Nr. 23
Dienstag, 28. Jänner 1938
Sette 5
25252525252525252525252525252525252525252525 Dr. Edvard Benei: Rede an die Deutschen in der CSU 48 Seiten— Kc 2.— Zn beziehen durch die Zentralstelle für das Bildungswesen, Prag XII., Slezskä 13. 25252525252525252525252525252525252525252525-
Belastungszeuge im GrrichtSsaal niedergeschoffrn. Der Verhandlungssaal deS Bezirksgerichtes in Wilna war Montag der Schauplatz eines aufsehenerregenden Vorfalles. Bor diesem Gericht findet gegenwär« i tig der Prozeß gegen 17 Weißruffische Kommunisten statt. Während der Aussagen des Belastungszeugen ! Strelczuk richtete ein unter dem Publikum befindlicher hunger Mann gegen diesen Zeugen vier Revolverschüffe und brachte ihm schwere Verletzungen bei. Der Attentäter versuchte zu flüchten. Während . der Flucht richtete er gegen die ihn verfolgenden Polizeiorgane mehrere Revolverschüffe, durch die einer von ihnen verletzt wurde. Die Poli^eifuuktionäre eröffneten hierauf das Feuer gegen den fliehenden ■ Attentäter, der schwer verletzt zusannnenbrach. Die r eingeleitete Untersuchung ergab, daß der Attentäter namens Sergius Pretycki gleichfalls Mitglied der kommunistischen Partei ist. Unglückliche Liebe. In der hannakischen Gemeind« Kozlovice ereignete sich Montag früh eine Lie- ! beStragödie. Paffanten hörten aus den Weidengebüschen am BeLva-Ufer ein Stöhnen und später Hilfe- \ ruf«. Im Gebüsch sand man einen Mann und eine ■- Frau, welche beide die Handgelenke mit einemRasier- Messer durchschnitten hatten. Der Mann hatte auch die Kehle durchschnitten und gab nur noch schwache , Lebenszeichen von sich. In dem unglücklichen Liebespaar wurde später eine 27jährige Dienstmagd und k der 20jährige Bäckergehilfe Konupka festgestellt. . Konupka starb infolge des starken Bluwerlustes einige Stunden nach der Einlieferung ins Spital. Das Befinden der Frau ist sehr ernst. Aus einem von dem ;• Liebespaar unterzeichneten Brief geht hervor, daß fie sich verabredet hatten, gemeinsam aus dem Leben zu scheiden, da es ihnen nicht vergönnt sei, glücklich zu sein. Das Freundschaftsspiel. Auf dem Sportplatz Liberias in Wien kam es bei einem Freundschaftsspiel zwischen Hertha XU und Sturm 16 zu Raufereien, wobei«SzweiSchwer-und vier Leichtverletzte gich. Die Polizei mußte eingreifen, die Streiterchen trennen und den Sportplatz räumen. Hangend und bangend. Auf einem die Straßen der Stadt Chicago überquerenden Eisenbahnviadukt i entgleiste ein Zug. Drei Wagen stürzten um und blieben a u f d e m B i a d u k t h ä n g en, wobei ständig die Gefahr bestand, daß fie auf di« Straße herunterstürzten. Dabei wurden zehn Per» sonen schwer verletzt. K Die Verletzten waren ge- ' zwungen, bei großem Frost auf die Ankunft der Ambulanz zu warten. Die schwimmende EiS-Jnsel. Nach den letzten Berichten auS Gurjew ist die Eisscholle, mit welcher - am Kaspischen Meer 2000 Fischer abgetrieben wur- den, 225 bis 250 Km. von der Küste entfernt, zum N Stehen gekommen. Die Kolchozleute setzen den normalen Fischfang fort und besitzen Nahrungsmittel für 45 Tage. Einige Flugzeuge sind in Gurjew und Urals! mit Richtung auf daS Kaspische Meer ' gestartet, um nach 41 Fischern und 200 Arbeitern l. zu forschen, die in ähnlicher Weise vor einigen Tagen * auf einer Scholle auf das offene Meer hinauStrieben. A»i Bord der Flugzeuge befinden sich Nahrungsmittel für die Vermißten.
Dar Alta Von Arhadij Buchow Der Alte stand bereits im neunzigsten Lebens- , sahr. Er lebte sozusagen im Tasten. Sah nichts^ . mehr, hörte sehr schlecht, und wenn die Frau'eines ältesten Sohnes, Katerina Wassiljewna, zu ihm kam, nahm er fie erst bei der Hand, spürte, wie weich sie war und wußte erst dann, daß er eine Frau vor fich hatte.„Lieselchen..." lispelte er daraufhin.—»Aber nicht doch!" schrie i j ihm Katerina Wassiljewna ärgerlich ins Ohr.»Ich ' bin es, Katja. Wollen Sie etwas essen?"—»Vergessen?" fragte der Alte.„Ich habe nichts vergessen... gar nichts vergeffen...* Katerina Petrowna setzte ihm mit einem heftigen Ruck den Teller auf den Tisch und schlug beim Fortgehen die Tür ziemlich laut zu. »Ist das noch ein Leben?" beklagt« sich sie bei« Tisch vor ihrem Mann, dem Architeüen Okunjew. ,»Wir Hausen in zwei Zimmern, können keinen Be- such-empfangen, und er, der Mumelgreis, hat ein ganzes Zimmer für sich allein!" »Wenn er stirbt, werden wir sein Zimmer - bekommen", mischte sich hier ins Gespräch dir siebenjährige Walja.»Alte Leute sterben oft," »Du darfst nicht so sprechen!" unterbrach sie errötend Okunjew.»Er ist mein Vater und dein Großvater."' »Vater, Großvater!" versetzte Katerina Wassiljewna bitter.»Alle Leute haben Väter— die Frage ist nur, ob diese Väter alle so fressen wie der! Sahne will er haben, und ein Hühnchen, und ein Semmelchen— das ist doch ein Elefant und kein aller Mann! Er frißt und säuft un- frißt und säuft— wie ein Baby!" Der die zweite Klasse der Volksschule besuchende Kostja bemerkte trocken:„Kleine Kinder fressen nicht. Sie essen."
Der Kampf um den Wohlstand In der USSR <BST.) Zwei Tatsachen sind in jeder Rede der verantwortlichen Machthaber der Sowjetrepubliken in der letzten Zeit immer, und immer wieder festzustellen: einmal die Konstatterung des zunehmenden Wohlstandes des Einzelnen und dann die ungeheueren Erfolge der Stachanow » Bewegung- Stachanow ist zum Symbol des russischen ANntgardisten geworden. In jedem Wirtschaftszweig erstehen über Nacht die Stachanows und ihre Bilder und Erfolge finden wir in allen russischen. Zeitungen. Ein ProduktionSsteigerungS- fieber hat alle und alles ergriffen. Dst früheren, unbestreitbar großen wirtschaftlichen Erfolge der SSSR sollen noch um ein Bedeutendes erhöht und vermehrt werden. Die»Leningradskaja Prawda" vom 14. Jänner 1938 befaßt sich in ihrem Leitartikel„Große Zahlen und große Perspektiven" mit diesem Stachanow-Problem, wie man es Wohl ruhig nennen kann, und zittert die Worte Molotows:„Das Jahr 1936 muß das Stachanow-Jahr in allen Zweigen der Volkswirtschaft werden." Damit hat Molotow die Devise für das Jahr 1936 festgesetzt und Millionen russischer Arbeiter und Bauern werden nach ihr arbeiten. Das Tempo der Fünfjahrpläne soll noch gesteigert werden. Durch die Steigerung der Erzeugung soll vor allem der Wohlstand erhöht, aber auch die Sicherheit der USSR gegen einen eventuellen feindlichen Ueberfall vergrößert werden. Der Detailhandelsumsah soll nach den Ausführungen des Volkskommissärs für Innenhandel der USSR Weizer auf der Tagung des ZJK im Jahre 1936 100 Milliarden Rubel erreichen, da ist das Doppelle gegenüber dem Jahre 1983, bzw. um 24 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Das Wachsen des Wohlstandes ersieht man— nach den Ausführungen des Genannten— in der Errichtung der großen Warenhäuser„Gastronom" ujw., deren Beispiel durch Schaffung weiterer nachgeahmt werden soll, in der steigenden Anzahl der Stoffmuster und Kleidermodelle. Wir wünschen der Sowjetrepublik, ihren Arbettern und Bauern, daß sie nach den Entbehrungen, die sie der Aufbau ihrer Wirtschaft kostete, allmählich auch die Früchte ihrer Arbeit genießen könnten. Es ist nur zu bedenken, ob die Stachanow -Bewe- gung in dem Maße, als sie in der USSR forciert wird, nicht doch in wirtschaftlicher und sozialer Beziehung einen schädigenden Einfluß haben wird, da das Streben nach neuen Rekorden sehr leicht auf Kosten der Qualität der Ware und auf Kosten fier menschlichen Gessundheitt gehen kamst. Italienische Flottenstützpunkte im Dodekanes Nach Meldungen von der vorwiegend mit Griechen bevölkerten Dodekanes -Inselgruppe setzten die Italiener die Befestigung insbesondere der Inseln Kalymnos und Leros fort. Die italienische Militärverwaltung hat dort zahlreiche Motorschiffe beschlagnahmt, die jetzt auf dem Meer kreuzen. Außerdem wurde auf den Inseln viel Munition deponiert. Auch eine große Anzahl von Torpedobootzerstörern und U-Booten kreuzt ständig auf dem Meer in der Nähe der Inseln. Vor einigen Tagen besichtigt« ein italienischer General die neuen Marine« und Flugzeugstützpunkte, an deren Vervollkommnung und Erweiterung dauernd gebaut wird.
Abends aber, als die Kinder schon im Bett lagen und Walja noch ein Weilchen heulte, weil man ihr verboten hatte, die Puppe mit ins Bett zu nehmen, besprach sich Okunjew flüsternd mit seiner Frau. „Er ist in der Tat ein bißchen lange auf der Welt geblieben, der Alte", meinte er seufzend. „Eine zähe Natur. Ist.schon immer so gewesen. Er hat ganz allein eine neunköpfige Familie ernährt. Uebrigens geht es.mit so alten Leuten meist plötzlich und dann sehr schnell zu Ende. Sie werden ein bißchen unpäßlich— und schon ist es aus." „Und schon ist es auS!" wiederholte Katerina Wassiljewna brummend.„Das sagst du beretts seit vier JahreHl Der Alte wird uns noch alle überlebend Hörst du, wie er sich in seinem Bett hin und her wälzt und wie eine Kuh vor sich hin- >muht. Nicht einmal schlafen läßt er einen!" Okunjew stieg aus dem Bett und begab sich barfuß zum Alten.„Was stöhnst du denn immerfort, Vater?" fragte er ärgerlich.„Du läßt einen nicht schlafen. Was willst du denn?" »Katjuscha?" erklang im Dunkel di« Stimm: deS Alten. „Unsinn. Ich bin eS, nicht Katjuscha. Was du willst, möchte, ich wissen."—»Ich habe Seitenstechen..." sagte der Alte seufzend.„Das tut so weh«Es tut jedem etwas weh", bemerkte Okunjew düster.„Laß uns schlafen." Und als er ins Schlafzimmer zurückkehrte, schrie er die Kinder an:„Ruhe endlich! Ihr sollt schlafen!" Ungefähr eine Woche darauf kehrte Okunjetv eines Tages verstört und viel früher als sonst vom Dienst nach Hause zurück.„Was hast du denn?" fragte die Frau. —»Weiß der Kuckuck!" erwiderte Okunjew.„Mir brummt der Schädel.
Unruhiges Argentinien.(AP) Bon der Gärung in Südamerika ist nicht nur Brasilien bettoffen, auch in Argentinien sind die Verhältnisse augenblicklich ziemlich unruhig. Wir meinen hier weniger die riesigen Stteiks, wie sie vor kurzem bei den Bauarbeitern, den. Straßenbahnern und anderen Berufskategorien stattfanden, sondern die allgemeinen politischen Verhältnisse. Die Regierung Justo hat außerordentlich viele Gegner, und der Burgfrieden hat längst sein Ende gefunden. Die Radikalen, die ehemalige Partei des früheren Prä- sidenten Jrigoyen, haben die Einigkeit in ihren Reihen wiederhergestellt, ihren Parteiapparat einer Reform an Haupt und Gliedern unterworfen und sind wieder auf der politischen Bühne aufgetaucht. Sie stehen dabei unter der Führung des ehemaligen Präsidenten Alvear. In der Provinz Cordoba erhielten die Radikalen die Mehrheit. Die Radikalen behaupten nun ihrersetts, daß sie diese auch in der Provinz Buenos Aires erreicht haben würden, wenn die Wahlen nicht dort von der Regierungspartei der Nationaldemokraten, den ehemaligen Konservativen, gefälscht worden wären. Wie dem auch sei, jedenfalls war es auffällig, daß in vielen Bezirken tausenden von nationaldemokrattschen Stimmen überhaupt keine oder nur zwei bis drei radikale Stinunen gegenüberstanden. Daher herrscht im Lager der Opposittonellen große Empörung. Zu ihnen gehören auch die Fortschrittlichen Demokraten, die in der Provinz Santa Fi am stärksten sind und dort durch einen«igewt von der Bundesregierung entsandten Staatskommissär niedergehalten werden. Die Kritik der Opposition richtet sich ul a. gegen die Einführung der Einkommensteuer,, die für dieses Land eine Neuheit darstellte, denn bisher wurden die Ausgaben hauptsächlich aus Zöllen und Verbrauchssteuern gedeckt. Am schärfsten werden der Finanzminister Pinedo, übrigens ein ehemaliger Sozialist, und der LandwirtschaftSminister Duhau angegriffen, und eS verlautet, daß die Regierung an» gesichtS deS wachsenden Druckes der Oppofitton, der sich auch in der Bundeshauptstadt geltend macht, diese beiden Minister opfern wolle. Als stärkster Trumpf bleibt der Regierung die Armee, an deren Spitze seinerzeit General Uriburu die Radikalen vor fiinf Jahren von der Macht vertrieb. Man sagt ihr nach, daß sie eMschlossen sei, die Macht zu behalten.
Handelsbesprechungen. Zur Ueberprüfung, beziehungsweise Ergänzung der bestehenden Handelsabkommen werden in den nächsten Tagen Besprechungen mit Deutschland , Dänemark , Un garn , Griechenland und Oesterreich ausgenommen werden.. Die Besprechung mit Deutschland wird vor allem eine rechtzeitige Regelung des Bäderverkehrs zum Ziele Wien . Vor der Ernenerung des Zucker-Weltpaktes. Der Zucker-Weltpakt, der im Herbst des vorigen Jahres nicht erneuert werden konnte, scheint nun doch bald vor seiner Wiederherstellung zu stehen. In Brüssel hat soeben eine Konferenz von Vertretern der wichtigsten Zuckerländer der Welt stattgefunden,. auf der es über all« wesentlichen Punkte zu einer Verständigung gekommen ist. Nach Beratungen mit den einzelnen Gruppen ist mtt einer neuen Zucker-Weltkonferenz zu rechnen. Automobil- und Motorradmrffe in Prag . Im Rahmen der kommenden Frühjahrsmesse wird in den Tagen vom 8. bis 15. März vom Verband der Automobil« und Motorradhändler und-Gewerbetreibenden in der Tschechoslawcckei eine eigene Fachmesse veranstaltet werden, auf der neue Kraftfahrzeuge, Zubehör und Autobedarf ausgestellt werden wird. Be-
Alle Knochen tun mir Weh. Wahrscheinlich habe ich Fieber.", Gegen Abend hatte er tatsächlich 40 Grad. Nachts kam der Arzt, der lange sein Herz untersuchte und unzufrieden den Kopf schüttelte. Bier Tage lang hörte Okunjew um sich nichts als ein Flüstern und wußte nur, daß er Durst hatte. Einmal kam ihm für einen kurzen Augenblick der Gedanke, daß dieser Tage Kostjas Geburtstag war, und er im Büro schon längst zu diesem Anlaß einen großen Kasten mit Farben vorbereitet hatte. Dann trat wieder ein heißeS Nichtsein ein, vor den Augen tanzten ab und zu bunte Feuer, und dir Decke drückte schyn von oben herab. Am sechsten Tag erwachte er plötzlich mit einem Gefühl ungewöhnlicher Leichtigkeit im Körper und einem Weichen Sausen in den Ohren. In einer Ecke erblickte er die brennende und mit einem Schal eingehüllte Lampe. Kostja saß vor einem Lehrbuch und gähnte. Walja träntte die Puppe mit kaltem Tee. „Papa stirbt Wohl immer noch nicht, wie?" bemerkte sie ziemlich gleichgültig.„Und wie geht es Opa?" „Och, die sind zähl" erwiderte gähnend Kostja.„Wenn Papa stirbt, wird Mama dem Großvater eine Schlafftelle mieten, und wir beide kommen in sein Zimmer. Ich bekomme dann einen Disch hinein. Du auch. Schön?" „Und ob!" sagte Walja begeistert.„Und dann werde ich mir die Katze ins Bett nehmen dürfen. Darf man denn von Papa sagen, daß er stirbt?" „Natürlich!" nickte Kostja.„Wenn man es vom Großvater sagen darf, dann' darf man es auch von ihm sagen. Hast noch Zitrone im Tee? Gib her." „Ich hab keine. Mama hat das letzte'Stück Papa in den Tee getan." „Die fressen und saufen alles selbst", be
retts letzt repräsentieren die angemeldeten Aussteller fünfzig verschiedene Marken. Die Fachmesse wird somit die erste Kraftfahrzeugschau im Jahre 1936 sein und die neuesten Modelle einschließen. Der Austausch der Staatsschatzanweisungen zu 4.5 und 5 Prozent, die zum I^Febervnd.1. März 1986 fällig sind, für neue 8.75prozentige Staatsschatzanweisungen, am 1. Feber 1987, bzw.'1938 fällige, war von vollem Erfolg begleitet. Der Betrag der fällig werdenden Staatsschatzanweisungen(rund 1350 Millionen) wurde durch die eiulaufenden Anmeldungen zum Austausch und durch neue Zeichnungen bedeutend überschritten. Im Hinblick auf diestS Ergebnis wurde die Zeichnung der oberwähnten 3.75prozentigen Staatsschatzanweisungen am 24. d. M. geschlossen.
Ein klarer und ein unklarer Diebstahl Prag . Karl Konvalinka, ein 25jähriger ehemaliger Privatbeamter, war vor dem Strafsenat P e r n t des mehrfachen D i e b st a h l s angeklagt. Eine der eingeklagten Sttastaten ist absolut ein« deutig und bedarf keines Kommentars. Konvalinka hatte eine Bekanntschaft mit einem Fräulein Antonia Z. angeknüpft und führte sie beim ersten Stelldichein in eine Restauration auf der Kleinseitey wo er ihr verschiedene glühende Liebeserklärungen machte und ihr während anmuttgen Liebesgeschäkers einen Brillantring im Werte von(angeblich) 8000 KL vom Finger zog. Dann begab er sich auf einen ge- wiffen Ort und verschwand durch den zweiten Ausgang, wobei er seine Dame samt der ungezahlten Zeche fitzen ließ. Sagen wir gleich, daß Herr Konva linka , als er dingfest gemacht wurde, erklärte, den Ring bloß im Scherz abgezogen zu haben. Später, als die Zeche seine Zahlungsfähigkeit überschritt, fei er bloß deshalb verduftet, well er sich nicht der Blamage ausfetzen wollte, die Rechnung nicht bezahlen zu können. Daß er dabei den Ring mitgehen hieß, sei einfach ein Versehen gewesen. Für diesen ganz klar liegenden Fall hatte der Gerichtshof bloß ein lächelndes Kopfnicken, denn die Deutlichkeit des Vorfalles läßt nichts zu wünschen übrig. Nicht so ganz klar lag der zweite Fall, der dem Angeklagten von der Anklage zur Last gelegt wird. Karl Konvalinka erschien nämlich eines Tages im Dezember v. I. an der Wohnungstür einer Mietspartei, die nach dem Wissen der Hausbewohner derzeit zwecks Betreibung des Wintersportes ins Riesengebirge oder sonstwohin verreist war. Er läutete an der Türe der verlassenen Wohnung so ausdauernd, bis die Wohnungsnachbarin erschien, um nach seinem Begehr zu fragen. Auf ihre Anfrage machte Konvalinka einen koloffalen Lärm. Er habe von der Frau, der die verlassene Wohnung gehört, 500 KL zu fordern. Er müsse sein Geld hcchen. andernfalls werde er alles kurz und klein schlafen. Diegutherzige Nachbarin suchte den. Wütenden mit aller. Mitteln"zu besänftigen und nahm ihn schließlich, als alle sonstigen Beruhigungsversuche fehlschlugen, in ihre Wohnung, wo sich Konvalinka nach einiger Zeit tatsächlich völlig beruhigte. Seit der gelungenen Zähmung dieses Wildlings erschien dieser noch öfters in der Wohnung der gutherzigen Nachbarin und nahm schließlich zum Andenken ein wertvolles Armband seiner Wohltäterin mit. Aus welchem Titel er von der abwesenden Dame 500 KL zu fordern hatte, mag dahingestellt bleiben, dergleichen auch die Gründe der liebenswürdigen Nachbarin, die ihn nicht nur besänftigte, sondern auch zu mehrfachem Wiederkommen veranlaßte. Das eiiyige Klare bei dieser verworrenen Sache war der nachgewiesen« doppelte Diebstahl. Da die Strafkarst Konvalinkas keineswegs«in unbeschriebenes Blatt ist, verurteilte ihn das Gericht zu f ü n f Monaten schweren Kerkers, u. zw. unbedingt. rb.
merkte Kostja.„Farben habe ich auch keine, und den ganzen Geburtstag haben sie mir unterschlagen..." Okunjew wollte etwas sagen, aber die Zunge lag dick und schwer im Munde und wollte sich nicht bewegen. So gab er nur einen unartikulierten Laut von fich und spürte»' daß einer nassen Fliege gleich eine Träne seine Wange hinunterrollte. „Jetzt muß der auch noch!" bemerkte Kostja. „Morgens schimpft Mama, abends stöhnt er— wann soll man da seine Schulaufgaben machen!" „Er ist"genau wie der Großvater", stellte Walja fest.„Der stöhnt auch immer." Die Krankheit verging langsam und klebrig. Erst nach elf Tagen vermochte Okunjew aufzustehen. Unrasiert und mit einknickenden Beinen macht« er dje ersten Gehversuche. Kostja war zur Schule gegangen, und Katerina Wassiljewna, die sich über die lange Krankheit des Mannes ärgerte, hatte Walja zu einem Spaziergang mitgenommen. In seinen Filzpantoffeln schwer ausschreitend begab sich Okunjew zum Alten. „Guten Tag, Vater", sagst er und setzte sich zu ihm aufs Bett.„Wie gehts?" „Bist du das Petja?" lächelte zahnlos der Alte und ssteichelte die Hand des Sohnes, „Schlecht geht es mir, mein Junge... Ich leb schon zu lmige..." „DaS ist schon recht so, Vater, leb du nur. weiter!" erwiderte, fich abwendend, Okunjew, „Alle sollen leben. Willst du Tee haben?" „Nein, danke..." meinte der Mte und drückte ihm leise und dankbar die Hand.„Bleib ein bißchen bei mir..." Okunjew streichelst wortlos die kalte und gleichsam auS blauen Adern geflochtene Hand ! und sah den Alten zum erstenmal seit sechs Jahren traurig und zärtlich zugleich an...> (Deutsch von Gregor Jarcho.)