Nr. 44
Freitag, 81. Feier 1936
Seit« 3
Judefciideutafier£eitfspiegel
Arbeitslosigkeit Im deutschen  und tschechischen Gebiet Auf Grund der Veröffentlichungen des Ministeriums für soziale Fürsorge berechnen die Mitteilungen des Deutschen Hauptverbandes der Industrie: In der ganzen Republik   waren von 100V Einwohnern zu Ende Jänner 1938 57.3, von 1 000 Einwohnern in den deutschen Gebieten 97.5 und von 1000 Ein- wohnern in den tschechischen Gebie­ten 47.0 arbeitslos. Von 1000 Berufs­tätigen waren zu Ende Jänner 1936 in der gan­zen Republik   129.5, in den deutschen Gebieten 192.5 und in den tschechischen Gebieten 109.9 ar­beitslos. Dabei wurden als deutsche   Gebiete nur jene gezählt, deren Einwohnerschaft nach der letz- ten Volkszählung zu mehr als 50 v. H. aus Deut­ schen   besteht.
Auf die Straße geworfen! In der PorzellanfabrlkVik- toria" in Altrohlau   bei Karlsbad   ist 1 4 Beamten und 36 Arbeitern gekün­digt worden. Die Maffen-Kündigung hat unter der Arbeiter- und Beamtenschaft des Werkes große Erregung hervorgerufen. In den Büros kam es zu stürmischen Auftritten. Die Gekün­digten waren fast ausnahmslos jahrelang arbeits­los, ehe sie vor noch nicht zu langer Zeit bei der ^.Viktoria" Arbeit fanden. Jetzt sind diese ge­hetzten Menschen wieder auf die Straße gesetzt worden.
vleBohemla" wird krlt'sch Schädigung der Aaslanddeutschen durch Hitler  Angesichts des Konfliktes der Schweiz   mit dem Dritten Reich schwingt sich dieBohemia" zu der Erkenntnis auf, daß der HitleriSmuS di- Jnteresien der Auslani^eutschen schwer geschädigt hat. Das Blatt schreibt: Nicht zu bestreiten ist die Tatsache, daß die Forderung einer Totalität im weitesten Sinne auch unter den deutschen   Minderheiten tief Wur­zel geschlagen, daß sie in einer Forderung nach einer umfaffenden Volksgemeinschaft Gestalt ge» Wonnen hat, daß aber diese Volksgemeinschaft, weil ja in den Minderheiten ein Zwang zugunsten , einer bestimmten Führung und einer bestimmten Ideologie nicht geübt werden kann, vielfach nur Anlaß zu tief bedauerlichen Zer­würfnissen und Spaltungen gegeben hat, die das deutsche   Volkstum in den be­treffenden Staaten st attge stärkt, nurwe­sentlich geschwächt haben. In einzelnen Ländern wieder hat die starke Anlehnung an den Berliner   Nationalsozialismus dazu geführt, daß die Politik des Reiches die eigenständige Politik der Minderheit derart überschattet hat, daß die eigenen Interessen hinter den po­litischen Interessen des Deutschen Reiches zum Schaden der deutschen Volksgruppe zurückgestellt wurden. Auch die Tatsache, daß die Forderung des Hitler  'schen Programm- bucheS nach Zusammenschluß aller Deutschen   in einem einzigen Staate Argwohn und M i ß- trauenbeidenRegierungen weckt, hat sich auf deutsch  « Minoritäten, di« sich kritiklos dem Kommando Berlins   unterstellt haben, ungünstig au-gewirkt. Den Regierungen wird ein willlom- mener Vorwand in die Hand gedrückt, unter Be­rufung auf diese Ideologie gegen die Minderheit, wann es ihnen paßt, vorzugehen. Auch die Unter­ordnung der Rechts unter daS nationalsozialistische Machtprinzip kann per analogiam tür   den Bestand und die Entwicklung der Minderheiten nur eine nachteilige Wirkung haben, da der^xi- stenzkampf der Minderheiten einzig und allein auf dem Boden eineS festen Rechts unter Anrufung von sittlich unerschütterten Rechtsgrundsätzen ge­führt werden kann.
Wieder eine folgenschwere Betriebsstillegung? Die Leitung der TroppauerJute- f a b r i k hat der Bezirksbehörde die vorüber­gehende Stillegung deS Betriebes angezeigt. Die Stillegung soll wegen ungenügender Beschäfti­gung vorgenommen werden. Diese Stillegung ist aber vor allem eine Maßnahme des mächtigen Jute^.Kartells. ES wird an der Behörde liegen, ob zirka 60 Arbeiter dieplan­mäßige Vroduktionsregelung" des Jute-Kartells büßen sollen.
Nach sechs Jahren... Ein vor sechs Jah­ren begangener Mord ist jetzt von der Pilsener Gendarmerie-FahndungSstelle aufgeklärt worden. Ein gewißer Josef Wartusch in Nrusiedel be> Liidih war in der Nacht auf den 16. Septembei 1929 ermordet worden. Dieser Tage wurde nun der Leiter einer herumvagabundierenden Zigeu­nergruppe namens Johann I a n e k e k festgenom­men. Eristbereitsüberführt, mit meh­reren Komplicen die Bluttat begangen zu haben.
Unsere Kulturorganisationen beim Präsidenten der Republik
Eine wertvolle Aussprache Am Mittwoch, den 19. Feber, sprach, wie wir bereits kurz meldeten» eine Abordnung der deutschen sozialistischen   Erziehungsorganisatio­nen beim Präsidenten der Republik vor, um ihn über die Aufgaben dieser Organisationen zu in­formieren und ihm gewisse Forderungen und Wünsche vorzutragen. Der Abordnung, welche vom Senator Genossen Heinrich Müller   ge­führt wurde, gehörte.» weiter an: Josef Pot- ö a p k a und Alois U l.l m a n n für denAtus", Karl Kern und Rudolf Geißler für den Sozialistischen Jugendverband, Prof. Gustav Schweitzer und Wilhelm Hocke für den Arbeiterverein Kinderfreunde, Feist.ruer für den Arbeiterrad- und KraftfahrerbundAruk", Theodor Dietl für den TouristenvereinDie Naturfreunde". Senator Müller gab nach einer herzlichen Hul­digung für den Präsidenten einen Ueberblick über die Arbeit der sozialistischen   Sportorganisationen und wies darauf hin, daß der Arbeitsbereich dieser Ver­bände in den Notstandsgebieten der Repu- ! blik liegt. Er verwies auf das bevorstehende B u n« d e s f e st und auf die Notwendigkeit, di. Arbeit der sozialistischen   Körper- Erziehung-- Organisationen I materiell und moralisch zu unterstützen. Dies sei auch im Hinblick auf die internationalen Verbindungen dieser Organisationen notwendig, die für die Tschechoslowakische Republik in aller Welt werben. Müller sprach auch für di« Natur­freunde und für den Aruk. Die Darlegungen Müllers wurden durch den Vorsitzenden des Sozialistischen Jugendverbandes, Karl Kern, ergänzt, der in seiner Ansprache der be­sonderen Freude der jungen Generation des Sudetendeutschtums über die Wahl Dr. Beness zum Staatspräsidenten Ausdruck gab und dem Prä­sidenten versicherte, daß die sozialistische Jugend­bewegung immer den Idealen Masaryks und BeneiS treu bleiben urü> sie der sudetendeutschen   Jugend vermitteln werde. In den Darlegungen nahm der
Hinweis auf den sozialen Notstand der Jugend«inen breiten Raum ein. Die Forderun­gen und Wünsche der Jugend wurden näher präzi­siert. Die sozialistische Jugend werd« für die Unter­stützung, die ihr zuteil wird, mit gesteigerter Arbeit zum Wohle der Republik   danken. Hierauf überbrachte der Obmann des Arbeiter­vereinesKinderfreunde" Professor Gustav Schweitzer die Grüße und Glückwünsche der sozialist  'schen Eltern un^ ihrer Kinder. In kurzen Worten wies er auf die besonders große und schwierige Aufgabe der Kinderfreundebewegung hin. Er sagte, daß es gerade in der schwierigen Situation, in der wir uns befinden, allr Menschen guten Willens mit Zuversicht und Freude erfüllt, daß an der Spitze deS Staates ein Mann stehe, der immer ein Vorkämpfer der Völkerverständigung und der Erziehung zum Guten wär. Präsident Dr. Beneß dankte in einer sehr herzlichen Ansprache, in der er die Aufgaben und Schwierigkeiten der Nachkriegs-Gene- r a t i o n umriß, die er als O p f e r- Gene­ration bezeichnete. Er wisse die Lage der Jugend zu würdigen und freu« sich, zu sehen, daß die Ideale der Demokratie so eifrig und entschie­den verfochten werden. Was immer er tun könne, um die schönen Bestrebungen, von denen er hörte, zu unterstützen, werde getan. Dann verblieb der Präsident der Republik noch einige Zeit mit der Abordnung in einem per­sönlichen Gespräch, in dem er sich über Einzel­heiten informieren ließ und mit außerordent­lichem Verständnis zu den verschiedenen Proble­men und Anregungen Stellung nahm. Die Abordnung verließ den Präsidenten der Republik mit der testen Ueberzeugung, daß der Mann an der Spitze unseres Landes gewillt ist, ihren Bestrebungen seine werwolle Hilfe ange­deihen zu lassen.
Gestapo  -Agentin in Budenbach verhaftet
Unter dem zwingenden Verdacht, mit der G e st a p o in VerbindwU zu stellen und an sie Nachrichten weiterzugeben, wurde vor einigen Tagen die 20jährige Sängerin und Artistin Olga K u k a von der Bodenbacher Gen­darmerie verhaftet und dem Kreisgerichte in Leitmeritz   eingeliefert. Der Verdacht fand durch zahlreiches beschlagnahmtes Material seine Be- st ä t i g u n g. Die Kulka hatte sich dadurch verdächtig gemacht, daß sie, obwohl sie keinen Paß besaß, mit einem Grenz ausweis wieder­holt nach Dresde.  n fuhr, ohne von den reichsdeutschcn Amtsorganen beanständet zu werden, so daß als erwiesen gelten kann, daß auch diese unterrichtet waren und mit ihr zusam­men arbeiteten. Das geht auch daraus hervor, daß sie, als sie sich vor einiger Zeit auf der Rück­fahrt von Dresden   nach Bodenbach mit einem Messer einen Stich an der linken Brustseite bei­brachte, von den reichsdeutschen Grenzbehörden
mittels Auto in das Tetschner Krankenhaus ge­schafft und daß von ihnen die Heilungs- und BerpflegSkosten bezahlt wurden, obwohl sie tschechoslowakischer Staatsbürgerschaft ist. Es wurde ihr ferner nachgewiesen, daß sie der Gestapo   in Dresden   wiederholt Nachrichten über verschiedene Per­sonen und Verhältnisse in Bodenbach über­mittelte und daß mit ihr in Dresden   Protokolle ausgenommen wurden. Weiter wurde festgestellt, daß sie in ver­schiedenen Nachtlokalen Bodenbachs von O r g a- nender Reichsbahn und der r ej ch s- deutschen Grenzkontrolle be­sucht wurde und mit ihnen konferierte. Es ist mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß sie in Bodenbach   und Tetschen Kompli­cen hat. Die Erhebungen in dieser Richtung laufen noch.
Die Henlelnversammlungen In SCIdböhmen ein Fiasko
Für Samstag, den 15., und Sonntag, den 16. Feber, hat die SdP in Südböhmen   allein 44 öffentliche Gebietsver- sammlung-en angekündigt, zu welchen nicht weniger als 13 Abgeordnete und Senatoren aus allen Kreisgebieten der ganzen Republik   herangezogen wurden. Wie überall werden auch in Südböhmen   die im Mai deS vorigen Jahres so vertrauensseligen Hen- leinleute im höchsten Grade unzufrieden und es setzt deshalb auch allenthalben die Abwan­derung von dieser Partei ein. Diese Ver- sammlungöwelle sollte daher den Zweck verfol­gen, der Henleinbewegung neues Leben einzu­flößen. Aus den uns zukommenden Berichten über den Verlauf der Versammlungen geht aber mit -aller Deutlichkeit hervor, daß selbst die so ge­schickt aufgemachte Regie ihre Wirkung voll­ständig verfehlt hat. Im nachstehenden lassen wir einige Kurz­berichte über denVersammlungssturm" folgen: In Wallern   konnten es die Henlein   trotz der 1200 Stimmen, welche sie im Mai vorigen Jahres erhielten, nur auf 240 Versammlungs­besucher bringen, unter denen aber auch noch eine ansehnliche Zahl polifischer Gegner sich befand. Der Abgeordnete Birke   erklärte: Wenn vir auch noch nicht» erreicht haben, eine» haben wir doch erzielt, wir haben den Mar- I xismus vernichtet."
Warum er dann noch gegen den Marxismus be­sonders ins Feld zieht, wenn dieser vernichtet ist, hat der Abg. Birke nicht erklärt. Für die Versammlung in Humwald hatten sie aus der ganzen Umgebung ganze 100 Leut« zu­sammengetrommelt. In Kusch ward« mit seiner ganzen Um­gebung brachten st« eS auf 130 Teilnehmer, was in Anbetracht der Tatsache, daß das dortige Gebiet bei den letzten Dahlen   besonders viel Sfimmen für die Henleinpartei brachte, als ein glatter Mißerfolg bezeichnet werden muß. Der Abgeordnete Paul Nickerl sprach dort sehr viel über die Bauern, waS selbst Henleinarbeiter zu der Aeußerung ver­anlaßte:Wann kommen denn die Arbeiter dran?" Ja es ist schwer, wenn man soviele Stan- dekgruppen zu vertreten hatl Geradezu kläglich war die Versammlung in Außergefild. Neben 3 Sozialdemokraten, 10 Christlichsozialen und 10 Henleinleuten aus dem Ort« waren von Winterberg   25 Henleins mit dem Autobus gekommen. Man kann sich vorstellen, daß auch die Stimmung dementsprechend war. Trotz aller Anstrengungen und der aktiven Mithilfe der Genossenschaft der Gewerbetreibenden konnte in der Winterberger Versammlung der Senator E n Huber nur vor etwa 260 Leuten sprechen. Für die Versammlung in B.- Röhren waren dem Rufe der Henleinpartei auS den Orten Guthausen, Oberzaffau, Schillerberg, Schönberg und B.-Röhren einige 60 Leute gefolgt. Darunter aber auch einige Sozialdemokraten und Andersgesinnte.
Deine mache: Dolhnünder
Einen jämmerlichen Verlauf nahm die Ver­sammlung in Neuofen, wo sie es auf sage und schreibe fünfzig Personen brachten. Etwas besser war er in Schwarzbach, wo sie gegen 200 Besucher aufweisen konnten. In Stein mußten di« Versammlungs­besucher wieder heimgehen, ohne den Herrn H o- dina gehört zu haben, da er erst gegen 12 Uhr mittags eintraf. Besonders einige Bauern, welche vor allem gekommen waren, um sich die Schulden- stteichung durch den Herrn Abgeordneten zu er­wirken, die ja von den Henleins zu den Wahlen versprochen wurden, waren sehr enttäuscht. Für die Krumauer Versammlung hatten sie den bekannten Abgeordneten Hollube ins Treffen geschickt, der vor allem den Marxismus gänzlich ausrotten sollte. Von den Konnnunisten wurde die Versammlung besucht und sie hörten sich diesen Herrn zwei Stunden lang an. Als der kom­munistische Referent zu Worte kommen sollte, wurde die Versammlung nach seinen ersten Worten durch die Henleinleute selbst unmöglich gemacht. Hollube wurde von seinen früheren kommunistischen   Freun­den mit sehr vielKosenamen" begrüßt. Der Be­such war in Anbetracht der Größe der Stadt mehr als schlecht.. Eine der schlechtesten Versammlungen war auch die in S t r o b n i tz, wo sie es trotz der guten Um­gebung auf gezählt« 63 Teilnehmer brachten. Aus diesen wenigen Berichten geht hervor, daß der Schlag ins Leere ging usid daß die Be­völkerung keine Lust mehr hat, sich von der Hxn- leinpartei und ihrer Führung mit leeren Phrasen füttern zu lassen.
Bertreter der Hochschulassistrnten trugen am Dienstag dem Gesundheitsminister Genossen Dr. C z e ch ihre Forderungen vor und besprachen mit ihm eingehend den im Abgeordnetenhause einge­brachten Jnitiattvantrag betreffend die Regelung der Rechtsverhältnisse der Hochschulassistenten. Minister Dr. C z e ch nahm zu allen von den Hochschulassistenten vorgebrachten Forderungen einen wohlwollenden Standpunkt ein und erklärte sich berett, ihre Bestrebungen zu unterstützen. Posittv^stellte sich der Minister auch ihrem Wunsche gegenüber ein, daß die Entschädigung im Falle einer Berufskrankheit sich auch auf die Hcchschulassistenten beziehe. Eine edle Geste. Abt H e l m e r vom Stift Tepl   ließ, wie dasPrager Abendblatt" berichtet, der Fürsorgestelle der Israelitischen Kul­tusgemeinde MarienbadS ein bedeutendes Quan­tum Holz aus den Waldungen des Stiftes Tepl  zuteilen. Abgängiger Schüler. AuS G r a S l i tz ist sei' einigen Tagen, wie man uns meldet, ein 13jähriger Schüler abgängig. Die bisherigen Nachforschungen nach dem Vermißten sind ergebnislos geblieben. Wegen Krankheit in den Tod gegangen. AuS HeinrichSgrün im Erzgebirge   wird uns gemel­det: Die seit Jahren an einer schmerzlichen Krank­heit leidende Tischlersgattin Schug in HeinrichSgrün  hat ihrem Leben auf tragische Weise ein Ende be­reitet. In früher Morgenstunde verließ sie ihr Heim begab sich zum RatSteiche und stürzte sich dorr.n das mehrere Meter tiefe Wasser. Ms man die Un­glückliche auffand, war der Tod bereits eingetreten.