Bosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

16. Jahrgang

Heute noch auf stolzen Rossen...

Rom . Gegenüber den Meldungen über neue Vermittlungsversuche oder Friedenspläne zum italienisch- abeffinischen Streit wird von amt­licher italienischer Seite erklärt, daß italienischer­seits solche Pläne nicht bestehen und auch nicht bekannt geworden seien. Desgleichen wird die Darstellung zurüdgewiesen, wonach Italien mit Ungeduld auf neue Vermittlungsvorschläge warte.

Der Zeitungsbericht, wonach der italieni­sche Staatssekretär Subi ch dem britischen Ges schäftsträger in Rom mitgeteilt haben soll, daß Mussolini die Entsendung eines Untersuchungs­ausschusses nach Abessinien begrüßen würde, wird auch in London in Abrede gestellt. Breß Association bestreitet, daß die Londoner amtlichen Stellen irgendwelche amtliche Kenntnis von Friedensbemühungen irgendwelcher Kreise hätten.

Laval: Kein neues Moment

Mittwoch, 15. Jänner 1936

Japan

Rumpf- Konferenz der vier Seemächte mit Deutschland und Rußland ?

verläßt die Flottenkonferenz

Das Scheitern der Fünfmächtekonferenz Breffeaffociation fonstatiert, daß das japani­scheint nach den Meldungen vom Dienstag nun- fche Verhalten zu einer engeren Gestaltung der mehr endgültig festzustehen. Das einzige Zuge- Beziehungen zwischen der britischen und der ständnis der Japaner liegt darin, daß fie für amerikanischen Delegation geführt habe. ben Abbruch eine höflichere Form Tokio . Sonderausgaben der Zeitungen ver­gewählt haben, als ursprünglich geplant war. tünden den Abbruch der Flottenkonferenz nach Das Begräbnis der Flottenabrüstung wird dem Ausscheiden Japans . In Marinekreisen wird aber nach einem strengen Zeremoniell stattfinden erklärt, daß die Konferenz unüberbrückbare es scheint, daß man keine großen Aufregun- Gegensäße zwischen Japan und England sowie gen wünscht. Die Viermächteten feden Vereinigten Staaten ergeben habe und des renz foll. weitertagen und es verlautet, bak balb eine klare Lösung erforderlich gewesen sei. Rußland und Deutschland zugezogen werden. Man solle die Lage nicht beschö= Natürlich wird diese neue Konferenz weniger nigen. Die Fünfmächtekonferenz sei nunmehr eine A brüstung 3 konferenz als eine beendet und Japan sei nicht unmittelbar daran Besprechung über die Auf interessiert, was die vier Mächte nun tun werden. rüftungsquoten fein. Denn die entscheidenden Flotten, die britische und bie amerikanische, werden auf die japanische Auf­

tempo antworten.

Bei den privaten Unterredungen der briti Paris . In der Sigung des Ministerrates rüstung mit ebenfalls gesteigertem Rüstungs- schen mit dem amerikanischen Delegierten wurde erstattete Laval eingehenden Bericht über die lonstatiert, daß man einer definitiven Antwort außenpolitische Lage und teilte die Informationen auf die japanische Paritätsforderung nicht aus auf die japanische Paritätsforderung nicht aus über den talienisch- abessinischen Konflikt mit, die London.( Reuter.) In der Mittwochsizung weichen könne. In diesen Beratungen soll auch ihm der französische Botschafter in Rom Cham - der Marinekonferenz wird die japanische Delega - beschlossen worden sein, die ton ferenz auch brun und der italienische Botschafter in Paris tion eine abschließende Erklärung über die so- nach dem Ausscheiden der Japaner fort 3 u Gerutti zukommen ließen. Wie es scheint, genannte gemeinsame Grundlage für die Ein- ieb'e n. Italienischer- und franzöſiſcherseits ergab sich ein neues Moment sowohl bezig schränkung der Rüstungen abgeben. Man erwar wurde dieser Beschluß gebilligt, so daß der Wei­lich einer schiedlichen Lösung des Stonflities auch tet, daß die Formulierung dieser Erklärung geisterbestand der Konferens bereits fait ganz sicher betreffend Verschärfung der Sanktionen. gen wird, daß die japanischen Diplomaten den erscheint. Ob auch Deutschland zur Teilnahme an Sieg über die japanischen Generale und Admis den Konferenzberatungen eingeladen wird, ist rale davongetragen haben, welche gewünscht bisher noch nicht bekannt. gehalten sei und das Recht Japans auf Flotten­parität betone, während die Diplomaten darauf beharrt hatten, daß die Erklärung in biel gemäßigterem Tone ge= halten fei und vor allem einen Appell an die Weltöffentlichkeit zugunsten der Abrüstung enthalte.

Widersprechende Berichte hatten, daß die Erklärung in sehr scharfer Form

über die Lage der Italienischen Nordarmee

Addis Abeba. ( Reuter.) Die nunmehr bes reits mehrere Wochen andauernde Unbeweglich feit der italienischen Truppen im Norden bildet den Gegenstand verschiedener Vermutungen und Annahmen, die für die Jtaliener meistens ungün­

tagen.

Britisches Geschwader fährt aus

London . Die Frühjahrsbewegung der britischen Flotte wurde nach dem von der briti­fchen Admiralität ausgegebenen Programm am Dienstag begonnen. An der Fahrt nahmen 16 Kriegsschiffe, darunter zwei Linienfchirfe und ein Flugzeugmutterschiff, teil. Die Mehrzahl

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 12

Roosevelts Kampi

Das legte Jahr der Präsidentschaft Roofes belts hat mit zwei Ereignissen begonnen, die das europäische Jnteresse an dem bevorstehenden Wahlkampf in USA . außergewöhnlich gesteigert haben: die Neujahrsbotschaft Rooses belts, die sich zum großen Teil mit der Gefahr eines neuen Weltkrieges befaßte, hat den Präsi denten der Vereinigten Staaten als Verkünder einer absoluten, sogar auf Kriegslieferungs­gewinne verzichtenden Neutralität und zugleich als Gegner der kriegsheherischen Diktatoren ge= zeigt, während die wenige Tage später erfolgte Aufhebung seiner Agrar Geseze Agrar- Geseze durch den Obersten Bundesgerichtshof die Gren zen seiner Macht im eigenen Lande Schwierigkeiten der großen planwirtschaftlichen Sanierungsaktion zeigte, mit der Roosevelt seine Amtstätigkeit begann und mit der er auch in Europa so viele Bewunderer fand.

Noch in seiner Neujahrsbotschaft hatte Rooses belt den Agricultural Adjustment Act( abgekürzt AAA) als das erfolgreichste seiner Geseze be= zeichnet, das den amerikanischen Farmern eine Erhöhung ihres Einkommens um viele hundert Millionen Dollar gebracht habe. Der AAA ver fügte die Anbaubeschränkung überreichlich er­zeugter Bodenprodukte, wie: Weizen und Baum­wolle und sicherte den Farmern dafür entspre chende Entschädigungen, die durch Abgaben der berarbeitenden Industrie aufgebracht wurden. Neben dem NRA ( National. Recovery Act) war der AAA der zweite Hauptpfeiler" der Roose beltschen Planwirtschaft, und er hat nun das Schidial des NNA geteilt, der schon im Juni vorigen Jahres gleichfalls durch Spruch des Obersten Gerichtshofes für verfassungswidrig ers flärt wurde.

Nach Abgabe dieser japanischen Erflärung ſtig sind. Einige ausländische Beobachter in Addis wird sich die Konferenz auf Freitag ber Abeba sprechen jedoch die Ansicht aus, daß diese An diesem Tage werden dann die italienische Untätigkeit be absichtigt sei und einen Teil eines sorgfältig vorbereiteten und übrigen Delegationen darlegen, warum sie die geduldig durchgeführten Planes bilde. Die Jta- japanische Forderung einer gemeinsamen Flotten der Schiffe wird in der Arosa- Bucht auf einige tiger Bestimmungen aus diesen Gesezen trotz liener sehen, wie es heißt, feineswegs ohne Miß grundlage für un annehmbar halten.. fallen, wie die abessinischen Truppen im Norden Für die Zukunft der Marinekonferenz ist mit vereinzelten Angriffen begonnen haben, die sicherlich der Umstand von Bedeutung, daß die jedoch, laut Informationen aus guter Quelle, in Sowjetregierung einen Flotte n= Bälde von starken abessinischen Massenangriffen attachée nach London entsendet, der

abgelöst werden sollen. Damit würde die italienis die Reise dorthin bereits angetreten hat., sche Taktik, die abeffinischen Truppen zu einer großen Schlacht zu zwingen, schließlich einen Erfolg erringen. Die Jtaliener rechnen, wie es heißt, nicht nur damit, daß sie d die große abessinische Offensive siegreich abwehren werden, sondern beabsichtigen sogar, unmittelbar danach eine mächtige Gegenoffen= five zu entfalten, die von langer Hand bor­bereitet ist und Aussicht auf Erfolg hätte, da die Italiener in dieser Situation die abessinische Armee in einem desorganisierten Zustand vor sich hätten.

Addis Abeba :( DNB.) Abessinische Beobach ter melden, daß die Situation der Italiener an beiden Fronten täglich schwieriger werde. Die schweren. Regenfälle hätten an der Nordfront fast jede Rückzugsmöglichkeit und Truppenver­schiebung der Jtaliener ausgeschaltet. Die abes= finischen Armeen griffen, um unnötige Verluste zu vermeiden, die stark befestigten italienischen Blockhaus und Zementstellungen, die äußerst start mit Maschinengewehren bestückt seien, nicht in großen Formationen, an, da man in militär­politischen Kreisen glaube, daß sich diese Stellun gen wegen der Unmöglichkeit des Nachschubes und Rüdzuges verden ergeben müssen. Sämtliche Straßen feien in grundlosen Mora st verwandelt, in welchem die Fahrzeuge stecken bleiben. Trotz alledem werde noch immer heftig und für beide Seiten äußerst ber= I u streich nordwestlich von Matale und im Atsumgebiet gefämpft.

London . Nach einer Meldung- aus- Nairobi wird auf Veranlassung des britischen Reichsvers teidigungsausschusses die Frage der Verteidigung der britischen Kolonie Reni a überprüft werden.

Tage vor Anker gehen und sodann nach Gibral­ tar abdampfen, von wo sie sich teils nach Madeira und Las Palmas , teils nach Casablanca und Lissa­ bon begeben werden. Sodann kehren sämtliche

Schiffe wieder nach Gibraltar zurück.

Präsident Dr. Beneš Im Prager Deutschen Theater

Unser Bild zeigt den Empfang des Präsidenten und seiner Gattin durch den Vorsitzen­den des Theatervereins Dr. Zdekauer im Foyer des Prager Deutschen Theaters vor Beginn der montägigen Festvorstellung. ,, Zauberflöte ".

Daß die Gegner Roosevelts die Aufhebung seiner hauptsächlichen Gesetze mit großer Genugs tuung aufgenommen baben, ist feine leber raschung. Erstaunlicher ist, daß aber auch die Anhänger Roosevelts und der Präsident selbst über die Urteilssprüche der neuen alten Män ner" vom Obersten Gericht nicht verzweifelt zu sein scheinen. An dem Entschluß Roosevelts, die planwirtschaftliche Kampagne wiederaufzunehmen und sich erneut zur Wahl zu stellen, hat das Mißgeschick des NRA und AAA nichts geändert. Wenn es gelingt, die freiwillige Einhaltung wich ihrer höchstgerichtlich festgestellten Verfassungss widrigkeit zu erreichen, dann kann Roosevelt um so überzeugender darauf hinweisen, daß sie sich bewährt haben. Und wenn der Zustand als un­haltbar empfunden wird, daß große gesetzgeberi­sche Maßnahmen, die jahrelang durchgeführt. wurden, auf Antrag einzelner Steuerzahler vom. höchsten Gericht verworfen werden, weil sie., in die privaten Rechte eingreifen" oder., nicht zur Kompetenz der( aus Präsident und Kongreß be= stehenden) Bundesregierung fallen", dann wird Roosevelt zu seinen Wahlparolen von 1932 jetzt noch die Parole einer Verfassungs reform fügen, die mit den privaten Rechten" weniger schonend umgeht und die Gesetzgebungss fompetenz der einzelnen Staaten zugunsten der Bundesregierung einschränkt.

Roosevelts Kampf wird, wenn er Aussicht auf Erfolg haben soll, in ein neues Stadium tre ten. War er bisher als Wirtschaftsreformer, als Gegner der Riesenprofite und Anwalt des ,, ber­gessenen Mannes", als Vorfämpfer geregelter Arbeits- und Lohnbedingungen und Unterdrücker der wilden Konkurrenz, als Organisator von Produktion und Absah und als Sucher nach einer ,, natürlichen" Währung aufgetreten, so wird er jetzt als Staatsreformer, als Vors fämpfer der Zentralisierung und Unifizierung und als Erneuerer der überlebten partikularisti­schen und individualistischen Verfassung der Ver­ einigten Staaten auftreten müssen. Wenn es ihm gelingt, die Wähler davon zu überzeugen, daß die Wirtschaftsgesundung erst dann voll ein­feßen kann, wenn die Verfassung tein Hindernis mehr für die Durchführung der Planwirtschaft bildet, dann hat er das Spiel gewonnen. Wenn aber seine Gegner die Wähler zu der Ansicht be= fehren, daß man von Experimenten nun genug. habe und daß ein vom Obersten Gericht zweimal berurteilter Präsident eine Unmöglichkeit sei, dann wird Roosevelt das Jahr 1937 nicht mehr im Weißen Hause erleben.

Als erster Gegner des jezigen, von der De­mokratischen Partei auf den Schild erhobenen