Gelte 4 Dienstag, 2t. Jänner 1938 Nr. 17 AAestreuigLeLteir ein Volle sm Krankenbett des Königs Wer die Berichte aller englischen Zeitungen und aller Berichterstatter der festländischen Presse über die Anteilnahme des englischen Volkes an der schweren Krankheit Georgs V. liest, wird sich dem Eindruck nicht entziehen können, daß auf den britischen Inseln tatsächlich in einem, auf dem Kontinent nicht vorstellbaren Maß die Nation ihren König schätzt und sich um ihn sorgt. Noch schwerer wird es einem, sich vorzustellen, daß vor rund neun Generationen die Borfahren der heutigen Engländer einem Königden Kopsabgeschlagen, daß sie vor etwa acht Generationen einen König vertrieben haben. Aber gerade indem England das absolutistische Königtum so blutig radikal überwunden hat, schuf es die Voraussetzung für ein friedliches und harmonisches Verhältnis zwischen Krone und Volk. Das Volk fühlt sich vollkommen s o u- v e r ä n. Es nimmt den König nicht als Herr­scher, sondern als Symbol deS englischen Ge- meinweseiis, clls Repräsentanten der englischen Größe, als Hüter gewisser Traditionen, die dem konservativen bis weit in die sozialistischen Reihen konservativen englischen Volk heilig sind. Im König ehrt der freie Brite sich selbst. Darum auch legt er keinen Wert darauf, daß der Königgroß" im kontinentalen Sinne sei. Er soll den guten Hausvater, den biederen britischen Gentleman mit seinen Tugenden und kleinen Schwächen wiedergeben. Je mehr er es tut, desto» beliebter wird er sein. Gelegentlich des Jubiläums haben die eng­lischen Zeitungen ganz offen erörtert, warum Georg V. beliebter sei als sein Vater und warum er gegenüber den Zuständen der viktorianischen Zeit den Thron gefestigt habe. Die Oueen und Eduard VII. hätten zuviel Politik betrieben, das habe republikanische Strömungen genährt. Eduard VII . sei'außerdem kein vorbildlicher englischer Familienchef gewesen. Georg.V. sei all das. Ruhig, unaufdringlich, schon äußerlich ein englischer Seemann, konstitutionell bis zur äußersten Konsequenz, die er in der zweimaligen Berufung'von Arbeiterregierungen bewiesen hat. Die Engländer, ohne Uvterfchied der Parteirich- tungen, sorgen sich um den König wie um einen guten Freund. 1'- Es ist'chükäkteristisch,-a^"-ie Rundfrage j einer englischen 'Zeitung an Leser aller Schichten, was sich jeder in seiner tollsten Laune zutrauen würde, zum Resultat hatte, daß von den Tausenden Befragten Bürgern, Arbei. tern, Männern, Frauen, Nichtstuern, Studen­ten, soliden Leuten und leichten Burschen kein einziger die Frage bejahte, ob er sich je soweit vergessen könne, daß er beim Erklingen der-Kö­nigshymne, dasGod save the King ", nicht auf- stehen würde! Es ist ja bekannt, daß in warmen Funinächten im Hydepark die Pärchen von den Bänken und vom Rasen aufstehen, wenn vom Konzertplatz her dasGod save the King " ertönt. Für England ist der gänzlich zwang­lose Respekt, den man dem König erweist, eben nicht der Verzicht auf eigene' Würde und politischen Eigenwillen, sondern im Gegenteil Edouard Herriot Von Henry deZogheb Unmittelbar vor den Wahlen und während der französischen Regierungkrise ist die Haltung Herriots wieder von aus­schlaggebender Bedeutung für di« fran­zösische Politik. Ein politisches Porträt des Staatsmannes dürfte darum besonders aktuell sein. Mit seines Picife im Munde bewegt- sich Herriot schwer, groß und korpulent. In seinen Augen sitzt der Schalk, durch seine Güte, seine Freundlichkeit, seine Klugheit gewinnt er jeden. Wenn er spricht, bedeckt sich sein Gesicht yiit klei­nen Fältchen; Herzlichkeit strömt aus jeder sei­ner Gebärden. Zum Teil bürgerlich-gutmütig, zum Teil bäuerisch verschlagen, sieht er euch lächelnd an. Er gibt Ihnen allen Recht, aber was denkt er selbst, wenn er den. Kopf hoch wirst? Aber bestimmt versteht er Sie; er versteht alles. Sie sind seiner sofort sicher. Er stößt niechanden von sich. Ein leidenschaftlicher Bücherwurm, ein großer Redner, findet er doch immer wieder Zeit, ungeheure Akten durchzustöbern, zu reisen, sich dies und das anzusehen und alles in sich aufzu­nehmen. Er schreibt eine Studie, ein Buch über Beethoven zum Beispiel, besteigt d> Tribüne, übernimmt die Regierung in den schlimmsten Zei­ten. Er hat vor nichts Augst . Er übernimmt so­gar Aufgaben, die seine Kräfte überschreiten. Er ist zu intellektuell und zu sentimental für einen Staatsmann, aber er ist viel zu eitel, uw das ein- susehen. die selbswerständliche Huldigung für eine In­stitution, die als stärkstes Sinnbild der alten demokratischen Fr e i h e i- t e n eines auf Parlamentarismus, Selbswer- waltung, allgemeinem Wahlrecht und größter Achtung vor der Persönlichkeit ruhenden Lan­des gilt. i Ziehung der Klassenlotterie ^Unverbindlich. Prag . Bei der Montag-Ziehung der H. Klaffe der 85. tschechoslowakischer. Klaffenlotterie wurden nachstehende Gewinste gezogen: 20.000 Kd: 90259, 84464, 10.000 Kd: 99140, 25507, 65230, 19348, 5000 Kd: 66092, 68454, 88326, 27807, 91702, 26271, 2000 Kd: 26258, 42579, 85008, 40131, 45070, 41139, 106399, 11143,105522, 31081, 67264, 22731, 30355, 62664, 107968, 61420, 44613, 23775. Zwei Menschen im Streit erschlagen. Das Ehepaar Fischmann in Pilsen verkaufte im April vorigen Jahres sein Haus einem gewiffen 33 Jahre alten Nadler in Gibian bei Mies. Das Ehepaar bewohnte aber das Haus weiter, was bald zu verschiedenen Unstimmigkeiten, Zwistig­keiten und später auch zu gerichtlichen Streitig­keiten Anlaß gab. Ein solcher Streit wurde eben am Samstag, den 18. d. M., zugunsten Nadlers entschieden. Nach der Rückkehr vom Gericht brach zwischen den beiden Parteien ein neuer Streit aus, wobei Fischmann gegen Nadler eine Axt holte. Dieser aber entriß Fischmann die Axt und versetzte mit ihr Fischmann und dessen Frau einige Hiebe auf den Kopf. Die Hiebe waren so heftig, daß die beiden Eheleute kurze Zeik darauf verschieden. Der Täter erstattete nach der Tat selbst die Anzeige bei der Gendarmerie. Er wurde verhaftet und in die Gerichtshast eingeliefert. Eine Knabe vom Zug überfahren. Die Staatsbahndirektion Brünn teilt mit: Sonntag, den 19. Jänner, um 22 Uhr wurde in Kilometer 101.3 zwischen den Stationen Podivtn und Saitz in einem Graben unweit der Bahnstrecke der schwerverletzte 14jährige Franz Brandajskh aus Saitz aufgefunden. In der Station Saitz, wohin der Junge sofort gebracht wurde, mußte ihm vom Eisenbahnarzt der von einem Zug überfahrene linke.Arm und der rechte Fuß oberhalb des Knöchels amputiert werden. Der verletzte Knabe wurde dann mit dem nächsten Zuge nach Brünn transportiert und in das Landeskrankenhaus ge­bracht. Durch welchen Zug der Knabe überfah­ren wurde und welches die Ursache des Unglücks­falles ist, konnte noch nicht sichergestellt werden. Wenn Minister Schneeball werfen... D:r hrjtische Doiyjnjenminister Malcolm Macdonald wurde Sonntckg durch einen Schneeball am rech­ten Auge verletzte Der Unfall ereignet« sich wäh­rend eines Spiels in freier Natur, bei dem der Minister und einige Oppositions Mitglie­der sich eine Schneeballschlacht liefer­ten. Der Augenarzt konstatierte, daß die Berler« zung des Ministers nicht ernst ist. Es wird be­tont, daß der Unfall in keiner Weise auf Böswil- ligkeit zurückzuführen ist. Widerliche SensationSjagd. Obschon die Sensation" der Hinrichtung Bruno Hauptmanns auf etwa drei Monate verschoben'" ist, bleibt Bruno Hauptmann die umstrittene Persönlichkeit ganz Amerikas . Auch die Autogrammjäger haben sich auf ihn gestürzt, und da keine Erlaubnis zu erlan­gen war, Autogramme zu bekommen, sind sie auf einen besonderen Trick verfallen. Hauptmann be­kam in den letzten Tagen Hunderte von Schecks mit einem Begleitschreiben, daß diese für seine Frau und für seine Sache bestimmt seien. Damit aber Frau Hauptmann die Schecks einlösen konnte. mußte sie Bruno Hauptmann , auf dessen Namen sie.ausgestellt waren, wie üblich, girieren. Und die'Kontobesitzer können sie dann von ihrer Bank abholen und erhalten so ein Autogramm Haupt­manns. Besonders zu erwähnen ist noch, daß die Mehrzahl dieser Schecks auf ganz kleine Beträge, ein bis zwei Dollar lauten. Und das ist nicht zu teuer für ein so wertvolles Autogramm. Selbstmord auS Rot . In Wien hat sich der 34jährize Ladislaus Balogk,' früherer Sekretär von Bela K h u n, infolge finanzieller Schwie­rigkeiten erschossen. Wahnsinnstat. In einem kleinen Dorf in der Nähe von Nyons hat ein Arbeiter seine Frau, seine beiden Kinder und dann sich selbst in einem Wahnsinnsanfalle getötet. Keffelexplosion. In einer Schwefelfabrik in Bari explodierte aus bisher noch unbekannten Ur­sachen ein Kessel," wobei mehrere Mauern ein- ftürzten und ein Brand ausbrach, der die Explo­sion weiterer Kessel zur Folge hatte. Aus den Trümmern wurden zwei Tote und 16 Schwer­verletzte geborgen. Lokomotive fährt in eine Arbeitergruppe. Auf der Strecke in der Nähe von Grandhal in der Grafschaft Lincoln fuhr eine Lokomotive in eine Gruppe von Arbeitern und stieß ihrer zwölf zu Boden. Fünf Arbeiter wurden an Ort und Stelle getötet, acht schwer verletzt. Die schwangere Geliebte in den Brunnen geworfen. Die österreichischen Behörden forschten schon längere Zeit nach der 25jährigen M. Juko- bicovä, einer tschechoslowakischen Staatsangehö­rigen, die seit Ende August aus der Wohnung ihres Arbeitgebers verschwunden war. Es wurde Nunmehr festgestellt, daß sie mit dem landwirt­schaftlichen Arbeiter 3. Dräbek aus Minzendorf, ebenfalls einem tschechofiowakischen Staatsange», hörigen, eine Bekanntschaft unterhielt, der auch verschwunden ist. Mit Hilfe der tschechoslowakischen Behörden wurde jetzt fichergestellt, daß Dräbek unterdessen seinen Militärdienst in Preßburg an­getreten hat. Er wurde einem Verhör unterzogen und gestand nach längerem Leugnen, daß er das Mädchen, das in anderen Umständen war, in Glinzendorf in einen tiefen Brunnen geworfen halste. Beskiden -Hotel niedergebrannt. In der Nacht von Samstag auf Sonntag brannte das dreistöckige Touristenhotel am Weißen Kreuz in den Beskiden bis auf die Grundmauern nieder. DaS Hotel war die größte deutsche Touristenhütte in den Beskiden und gehörte der Witkowitzer Sek­tion des Beskidenvereines. Zum Glück beherbergte das Hotel infolge der schlechten Schneeverhältnisse keine Gäste, so daß dem Brande kein Menschen­leben zum Opfer fiel. Großen Schaden erleidet der Pächter, dessen gesamte Hoteleinrichtung ver­brannte. Er war nicht versichert. Der Brand entstand wahrscheinlich im Rauchfang. Schneestürme. Ueber den Bereinigten Staa­ten wüten außerordentlich schwere Schneestürme. Der Verkehr liegt vielfach vollkommen still. Die Sturmwarnungen sprechen von einerSturm­front", die von Maine bis Florida reicht. In New Uork gab es schwere Wintergewitter. Außer 17 Todesopfern des Schneesturmes, der auf dem ganzen Gebiet der Vereinigten Staaten gewütet hat, werden bisher 40 Verletzte gemeldet. Tragische Duplizität. In Melk in Nieder­ österreichs verbrannte in ihrer Mahnung'die 80jährige Theresia Stribl, als sie, im Bette lie­gend, eine Kerze anzünden wollte, von der das Bett Feuer sing. Als hie Nachbarn herbeieilten, fanden sie die Greisin nurmehr als verkohlte Leich« vor. In Bruck unterhalb des Groß­glockners verbrannte Montag nachts die Tischler­werkstatt des 64jährigen Ferdinand Dick. Der Eigentümer, der den Brand durch unvorsichtiges Die Reinheit seines Ideals, der Sinn für die Gerechtigkeit, die Vornehmheit und moralische Sauberkeit seines Wesens würden ihn sozialen und menschlichen Ideen sich hingeben lassen, wenn nicht dringende wirtschaftliche Probleme, sein blinder Patriotismus ihn von seiner tiefen Sehn­sucht immer wieder entfernen und in die Reali­tät zurückführen würden. Herriot ist viel zu an­ständig, hat viel zu viel Skrupel, um regieren zu können. Er hat unendlich viele Funktionen zu er- füllen, und er hat unendlich große Gaben. Niemand weiß, welche Fülle von Arbeit die­ser Mann leistet» denn er beklagt sich niemals. Die umfangreiche Mappe unter dem Arm, den Anzug zerknüllt, den großen Hut ins Gesicht ge­drückt, ist er weit davon entfernt, Kleidersorgen zu haben. Er ist ganz natürlich und desto verfüh­rerischer. Wenn Herriot die Tribüne besteigt, fühlt man sofort die Welle der Sympathie zwi­schen ihm und seinen' Zuhörern, gleichgültig, ob eS sich um Wähler oder um eine Künstlerver­sammlung handelt. Er hat sofort Kontakt, und er spricht mit gleichen Talent über Politik, über die Antike, über Chopin oder über Madame Reca- mier. Niemals vergißt er zu lächeln, selbst wenn man ihn angreist. Wir wollen seinem Lebensweg folgen. Der Mann ist sehr viel interessanter, als der Politiker. Seine Bildung hat im Lyzeum La Roche-sur-Aon begonnen. Hier ist Virgil in sein Leben getreten, die lateinische Kultu - hat ihn geformt, und die Liebe zu ihr hat ihn nie verlassen. Er komm! dann nach Paris , und auf der Universität bilden sich seine ersten politischen Ueberzeugungen. Er findet die philosophischen Grundlagen für seine Gefühle, die Herz und Vernunft zusammenklin- gen lassen möchten. So wird er Radikalsozialist, lange bevor er sich parteimäßig bindet. Seine literarische Karriere hat er mit einer Abhand­lung über die Anfänge des AgrarsozialiSmuS in Rom begonnen. Er wird zuerst Lehrer in Nantes , dann in Lyon . Und dies wird die Stadt, wo er ein großes Werk vollbringt. Seit einem Bierteljahrhundert ist Edouard Herriot ihr Bürgermeister. Die Stadt seiner Wahl dankt ihm viele moderne Gebäude, | eine neue Kanalisation, eine Reihe von Schulen. * Ökonomisch dankt ihm die Stadt ihre jährliche Edward, Prinz von Wales auf den sich angesichts der schweren Erkran­kung König Georgs V. die Blicke der Welt richten Vorgehen mit einer Petroleumlampe verursachte, fiel dem Brande zum Opfer. Der tote Hochzeitsgast. Eine schauerliche Be­gebenheit hat sich dieser Tage in dem slowenischen Dorf Sv. Jurij abgespielt Die Dorfschöne heiratet« einen reichen Freier und verstieß den armen, mit dem sie es früher gehalten hatte. Als währen» deS Festmahles einige Gäste vor die Türe gingen, iahen sie im Dunkeln den früheren Favoriten der Braut, der sich scheinbar nicht ins Haus wagte. Er stand an einem Baum und gab keine Antwort, als er'in­geladen wurde, das Haus zu betreten. Darauf gin­gen die Gäste zurück und holten ein Glas Wein, um es dem unglücklichen Liebhaber zu geben. Erst etzl sahen sie, daß der Mann wt war; er hatte sich an dem Baum so aufgehängt, daß seine Füße knapp den BoheN berührten. Von einer Fortsetzung der Feier konnte keine Rede mehr sein. Am nächsten Morgen ließ der Ehemann den Unglücksbaum fällen und gab bekannt, daß er sein Anwesen verkaufen wolle, um mit seiner Frau auSzuwandern. Wieder warmes Wetter. Dienstag: Vor­wiegend bewölkt, unbeständig, zeitweise Niederschläge, mäßig warm, überwiegend südwestlicher Wind. Mittwoch: Andauern der unbeständigen und für die Jahreszeit warmen Wetters. Vom Rundfunk taataMeMwertM aus«len Progrimawn Mittwoch: Prag , Sender L: 10.50: Deutsche Preffe, 10.16: Deutscher Schulfunk, 10.35: Opernpotpourris, 11: Schallplatten: Verdi, 12.35: Salonorchesterkonzert, 13.40: Deutscher Arbeitsmarkt, 16.55: Theater für die Jugend, 18.10: Deutsche Sendung: Sportvor- schau, 18.20: Arbeitersendung: Julius John, Auffig: Die Kulturbedeutung der Gewerkschaftsbewegung, 18.40: Soziälinformationen, 18.45: Deutsche Presse, 19.10: Schallplatten: Mozart , 19.30: Aus dem Ra- tionaltheater: Kostana, Oper von Konjovic. Sender S: 7.30: Salonorchester, 14: Schallplatten, 14.15: Deutsche Sendung: Kinderstunde, 18: Schallplatten. Brünn 13.30: Arbeitsmarkt und Sozialinforma­tionen, 17.40: Deutsche Sendung: Häusliche' Sze­nen. Mährisch-Ostrau 15: Orchesterkonzert. Preßburg 19.25: Unterhaltungsmusik. Messe. Er baut billige Wohnhäuser; er sorgt für Sozialversicherung und für Hygiene, nichts ver­gißt er. Er weiß mit. seltener Energie alle Schwie­rigkeiten zu überwinden. Aber wenn Lyon ihm vieles verdankt, so war es zugleich auch das Sprungbrett, von dem er in die politische Arena, die so grausam fiir diesen Mann mit zartem Ge­müt ist, betreten hat. » Herriot betritt die Politik als Vierzigjäh­riger und bereits als Senator. Er spielt zunächst nur eine sehr bescheidene Rolle.Nach einigen Tribünenerfolgen, die weniger meinen Verdien­sten als der traditionellen Höflichkeit der hohen Versammlung für ihr jüngstes Mitglied zu dan­ken waren..." so beurteilt er selbst seine Er­folge. Er war der jüngst- Senator Frankreichs . Dieser entzückende Titel ist ein sanftes Ruhekissen für einen Mann in den besten Jahren. 1016, in den schwersten Zeiten des Krieges, beruft ihn Briand als Minister für öffentliche Arbeiten, Verkehrs- und Ernährungsminister. Nach den Wahlen von 1924, auS denen Herriot und das Linkskartell alS Sieger hervorgingen, ge­langte er zum erstenmal an die Macht. Man kennt, seine Polsiik der Beftiedung, seinen unbeugsamen Wunsch,- den Geist der Demokratie hochzuhalten, seinen Einsatz für die Schaffung sozialer Jnsti- tutionen, um das Los der Arbeiter zu erleichtern. In dieser innenpolitischen Richtung findet man die Zeichen seiner Lauterfeit, seiner Großzügig­keit, seines ehrlichen Glaubens, Eigenschaften, die ihn mit allen Fiebern an das Wohl seines Landes und an daS der Arbeiterklasse binden. (Aus:»Les Maitres dr l'Heurc"« Verlag Denocl et Steele.),