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rung neu belebt, die Schaffung von einigen zehntausenden Proletarierwohnungen er möglicht und zugleich den Mieterschuß, bei stufen weiser Liquidierung nach Wohnungsgröße und Einkommen, für die bedürftigen Bevölkerungs­schichten aufrechterhalten. Und im Jahre 1936, nach sechs Jahren Strise, erwirkt die Sozialdemo­tratie neue Maßnahmen der öffentlichen Bauför­derung, die nicht nur die Wohnungsnot mildern, sondern auch der Arbeitsbeschaffung dienen. Denn der Wohnungsbau gehört, da er nicht nur dem Baugewerbe, sondern auch zahlreichen Handwer­fen und Gewerben Beschäftigung verschafft, zu den wirksamsten Methoden der Arbeitsbeschaffung. Im Jahre 1936, acht Jahre nachdem der Bür gerblock das Todesurteil gesprochen hat, schüßt die Sozialdemokratie, trop der taktisch ungünstigen Situation, vor welche die Notwendigkeit der Ver längerung eines erlöschenden Gesezes sie stellt, die Wohnungsbedürfnisse der proletarischen Schichten in unvermindertem Umfange noch auf einige Jahre hinaus.

Mögen darum die Henleinjünger das alte Manöver der Nationalsozialisten wiederholen, indem sie in Hausherrenversammlungen gegen die Aufrechterhaltung, vor den Mietern gegen die Liquidierung des Mieterschußes wettern; mögen die Kommunisten im Seiltanz auf der neuen, ach so gut bekannten Linie die Purzelbäume eines verantwortungslosen Radikalismus schlagen: die Sozialdemokratie hat in ernster Ar­beit und nicht ohne hartes Ringen mit dem Wi­derstande der Agrarier einen neuen Beweis ihres pflicht bewußten und erfolgre is chen Wirkens für die Massen des Volkes erbracht.

Der Wiener Prozeß

( Schluß von Seite 1)

Am Nachmittag wurden in nichtöffentlicher Verhandlung Schriftstücke verlesen, deren Inhalt in Oesterreich   ziemlich bekannt ist. Auch dieser Teil des Prozesses erbrachte keinen Beweis für die Hauptpunkte der Anklage. Freitag folgen die Plädoyers.

In ganz Wien   wurden kleine rote Zettel verbreitet, auf denen zu lesen stand: Sozialis­mus ist Hochverrat, sagt der Staatsanwalt. Dubende Jahre Kerker drohen den angeklagten Sozialisten."

Polizeistrafe

für Rosa Jochmann  

Die im Gerichtssaal verhaftete Genossin Roja Jochmann hat eine siebentägige Polizei­strafe erhalten, weil sie die Polizisten gebeten hatte, die Zwischenruferin vom Dienstag nicht zu schlagen. Roja Joch­mann bekam Strafaufschub bewilligt.

Empörung

unter den Auslandsjournalisten

Unter den Auslandsjournalisten herrscht große Empörung wegen der offenbar amtlich aus gegebenen Behauptung fast aller Wiener   Blät ter, es hätten sich zur Dienstagsverhandlung nur

drei ausländische Zeitungsleute eingefunden, während in Wirklichkeit die zwei für die Aus­landspresse reservierten Bänke immer dicht besetzt sind. Durch die Meldung der gleichgeschalteten Presse soll unter den österreichischen Arbeitern der

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Freitag, 20. März 1936

Eindruck hervorgerufen werden, sie seien von der stellt, der Verlauf des Prozesses werde beweisen. demokratischen Weltmeinung verlassen. Es ist ein daß es sich nicht um Gesinnungsdelikte, sondern Protestschritt der Auslandsjournalisten um die Vorbereitung des bewaffneten Aufstandes zu erwarten, die aus jener Meldung auch handle. Die gleichgeschaltete Wiener   Presse schrotet den Vorwurf der Faulheit und Pflichtvernachläs- diese Darstellung der Deutschen Presse" um so sigung herauslesen. Die in jener offiziösen Ten- mehr aus, als ja fast die gesamte internationale dengmeldung mitgeteilte Behauptung, es hätten Bresse mit ihrer schlechten Meinung über den 75 Auslandsjournalisten Zulassungskarten ver- Prozeß und die österreichische Justiz nicht zu­langt, kann wohl stimmen und würde keineswegs rückhält. In den Kreisen der ausländischen Be von Interesselosigkeit des Auslandes zeugen; fes richterstatter verurteilt man aufs steht aber, daß nur eine sehr beschränkte Anzahl schärfte die Vorgangsweise von Karten an die ausländische Presse ausgegeben der Deutschen Presse", die sich nicht wurde. schämt, in einem demokratischen Staat die ffan­dalöse Justiz und den Gesinnungsterror des Starhemberg- Regimes zu verteidigen und die sem Regime von außen her Suffurs zu leisten. Die Berichte der Auslandspreffe, vor allem der

Schmähliche Rolle

der ,, Deutschen Presse" Wien.  ( Eigenbericht.) Donnerstag wurde hier bekannt, daß die in Prag   erscheinende christ­lichsoziale ,, Deutsche Presse" in einer Polemik und als Antwort auf die internationalen Proteste gegen den Wiener Prozeß die Behauptung auf­

"

im e s" und des Daily Herald", werden in den Kreisen der Wiener   Arbeiterschaft mit großer Freude und Befriedigung aufgenom men.( Unser Blatt ist bekanntlich in Desterreich verboten.)

Eine soziale Tat

Nr. 68

hätte hier Gelegenheit, eine große Erziehungs­arbeit zu leisten, wenn sie es zuwege brächte, die deutschen Unternehmer zur Aufnahme von Kriegs­beschädigten zu veranlassen. Damit würde die SdP dem Begriff Volksgemeinschaft erst einen wirklichen Inhalt geben!

tungen die Anregung gegeben, das Wort Rann" Auch unsererseits wurde in den Ausschußbera­aus der Vorlage zu eliminieren, das heißt einen Rechtsanspruch auf die Rentenerhöhung zu statuieren, doch ist dies nicht gelungen.

Das liegt keinesfalls an einem Mangel an Verständnis für die Bedürfnisse der Kriegsinva­liden unsererseits, sondern eben an den gege­benen Machtverhältnissen. Jene Kriegsbeschädigten, die voriges Jahr am 19. Mai die SdP wählten, mögen sich die Frage vorlegen, ob es gut war, so viele leere Stimmzettel ab­zugeben, und mögen die Fehlerquelle nicht bei uns, sondern bei sich selbst suchen!

kämpft, wir stehen zu ihm tros manchen Schönheits­fehlern, die es haben mag. Es wird manche Not lin­

Wir haben um den Inhalt dieses Gesetzes ge=

dern und manches Unrecht beseitigen, und stellt des­halb eine Tat für die Kriegsbeschädig­ten dar.( Beifall.)

*

Geichzeitig mit der Vorlage wurde eine Koalitionsresolution angenommen, Jahres über die Erfahrungen bei der praktischen Durchführung des Gesetzes berichte und einen neuen Gesezentwurf vorlege, wornach über die Gesuche um Rentenerhöhung das zuständige Lan­desamt für Striegsbeschädigtenfürsorge entscheiden und die Grenze von 50 Prozent Invalidität als Voraussetzung für die Erlangung einer Renten­erhöhung beseitigt werden soll.

Genosse Zischka über die Novelle zum Invalidengesetzbie fordert, daß die Regierung nach Ablauf eines Prag  . Das Abgeordnetenhaus beendete a brenach dem Krieg, sind schreckliche Donnerstag nachmittags die Debatte über die Folgen dieser Erfrierung aufgetreten. Man kann Kriegsbeschädigtenvorlage und diese Bilder nicht ohne tiefste Erschütterung ansehen. nahm dann den Gesetzentwurf mit einer von der Trotzdem so noch unzähliche Kriegsbeschädigte in Koalition beantragten Aenderung an, wornach im Not und Elend von den Schreckniſſen eines Krieges 8 29 das Wort ,, n streitig" durch ,, Nach erschütterndes Zeugnis ablegen, ziehen sich schon gewiesenermaßen" zu ersetzen ist. Es neue Kriegsgewitter zusammen! handelt sich darum, daß die Verwundung oder Krankheit, deren Verschlechterung den Anspruch auf Rentenerhöhung gibt, nachgewiesener­maßen" auf den Militärdienst zurückzuführen sein muß.

In der Debatte sprach für unsere Fraktion Genoffe 3ischka, der u. a. feststellte, daß das Fürsorgeministerium mit dieser Vorlage einen Weg weitergeht, der bereits im Jahre 1930 unter dem Fürsorgeminister Dr. Czech erfolgreich eingefchlagen wurde.

Die nach dem Krieg erkannten Mängel der Invalidengejezgebung zu beheben, wäre mög­lich gewesen zu einer bedeutend bes­ieren Beit, als es heute der Fall ist. Leider ist in den Jah ren 1922 bis 1929 für die Kriegsbeidu digten gar nichts gemacht worden. Es ist erfreulich, daß im Laufe der Ausschutz­verhandlungen der Prozentsaz der Er werbsunfähigkeit, bei dem die höhere Rente beginnt, bon 75 auf 50 Prozent herabgesetzt werden

onnte,

Redner ersucht in diesem Zusammenhang das Kürsorgeministerium, dafür Sorge zu treffen, daß fünftig bei der Behandlung von Unfällen aktiver Soldaten ein beschleunigteres Tempo bei der Er­ledigung der Rentenansprüche eingelegt wird. Er ver­weist ferner auf Photographien, die er vor wenigen Tagen von einem Kriegsbeschädigten

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Hermann Schmidt aus Predlip- augeschickt erhielt. deffen Hände und Füße während des Krieges erfro­ren sind. Nach dem Krieg fonnte man teine Schädigung feststellen. Doch jetzt, achtzehn

Aus den Reden der Oppofition hebt Gen. Zischka die Ausführungen des Vertreters der Sd hervor, Eine gleichfalls angenommene Resolu der zugab, daß die deutschen Unterneh- tinon Taub fordert, daß das Ministerium mer Kriegsbeschädigte nicht gern oder ehestens einen Bericht über den Stand der überhaupt nicht beschäftigen. Die SdP Kriegsbeschädigtenfürsorge überhaupt erstatte.

Billige Wohnungen für die Armen

Die Debatte über die Wohnungsvorlage eröffnet

machen.

Gegen Abend schritt das Parlament noch| Die Regierung müßte da endlich einmal Ordnung zur Verhandlung der beiden Geseze über die Bauförderung und den Mieterschutz. Zur Bauförderung referierte Langr( tsch. Nat.­Soz.) zunächst über die vom Ausschusse vorge­nommenen Aenderungen.

Das Hauptgewicht legte er auf Kapitel V, das den Gemeinden den Bau von Wohnküchen für Arme ermöglicht, ohne daß sie außer dem Bau­grund eigene Mittel zur Verfügung stellen müßten. In diesen Häusern wird der 3ins nicht mehr als awei Prozent des gesamten Bauaufivanoes betragen, so daß wirklich billige Wohnungen für Arme erstellt werden können.

Für den Budgetausschuß referierte Křemen ( Agrar.), der die Maximalzahl der auf Grund der Staatsunterstüßung erstellten Wohnräume auf 30,000 bis 37.000 schäßte, wenn man damit rechnet, daß die garantierten Hypotheken etwa 40 bis 50 Prozent des gesamten Bauaufwandes ausmachen und der Aufwand für einen Wohn­raum mit 20.000 veranschlagt wird.

Ueber die die Mieterschuhvorlage referierte Rybarik( Agrar.), der die Vorlage als ein Fortschreiten in der allmählichen Liquidie­

Der Referent macht auf das riesige Anwach- rung der gebundenen Wohnungswirtschaft be­fen von Notunterkünften im Laufe der Strife auf­merksam. Während im Jahre 1930 in 104 größe ren Städten 2650 Familien mit 9000 Köpfen in Notquartieren untergebracht waren, erhöhte sich diese Zahl seither auf 19.915 Familien mit 82.629 Angehörigen. Für diese Familien zu for­gen, wird die erste Aufgabe des Gesetzes sein.

zeichnete. Wenn die Vorlage nicht noch weiter gebe, so aus Rücksicht auf die allgemeine wirts schaftliche Depression und das geringe Lohnniveau der sozial schwächeren Mieter in den kleinen Wohnungen.

Auch nach dem Kapitel VI kann der Bau von Siedlungshäuschen für Arbeitslose oder Kurzarbeiter sehr gefördert werden. Leider werde ein aroßer Teil der Gelder, die Staat und Gemeinden für Bauzwecke aufbringen, in den bodenlosen Taschen bon Spetulanten mit Baugründen und Baumateria lien verschwinden, wenn nicht rechtzeitig eingegriffen wird. Die Kartellkommission habe vollständig berfagt; weder Parlament noch die Oeffentlich­feit haben zu ihr auch nur das geringste Sutrauen.

In der Debatte sprachen Čavojsky ( Slow. Volksp.), dann 3ajiček für die deutschen Christlichsozialen, der verlangte, daß auch der Bau von Zweizimmerwohnungen sub­ventioniert werden sollte. Ueberhaupt gebe es nur einen Weg der Wohnungsfürsorge, und der heiße: Mehr bauen. Ein Kommunist plädierte für eine Zwangsanleihe zur Belebung der Bau­bewegung. Als letzter sprach Jenšovsky ( Nat.- Soz.). Dann wurde die Debatte auf Freis tag vormittags vertagt.

MÄNNER, FRAUEN intreffen. Infere Vertrauensleute beim Regi- Taschen Kanonen und Bajonette ſtarrten, und vor Wer weiß, ob wir uns verständen?!"

UND WAFFEN

Roman von Manfred Georg Copyright by Dr. Manfred Georg. Prag  

Da mein Vater schon längst verschollen war und alle Welt annahm, daß er irgendwo in Ruß­ land   in einem verschlammten Schüßengraben um gekommen sei, wurden wir drei Geschwister durch ein Genfer   Komitee für Kriegswaisen in verschie denen Ländern untergebracht. Es gab damals eine Anzahl braver Leute bei den Neutralen, die sich erbötig machten, Kinder aufzunehmen, ja zu adoptieren. Ich kam zu einem sehr freundlichen, alten Apotheker- Ehepaar hierher nach Limeo. Mein Gott, jetzt sind die beiden Leutchen auch schon tot. Sie hatten nicht viel, aber genug, daß sie mich etwas lernen lassen konnten."

Die sanfte, klare Stimme Gabrieles tat Schumann wundervoll wohl. Er hatte gedacht, er würde in tausend Feuern aufbrennen, das Mädchen an sich reißen, mit glühenden Küssen bedecken, vielleicht gar eine noch pathetischere

Schon? Wir dachten, sie würden später dämonische, dicke Gestalt darauf, der aus allen, Keine Ahnung. Was sollte das übrigens auch. ment hatten Sabotage versprochen. Und Madrider ihr stand mit anklagend erhobenem Arm ein ein- Kaum war sie auf die Straße getreten, da Truppen können es noch nicht sein. Wahrscheinlich hat man doch die Geschüße aus Oviedo   noch rechts zeitig herausgebracht. Nun also, so werden wir eben fämpfen."

... Aber die Stadt wird doch in Grund und Boden geschossen. Was hat denn das für einen Sinn?"

Ich will Ihnen etwas sagen, mein Herr: Mein Vater war Offizier. Ich liebte ihn deshalb nicht. Ich weiß auch kaum etwas von ihm. Nur, daß er manchmal, wenn er auf Urlaub kam, uns auf die Pferde setzte und in die Schivemme ritt. Aber Offizier kommt von officium. Ein Offizier ist ein Mann, der die Pficht erfüllt und ein Beis spiel gibt, und wir hier in Limeo sind für viele dumpfe Millionen Massen in der Welt alle Offi­ziere. Wir werden kämpfen um des Beispiels willen. Von meinen Zieh- Eltern habe ich das Wissen um die Menschen, um ihre vielen Schlech tigkeiten und ihr bißchen Gutsein und die Liebe zu ihnen. Ich denke, daß ich das Kämpfenwollen von meinem Vater habe. Schade, daß ich auch gegen ihn gekämpft hätte!"

,, Ja, aber um Gottesivillen, wieso denn?"

Szene spielen. Jetzt, da er nach dem ersten Wie liebenswert, ernst und gesammelt sie Kennzeichen sich alle anderen mühsam ins Ge- da jaß im trüben Licht der Lampe, in diesem ein­dächtnis zurückzusuchen bemühte, und diese fremde fachen, streng geschnittenen Kleid, schmudlos und Dame da noch nicht mehr war als eine ferne doch von innen her leuchtend bewegt. Blißschnell Verwandte, tauchten nacheinander allerhand tauchten vor Schumann die Gesichter von Dunai Hemmungen und Bedenken auf, die sich vor den mir, Makropulos, Girobles auf und jäh erschien Ausbruch seines Jubels legten. Er traf ja kein ihm visionär daneben das seine. Sind, das man mit einem Scherz vom Boden Es würgte ihn etwas in der Kehle, als sie hochnehmen konnte, sondern einen gereiften Menschen, der offenbar ganz sicher auf seinen Füßen stand und ein festes Weltbild hatte.

Ein dumpfes Grollen ließ sie beide auffah ren. Es wurde, allerdings sehr weit entfernt, ge­schoffen, und zwar war es Artillerie. ,, Kanonen", sagte Schumann. Gabriele wurde blaß:

sagte:

facher Mann, barhäuptig und wehenden Haares, der rief: Solange Ihr nicht diesen da besiegt, sprecht nicht vom Frieden!" Und dieser da, das war der Gott der Rüstungsindustrie, der wahr lich ein Gott ist, denn er ist ohne Leidenschaften. Er verteilt seine Güter gleichmäßig an alle, wenn sie nur zahlen! Wir konnten ihm nichts abkaufen, ihm kein Geldopfer anzünden, also treibt er den Rauch seines Unwillens aus Kanonenschlünden und Gasgeschüßen gegen uns. Oh, ich könnte von all diesen feinen Herren, die zu Hause Kakteen züchten und ihre Kinder schon in den Windeln psychoanalysieren lassen, damit ihnen ja kein Windchen um die Nase wehe, nur mit Caligula  sagen: Wenn sie doch alle zusammen einen Hals hätten, damit ich ihn durchschneiden könnte." Aber nun genug."

Gabriele stand auf: Ich muß mich um meine Leute fümmern. Von Ihnen kann ich nur sagen, daß Sie Pech gehabt haben, hierher zu fommen. Unter Umständen werden Sie sich Ihre Bücher, die Sie brauchen, unter den Trümmern

der Bibliothek heraussuchen müssen."

Sie padte ihre Sachen zusammen, löschte die Lampe   und begleitete Schumann hinaus. Er wollte noch etwas sagen, aber seine Stehle war wie zugeschnürt. Draußen auf dem Korridor be­gann er etwas zu stottern, schwieg dann aber ber­wirrt. Sie blickte ihn erstaunt an und verabschie­dete sich kurz. Wann fann ich Sie wiedersehen." fragte er

hastig.

Bielleicht morgen, vielleicht übermorgen, vielleicht..

"

Er schnitt ihr die Rede ab, und zwar so hef­tig, daß sie ihn befremdet ansah: ,, Was ist denn aus Ihren Geschwistern geworden?" Sie zögerte einen Augenblick:

,, Und doch wird das alles auf lange Zeit hin noch umsonst sein. Weil es ja nicht die Völker sind und auch nicht die Könige, sondern die Schur­ten, die an unserm Blute verdienen. Ich habe neulich in einer Pariser Zeitung ein sehr schönes Bild gesehen. Sie hatten es, glaube ich, abgedruckt ,, Von Thessa, meiner Kleinen Schwester, weiß aus einem Schweizer   Blatt: da war eine riesige, ich nichts. Auch nicht von meinem Bruder Rudolf.

war sie schon von Leuten umringt, die hastig auf sie einsprachen. Schumann lehnte verloren an der Mauer des Hauses und sah ihr nach, wie sie auf­rechten Schrittes zwischen den hastig gestikulie renden Bewaffneten davonging.

*

Die Nacht verging für Schumann in schives ren Zweifeln. Seine Freude hatte einer großen Unsicherheit Platz gemacht. Er schlief nicht, son­dern saß am Fenster und starrte in die schiefe, winklige Gasse hinaus, auf der es keinen Augen­blick ruhig wurde. Es schien, als ob die Stadt ebensowenig schlafen ginge wie er. Aus dem offenen Fenster eines benachbarten Hauses dons nerte ein Radio alle fünf Minuten Nachrichten vom Berlauf des Aufstandes heraus. Es waren für die Leute von Limeo niederfchmetternde Nach richten: Barcelona   hatte kapituliert. Noch nicht vierundzwanzig Stunden lang hatte sich dort die Regierung Companys gehalten. Kein Wunder, dachte Schumann gequält, die Waffen waren rechtzeitig ausgeladen worden. Seine und Du­naimis Arbeit war gut gewesen. Die Regierung in Madrid   drohte schwere Strafen an, forderte alle zur Uebergabe auf. Feindselige, höhnische Burufe flogen von der Straße zu dem Radio hin­auf. Aber man zertrümmerte den Apparat nicht. Die Gier und Neugier zu hören, was sonst im Rande los war, überwog.

Stunden. Die Stalt zeigte erstaunlicherweise ein Am Morgen schlief Schumann ein paar ruhigeres Aussehen als gestern. Die Läden waren wieder geöffnet, Zeitungen wurden verkauft, vor den Schänken saßen die zu den Aufständischen übergegangenen Soldaten und ließen sich als elben feiern. Die treu gebliebenen Truppen hatten sich rings um die Stadt verschanzt und warteten Verstärkungen ab.

( Fortschung folgt.)