Einzelpreis 70 Heller (einschlieftlich S H  »ll»r Pofte) 1ENTRALORGAN DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHQSIOWAKISCHEN REPUBLIK ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. Redaktion und Verwaltung präg xii., fochova a. Telefon 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  . 16. Jahrgang Samstag, 11. Jänner 1936 Nr. 9 Der Generalstabschef Siegfried Taub   sechzig Jahre der Partei Beschleunigung der öffentlichen Investitionen Eine amtliche Mitteilung Prag.(Tsch. P.-B.) Die Arbeitslosenstati­stik wies Ende Dezember 1935 nicht nur den üb­lichen saisonmätzigen Anstieg gegenüber dem Vor­monate, sondern auch einen bestimmten Anstieg gegenüber dem Vorjahre auf, was von einem.eil der Öffentlichkeit mit gewissen Befürchtungen aus­genommen wurde.' Bekannt sind die Einwendungen gegen die Methode der gegenwärtigen Feststellung des Ar­beitslosenstandes, welche die Zahl der bei den Ar­beitsvermittlungsstellen sich um Arbeit beweroen- den Arbeitslosen angibt. Hiebei kann die Stati­stik zwischen ernsteren Fällen dauernder Arbeits­losigkeit von leichteren Fällen saisonmäßiger Ar­beitslosigkeit. die auch in den Vorkriegszeiten im Winter regelmäßig auftrat, nicht unterscheiden. Sie kann auch jene Fälle von Arbeitslosen, die ständig nur auf den Lohn angewiesen waren, nicht von jenen Fällen auseinanderhalten, in denen ein kleinerer Familienbesitz eine gewisse materielle Stütze bietet. Es ist klar, daß in einer Zeit, da infolge der rückläufigen Emigration sich der gesamte Popula­tionszuwachs auf dem heimischen Arbeitsmarkte auswirkte, seine Kapazität ungewöhnlich wird stei­gen müssen, um den gesamten Zuwachs der neuen Arbeitswerber besonders jetzt aufzunehmen, da die Angehörigen der kurz nach dem Umsturz geborenen stärkeren Jahrgänge in das reifere Alter gelangen. In den Monaten, in denen dies die Wit­terung gestattet, hat sich außerdem auf dem Ar- beitsmarkt des Jahres 1935 besonders in einigen Gegenden die Durchführung der Jnvestitions-, arbeiten günstig ausgewirkt, die den Arbeitsmarkt damals erleichterten, während jetzt in den Mona­ten mit ungünstiger Witterung eine empfindlichere Reaktion erfolgte. Heute ist eS am wichtigsten, daß die Vor­bereitung der öffentlichen Investitionen für die Frühjahrsmonate 1936 beschleunigt werden und deshalb werden auf Anordnung des Vorsitzen- i den der Regierung mit allen auf die öffentlichen! Arbeiten Einfluß ausübenden ReffortS Ver-' Handlungen ausgenommen werden, damit dirj Ausschreibungen der zahlreichen vorbereiteteni öffentlichen Arbeiten so weit als möglich be­schleunigt werden. Dadurch soll ermöglicht werden, daß der günstige Einfluß dieser Arbeiten auf den Arbeits­markt zur Auswirkung kommt, sobald das Früh­jahrswetter ihre praktische Aufnahme gestattet. Ministerpräsident Dr. Hodia wieder im Amt Prag  . Der Vorsitzende der Regierung Dr. Milan HodZa ist am Freitag von seinem vier­zehntägigen Erholungsurlaub nach Prag   zurück­gekehrt und hat die Leitung seines Amtes über­nommen. Italien   wird umstellt DasPrager Tagblatt" bringt eine United Preß-Meldung, derzufolge Mitte ISnner ei« Teil der englischen Kriegsflotte die jugosla» wischen Adriahäfen Kotor  (Cattaro  ) und Split(Spalato) anlau­fe« wird. Da zu gleicher Zeit die fran­ zösische   Flotte bei Korsika krlegsmSßig manövrieren wird, dürfte Italien   vor Beginn der Völkerbundsihung am 2V. Jänner und der eventuelle« Verhän­gung der Oelsankttonen auf der Linie Toulon Korsika Bizer- t a(Tunis  ) Malta Kotor Split zur See völlig umstellt sei». Zugleich werden die Luftflotte« bereit­gestellt und wird die lhbische Grenze gegen Tripolls gesichert. Der Glückwunsch an unseren Siegfried Taub  , der heute das sechzigste seines für die sozialistische Arbeiterbewe­gung so unendlich reichenLebens vollendet, quillt uns allen aus der Tiefe unseres Herzens und wir müssen ihm, obzwar er sich mit aller Energie jedes Gedenken dieses Tages ver­beten hat, doch sagen, wie gern wir ihn alle haben und daß es vor allem das G e f ü h l t i e f- st e r Dankbarkeit ist, das uns beseelt, wenn wir an ihn heute denken. Wir kennen ihn..He zu gut, um nicht zu wissen, daß er jedes Wort, das wir über seine Verdienste sagen, abtun wird mit der Bemerkung, er habe lediglich seine Pflicht getan. Gewiß, das tun wir alle. Was aber Taub vor den anderen auSzeichnet, sind jene geistigen und moralischen Gaben, die ihm das Schicksal gegeben hat: bewunderungswerte Vielseitigkeit, unerhörte Aktivität, Krastgefühl, das ihm ent­strömt und sich den anderen mitteilt, zähe Behärr- Moskau  . Die sowjetamtliche Nachrichten­agentur Taß meldet aus Chabarowsk  , daß sich am Donnerstag an der mandschnrisch-sowjetrussischen Grenze ein neuer ernster Zwischenfall ereignet hat. Rach den bisherigen Feststellungen der sow- ietruffischrn Behörden hat sich der Zwischenfall folgendermaßen abgespielt: Ein aus der Mand­schurei kommendes japanisches Flugzeug sei nach Ucberflirgen der Grenze in der Nähe des Torfes Pokrowka, 35 Kilometer von der Grenze entfernt, auf Sowjetboden gelandet. Man habe beobachtet, wie das Flugzeug die Stadt Woroschilow  (das frühere Nikolsk  -Ussurijsk  ) überflogen hat«ud dann 5 Kilometer von dem Dorfe Pokrowka ent­fernt gelandet sei. In dem Flugzeug befanden sich zwei Japa­ner; einer von ihnen begab sich zu dem vorbei­führenden Wege und forderte einen örtlichen Bauern, der mit einem Fuhrwerk vorbeifuhr, auf, anzuhalten, und veranlaßte ihn gewaltsam, zu dem Flugzeug zu gehen. Der Japaner wurde von dem Bauern nach erfolgtem Zusammenstoß festgenommen und gezwungen, mit ihm nach Pok­rowka zu fahren. Unterwegs überfiel der Japaner d e n-B a n e. n, und es kam zwi­schen beiden zu einem erbitterten Kampfe, in des­sen Verlauf der Bauer dem Japaner den Säbel entriß und ihn verletzte, worauf der ihn wieder nach Pokrowka litnahm. Unterwegs begegneten ihnen Grenzwächter, denen der Bauer de« Lan- lichkeit, die ihn neben dem Genossen Dr. Ezech zum Repräsentanten der Partei, zum General­stabchef der deutschen   sozialdemokratischen Arbei­terbewegung dieses Landes gemacht hat.. Die umfassende Vielseitigkeit seines Wesens ist, seitdem er in der Arbeiterbewegung wirkt, immer mehr zum Vorschein gekommen und hat ihm immer größere Aufgaben und ein immer größeres Wirkungsgebiet gestellt. Sowie Genosse Dr. Ezech ist auch Genosse Taub ein Mährer. Am 11. Jänner 1876 ist er in Telä zur Welt gekommen. Dort besuchte er die Volksschule und einige Klassen Realschule, um dann in Jglau, wo er in einem Kaufmanns­geschäft Lehrling wurde, von der Pike auf zu dienen. Rach der Auslehre wurde er Handlungs­gehilfe in Jungbunzlau  , wo er mit der Angestell­tenbewegung bereits in Fühlung kommt und sich nach kurzer Zeit dort betätigt. Von da geht er nach Klagenfurt  , wo er bereits tätiger Funk- dnngsplatz des Flugzeuges angab. Einige hun­dert Meter von dem Flugzeuge entfernt, wurden sodann die Grenzwächter von Seite des zweiten Japaners mit Schüssen empfangen. Sie begaben sich, ohne das Feuer zu erwidern, z« dem Flug­zeug. Als der Japaner neuerlich und direkt auf die Grenzwächter schoß und mit dem Bajonett gegen sie vorgir.g, antworteten diese gleichfalls mit Schüssen und verletzten den Japa­ner. Beide verletzten Japaner wurden nach Pok­rowka gebracht, wohin aus Woroschilow ein Chi- rurx beordet wurde, um ihnen Hilfe zu leisten. Eine genaue Untersuchung des Vorfalles wurde eingeleitet. Wie lange noch duldet die Welt diesen Größenwahn? Rom.(AP) Wir geben kommentarlos folgende Aeußerung des römischen BlattesTe­uere" wieder: Ein ganzes Zelt voll Schweden   oder Eng­ländern oder Bölkerbundbeamten, selbst ein gan­zes Lager von Rote-Kreuz-Zelten, ja die g a n z e verbrecherische Gemeinschaft der 50 San k t i onsländer,. das alles ist n i ch t sovielwert, wie ein Haar, das einem italienischen Soldaten vomKopfe geschnitten wird. Unsere Bom­benflieger wissen das und werden danach ver­fahren". tionär in der Angestelltenbewegung sowie in der Partei ist und mit dem seinerzeitigen Abgeord­neten Riese   zusammengearbeitet hat. 1902 kam Taub nach B r ü n n, wo er eine Anstellung in einem Kurzwarengeschäft fand. Sofort warf er- sich auch dort mit dem Feuer­eifer, den wir alle an ihm kennen, auf die Hand­lungsgehilfenbewegung und gewann dort ein solches Ansehen, daß er bald nicht nur an die Spitze der Brünner Angestellten-Organisation, sondern in der gesamtösterreichischcn An- gestelltenbewegüng zu Bedeutung und Einfluß gelangte. Bestimmend für sein späteres Leben wurde der Eintritt als Angestellter in die Brün­ner Bezirkskrankenkassa im Jahre 1904, die 1896 unter Führung des Genossen Dr. Ezech von der Sozialdemokratie erobert worden war. Der Leiter dieser Krankenkassa war der verstorbene Matthias Eldersch  , dessen Stellvertreter Taub 1907 und dessen Nachfolger er 1911 wurde. Von 1911 bis 1925 hat Taub die Brünner Bezirkskrankenkassa als Direktor geleitet und hat sie zu einem vor­bildlichen Versicherungsinstitut Oesterreichs   und später der Tschechoslowakei   gemacht. Diese Anstalt hat als erste im nlten Oesterreich die, Familien­versicherung eingeführt, wie denn Taub überhaupt einer der mutigsten und energischesten Vorkämpfer der Sozialversicherung geworden ist. Er hat schon im alten Oesterreich als einer der ersten Fachleute auf diesem Gebiete gegolten. In Brünn   hat Ge­nosse Taub auch geheiratet. Seine Frau Elsa, deren wir heute auch gedenken wollen, hat sich mit aller Kraft bemüht, ihren Mann so zu unter­stützen, daß er sich der Arbeit für die Bewegung voll widmen konnte. Selbstverständlich war Taub auch in allen Körperschaften der Partei in Brünn  tätig,-Ja hat sich dort als Organisator seine Sporen verdient und insbesondere als jahre­langer Kassier der Brünner Organisation tat er sich unvergängliche Verdienste erworben. In der mährischen Landespartei war er einer der ersten Funktionäre. Eine ausgebreitete Tätigkeit hat Siegfried Taub   fünfzehn Jahre, von 1910 bis 1925, als Gemeindevertreter in Brünn   ent­faltet. Er hat in allen finanziellen und Verwal­tungsfragen. in allen Wirtschastlichen/Fragen, in den städtischen Unternehmungen mitgearbeitet und dort eine umfassende Tätigkeit entwickelt. Von seiner Arbeit innerhalb der Brünner Arbeiter­bewegung kann man sagen, daß sie tiefe Spuren hinterlassen hat und daß sie nicht vergessen werden wird, solange einer der Genossen leben wird, der Taub in Brünn   an der Arbeit gesehen hat. Taubs Wirkungskreis hat sich insbesondere erweitert seit der Schaffung der Tschechoslowaki­schen Republik. Im Jahre 1920 wurde er zum ersten Mal zum Abgeordneten gewählt. Unser unvergeßlicher Seliger, der Taubs große Begabung und Arbeitskraft erkannt hat, hat sich damals mit Entschiedenheit für die Wahl Taübs zum Abgeordneten eingesetzt. Seitdem wurde Taub bei allen folgenden Wahlen im Jahre 1925, 1929 und 1935 wiedergewählt. 1929 und 1935 wurde er Vizepräsident des Abgeord­netenhauses. Das Arbeitsgebiet, das sich Taub zuerst als Abgeordneter erwählte, war das der Sozialpolitik. Seine bedeutsame Mitarbeit an dem großen Werk der Sozialversicherung ist noch in aller Erinnerung, 1924 wurde er in den enge­ren Ausschuß der Zentralsozialversicherungs­anstalt gewählt, dem er seither ununterbrochen angehörte. Aber darüber hinaus eroberte er sich im Parlament ein immer größeres Wirkungs- und Arbeitsgebiet, er ist fest Jahren der Budget­referent des Abgeordnetenllubs und dessen Ge­schäftsführer, er ist der eigentliche Unterhändler der Partei innerhalb der Koalition. Ohne ihn ist unsere Parlamentspolitik überhaupt nicht zu denken. Trotzdem Taub schon in den ersten Jahren seiner parlamentarischen Tätigkeit ganz. außer­ordentliche Arbeit geleistet hatte und eine der Stützen unseres Parlamentsklubs wurde, beginnt seine eigentlich große Zeit erst, da er 1925 SekretärderPartei geworden ist. Es war nicht leicht, nach dem Tode Eermaks (1924), der dem Genossen Seliger bald im Tode gefolgt ist, die organisatorische Leitung-der Par­teiarbeiten zu übernehmen. Was Taub als Par­teisekretär geleistet hat man würde Seiten dazu brauchen, um das zu schildern. Von seiner Rührigkeit, von seinem Fleiß, von seiner Auf­opferung können sich nur seine nächsten Mitarbei­ter eine Vorstellung machen. Von zeitlich früh bis spät in die Nacht ist Taub tätig, unermüdlich als Organisator der Partei, als derjenige, der Ernster Grenzzwischenfall Kugelwechsel»wischen Bussen und Japanern in Fernost