Nr. 12

Mittwoch, 15. Jänner 1936

Sudetendeutsɗfier Zeitspiegel

Der Sozialistische Jugend­verband bleibt einig!

Das Sterben in sudetendeutschen Städten

Alarmierende Bevölkerungsabnahme in Nordböhmen

Die ,, Rote Fahne " bringt Ziffern über Ge

Seite 3

Verhöre im Patscheiderprosek abgeschlossen. Im Prozeß gegen Dr. Patscheider und Genossen wurde das Verhör der 18 Angeklagten beendet. Der Se­natsvorsitzende Gerichtsrat Dr. Kämpf erhält seit Beginn des Prozesses zahlreiche anonyme Briefe. So erhielt er auch Dienstag einen Brief aus Iglau , in dem es heißt, daß das, was vor Gericht vorgehe, nur eine Komödie sei. Der Senatsvorsitzende verwahrte sich dagegen in scharfer Weise. Die Angeklagten und die Vertreter der Presse, die täglich der Verhandlung Der außerordentliche Verbandstag des So­Aus der Stadt Warnsdorf werden auch die beiwohnen, fonstatieren, daß der Prozeß objektiv und zialistischen Jugendverbandes, Teplit- Schönau, burten und Todesfälle in den nordböhmischen Vergleichsziffern des Jahres 1934 angeführt. genau nach der Strafprozeßordnung geführt wird, hat die bisherige Linie der sozialistischen Jugend- Städten Warnsdorf, Obergrund, Sch I uts Die Entwicklung von 1934 bis 1935 ist geradezu und daß die Angeklagten unbeschränkte Möglichkeit arbeit beſtätigt und Beschlüsse gefaßt, welche die tena u, Teichstatt, Nirdorf, Kaiserswalde, fatastrophal. Die Zahl der Geburten ist von 251 zur Verteidigung haben, was schon di mehrtägigen Einheit des Verbandes verbürgen. Böhm.Kamni b, Obereinsiedel und Bens auf 234 gesunken. Verhöre der Hauptangerlagten Dr. Patscheiber, Er. Im Mittelpunkt der Beratungen standen die se n. Diese Orte haben zusammen ein Bevöl= Lehmann und Ing. Staffen beweisen, die vor Gericht Darlegungen des Verbandsvorsitzenden Karl Die Zahl d: Todesfälle ist von 273 auf alles fie Betreffende vorbrachten und die Möglich. Kern, der die Tatsache besprach, daß sich einige find dort im Jahre 1935 geboren worden, 926 ferungszahl von etwa 46.000 Einwohnern. 680 317, um volle 16 Prozent gestiegen! feit hatten, sich auch zu allen Dokumenten, die der wenige Gliederungen zur Organisierung einer find gestorben, also um 246 Menschen mehr ge­öffentliche Antläger boclegte, auszusprechen. Die planmäßigen Fraktior sarbeit verstiegen, deren storben als geboren. Die natürliche Bevölkerungs­Verhandlung ist öffentlich und jeder hat freien Bus Fortsezung zweifellos zur Spaltung des Ver- abnahme beträgt in diesen Orten 5.5 vom Tau­tritt dazu. Der Befuch des Publikums bewegt sich bandes geführt hätte. Dieser Fraktionsarbeit send. lag das Bemühen zugrunde, der von den Kom­zwischen 40 bis 100 Personen. Hierauf wurden die munisten propagierten Einheitsfront- Ideologie natürliche Bevölkerungsabnahme Nirgdorf mit Brag, 46 Jahre alt, der 34jährige Privatbeamte Von den angeführten Orten weisen die größte Angeklagten Anton Stiefeletter, Bankdirektor aus in den Sozialistischen Jugendverband Eingang 7.4 vom Tausend u d Böhmisch- Kamnitz mit 11 Franz Schneider in Petřkovice ſowie der Angeklagte

zu verschaffen und so den Verband aus der so­zialdemokratischen Gesamtbewegung zu lösen. Nicht nur die Ideologie, sondern auch die von manchem Funktionär angewandten Methoden

bom Tausend auf.

In allen angeführten Orten ist die Zahl der Sterbefälle Löher als die Zahl der Geburten. Die hohe Kindersterblichkeit, die große Anzahl morde, die durch das Elend geschwächte Wider­der Totgeburten, die steigende Zahl der Selbst standskraft des Körpers gegen die Krankheiten

haben es soweit gebracht.

entstammten dem Arsenal der bolschewistischen Die Verhaftung in Tachau eine erhebliche Abwanderung festzustellen. Auch

Bewegung. Demgegenüber vertrat der Ver­bandsvorsitzende die These, daß der Sozialistische Unsere gestrige Meldung über die Verhaf­Jugendverband nicht der Tummelplak fommuni- tung eines Mitschuldigen an der Ermordung stischer Propaganda werden dürfe. Die kommu- Profeffor Lessings ist dahin zu ergänzen, daß der nistische Jugendorganisation ist organisatorisch verhaftete Josef Daubner heißt. Daub­überhaupt nicht vorhanden; Die Kommunisten ner wurde bereits nach dem Mord verhaftet, wollen aber den Jugendverband erobern. Auf mußte aber aus Mangel an Beweisen wieder frei­diesem Wege möchten sie erreichen, was sie selbst nicht imstande sind: die Schaffung einer festen Jugendorganisation.

Demgegenüber umrig der Verbandsvorsit zende unter der stürmischen Zustimmung der

überwältigenden Mehrheit die eigentlichen Auf gaben der sozialistischen Jugendbewegung, die auf dem Gebiete der politischen und ful­ku

neuen

gelaffen werden. Seine zweite Verhaftung er­folgte bereits am 6. Dezember des Vorjahres. Da es sich um ein schwebendes Verfahren handelt, find nähere Mitteilungen unzulässig.

Forderungen der Joachimsthaler Bergleute

der Straßenverkauf ist völlig eingeschlafen. In den Mitgliederversammlungen macht sich Miß­Stimmung bemerkbar."

Lücken unseres Blindenwesens

Nach der letzten Volkszählung gab es am 1. Jänner 1932 in Böhmen 4087 Blinde( die Kriegs­blinden nicht mit eingerechnet). Angeborene Blind­heit wurde nur in 6.6 Prozent ermittelt, Erblindung vom ersten bis zehnten Lebensjahr in 19.2 Prozent, bom zehnten bis fünfzehnten Lebensjahr in 3.8 Bro­zent. Von den 3782 Blinden, die zur Zeit der Zäh lung älter als 20 Jahre waren und ir erſten bis zehnten Lebensjahr Erblindeten, haben 32.6 Bro gent, unter denen bom zehnten bis fünfzehnten Lebensjahr Erblindeten

94.5 Prozent keine Blindenschulbildung genossen.

80 Prozent aller Blinden Böhmens auf Bettel und Unterstützung angewiesen.

turellen Erziehung und der pral- In Joachimsthal fand, wie man uns mit­tischen sozialen Arbeit liegen. teilt, dieser Tage eine Versammlung der in den Diese von der Verbandsführung vertretene flare staatlichen Radiumgruben beschäftigten Bergar­Linie wurde durch eine Anzahl kluger Reden der beiter statt, in welcher eine wesentliche Verbes= Funktionäre unterstrichen. Die jungen Genossen ferung der wirtschaftlichen Lage der Arbeiter und Nur 563 von 3782 Blinden kannten die Braille­erkannten, daß die Einheit der sozialistischen Jus der Provisionisten gefordert wurde. In einer schrift. Dieses Bildungsmanto ist für das weitere gendbewegung vor allem durch das Schließen der Entschließung wurde die Forderung nach nach Schicksal unserer Blinden von erschütternder Bedeus Einbruchstellen gewahrt werden muß, die sich der träglicher Auszahlung einer Weihnachtstung. Nach der vorliegenden Statistik sind unaufrichtigen fommunistischen Einheitsfrontpro- remuneration, nach Verkürzung der Ar paganda bisher boten. Zu diesem Zwecke gab der beitszeit bei entsprechendem Lohnaus­Verbandstag der Verbandsführung gleich und nach Erhöhung der Provision außerordentliche Vollmachten auf 400 bis 600 monatlich und nach Erwei­mit der Weisung, zunächst eine gütliche Beile- terung des Urlaubsanspruche 3 auf vier gung der Schwierigkeiten zu versuchen, beim Wochen im Jahre bei vollem Lohn erhoben. Mißerfolg dieser Bemühungen jedoch mit Maß nahmen vorzugehen, welche die Herstellung nors maler Zustände im Sozialistischen Jugendverband berbürgen. Die oppositionellen Funktionäre ga ben selbst der Meinung Ausdruck, daß ein Mig­brauch dieser Vollmachten durch die neue Ver­bandsführung nicht zu erwarten ist, indem sie fast geschlossen für die Wieder wahl des Verbandsborsien den

Karl Kern stimmten.

masina ned

Arbeitslosenziffer

im Marienbader Bezirk rückläufig

beitslosen in den Gerichtsbezirken Marienbad und Die soeben abgefchloffene Statistik der Ar­Königswarth zählt einen Arbeitslosenstand von 2950 Personen mit Ende Dezember 1935 auf. Am gleichen Tage des Jahres 1934 betrug die

Enttäuschte

Der Verbandstag des Sozialistischen Jugend ist demnach eine Verminderung der Arbeitslosen­Zahl der Arbeitslosen in diesem Gebiet 3538; es verbandes hat den Autonomiegedanken, auf dem siffer um 588 Perfonen zu verzeichnen. die sozialistische Jugendbewegung fußt, glänzend siffer um 588 Personen zu verzeichnen. gerechtfertigt: er führte aus freiem und eigenent Entschluß die klare Entscheidung herbei, die dem Bedürfnis der sozialdemokratischen Gesamtbewe gung entspricht. Nun ist die Bahn frei für die ungehemmte Vorbereitung des Reich sju gendtages, der eine machtvolle Aeußerung des politischen, sozialen und kulturellen Willens unferer jungen Generation sein wird.

Ruhelos

"

"

"

-

Eine weitere Untersuchung der Bahl ergt nun fol­gendes: Von denen ohne fachliche Bildung und Aus­bildung gebliebenen Blinden gehören nicht weniger als 96.5 Prozent au diefem unproduttiven Kontin gent! Hingegen verdienen von denen, die eine Blin­verbien denanstalt durchgemacht haben 60.6 Prozent und von benen, die eine Ausbildungsstätte esuchten, 72.7 Prozent einen Teil ihres Lebensunterhaltes durch Schule der Schenden besuchten, wurden 90.9 Prosent eigene Arbeit. Von den 230 Blinden, die nur die Bettler und Unterſtüßungsempfänger.

Diese Bahlen sprechen eine beredte Sprache. Die einzig mögliche Abhilfe ist die

$

Emil Breuer, Sparkassendirektor in Reichenberg, berhört. Einige Angeklagte stellten ihre Anträge zu dem Beweisverfahren, die übrigen werden es Mitts

woch tun. Das Gericht wird dann beschließen, welche Beweise zugelassen werden.

Weiße Strümpfe braunes Herz. In den legten Tagen wurden in Igla u von der Polizei alle jene Personen festgestellt, die zum Sport anzug weiße Wadenstrümpfe trugen. Die Träger dieser Strümpfe wurden hierauf auf das Pozeikommissariat vorgeladen, wo ihnen mitgeteilt wurde, daß das Tragen weißer Strümpfe verboten sei. Die Vorgeladenen, unter denen sich auch fünfzehn Turner befanden. waren ausschließlich Deutsche . Man veranlagte fie. einen Reber 3 zu unterschreiben, in dem sie sich verpflichteten, keine weißen Strümpfe mehr zu tragen. Im Weinerungsfalle sollen Geldstrafen angedroht worden sein.

,, Miß Warnsdorf". Das gibt's jetzt also auch! Sonntag wurde im Deutschen Haus zu Warnsdorf eine Schöne zur ,, Miß Warnsdorf 1936" gewählt. Und die Warnsdorfer Spieß­bürger dürfen sich nun einbilden, daß sie es min= destens soweit wie Amerika gebracht haben. Wäh­rend des Wahlatts" schwammen sie so in Glück, daß sie nicht einmal merkten, wie der Protek tor" dieser von der ,, Liga für Schönheit und Kul­tur" veranstalteten Wahl sich selber über die ganze Posse lustig machte...

Tödlicher Unfall im Egerer Stadthaus. Im Egerer Stadthaus ereignete sich am 11. Jänner ein schredlicher Unfall. Die Tochter des städti­schen Amtsdieners Sandner, die 32jährige Säugs lingsfürsorgeschwester Betty Sandner, hatte im Halbstock ein Fenster geöffnet, um mit einer im Hofe stehenden Frau zu sprechen. Beim Hin­Fensterflügel, der hiebei nachgab, so daß sie das ausbeugen stüßte sie sich auf einen der geöffneten

lebergewicht bekam und topfüber mitsamt dem Fensterflügel abstürzte. Obwohl der Sturz aus dem Halbstock nicht viel höher als zwei bis drei Meter erfolgte, hatte die Unglückliche nicht nur einen Schädelbruch erlitten, sondern auch einen zweimaligen Bruch der Wirbelsäule. Sie starb nach wenigen Stunden.

gefeßliche Einführung des Anstaltszwanges. Nur die Blindenschule und die Blinden wertstätte können das geistige und manuelle Rüstzeug für die Möglichkeit eines späteren produk- Frecher Einbruch. Mit besonderer Frechheit tiven Lebens bieten. Von gleicher Wichtigkeit und ist in den frühen Abendstunden des Montag im

"

"

-

Man schreibt uns aus Karlsbad : Auch im Karlsbader Bezirk macht sich die Bedeutung ist aber auch für den später Erblindeten Stiegenhause des Café Passage in a r I s bab Krise, in der sich die Sudetendeutsche Partei die Einführung von Umschulungs und ein Langfinger zu Werke gegangen, der mit einem Konrad Henleins nach dem Fiasko bei der Prä- Ausbildungskursen, deren obligatori Diamanten die Scheibe eines Auslagekastens, der fidentenwahl befindet, in steigendem Desinter- scher Besuch wenigstens von Unterſtüßungsempfän- Schmuckwarenfirma Alster anritte und nach Ber­Unterstügungsempfän- Schmudwarenfirma effement der Bevölkerung und wachsendem Abfall gern leicht zu erreichen ist. schlagen der Scheibe zahlreiche der in dem Kaften enttäuschter Anhänger bemerkbar. Das letzte Die deutsche Blindenschule in befindlichen Schmuckstüde entwenbete. Der Diebstahl Prager SdP Versammlung aufgelöst. Eine Karlsbader Konzert der Henleinkapelle im Aussig und der Verein Deutsche Blin wurde an einer Stelle verübt, die tagsüber und auch Versammlung der SdP im Deutschen Schüßenhaus"-Saal, sonst immer überfüllt, den fürsorge tun alles, um den von ihnen in den Abendstunden außerordentlich stark frequen­Haus in Prag , in der Abg. Sandner wies zum erstenmal große Lücken auf. betreuten Blinden zu helfen. Aber darüber hinaus tiert ist, weshalb denn auch der Dieb keine Gelegen sprach, wurde vor der Beendigung durch den Re- Die Zeit", Henleins Zentralorgan", hatte im wird es vielleicht gesetzgeberischer Maßnahmen zur heit hatte, sein Werk restlos zu vollenden. Immerhin gierungsvertreter aufgelöst. Karlsbader Bezirk zuerst viele Leser; auch hier ist Abhilfe bedürfen. ist es ihm gelungen, unerkannt zu entkommen. Kaum hatte er die Grenze der Heimat glücklich| März. Munter schritt er auf der Landstraße das weichlich war wie das Schicksal, zerstörte sie. Aber hinter sich gebracht, als ihn schon ein Gendarm hin. Im nächsten Dorfe bat er eine Bauersfrau diesmal war unser Emigrant guten Mutes. Was festnahm. Wohin? Woher? Weshalb? Warum? um etwas Eßbares. Er befam es. Aber kaum tonnte ihm denn geschehen? Er hatte nicht gebet­Das waren die Fragen des Hüters der Ord- hatte er wieder die Dorfstraße betreten; da stand telt, gar nichts konnte man ihm anhaben. Der nung" an ihn gewesen. Dann stand er vor dem auch schon der Gendarm vor ihm. Die Fragerei Richter würde höchstens den Gendarmen aus­brummigen Richter. Der sagte überhaupt weiter ging wieder los, und bald stand er auch vor dem lachen. Aber trotzdem wurde er verurteilt. 3a, nichts als nur:" Vierzehn Tage Gefängnis wegen Richter. Er wußte, was ihn erwartete, und des- warum denn, er konnte es gar nicht fassen. ,, Wie­unerlaubten Grenzübertrittes!" Vierzehn halb wollte er Widerstand leisten. Warum werde so denn, bitte? Er habe doch nicht gebettelt!" Tage saß er in diesem dunklen Loche bei Wasser ich denn verurteilt?" war seine Frage. Betteln Aber gearbeitet habe er", meinte der Richter. und Brot. Dann brachten ihn zwei ältere schimp- sei im Lande verboten! Das leuchtete ihm ein. Ist denn arbeiten strafbar? Bestraft man in fende Männer in Zivil an die Grenze eines an- Also fügte er sich in das Unvermeidliche und nahm Jugoslawien Leute, die arbeiten?" Das wohl deren Landes. Zwar wollte man ihn dort nicht die Strafe von drei Wochen Gefängnis an. Drei nicht, aber arbeiten ohne Erlaubnis wäre straf­haben, aber während die Begleiter sich noch mit Wochen hatte er ein Dach über dem Kopf, drei bar. Der Emigrant war neugierig, wovon er denn den Grenzwächtern unterhielten, war er in dem Wochen hatte er Verpflegung. Aber dann kam leben solle? Der Richter zuckte mit den Achsein. fleinen Wäldchen verschwunden. Er lief, was er die Polizei und begleitete ihn, den lästigen Aus- Vieles hatte der Emigrant gelernt. Er fonnte, was seine Füße nur hergeben wollten. länder", an die Grenze des Landes. Diesmal wußte, daß die Gendarmen überall fast gleich Nun war er also in Rumänien . Merkwürs ging es nach Jugoslawien . Aber hier gab es etwas aussahen, daß die Richter meist kein Verständnis diges Land, stellte er nach ein paar Tagen fest. Neues. Man wollte ihn durchaus nicht anneh für ihn hatten, daß die Landstraßen in seinem Die Menschen sprachen eine andere Sprache, aber men. Ein Feilschen begann zwischen den Grenz- Lande genau so beschaffen sind wie in einem an­sie waren gutmütig. Noch nie hatte er hungern wächtern, wie es zu Hause nur auf den Jahr- dern, und daß die Gefängnisse aller Staaten müssen. Immer hatte er ein paar Kartoffeln oder märkten um ein Stück Ware zu sehen war. War neben Gefangenen auch Ungeziefer hatten. Er ein Stück Brot mit Speck bekommen. Alles wäre er denn auch schon Ware geworden? Endlich war wälzte sich unruhig auf seinem Lager, und dachte gut gegangen, aber auf einmal waren wieder die er angenommen. Er mußte einen Zettel anter- nach über die Begriffe Menschenrechte. Menschen­Gendarmen da. Woher? Wohin? Warum? Wes- schreiben; aber was war das? Er konnte weder würde und Menschenbehandlung. halb? Bald stand er vor dem Richter. Der verur- die Schrift lesen, noch verstand er, was ihm der Heute marschiert er in Bulgarien auf ein teilte ihn zu vierzehn Tagen Gefängnis und Grenzwächter erklären wollte. Er unterschrieb samer Straße. Er hat gearbeitet und gebettelt. Landesverweisung. Die Strafe hatte er bald ber- und betrat wieder seine Heimat", die große Scheu sieht er sich nach jedem dritten Schritte um, büßt und wieder war er in Begleitung von zwei Landstraße. Aber diesmal hatte er Glüd. Er be- ob nicht schon wieder ein Gendarm auf ihn war­Polizisten in Zivil auf dem Transporte aur fam bei einem Bauer sofort Arbeit, hatte also tet, um ihn dem nächsten Richter und damit dem Grenze. Diesmal war es die tschechoslowakische. Wohnung, Verpflegung und verdiente sogar noch Gefängnisse zu übergeben. Wie lange noch, und Die Grenzwächter waren hier freundlicher. Man Geld dazu, das er vielleicht seiner Familie schits er wird wieder an der Grenze eines neuen Lan­ließ ihn ohne weiteres laufen. Hier gefiel es ihm. fen konnte. Welche Zukunftsträume, träumte er des stehen. Es war ein schöner warmer Frühlingstag im in diesen Tagen! Aber der Gendarm, der unaus­

Er liegt in einem reifen Kornfeld, in dem er übernachtet hat. Sein Stopf ist schwer. Seine Füße brennen. Der Magen knurrt. Oftmals hält er den Atem an. Hört er nicht schon wieder die Schritte der Verfolger? Nein, diesmal war es eine Täuschung. Er erhebt sich, schüttelt die Aehren von seinem zerschliffenen Anzuge und be­tritt, den Graben überspringend, die große Land­straße, seine Heimat seit eineinhalb Jahren. Dies­mal ist es die Landstraße Bulgariens . Bulgarien -Deutschland !- Zu Hause!- mein Gott, wie weit wohl die Heimat entfernt ist? Wie lange müßte man wohl wandern, um dorthin zu kom­Tränen traten in seine Augen, die Sehn­sucht übertam ihn, aber er zwang sich, nicht an die Heimat und nicht an Frau und Kind zu den ten! Ob man damals recht daran getan hatte, alles stehen und liegen zu lassen und zu flüchten? Damals hatte man Angst gehabt vor der Strafe heute wäre sie vielleicht schon längst vor­über. Um wieviel besser man es daheim hätte als hier! Hicr hatte ja die Strafe kein Ende! Das Leben selber war ja zur Strafe geworden! Aber nun durfte man nicht mehr nach Hause, man war durch seine Flucht zum Hoch- und Landesverräter geworden.

men?

Von Gefängnissen hatte er gerade genug, die hatte er gründlich kennen gelernt, in allen mögs lichen Ländern. In Polen hatte es angefangen.

-

-

N.