Rr. 39 SamStag, 15. Fever 1936 . Seife 3 Der Kurswechsel In der KPC Auch dasPrävo Lidu" kommt gleich uns in seiner Ausgabe vom 14. Feber auf jenen Ar­tikel des Parteivorsitzenden der Kommunistischen Partei Gottwald zu sprechen,'in dem dieser scharfe Angriffe gegen die bisherige Führung der Partei und der Parteipreffe richtet.Es ist eine Angelegenheit der Kommunistischen Partei ", so schreibt das Blatt,wie sie diesen Streit erle­digen wird. Unterwerfen sich die Kommunisten dem Diktat desFührers", müssen sie sich aller­dings dessen bewusst sein, dass dies das Ende der Annäherung an die Sozialisten bedeutet. Diese Annäherung hätte nur erfolgen können auf Grund einer neuen kommunistischen Politik. Auf dem allen kommunistischen Wege werden die So­zialisten der KP§ nicht folgen I Sie werden nicht inl jetzigen kritischen Augenblick die Position in der Regierung dem Klassenfeind räumen! Sie werden sich nicht gegen den Staat stellen, wenn dieser Staat sowohl die Interessen der Nation als auch die der Arbeiterschaft gegen den grim­migsten Feind unseres Staates,' der Arbeiter­schaft und des Weltfriedens verteidigt! Sie wer­den nicht Henlein helfen in der scharfen Ausein­andersetzung mit einem Regime, welches die In­teressen der ESR mit den Interessen der SSSR vereinigt hat! Gottwald kann für seine Politik eine Auszeichnung aus Berlin und Rom bekom­men, aber die Sozialisten werden nicht mit ihm gehen und das weder ihr Führer noch ihre Mas­sen! Und wir bezweifeln, dass Mit ihm die kom­ munistischen Massen gehen werden, das ist der Weg nicht zu einer besseren Zukunft der Arbeiter­klasse, sondern geradewegs in den Abgrund." RADION:^ Weine VKäM 15 Minuten lang kochen, und die Hauptarbeit des Waschens ist getan: die Wäsche ist schneeweiß und hygie- nisch sauber.5SS*** Überzeugen Sie sich! Wie gefürchtet war früher der Tag, an dem die Wäsche vieler Wochen gewaschen werden mußte! Heute nimmt man einfach RAD1ON. Es ist ja jetzt so billig, bedarf keines weiteren Waschmittel?, schont die Wäsche und vor allem es wäscht ohne Müh und Plage 1 RADION wäscht allein! Sind das Saisonarbeiter? Oder sind es Arbeitslose wie andere? Der Bund ", das Berbandsorgan der Bau­arbeiter, nimmt das agrarische Schlagwort von denSaisonarbeitern, die zu Unrecht Arbeits­losenunterstützung nach dem Genter System be­ziehen" gründlich unter die Lupe und zeigt auf, wie unrichtoig die Vorstellung ist, als ob die Bauarbeiter jemals nur von der Baubewegung hätten leben können. Ob sie schon auf den Bau­ten selbst, in der Steinindustrie oder in Ziege­leien beschäftigt waren, immer waren die Ar­beiter der Bauindustrie darauf angewiesen, ausserhalb der sogenannten Bausaison einen Er­werb zu suchen. Nur deshalb, weil sie vor der Krise eine solche Erwerbsmöglichkeit stets fanden, muhten sie nicht schon früher die Arbeitslosen­unterstützung ansprechen. Heute sind die Verhält­nisse so, dass auch in den Monaten, die einst die Bausaison" bildeten, tausende Bauarbeiter ar­beitslos sind, wie die nachstehende Zusammenstel­lung desBund" zeigt. Arbeitslose 1938 überhaupt Bauarbeiter Jänner 818.005 101.383 Feber 833.194 102.929 März 804.794 97.975 April 734.550 82.795 Mai 666.433 69.297 Juni 605.956 60.154 Juli 566.559 54.874 August 557.706 52.649 September 573.362 . 55.519 Oktober 601.390 62.271 fudetendeußdier Zcitspie&et Sudetendeutschem Dichter wird sein Deutschtum absesprochenl In derBerlinerBörsen-Zei­tung", die bei der fortgesetzten Hetzkampagne gegen die Tschechoslowakische Republik die Spitze hält, ist eine Buchbesprechung zu lesen, die wert ist, auch in unserem Lande im vollen Wortlaut be- kanut zu werden. Wir geben sie darum ungekürzt wieder: Ei« Abtrünniger. JosefMühlberger: DiegroßeGlut. In einem Dorf mit hallb deutscher und halb tschechischer Bevölkerung ist Zyriak der grosse Held,, das heißt Weiberheld, dem sich di« Mädchen des Ortes, einschliesslich durchziehender Zigeuner­weiber, öffentlich und heimlich aufdrängen, bis er dran glauben mutz. Soweit die erste Hälfte des Romanes vonder dunkle« Gewalt der Liebe" (Jnselverlag Leipzig). Eines dieser von Zyriak geschwängerten Mädchen, Ludmila, hält es für zweckmätzig(warum nur?), sich trotz seiner zar­ten Lieb« zu dem Wien Zyriak an einen deutschen Arbeiter zu hängen, dem eS in dessen Heimat folgt. Die deuffchen Menschen dieser neuen Umgebung sind(allerdings nur nach Mühlberger) vertierte Wesen und Unholde, zwischen und von denen die bedauernswerte Ludmila alle Oualen und Scheuß- lichkeiten erleiden mutz, die ein phantasiereicher Autor ersinnen kann, bis in ihrdas Triebhafte seine Läuterung zu einer stillen und tiefen Lebens­einsicht erfährt"(laut Waschzettel des Berlages). Wenn man noch sagt, daß Mühlberger es versteht, mit virtuoser Gewandtheit die innere Brüchigkeit der dargestellten Menschen zu über­kleistern, und wenn man rein sachlich feststellt, datz das Buch mit einer bestechenden Gekonntheit ge­schrieben ist, so wäre eigentlich alles Wesentliche darüber gesagt. Wogegen wir uns aber eindeutig verwahren, ist, daß Mühlterger alssudetendeut- scher Dichter"" herauSgestellt wird. Als solcher mag er in den Prager Inden, und Emigrantenblättern gelte«, vielleicht auch bei einigen liberal bestaub­ten Ueberresten hier im Reich. DaS Sudeten - deuffchtum lehnt ihn einmütig ob und nennt ihn mit Recht einen deutschfprechenden Tschechen. Wie Mühlberger übrigens sonst eingestellt ist. hat er uns schon vor Jahren in seiner Geschichte der kudetendouffchen Dichtung der letzten 50 Jahre gezeigt, die er um die Prager Juden Kafka , Wer­ fel und Brod geiftrechelnd zusammengeschmockt und -gestoppelt hat. ES wäre ein unverantwortlicher Schlag gegen daS gesamte Tudetendeutschtum, daS unter unsagbaren Opfer« für die unteilbar« deutsche Kulturgemeinschaft leidet und kämpft, wollte man Mühlbcrger nicht affe« daS nennen, was er ist, einen Abtrünnigen. Dass er ein Kön­ner ist, verschärft unsen-llrteil. Denn heute mehr als je ist der Dichter nicht sich, sondern seinem Volle verpflichtet. Nowak. Es ist uns unerfindlich, woher die Hitler- presse und ihr urteutonischer Herr Nowak die Be­rechtigung nehmen, im Namen desgesamten Su- detendeutschtumS" zu schreiben und den deuffchen Lesern solche faustdicke Lügen vorzusetzen. Aller­dings wird dadurch diegeistigeEinheits- frontzwischen däm National­sozialismus drüben und den Hen­leins hüben deutlich genug enthüllt. Aus der Wut, die aus dieserBuchkritik" spricht, ist zu ersehen, dass sie den Dichter nicht nur litera­risch vernichten würden, wenn sie ihn nur in ihren blutbefleckten Klauen hätten. Die Ernährungsaktion für Arbeitslose Sozialdemokratische Vertrauenspersonen nehmen gegen eine willkürliche Benachteiligung der Krisenopfer Stellung! Donnerstag, den 18. Feber, versammelten sich im Sitzungssaal desTeplitzer Konsum­vereines 70 Mitglieder der Gemeinde-Sozial- kommiffionen, die Gemeindevorsteher und unsere Lokalvertrauensmänner zu einer wichtigen Kon­ferenz, die unter dem Vorsitz des Genossen Hirsch tagte und in welcher Genosse Lorenz als Mitglied der Bezirks-Sozialkommiffion einen eingehenden Bericht erstattete. In der anschliessenden'Debatte berichteten die Genossen aus den einzelnen Gemeinden des Bezirkes über die Härten, welche die Aus­legung des bekannten ministeriellen Erlasses durch die Behörden erzeugt hat. Es ist ein u n- klagbarer Z u st a n d» dass in ungezähl­ten Familien erwachsene Söhne und Töchter, die als Opfer der Krise ohne Arbeit sind, nur deshalb keine Ernährungskarten bekom­men, weil der Vater einige Kronen in der Woche verdient oder eine kleine Rente erhält; umgekehrt müssen oft Kinder, denen der Zufall irgendeine bescheidene Beschästigungsmöglichkeit gibt, ihre Eltern erhalten, die keine Lebensmit­telanweisungen bekommen. Diese Dinge sind auf die Dauer unerträglich. Aus dem Erlass kann solche Praktizierung nicht heransgelesen werden. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß alle jene Menschen, die im Sinne des Er­lasses als Arbeitslose gelten, ihre Karten zu erhalten haben und dass die Regierung den Bezirken so viel Mittel überweisen muh, damit alle Anipruchsbrrrchtigtrn beteilt werden können. Einen Ausgleich dadurch zu schaffen, dass man einfach Hunderte Menschen aus der Aktion hin­an s w i r f t, ist weder sozial noch menschlich! Will man denn diese bedauernswerten Familien vollends verzweifeln lassen? In dieser Richtung bewegte sich die Aus­sprache, in. der eine Fülle von Anregungen und Anträgen zum Ausdruck gebracht wurden; alle bewiesen, wie sehr gerade unseren s o- jzialdemokratischen Funktionä­re«das Schicksal der Arbeits­losen am Herzen liegt und dass gerade s i e e s s i n d, d i e. st e t s u n d ständig bemüht sind, eine Besserung herbei­zuführen. Dringend« Abhilfe notwendig! Das war die Forderung aller Bertrmrens- personen, die in der Aktion arbeiten und denen die furchtbaren Taffachen bekannt sind. Die Ge- i nassen führte aber auch Klage darüber, dass der j Leiter der Arbeitsvermittlungesanstalt, Herr I Jilka und cinroe Beamte, jedes menschliche Ge­fühl für diese Arbeit vermissen lassen und eine Fürsorgeaktion in die starre und leblose Form von Paragraphen und Verordnungen kleiden, die höchstens das eine bewirken, dass die armen Men­schen verbittert werden. Die Herren möchten sich eines würdigeren und anständigeren Tones be- fleihigen, auch wenn die Funktion, die sie zu er- ftillen haben, mit noch so vielen Schwierigkeiten verbunden ist. Die Konferenz kam schliesslich zu dem Er­gebnis, dass die Zustände in der Ernährungs­aktion einer Reform bedürfen und erklärte sich damit einverstanden, dass vom kom­munalpolitischen Bezirksaus­schuss ein Memorandum a u s ge­ll r b e i t e t und der Regierung, bzw. dem Mi« ! nisterium für soziale Fürsorge überreicht wird. Dann wird das Erzgebirge rot" Aus einem Arbeiterbrief an dieDeutsche Landpost Die»Deutsche Landpost" veröffentlicht eine' ihr aus Arbeiterkreisen zugekommenen Brief, des­sen Schreiber an dem Unernst und an der Pro- grammlosigkeit der SdP-Politik schärfste Kritik übt und insbesondere derKameradschafts­bund-Kamarilla" fürchterlich die Leviten liest: Die entscheidende Stelle hierüber lautet: Solang« die Herren vom K.-B. am Rude» sthe«, solange gibt«S nur Bruderkampf, solange gibt rS keine wahre Volksgemeinschaft. Wenn die Herren vom K.-B. Konrad Henlein noch lange um­garnen, dannwirddaSErzgebirgerot. Hoffentlich bestätigt sich die Voraussage die­ses Briefschreibers recht bald! Bemerkenswert ist weiter folgende Stelle über dieSdP-Bolksgemeinschaft im ersten und im dritten Stock": Ich selbst war noch nicht in Prag und habe daS K.-B.- Palais in der Hybernskä noch nicht gesehen. Aber vor einiger Zeit waren Kameraden aus unserem Ort in Prag . WaS sie gesehen und erlebt haben, hat ihnen die Augen geöffnet. Das ist ja das r e i n st e Ministe ­rium. AIS sie mit Müh und dlot bei einem Hauptleitungsmitglied im efften Stock vorgelaffeu wurden, gingen ihnen vor der luxuriösen Einrichtung die Augen über. Als sie nach Hause kamen, da sägten sie nur:Die leben ja fürunser G eld w i e d ie rscht e-nl" Und auch das Benehmen deS Hauptleitungsmit­gliedes war herablassend fürstlich. Im dritten und vierten Stock, wohin gewöhn­lich die Besuche verwiesen werden, da ist alles viel einfacher, volksgemeinschaftlicher. Einem Kameraden, der sich vor einem Angestell­ten in der Hybernskä über den Luxus wunderte, wurde über den Mund gefahren! ES hieh, die Einrichtung sei nicht luxuriös, sondern»geschmack­voll"! Interessant ist ganz besonders, daß die Ausstattung an einen K.-B.»Mann und Hauptlei­tungsmitglied, den Möbelfabrikanten H. Rutha, vergeben wurde, der an seinen Lieferungen sicher nicht ärmer geworden ist. Die Dämmerung bricht an. die Eingeschläfer­ten beginnen einander zu wecken. Und kein Hen­lein wird durch sein Krähen den Morgen aufhalten können. Eine Verschlechterung der ohnehin kargen Arbeitslosenunterstützung wäre weder für die be­troffenen Opfer, noch. für die Wirtschaft und ebensowenig für den Staat selbst tragbar. Die Prager Deutsche Arbeitersendung bringt in dieser Woche: Sonntag, 16. Feber, 14.3014.48 Uhr: Glasmacher als Staatsgefangene(Josef Blau , Neuern); Mittwoch, 19. Feber, 18.2018.40 Uhr: Worum geht eS jetzt in unserer Textilindustrie? (Franz R e h w a l d. Reichenberg); Freitag, 21. Feber, 18.8518.45 Uhr: Aktuelle zehn Minuten; Sonntag, 23. Feber, 14.3014.45 Uhr: Die größte Revolution(F. Tej essy, Aussig ). Prager deutscher Theatermusiker unterschlägt DOjOöQ WU Ein-Msigljeh^d^ Orchesters des Prager Deuffchen Theaters, der'Geiger D., hat sich schwer vergangen. Diese Musiker haben vor Jahren einen eigenen Fonds gegründet, um ihre« Pensionisten eine zusätzliche Rente gewähren zu­können, d« etwa 1800 KL jährlich ausmacht. Das Vermögen dieses Fonds, ungefähr 600:000 KL, ist bei der Zentralbank deutscher Sparkassen ein­gelegt, durch deren Moratorium aber, zum Scha­den der Pensionäre, die laufenden Beträge der­zeit nicht ausbezahlt werden können. Zur Ueber- windung der so entstandenen Schwierigkeiten wählten die Musiker aus ihrer Miste ein Ko­mitee, das nun auf Unordnung in der Gebarung durch den seit Jahren mit der Kassaführung be» trauten Kollegen stiess. DerExpress" meldet dazu, dass es sich um den Geiger D. handelt, dessen kostspielige Lebenshaltung als durchaus nicht im Einklang mit seinen Einkünften in der letzten Zeit aufgefallen war. So auf die Spur gelenkt, gewahrte man erst einen Abgang von 10.000 und nun von gar 90.000 KL. Zur Rechenschaft gezogen, stellte der untreue Kollege zunächst ein Einlagebuch zur Verfügung, das allerdings auf nur 50.000 KL lautet. Volksgemeinschaft." Zwischen der Genossen, schäft der Glaswarenerzeuger i in Gablonz und den Gewerkschaften(mit Einschluss de: deutschen Arbeitergewerkschaft Henleins) wurde im De­zember 1934 eine Lohnliste vereinbart. Offiziell wurde sie von der Genossenschaft aus technischen Gründen nicht gefertigt, doch wurden die Ge­nossenschaftsmitglieder davon verständigt, dass sie die Löhne einzuhalten haben. Die Unternehmer des Johannesberger Gebiets denken aber nicht daran, diese Weisung zu befolgen. Sie richten sich nicht einmal nach dem Vebot, welches die maschi­nelle Erzeugung von Glasknöpfen über ein be­stimmtes Mass hinaus untersagt, obwohl dieses Verbot von der Behörde erlassen wurde und die Arbeiter vor dem Verlust des Arbeitsplatzes be­wahren soll. Das einzige Interesse der Unterneh­mer gilt der Erhaltung ihrer Gewinne. Braucht man noch zu sagen, dass die Unternehmer von Johannesberg restlos der Volksgemeinschaft Hen­leins angehören? Straßenbau im Bezirke Graslitz . Aus Gras­ litz wird uns berichtet: In der letzten Sitzung der Graslitzer Bezirksvertretung wurde beschlossen, die Bauarbeiten zu der nunmehr von den staatliche» Behörden bewilligten Schönau-Bezirksstrasse be­ginnen zu lassen. Der Bau ist vom Land in die Landesstrassenaktion ausgenommen worden und wird mit einem Betrage von 100.000 KL subven­tioniert. Da der Baubeitrag der Gemeinde schon ftüher sichergestellt werden konnte, ist die Durch­führung dieses Strassenbaues gesichert.