Rr. 18Mittwoch, 22. Jänner 1936Leite 5Das deutsch-russische Wettrüsten. In dersoeben geschlossenen Session des Zentralexekutiv-ausschusses der Sowjetunion hat, neben dergroßen politischen Rede des Vorsitzenden des Ratesder Bolkskommiffäre Molotow, der von uns inKürze bereits erwähnte Bericht des stellvertreten»den Volkskommissars Tuchatschewski, besondereAufmerksamkeit erregt. Tuchatschewski unterstrichdie gefährdete Lage, in der sich die Sowjetunionzwischen den eng miteinander liierten Deutschlandund Japan befindet. Die Rote Armee müsse sichauf einen Zweifrontenkrieg gefaßt ma»chcn, wobei die beiden Fronten 10.000 Km. voneinander entfernt sein werden. Das sei eine inder Geschichte der Kriege noch unbekannte Si«tuation. Tuchatschewski betont, daß daraus fürden russischen Generalstab sich die Notwendigkeitergebe, erstens die unmittelbare Kriegs-b er e i t s ch a f t der Roten Armee bedeutend zuerhöhen und zweitens die beiden eventuellenKriegsfronten, die westliche(europäische) und dieostafiatische, ganz selbständig und unabhängigvoneinander zu machen.(Ob dies möglich seinwird, ist allerdings eine andere Frage, denn dasSchwergewicht der russischen Rüstungsindustrieliegt noch immer im europäischen Rußland undzum Teil in Westsibirien, aber es ist ohne weiteres zuzugeben, daß die Sowjetregierung gewaltige Anstrengungen macht, um in der unmit-telbaren Nähe des voraussichtlichen ostasiatischenKriegsschauplatzes Jndustriebasen aufzubauen.)— Sehr bemerkenswert waren auch die Mitteilungen Tuchatschewskis über den Ausbau derrussischen Kriegsflotte.— Besonderer Nachdruckwird auf die Ausbildung der mittleren undunteren Offizierschargen gelegt: 13 Kriegsakademien und 6„Kriegsfakultäten" zählen in diesem Jahre 16.000 Hörer. Der Marschall hat inseiner Rede auf das gewaltige Tempo derdeutschen Aufrüstung hingewieseo.Nach englischen Angaben werden in Deutschlandmonatlich 300 bis 600 Geschütze und nicht weniger als 200 Kriegstanks produziert. Auch diedeutschen Autostraßenbauten dienen bekanntlichvornehmlich militärpolitischen Zwecken. In dennächsten zwei bis drei Jahren sollen 7000 Km.Autostraßen und insbesondere drei Haüptstraßrnin west-östlicher Richtung gebaut werden. Datumwaren im Herbst 1935 bereits mehr als 3000Km. Autostraßen im Bau.Eine auffässige abessinische Provinz. EinSorgenkind des NeguS ist die Provinz G o d-schäm, eines der reichsten amharischen Kerngebiete Abessiniens, das sich eine weitgehendeSelbständigkeit bewahrt hat und im Westen desLander gelegen ist. Die dortige Dynastie gibtebenso wie die herrschend« Dynastie von Schoa an,von Salrmon abzustammen und beruft sich ausTecla Haimanot, der als Gesetzgeber, Organisator, Prophet und Heerführer gefeiert wird, undnach dem zahlreiche Ortschaften benannt. sind.Er war der Urgroßvater von Ras Hqilu, demabessinischen Feudalherren, der dem Negus dieMacht streitig machte. Der Negus aber erkannteihn nur als Gouverneur von Godscham an. 1932wurde er von einem Fürstengericht wegen Hoch-und Landesverrates zum Tode verurteilt, dannaber zu lebenslänglicher Verbannung auf eineFieberinsel des Suai-Sees begnadigt. An seiner Stelle wurde der Ras Jmru Gouverneur desGodscham. Er stieß jedoch überall auf Schwie-rigkeiten und Widerstände. Ras Hailu hielt esstets mit den Italienern, und so ist es nicht verwunderlich, daß italienische Agenten seit Jahrenden Godscham bearbeiteten. An der Spitze dies-SGeheimdienstes stand der Oberst Peluso, der voreiniger Zeit auf ungeklärte Weise umS Lebenkam. Rach Kriegsbeginn setzten die Italiener ihrePropaganda fort. In Handzetteln wurde mit-geteilt, daß die Italiener der Bevölkerung ihrengeliebten„Negus" Ras Hailu wiedergebcn würden. ES kam zu Unruhen, die die Entsendungder kaiserlichen Garde nötig machten. Ras Jmrumußte von der Nordfront nach der Provinz zurückkehren. Die Bevölkerung verweigerte dieDienstpflicht, unterstützt von einem Test derGeistlichkeit, die, nicht ohne italienische Beeinflussung, geltend macht, daß der„Abuna", dasOberhaupt der koptischen Kirche, ein Aegypterund kein Abessinier sei. DaS geflissentlich verbreitete Gerücht, Ras Hailu sei vergiftet worden,steigerte die Erregung. In den letzten 14 Tagenist eine gewisse Befriedung eingetreten, so daßRas Jmru an die Nordstont zurückkehren konnte,doch ist nicht ersichtlich, ob die Ruhe von Dauersein wird.Volkswirtschaft und SozialpolitikStreiks und AussperrungenIm DezemberNach den vorläufigen Feststellungen des Statistischen StaatSamteS gab es im vergangenenMonat 9 Streiks(im November 21) in 14(44)Betrieben, welche 2693(2486) Arbeiter beschäftigen. von welchen 2488(801) streikten. DerVerlust an Arbeitstagen beträgt 22.729(4450),an Lohn 444.203(114.617) KL. Vier Streiksentfielen auf das Baugewerbe(1886 Tage), jezwei auf die Stein- und Erdindustrie(|92) unddie Holzindustrie(18.977), ein Streik auf dieBekleidungsindustrie(140). In sechs Fällen handelte eS sich um eine Forderung nach Lohnerhöhung, in je einem Fall um Nichthrrabsetzungdes Lohnes und um Nichtentlaffung. Das Ergebnis war in fünf Fällen(22.501) ein teilweiserErfolg, in einem Falle ein Mißerfolg und ineinem Fall ist das Ergebnis nicht bekam:!. Aussperrungen gab es im Dezember nicht.Die Legende von den IdeenVon J. HedererDen drei Ideen Humanität, Pazifismus undZivilisation war eS gelungen, auf einer allen,ehrwürdigen Universität auf eine bis heute nochunerklärliche Weise auö den dicken Einbanddeckenschwerer Folianten zu entschlüpfen.Unbeholfen, wie Ideen Won einmal sind,wenn sie versuchen, mit dem Reich der Praxis anzubinden, plumpsten sie schon in dem drittenRaum den sie auf ihrer abenteuerlichen Reise erreichten, in ein Gewirr von Drähten, Röhren»Tiegeln und Destillatoren. Ein Summen, Surrenund Kochen Hub urplötzlich an. Nun erst merktedie Zivilisatton, der diese Dinge noch am nächstenlagen, daß sie in das Chemie-Laboratorium geraten waren.'Ehe sie jedoch ihre Gefährten aufdie Gefahr aufmerksam machen konnte, um mttihnen durch das Schlüsselloch zu fliehen, warensic auch schon in schwere Dämpfe gehüllt.ES knixte und knaxte, die Ideen wurden zuStoff, sie nahmen Gestalt an und wurden leibhaftige Wesen. Ein Wunder war geschehenIdeen waren in Materie aufgegangen und zumhöchsten Individuum des Universums geworden— zum Menschen.Verdutzt schauten sie einander an, machtendie ersten Gehversuche, machten sich mit allenKniffen der Intelligenz sofort vertraut^und beschlossen, sogleich ihrem jahrhundertelangen Gefängnis zu enffliehen...Mit jeder Minute wuchs ihre Vertrautheitmit den segensreichen Einrichtungen unseresJahrhunderts. Sie bekamen auf ihr tadellosesAussehen hin Kredit, sie aßen und ttanken imHotel, fuhren Auto und Straßenbahn und landeten zum Fünfuhrtee im Cafe.Beflissen brachte man ihnen zuerst die Zeitungen. Beherzt begannen sie zu lesen....Der Kellner hatte schon manchen Gast gesehen, der scheinbar nur des Zeitungslesens halberins Cast kam, aber mit einem solchen Aufwandvon Zeit und Interesse hatte er noch niemandenlesen sehen. Der Tee war längst kalt gewordenund blieb unberührt. Sie zahlten endlich undverlangten ein Separee.Komisch, denkt der Kellner, ins Separee ohneDamenbegleitung. Das ging erst recht über seinen Horizont.Die Ideen aber, die seltsamerweise Menschen geworden waren, versahen sich erst noch einmal mit Zeitungen vieler Sprachen und aus allenLändern und lasen nochmals stundenlang.Endlich legte die Humanität das letzte Blattaus der Hand und sprach zu ihren beiden Gefährten:„Also, Freunde!, das ist die Welt, sosieht sie auSl Jahrhundertelang hat man unsIdeen gelehrt, und gepredigt und mau hat auchnoch gelobt; uns zu Lebensgrundsätzen zu machen.Und nun? DaS Debakel 1935.....Krieg, Hunger, Arbeitslosigkeit, Tyrannenherrschaft, Anarchieund Verfall!"Der Pazifismus und die Zivilisation wiegtensorgenvoll die Köpfe. Aber schon waren sie sichunbewußt in dem Entschluß einig— hier mußtegehandelt werden. ES gab keine Diskussion, denKonkurs mit ihrem eigenen Ich drohte die Weltgeschichte ihnen an. Die Stellung, die sie bis jetztin der Welt innehatten, war ernstlich erschüttert.Schlimmeres stand bevor.Der Pazifismus wieder hatte im Sinne,eine äußerst einfache, aber um so umfangreichereArbeit auf sich zu nehmen. Er wollte auf großenPlakaten an allen Litfaßsäulen und Anschlagtafeln der Welt die Schrecken und Unmenschlichkeiten eines neuen Krieges zeigen.Die Zivilisatton hatte vor, auf die verantwortlichen Industrie- und Bankmagnaten zuwirken, ihre Wirtschafts« und Produktionsmethoden im Weltmaßstäbe so gut zu organisie ren, daß sie dem technischen Fortschritt der letztenJahrzehnte und der geographischen Lagerung derWirtschaftsgebiete endlich angepaßt werden, umdamit die Grundursachen der großen Erschütterungen innerhalb der politischen Interessensphäre aus der Well zu schaffen.... Die Wege der drei Gefährten mögenweitverzweigt und abenteuerlich gewesen sein.Ihre Erlebnisse und Erfahrungen aber warenniederschmetternd. Nur der Zufall ließ sie nochmals alle drei zusammenkommen. Die letzteStation, die wieder registriert werden konnte,war die anatomische Fakultät der allen Univer-sität ihres Ausgangspunktes, wo sie als Leichennach einigen Woch. i wieder eingeliefert wurden.Der Pazifismus hatte sich in einem Konzentrationslager einen Tobsuchtsanfall zugezogenund war daran verstorben und nun war er zumedizinischen Studienzwecken hierher beordertworden.Die Humanität war von Abessinien alseiner der ersten gefallen-n Europäer auf abessinischer Seite mittels Flugzeug zur Universitätgebracht worden, um an ihm Grad und Art seiner tödlichen Gasvergiftung für wissenschaftlicheZwecke zu analysieren.Die Zivilisation wurde von einem Zuchthaus aus eingeliefert. Dort war sie an den Folgen eine- nervenzerrüttenden Kreuzverhörs gestorben.Es war wirklich jammerschade, daß derWelt diese übernatürlichen Gefährten auf so einfach sterbliche Art wieder verlorengegangenwaren. Wäre ihnen auch kein vraktischer Erfolgbeschieden gewesen» so hätten sie uns doch denStoff zu der größten Tragikomödie aller Zeitenliestrn können...Da berieten sie denn die ganze Nacht hindurch und sannen auf Abhilfe. Am nächsten Morgen begannen sie ihr Werk»»zur Läuterung derMenschheit."Man hatte beschlossen, rationell vorzugehen.Die Humanität hatte sich zur Aufgabe gemacht,sich unverzüglich mit den tyrannischen Staatslenkern in Verbindung zu setzen und ihnen dieStaatsidee der Humanität neuerdings flarzu-legen und ihnen praktische Vorschläge zu unterbreiten, die den Ausgleich der Interessen allerVölker auf vernünftiger Basis bedingen und daSGemeinwohl aller erstreben.Hettcktssaatein Gegenstück zur AffSre desZentraldirektors ZailtekMillionendefraudationen eines Domänen*direktors und seiner KomplicenUngarisch-Hradisch. Ein sensationeller Prozeß,dessen Dauer auf mindestens eine Woche geschätztwird, begann gestern vor dem KreiSgericht inUngarisch-Hradisch. Es handelt sich um riesenhafteUnterschlagungen bei der Forstverwaltung des Großgrundbesitzers Seilern-Aspang, derenHöhe mehr als fünf Millionen beträgt. Dieser Prozeß stellt sich der seinerzeitigen Affäre des Larisch»Mönnichsschen Zentraldirekwrs Dr. Z a j i i e kwürdig an die Seite, der seinerzeit vor dem Mährisch-Ostrauer Kreisgericht zu vier Jahren schwerenKekkerS verurteilt wurde und gegenwärttg noch seineStrafe absitzt. Zwischen dem vorliegenden Fall undder skandalösen Affäre des Dr. Zajiäek ergeben sichso viele Berührungspunkte, daß sich einem unwillkürlich der Gedanke aufdrängt, daß die Tätigkeitjenes„genialen" Zentraldirektors die Leute, diediesmal auf der Anklagebank sitzen, inspiriert hat.Bier Angeklagte wurden dem Senat des OGR.Dr. B e z d i t vorgeführt. Alle drei sind ange-1„Wo sind Deine Versprechungen? Die ganzeWelt wolltest Du mir zu Ftlfien legen!“„No also, da liegt sie ja."klagt des Verbrechens der Veruntreuungund der Schaden beläuft sich, wie erwähnt, auf mehrals fünfMtllionen. Als Hauptangellag-ter erscheint der 57jährige Güterdirektor Jng. Rudolf R e h u l k a; weiters sind angeklagt die Forstverwalter Alois Zlotohlävek, Alois Zele n k a und Bohumil Start). Der Fünfte imBunde, der Rentmeister Erlebach hat sich inder Untersuchungshaft vergiftet.Der Großgrundbesitzer Seilern-Aspang, einösterreichischer Aristokrat, besitzt im mährisch-slowakischen Gebiet ausgedehnte Waldungen, deren dreiHauptreviere, deren jedes bis zu 60.000 Hektar Waldumfaßt, von den drei angeklagten Forstverwaltern„betreut" wurden. Als oberster Leiter dieser ungeheueren Domäne fungierte der Erstangeklagte Direktor Jng. Rebulka, der diesen Posten seit dem Jahre1925 bekleidete. Während zu den Zeiten seines Vorgängers der Besitz einen guten Ertrag abgeworfenhatte, wurde er nach dem Amtsanttitt des ImRehulka mehr und mehr passiv. Zunächst erklärteman diesen Mißstand mit der allgemeinen Wirtschaftskrise. Obwohl der Grundbesitzer mehrfach durchanonyme Briefe auf die Mißstände in der Domhnen-verwaltung aufmerksam gemacht wurde, schenke erdiesen Anzeigen keinen Glauben und so wirtschaftetedaS saubere Konsorttum munter weiter und plünderte nicht nur seinen Dienstgttier, sondern«trogauch zahlreiche Waldarbeiter um ihren Arbeitslohn.Auf die Einzelheiten, die die außerordentlichumfangreiche Anklage anführt, kann nicht eingegangen werden. Im wesentlichen handelt es sich darum,dqß der treffliche Direktor Jng. Rehulka unter Mithilfe der weiteren Angeklagten ans eigen« Rechnungund zu eigenem Gewinn den Wald drS Herrn Sei-lern-AsPang abholzen ließ. Daß dabei mit gefälschten, Belegen,- fingrerten Rechnungen und falscherBuchführung manipuliert wurde, bedarf keiner Erwähnung.Den wahren Schaden festzustellen, ist nicht gelungen, da die Defraudanten vor ihrer VerhaftungVerschiedene Belegt zu vernichten vermochten. Rachden unzulänglichen Unterlagen, die zu erbringenwaren, belaufen sich hie Defraudationen R e h u I-kas auf 8,664.000 Kö, die Z e l e n k a s auf1,087.000 Kd, die Veruntreuungen Zlatohlä-b e k s auf mehr als 600.000 KL und die Unterschlagungen Starts auf rund eine halbeMillion KL. Rehulka hat während der Zeitseine- segensreichen Wirken- auf verschiedene Sparbücher mehr als eine Millionzurückgelegt!Bemerkenswert ist, daß di« ganze Sache erstdurch eine Revision der Steuerbehörde aufflog, derdi« auffallende Passivität des sonst so rentablenBesitzes nicht einleuchten wollte. Ganz im Sinne desberüchtigten Dr. Zajiiek verteidigen sich di«, sonst imwesentlichen geständigen Angeklagten mit einem„Konto S e p a r a t o", da- ihnen der Grundherr al- eine Att Dispositionsfonds eingeräumthabe. rb.AmerikanischeGeschichtenDer LiebesbriefIm Scheidungsprozeß der MrS. HildredGude, der Frau eines Millionärs, spielen die Liebesbrief« eine- deutschen Barons eine Rolle. DerBaron, sagt Frau Gude, sei„ein lieber Kerl";seine Liebe habe er aber nie durch die Tat, sondern nur in Briefen ausgedrückt.Immerhin waren die Briefe so, daß der Anwalt des Gatten im Kreuzverhör fragen konnte:„Was meinte der Baron, als er schrieb, er warte,bis Sie in seine Arme zurückkehren würden?"Frau GudeS Antwort war exatt und so, daßsi- formal kein Geständnis enthielt:„Ich denke,er meinte, er warte, bis ich in seine Arme zurückkehren würde."Go schlau fragen, daß eine schlaue Frau indie Falle geht, kann nicht mal ein schlauer Anwalt.Die Sterilisation„Ich hatte als Kind keine Puppen und werde„wenn ich alt bin, lein Kind haben. Das ist meineganze Geschichte."Sagt Miß Anne Cooper Hewitt, die jetzt21jährige Erbin eines Zehnmillionenvermügen».Sie klagt auf 500.000 Dollars Schadenersatzgegen ihre Mutter, Frau Childs McCharter andzwei Aerzte. Grund der Klage: Ihr Vater,Peter Hewitt, hatte testamentarisch ein Legat ausgesetzt, das ihr nur zufallen sollte, wenn sie heiratete und Kinder bekäme. Ihre Mutter hat dasMädchen aber sterilisieren lassen, um dieses Legatselbst zu behalten. Miß Hewitt behauptet, Mutter und Aerzte hätten sie durch falsche Vorsp'ege»lungen zu dieser Operation gebracht. Die Mutter behauptet, die Tochter sei schwachsinnig. Desgleichen die beiden Aerzte. Nach kalifornischemGesetz ist zur Erlangung der SterilisattonSerlaub-nis bei einer minderjährigen Person die medizinische Feststellung des Schwachsinns und die schriftliche Einwilligung der Eltern oder des Vormundsnötig. Soweit wäre die Sache also formal inOrdnung. Offenbar ermangelt aber FräuleinHewittS deS vorgeschriebenen Schwachsinns; einärztliches Attest aus dem November 1985' bescheinigt ihr auch, daß sie keinerlei geistige Defekteaufweise. Da sie nun volljährig geworden ist,kann sie also ihren Kampf um ihr Recht und ihrGeld— allerdings nicht um ihr Kind, das ihr,ungeboren, definitiv verloren ist— durchführen.Für die Mutter und die Aerzte tun sich lehrunangenehme Perspeüiven auf. Gewinnt MißHewitt den Prozeß, so werden sie noch von Staatswegen ein Strafverfahren auf den Hals bekommen. Wahrscheinlich— bestimmt ist eS mcht.Denn der neue Gatte der ehemaligen Frau Hewitt,Herr McCharter, ist natürlich auch kein armerMann, und deshalb möchten sich die Behördengerne um die Verantwortung drücken, indem siesagen, eS sei Sache der Tochter, Strafantrag zustellen. Während diese wiederum, aus Rücksichtauf die öffentliche Meinung, die ihr llnkindlichkettvorwerfen würde, sagt, eS sei„sehr unfair, zu r-warten, daß sie die Pflichten des Polizeidepcnte-mcnts auf sich nehmen und ihre Mutter totemeines Verbrechens anklagen sollte, wenn auchBenehmen von Frau McCharter gegen sie in der jVergangenheit noch so schlimm gewesen sei"-Dieser edle Wettstreit wird vielleicht FrauMcCharter vor dem Strafgesetz retten.Sonnen energieAus St. LouiS, Montana, kommt die Nachricht, daß Dr. Charles G. Abbot eine gewöhnlich.:Dampfmaschine ohne Kohle, einzig mit Sonnenenergie betrieben hat. Die Ausnützung der Sonnenenergie zu technischen Zwecken ist im Prinzipseit langem gelöst. Ihre praktische Anwendungin größerem Ausmaß scheitert aber immer noch ender Kostspieligkeit des Verfahrens, d. h. vor alleman den hohen Kosten der nötigen Spiegel. AbbotsApparat bedeutet aber insofern einen sehr wichtigen Fortschritt, als er 15 Prozent der Sonn-n-energie nutzbar macht, was das Vierfache deS WL-her erreichten Nutzeffekts ist. Bei der Vorführungseines Apparats hat Dr. Abbot zugleich auch gezeigt, daß die erreichten hohen Temperaturen selbstMetall schmelzen. Er sieht, vorausgesetzt, MeHerstellungskosten konnten eines Tages genügendherabgesetzt werden, voraus, daß man nicht nü:Kohle, Gas und Elektrizität, sondern auch gewisseSchmelzöfen durch Sonnenkraftmaschinen a»S-schalten kann.OlympiakämpferNeunundzwanzig Mitglieder der amerikanischen Olympiamannschaft sind in Deutschland e'n-getroffen. Ihr Führer ist ein Professor Hildebrand. Die Bereinigten Staaten haben den Ruhm,als erstes Land die Sabotage der anständigenMenschen gegen die Olympiade in Barbanendurchbrochen zu haben. Professor Hildebrand verdient einen warmen Händedruck Hitlers und eineLakaienuniform aus Görings Kleiderschrank.M.EL