Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

16. Jahrgang

Donnerstag, 6. Feber 1936

Die Blutrache von Davos

Im Dritten Reich ist man plötzlich gegen Morde!

Davos.( SDA.) Der Mörder des Landesgruppenleiters Gustlof, David Fran f- furter, erklärte im ersten Verhör, er sei der Sohn eines Nabbiners aus   Jugoslawien. Seit dem Jahre 1929 habe er in   Leipzig und   Frankfurt Medizin studiert, habe sich auch einem medi­zinischen Examen unterzogen, aber die Prüfung nicht bestanden. Seit dem Monate Oktober 1933 studierte er nun in   Bern. Er sei allein zu dem Zwecke, Gustlof zu ermorden, nach   Davos gereist. Gustlof habe er persönlich nicht gekannt. Die Adresse Gustlofs habe er im Telephonbuch gelesen. Er bestätigt, daß er sofort auf Gustlof geschossen habe, sobald er ins Zimmer gekommen sei. Nach der Flucht sei er durch den Schnee gewatet, lang genug, um den Mut zu verlieren, sich selbst zu erschießen. Gustlof habe er ermordet, weil er ein nationalistischer Agent fei, der hier die Luft berpestete.

Auf die Frage, warum gerade er sich diese Aufgabe gestellt habe, erklärte Frankfurter, er habe nicht anders handeln können.

Eigentlich hätte die Kugeltlertreffen sollen.

Er habe keine persönlichen Gründe gehabt, Gustlof zu töten, nur ideelle Gründe haben ihn dazu veranlaßt. Er betonte noch besonders, daß er niemals einem Verein oder einer Vereinigung angehört habe, weder einem politischen noch sonst irgendeinem Verbande. Er habe seinen Entschlaß vor etwa 14 Tagen oder drei Wochen gefaßt. Die Pistole habe er in   Bern gekauft. Er sei allein nach   Davos gefahren. Er habe auch von nie­mandem Auftrag zu der Tat gehabt, noch sei er von irgendjemanden dazu angestiftet worden.

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Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Perte)

Nr. 31

Saisonarbeiter ohne Saison

Haben die Saisonarbeiter ein moralisches Anrecht auf Arbeitslosenunterstützung?

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Wir wollen nachstehend präzise aufzeigen, wie in manchen Blättern ohne die geringste Ahnung der tatsächlichen Verhältnisse über bedeutsame soziale Fragen, welche die Existenz tausender braver Proletarier betreffen, geschrieben wird. Es han elt sich in dem nachstehenden Fall um den Venkov", de ffen Schreibweise, wie man uns mitteilt, unter den Saisonarbeitern Erbitterung hervorgerufen hat. Wir legen daher der Redaktion des ,, Venkov" nahe, die folgende Zuschrift eines   deutschen Sozialdemokraten, der die soziale Lage der Saisonarbeiter fennt, zu lesen. In ihrer Sachlichkeit wirkt die Darstellung überzeugend. Der ,, Benkov" unternahm in den letzten Wochen neuerdings Angriffe gegen die Belaffung der Saisonarbeiter in der Arbeitslosenfürsorge. Seine Argumentation ist sehr einfach.

,, Bei den Saisonarbeitern ist es eine nor­male Erscheinung, daß sie nach Saisonschluß arbeitslos werden. Diese Erscheinung fehrt regel­mäßig in Konjunktur und Krise wieder. Sie bezie hen daher zu Unrecht die Ernährungskarten oder eine Unterstübung nach dem Genter- System."

Die Argumentation geht in   Krüden. Der daß im Dritten Reich Kopfprämien aus Benkov" übersieht bei seinem Angriff auf die gefeßt werden, die Mordgesellen in der Nachbar sozialen Rechte einer Arbeiterkategorie atvei ent­ländern veranlassen, Verbrechen zu begehen wie scheidende Tatsachen. Eine dieser Tatsachen ist, im Falle   Lessing! Die Tat Frankfurters zu daß von der Krise auch die Saisons verurteilen, haben nur die ein Recht, die den gewerbe betroffen fint, so daß die Mord in jedem Fall verpönen, nicht aber die Saisonarbeiter seit Jahren in ihrem Berufe nicht Organisatoren, Lobredner und Erekutoren unzäh- arbeiten oder nur sehr kurze Zeit während der liger bestialischer Mordtaten.

Die Tat des David   Frankfurter wird, so weit sich die nicht gleichgeschaltete Presse über­sehen läßt, allgemein in ihren Motiven verstan­den und als Ausfluß ehrlicher Empörung res Juden über die Leiden seines Volkes in Hitler deutschland erklärt. Andererseits aber verlern: man nirgends, daß diese Art des Kampfes für die Juden selbst und alle Gegner des braunen Saison beschäftigt sind und die übrige Zeit des Mordregimes gefährliche Folgen hubca Jahres über arbeitslos bleiben. Die zweite Tat­tann. Nicht nur in   Deutschland drohen Süh.e= Repressallen sache ist, daß sich während der Krisen maßnahmen", denen eine halbe Million Juden  Berlin. Das Deutsche Nachrichten- Büroeit die Lohnverhältnifein und Millionen Hitlergegner wehrlos ausgesett meldet: ,, Nach der Ermordung des Landesgrup bentlich verschlechtert haben. Im den Saifongewerben außeror sind, auch die   Schweiz, die ja in der Wahrung ihres Hausrechtes sehr empfindlich ist und wo sich penleiters der   NSDAP für die   Schweiz, Wil- Baugewerbe, das die meisten Saisonarbeiter be­der beschränkte Kantönligeist gegen die Auslän helm Gustloff, durch den Juden David Frankfur- schäftigt, sind die Vertragslöhne um rund 20 der und Emigranten fofort zu regen beginnt, ter in   Davos hat der Reichsminister für Bolts- Prozent gefunken. Seit Eintritt der Krise werden wird vielleicht mit Maßregeln antworten, die aufklärung und Propaganda sämtliche Veranstal- Bauunternehmer nicht mehr eingehal aber diese Vertragslöhne seitens der für Hitler ein gefundenes reffen darstellen. Nur die   Schweizer Linkspresse macht mit Recht darauf tungen des Reichsverbandes jüdischer Stultur- ten, so daß der aufmerksam, daß man Gustlof längst hätte ausbünde in   Deutschland bis auf weiteres verboten, weisen müssen, dann hätte man ihm das Leben um etwaigen Zwischenfällen vorzubeugen." gerettet.

nun

So berechtigt die Warnung europäischer Stimmen vor der Wiederholung unüberlegter Racheatte ist, so scheinheilig mutet es an, wenn aus Hitlerdeutschland Slagen über Mord, Terror und unerlaubte Kampfmethoden ertönen. Eine Partei, die den Mord zum erlaubten politi­schen Kampfmittel gemacht hat, eine Partei, deren Führer die Mörder von Potemba als Kameraden angesprochen hat, eine Partei, die seit Jahren bon ihren Mordzentralen aus Verbrechen in ganz  Europa inszeniert, hat kein moralisches Recht, Klage zu führen.

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Waren es nicht Hitlerbanditen, die wenige Schritte von der   Schweizer Grenze, in Liech­  tenstein, die aus   Berlin geflüchteten Brüder Rotter abzuschlachten versuchten: Waren es nicht Hitlerbanditen, die in   Nordtirol den Dr. Rudolf Bell abgeschoffen haben? Waren es nicht wiederum Gestapoftrolche, die den Ingeniuer Karl Formis in   Böhmen er­mordeten? Sind nicht die Mörder des Pro­feffors Lessing in   Marienbad für die reichsdeutsche Polizei unauffindbar? Hat nicht die   Gestapo aus der   Schweiz den Journalisten Berthold   Jacob listig nach   Deutschland verschleppt und vom Eisensteiner Bahnhof ge= waltsam den Emigranten 2 ampersber ger?

4900 Mordopfer der Naziherrschaft im Dritten   Reich sind mit Namen bekannt. Die Gesamtzahl ist viel höher, da sich Angehörige und sonst Unterrichtete aus Angst vor dem Terror fcheuen, die Wahrheit auszusprechen. Die brau­nen Terroristen mögen ihren Gustloff beklagen, ater sie sind wahrlich die letzten, die sich über Terror zu entrüsten hätten.

oder 2.15 per Stunde beträgt. No trasfer ist aber das Verhältnis in der Lohnentwicklung zwischen den Kunjunkturlöhnen vom Jahre 1929 in   Deutschland und den Krisenlöhnen des Jahres 1935 in der   Tschechoslowakei, das für die Beurs teilung der Sache maßgeblicher ist, al das Ver hältnis zwischen Konjunktur- und Krisenlöhne im Inlande. Die Saisonarbeiter der Grenz gebiete find zumeist nach   Deutschland in Arbeit gegangen und haben dort um bolle 70 Pros ent mehr berdietals sie heute im gün­stigsten Falle im Inlande verdienen können. Die Entwicklung der Lohnverhältnisse und die Abs sperrung des   deutschen Arbeitsmarktes hat sehr viel zur Verschlechterung der Lage der Saison arbeiter beigetragen und würde begründen, daß die Saisonarbeiter auch dann in die Ernährungs­aktion eingereiht werden, wenn sie die ganze Sai­fon gearbeitet haben.

Wir wollen hier dem Venkov" an Hand einer Aufstellung den Nachweis erbringen, daß bie Belaffung der Saisonarbeiter in der Aro beitslosenfürsorge absolut begründet und eine foziale Notwendigkeit.

feine Angriffe auf die Saisonarbeiter aber von völliger Ünkenntnis der wahren Sachlage getra­auf Wunsch des., Benkov" ergänzt werden fann, gen sind. Aus dem vorliegenden Material, das es stammt aus drei typischen Saisonarbeiters effektive Lohnrädgang vom Jahre 1929 bis orten des nördlichen Böhmerwaldes seien zum Jahre 1935 41 Prozent

Mussolinis Kriegswillen

Er denkt schon an den Herbstfeldzug!

Rom.( Havas.) Der große Faschistische Rat trat am Dienstag um 22 Uhr im Palazzo  Venezia in   Rom zu einer Sizung zusammen, dir zweieinhalb Stunden dauerte. Ministerpräsident  Mussolini setzte seine Ausführungen über die poli­tische und militärische Lage, die er in der fams­tägigen Situng des Großen Faschistischen Rates eröffnet hatte, fort.

Aus den Verhandlungen und Beschlüssen der Sizung geht flar hervor, daß   Italien nicht den Weg internationaler Verhandlungen sucht, welche den abessinischen Konflikt durch ein Kompromiß zum Abschlusse bringen würden. Die einzige Lösung des abeffinischen Problems ist nach italie­nischer Anschauung erst nach dem vollen Siege der Italiener möglich.

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In   Rom ist man der Ansicht, daß dieses Ziel der volle Sieg nicht vor der Regenperiode in Abessinien erreicht werden wird, doch ist man all gemein der Ansicht, daß die italienischen Truppen

ungebrochen

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einige Fälle genannt:

Name des Saisons

arbeiters

Franz

Familiens

mitglieder

Kalenderfahr

vom Somalilande aus die Schlüffelstellungen er- mich 1932 reichen werden, welche den Anfang der zwei gro- Hamperl en Wege darstellen, die aus den Bergen zur abef= finischen Hauptstadt Addis   Abeba führen. Wäh­rend der Regenzeit werden 50.000 nach   Afrika entsandte Arbeiter das Terrain derart herstellen, daß es dem Erpeditionstorps ermöglicht wird, den Oktober und das Ende der Regenzeit abzuwarten. Sad Bezüglich eines eventuellen Retroleum­embargo bedeutet die Entscheidung des Großen Faschistischen Rates, daß   Italien es nicht mit einem Kriege beantworten, aber auch nicht passiv bleiben werde. Es ist anzunehmen, daß die erste Geste   Italiens nach einem Petroleumembargo in Michl Austritte aus dem Völkerbund bestehen würde Fleißner Ferner werde eine Entscheidung über andere May­nahmen getroffen werden, die sich als notwendig erweisen, damit   Italien in seiner Kriegsaktion in  Afrika trok neuer und verschärfter Sanktionen fortfahren könne.

Unruhiges Latein- Amerika

Afuncion. Das Kriegsministerium gibt eine Oberbefehlshaber General Estigarribia geplant." Mitteilung heraus, in welcher es heißt:

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Beschäftigung

-

Beschäftigung

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Verdienst

agog m

1500

700

1930

6

1931

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1

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1932

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13

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1930

1931

18

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1932

23

1600

1933

7

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1934

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1935

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1200

1930

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2000

1931

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1932

4

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550

1934

1935

1 18

120

1200

Major Gonzales hat bereits   Paraguay ver- Josef lassen. Es ist aus verschiedenen aufgefundenen Frank Schriftstücken nachgewiesen, daß er den Staats­präsidenten Dr. Ayala und den General Estigarri­bia ermorden wollten.

Angesichts ständig umlaufender Gerücht. und der Tätigkeit einiger Gruppen beschloß die Res gierung, Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung zu treffen. Infolgedessen hat die Heeres­leitung den Direktor der Militärschule, Obers! & ranco, und den Kommandeur des ersten Pio­Eisenbahnerstreik in   Chile mer- Regimentes Major Caballero Jrala 31 m Rüdtritt aufgefordert. Major Gonzales Santiago de Chile. Der Teilstreit der Eisen Man denke daran, daß die Behörden des wurde von der Rangliste gestrichen. Die Genann- bahner hat nunmehr auch auf die Eisenbahn- Wert­Dritten Reiches bisher dem zweimaligen Verlan- ten stehen in begründetem Verdachte, Beziehungen stätten übergegriffen. Der Zugsverkehr wählerv gen der   Tschechoslowakei nach Auslieferung des zu aufrührerischen Elementen zu unterhalten, die der Nacht wurde eingestellt, da durch Sabotagrat e Mörders an unserem Genossen Rosenzweig ihrerseits von fommunistischen Organisationen geweitere Züge zur Entgleisung gebracht wurde. nicht entsprochen haben, sondern diesen Mörder stützt werden. Wie man hört, war ein Butsch Der Streit hat jezt auch einen politischen Chara in Freih lassen! Man denke daran, gegen den Staatspräsidenten Dr. Ayala und dentei angenommen.

11111112 1111111111111111 1111

Wie wenig begründet die Angriffe des ,, Bens kov" sind, geht wohl hinreichend aus dieser Auf­stellung hervor. Hier muß aber noch bemerkt werden, daß bei der Durchführung der Arbeits