet aber drucken wir sie ab. Sie lautet: Presseberichtigrmg. Es ist nicht wahr, datz sich am Silvester- Tage bezw. Abend eine Gruppe von etwa zehn Personen aus Tetschen.   durchwegs Mitglieder les SchwimmvereinesHellas", in derFreundschaft" befanden,^ wahr ist vielmehr, dass,das Winter­lager deS DSB.Hellai" am Morgen des 31. Dezember 1835 abgebrochen wurde und die Teil­nehmer mit dem Zuge um 10.10 Uhr Moldau ver­lassen haben. Am Silvesterabend befanden sich lediglich drei männliche und ein weibliches Mit­glied des Vereines als Privatpersonen in Mol­ dau  . Es ist nicht wahr, dass schon in den Abend­stunden einige jüdische Gäste Gegenstand rüder Anpöbelungen durch die TetschnerHellas"-Leute waren, wahr ist vielmehr, dass die vierHellas"« Leute erst spät abends von einer Tour zurück­kehrte», und dann nach Linnehmen des Nacht­mahls im Gastzimmer derFreundschaft" sich ohne Röcke in Hemdärmeln> wie dies dort üb­lich ist in den Saal begaben, wo sie an einem Tiiche, an welchem ungefähr 30 zum Teil vollkommen fremde Personen saßen, Platz nahmen. Es ist nicht wahr, daß dieHellas"-Leute ein Ge­spräch geführt habendie Juden müssen hinaus!" und eS ist nicht wahr, dass acht unserer Leute Schlag 12 Uhr in den Saal traten, die Röcke aus­zogen und einen Sprechchor brüllten, wahr ist viel ­mehr, dass die drei männlichen Mitglieder unseres Vereines wie üblich schon in Hemdärmeln waren und sich zum Teil zu dem erwähnten Zeitpunkt gar nicht im Saal befanden. Die Herren bestreiten also, datz zehnHel, las"-Leute am Silvesterabend in Moldau   waren; lediglich drei männliche und ein weibliches Mit­glied" alsPrivatpersonen" seien dort gewesen. Bon diesen haben sich aber doch zwei, nämlich die Herren S t e c z e k und der Sohn des Buchdruk- kereibesitzers Schwarz, an dem Exzess betei­ligt. Die Herren berichtigen n ich t, datzJuden raus!" geschrien wurde, sie werden auch Nicht in «Abrede stellen können, daß schon^ange vor Mit­ternacht in unmittelbarer Nähe und offenbar von guten Bekannten dtt genannten'Herren immer wieder durch Anspielungen und Sticheleien die jüdischen Gäste belästigt wurden. Gegen 10 Ubr begaben sich die Herren Schwarz und S t e c- zek ins Pissoir. Vor diesem stand ein junger Mann, der deutlich die zitierten Worte hörte. Im Pissoir aber war außer den beiden Herren nie­mand anwesend. Ob die Herren schon am Abend in Hemd­ärmeln im Saale   waren oder später die Röcke aus­zogen, ist nebensächlich. Tatsache ist, daß um 12 Uhr acht oder zehn Personen in Hemdärmeln in den Saal kamen und einstimmig schrien: Juden raus!" Nnd unter diesen Personen befanden sich die schon wiederholt genannten beiden Tetschener Herren, die unzweifelhaft Mitglieder deS DGB.Hellas" sind. Im übrigen wird ja wahrscheinlich noch im Gericht.ssaale festgestellt werden, w' s wahr und was unwahr ist. Große Vertrauensmänner­versammlungen Im Egerland  Im Altrohlauer Arbeiterheim, in FalkeNau und in Königsberg   ver­sammelten sich am 5. Jänner die Vertrauens­männer der Deutschen   sozialdemokratischen Arbei­terpartei aus den beiden Bezirken Karlsbad   und Falkenau, um die politischen Ereignisse der letz­ten Monate des alten Jahres zu besprechen und über die. Arbeit im neuen Jahre zu beraten. In allen drei Versammlungen, die nur der Auftakt zu gleichen Veranstaltungen in den übrigen Be­zirken des Kreises waren, herrschte begeisterte j Stimmung und Zuversicht. Am bedeutsamsten und größten war die Tagung im Altrohlauer Arbeiter­heim, zu der 512 Delegierte der sozialdemokra­tischen Organisationen aus dem Karlsbader   Be­zirke zusammenkamen. Von 44 örllichen Orga­nisationen waren 43 vertreten, und noch aus dem Bezirke Petschau  , der organisatorisch mit zur Karlsbader   Bezirksorganisation gehört, waren zehn Delegierte gekommen. Viele der Männer und Frauen, die von ihren Organisationen entsendet worden waren, hatten Fußmärsche von zwei und drei und sogar über drei Stunden zurückzulegen. Die Lokal­organisationen hatten bis auf eine delegiert, und aus den anderen Zweigen der Arbeiterbewegung, von den Gewerkschaften, Genossenschaften, Sport- und Kulturorganisationen, von den Frauensek« rionen und von den Jugendgruppen waren sie ge­kommen.Es war, so berichtet derVolks­wille",eine Versammlung in großem Rahmen, aber sie war gross auch durch die Stimmung, von der sie getragen wurde und die sich schließlich bis zur hellen Begeisterung steigerte. Neben den Alten sah man viele Junge» zweieinhalb bis dreihundert aus der jünge­ren Garde unserer Vertrauensmänner, und es gab keine Verschiedenheit der Auffassung zwi­schen alt und jung, es gab nur einen Wil­len: Wir beugen uns nicht, wir geben nicht nach und wir werden uns ein besseres Schicksal noch erkämpfen, trotz alledem und alledem! Dreizehn­tausend Arbeitslose zählt dieser Bezirk Karlsbad  . Tausende sind darunter, die seit Jahren keine Ar­beit mehr gefunden haben, und Not ist überall, wohin man in Karlsbad  , in den Karlsbader Vor­städten, in den Fabrikorten und Dörfern schaut; aber Not, Gewalt und List haben diese Menschen nicht zerbrechen können. Fünfhundert­zwölf Vertrauensmänner in einem ein­zigen Bezirk, auf einen einzigen Auftuf zur Stelle, von einem Willen getragen das soll uns eine von den Parteien nachmachen, die da in'ihren Zeitungen uns immer wieder den Totenschein ausstellen!" Starhembergs Theaterdichter als Redakteur derDeutschen Presse DasPrävo Lidu" enthält einen interessan­ten Wiener   Bericht über die Tätigkeit des bis­herigen Direktors der Wiener Volksoper, Karl L u st i g- P r e a n, von dem verschiedene Blät­ternachrichten schon früher gemeldet haben, daß er zum Redakteur oder gar zum Ehefredakteur der christlichsozialcnDeutschen Presse" in Prag   ausersehen ist. In Wien   wird über den bisherigen Theater­direktor gerade jetzt viel gesprochen, im Zusam- Lustig-Prean aufgeführt wissen wollte. Lustig verlangte für die Aufführung der Oper 6000 Schilling. Dieses Geld wurde von der Familie der Schriftstellerin sowie der Erzherzogin Blanka, welche mit der Familie Bienerth befieundet ist, aufgebracht, aber das Stück fiel durch. DaS nahm sich Marie Bienerth so zu Herzen, datz sie ihrem Leben ein Ende machte. Lustig selbst, der Tbeaterdirektor, war Offi­zier gewesen, diente im Krieg im sicheren militä­rischen Pressequartier, wurde dann Direktor in Graz, später in der Schweiz   und schliesslich durch den Einfluß des Starhemberg-Regimes Direktor der Volksoper in Wien  . Jetzt ist er als Theater­direktor gescheitert. Man ist zunächst zumindest verwundert, daß dieDeutsche Presse" sich gerade diesen Mann des Austrofaschismus zum Redak­teur aussucht. Im Prozeß gegen Dr. Patscheider und Ge­nossen wurde am Donnerstag neuerlich der An­geklagte Prof. Dr. Lehmann aus Reichenberg  ' über eine Reihe von Briefen und Presse-Korre­spondenzen einvernommen, die er aus Deutsch­ land   und insbesondere vom Amt für Ausländs­deutsche erhalten hatte. Sodann   wurde die Ein­vernahme des Jng. S t af f e n fortgesetzt. Er gibt Erläuterungen über die Organisation und Arbeit derB e r e i t s ch a f t", deren Mitglied er war.' Der Gerichtsvorsitzende fragt den Angeklagten, warum keine Frauen in dieBereitschaft" ausgenommen wurden. Jng. Staffen hebt in sei­nen Darlegungen hervor, daß die Hauptaufgabe der Frau die Mutterschaft sei, schließt sie jedoch n i ch t g a n z" aus dem Erwerbsleben aus. Mit der Organisierung von Frauen hatte«r schlechte Erfahrungen. Ueber Befragen des Vor­sitzenden, ob dieBereitschaft" manchmal einen Boykott durchgeführt habe, antwortet Jng. Staffen, datz dieBereitschaft" lediglich ihre Mitgliederaufmerksam gemacht" habe, w o s i e kaufen sollte. Sodann wurde die Ver­handlung auf Freitag vertagt. Franzbranntwein Bel Schnupfen, Husten* und Erkältungen Loskauf der deutschen   Juden? Ein Londoner   Plan Am 15. d. M. werden Sir Herbert Samuel  , gewesener Innenminister Grotzbri- tanniens, und Oberkommiflär in Palästina, Lord V e a t st e d und Mister Samuel Marks in Vertretung der englischen Juden nach New Uork reisen, um in U.S.A  . ihren Plan zur Aussiedlung der deutschen   Juden zu propagieren und die Auf­bringung eines Fonds von zehn Millionen Pfund (1200 Millionen KL) vorzubereiten. Die Aktion ist durch die Nürnberger Gesetze und die neue Judenhetze sowie durch den Rücktritt des Flücht- lingskommifsärs Macdonald angeregt worden. Vor kurzem verhandelten Füh­rer der britischen Juden in Lon­ don   mit einem Abgesandten der Hitlerregierung. Diese erklärte sich bereit, die Auswanderung der deutschen   Juden zu gestatten, wenn diese ihr V e r m ö g e n in Gestalt deutscher   Waren mitneh­men(bei deren Verkauf sie nach den Erfahrun­gen mit dieser famosen Antiboykottmethode in Palästina einen grotzen Teil ihres Besitzes verlie­ren). Die Ausreisekosten für mittellose deutsche  Juden will auch nicht etwas das dritte Reich tra­gen, das sollen vielmehr die ausländischen Juden tun. Der Londoner   Plan rechnet nach Massgabe der Aufbringung des Fonds damit, dass in vier Jahren alle, oder wenigstens die meisten deutschen  Juden aus Deutschland   weg wären. Das Stre­ben der anglo-amerikanischen Juden, ihre Brü­der der hitlerdeutschen Verfolgung zu entziehen, ist durchaus begreiflich. Der Londoner   Plan läuft allerdings darauf hinaus, die Juden förmlich der Hitlerei abzukaufen. Die Frage liegt nahe, wodurch die Nazis die Enttäuschung und Erbitterung der Volks« massen ablenken wollen, wenn die Juden nicht mehr ra wären?