Seite L Donnerstag, 23. April 1936 Nr. 96 auf 13 volle Millionen Flaschen gestiegen, denn man hat zwar die Fleischzölle nicht gesenkt, dafür aber die Sektsteuer, so daß diese- Bolksgetränk nunmehr jedem Amtswalter zugänglich ist» der weiß, welche Repräsentation er seinem Führer schuldig ist. Wenn auch das Stückchen Metwurst in der Einlaufstasche der Hausfrau magerer geworden ist, Deutschlands Edellinge haben jedenfalls von der Verbilligung des Schaumweines so ausgiebig Gebrauch gemacht, daß einen die vielen Autounfälle infolge sinnlosen Rasens animierter SA- und SS -Chargen und die unvermittelten Schießübungen solcher Herren in öffentlichen Lokalen weniger tvundernehmen. Oie torpedierte Lohntüte Im ärgsten Krisenjahre, 1932, verdienten 1.3.2 Millionen Erwerbstätige 26 Milliarden Mark, 1938 verdienten 16.5 Millonen Erwerbstätige 31 Milliarden Mark, im ärgsten Krisenjahre verdienten also die Leute im Durchschnitte 1970 RM. nach drei Jahren Ankurbelei 1878 RM, das wären fast 106 RM im Jahre weniger,« für Sektverbraucher wenig, für Wurstkonsumenten viel Einkommensverlust. Je nun, und dabei gibt es hunderttausende neugeschaffener gutbesoldeter Amtswaltereien für jeden Bereich menschlichen Daseins, die sind alle mit hineingerechnet und unter Arbeitseinkommen gehören auch die Direktorengehalte der Schwerindustrie, die, sicheren Vernehmens, mit steigenden Dividenden zumindest nicht zu fallen pflegen. Die Lohntüte d?s deutschen Arbeiters hat ein Loch gekriegt, durch das im Jahre nicht nur 100 Matk heraus fließen, sondern viel, viel mehr, aber selbst aus den amtlichen Ziffern dieses Systems, das ohne jede Kontrolle retuschieren kann, blickt die Wahrheit grell hervor. Die Wahrheit, die ist so, daß man Arbeitslose in die Produktion gebracht hat, ohne eigentlich auch nur einen Pfennig dafür mehr aufzuwenden, denn früher bezogen die Massen neben dem Arbeitseinkommen noch mehrere Milliarden an staatlichen und gemeindlichen Unterstützungen; davon wurde nun nach Noten eingespart; schon im ersten Haushaltsjahre Hitlers eine halbe Milliarde. An Gehalten, Arbeitslohn und Arbeitslosenunterstützungen bezogen nominell die Deutschen im Jahre 1932 kaum viel weniger als jetzt,' die eigentlichen Lohnarbeiter darunter ungefähr dasselbe. Gemessen an der inzwischen eingetretenen Preissteigerung beziehen die eigentlichen Lohnempfänger aber jetzt insgesamt weniger a l s 1 9 3 2. Es ist schon glaubhaft, daß man eine eiserne Diktatur dazu braucht, um die Arbeitslosigkeit auf eine für die herrschenden Klassen so angenehme Art und Weise zu vermindern. Aber man hat nicht nur den noch Arbeitenden die,Kosten der Neueinstellung voll aufgebürdet, indem man ihre Löhne, senkte und dem früheren Unterstützungsniveau immer näher brachte, sondern man hat allen zusammen noch ein bißchen weggenommen, dem Götzen Stahl zu opfern und seine Opferpriester in Braun und Schwarz zu Glanz und Wonne zu verhelfen. Ob KdF -Fahrten für eine kleine Schichte Bevorzugter das die deutsche Arbeiterschaft vergessen machen, darf füglich bezweifelt werden. Wir haben vor der deutschen Arbeiterschaft und damit vor der deutschen Nation mehr nationalen Respekt als unsere Patentnationalisten. Wir wissen, daß dies nicht Heloten sind, geschaffen die Prunkwagen ihrer Peiniger zu ziehen, daß der Tag kommt, an dem Ziffer für Ziffer vergolten wird. »UU»»»««»»IWWS«»«SSWS«>SSS««SSS»W»SSS «6 MANNER, FRAUEN I UND WAFFEN I Roman von Manfred Georg Copyright by Dr. Manfred Georg, Prag Der Neue grinste. „Seine Frau kriegt ein Kind." Er setzte sich und beobachtete aufmerksam, wie Sckmmann aß. Schumann war dies unangenehm. Schließlich bot er ihm von den Speisen an. Der Wärter dankte:„Das ist gegen meine Vorschrift." Dann nahm er das Tablett und ging zur Tür. Aber statt hinauszugehen, drehte er plötzlich mit einem kräftigen Ruck den Schlüssel zweimal von innen herum. „Was soll das heißen? Was machen Sie da?" Der Mann vor ihm überragte ihn gewaltig an Länge und Breite. Er sah aus grauen Augen fast wesenlos auf ihn und sagte sehr leise: „Sie werden jetzt keinen Lärm machen. Ich bin hierhergekommen, um Sie zu befreien. ES ist notwendig, daß Sie fortkommen. Ich habe draußen mein Gewehr und Mütze. Sie werden sich feffeln lasten, und ich werde so tun, als ob ich Sie zu einem Verhör transportierte. Vor der Tür steht noch ein Freund von mir. Es wird glücken. Alles ist vorbereitet. Ein Auto wartet in der Nähe." „Ich will aber nicht." Der Rittmeister war sich klar, daß nur ein einziger Jntereffe an seiner Rettung haben konnte: Dunaimis. Und er wußte auch, was es bedeuten würde, wenn er aus der Sicherheit der Zelle hinauskäme. „Wer schickt Sie?" „Staatlich unzuverlässig“— erst bei künftigen Parteiauflösungen Fertigstellung der Staatsverteldlgungs-Vorlage z Sozialdemokratische Resolution verfangt Verstaatlichung der Rüstungsindustrie Prag . Am Mittwoch beendete der verfassungsrechtliche Ausschuß in Gegenwart des Verteidigungsministers die Verhandlungen über alle noch ausstehenden Bestimmungen der Staatsverteidigungsvorlage. Die Abstimmung wurde in die Abendstunden verlegt, da über gewisse Aende- xungen, bzw. Ergänzungen noch der Siebenerausschuß der Koalition verhandeln sollte. Diese Verhandlungen zogen sich in die Länge, da der Klub der tschechischen Bolkspartei auf gewissen Aenderungen beharrte. Um 6 Uhr abends war der Ausschuß wieder versammelt, konnte jedoch nicht in die Abstimmung eingehen, da die Tschechisch-Klerikalen noch berieten. Es erwies sich ein neuer Zusammentritt des Koalitionskomitees als notwendig. Hier erklärten die Vertreter der Tschechisch- Klerikalen, daß sie aus verfassungsrechtlichen Bedenken auf einer Aenderung des 8 115 beharren müßten, der für die Dauer der Wehrbereitschast des Staates der Regierung ausgedehnte Vollmachten finanziellen Charakters gibt, wornach sie mit Zusfimmung des Präsidenten der Republik an Stelle von Gesetzen Verordnungen erlassen kann, um Geldmittel im Bereich der Steuern, Zölle, staatlichen Monopole und öffentlichen Abgaben überhaupt, ferner auch im Kreditwege zu beschaffen. Diese Ermächtigung tangiere das Budgetrecht der Nationalversammlung. Die Verhandlungen darüber zogen sich bis nach 8 Uhr abends hin und machten telephonische Besprechungen des Verteidigungsministers mit dem Ministerpräsidenten notwendig. Schließlich kam man überein, den 8 115 in der Fassung der Regierungsvorlage anzunehmen, jedoch Aenderungen für das Plenum offen zu lassen. Gegen 9 Ühr abends nahm dann der Ausschuß die Abstimmung über die restlichen Paragraphen vor, wobei die von der Koalition verein-, barten Aenderungen berücksichtigt wurden. U. a. nahm der Ausschuß unter Reassmnie- rnng der früheren Abstimmung eine neue Arnde- rung des 8 19 vor. Die Formulierung, daß als „n«verläßlich" im Sinne dieses Paragraphen«. a. auch Mitglieder aufgelöster Parteien zu gelten haben, wird nur pro f u t« r o gelten, also für Mitglieder von Parteien, die erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes aufgelöst werden. In dem Motivenbericht wird jedoch eine Er- länterung ausgenommen, daß bei der Beurteilung der„Unverläßlichkeit" von Personen im allgemeinen auch in Betracht zu ziehen ist, ob sie Funktion»« in Parteien hatten, die v o r der Wirksamkeit des Gesetzes aufgelöst oder eingestellt worden und ob sie sonst eine hervorragende Tätigkeit für eine solche Partei entfalteten«nd ob sie srfther ihr BerhältniS zum Staat geändert haben. Endlich wurde,- um jeden Zweifel auszu- schalken, daß das Gesetz nicht die Rechte der Nationalversammlung berühre, ein neuer 8 200 angenommen, der feierlich deklarierte „Durch dieses Gesetz werden die Rechte der Nationalversammlung und ihrer Mitglieder, wie sie in der Berfaflungsurkunde enthalten sind, in keiner Weise berührt." Für diese Gesetzesfaffung stimmten alle Kyalitionsmitglieder, sondern auch die Vertreter der Nationalen Bereinigung und auch die Vertreter der Sudetendeutschen Partei (diese mit Ausnahme der 88 115- 128, 138 und des ganzen Kapitels VI). Gegen die Verlage stimmten die Kommunisten. * Legen Kriegsgewinnler Der Ausschuß nahm endlich eine Reihe von Resolutionenan; darunter befinden sich drei Resolutionen, die von den beiden sozialdemokratischen Klubs gemeinsam eingebracht wurden: In der ersten Resolution wird die Regierung aufgefordert, im Sinne der vom Abgeordnetenhaus am 4. April 1935 angenommenen Resolution beschleunigt Maßnahmen zu treffen, welche jedwede übermäßigen Gewinne bei der Erzeugung von Waffen für di« Armee oder von Abwehrmitteln für die Zivilbevölkerung schon im Frieden unmöglich machen. Das soll in erster Linie durch Verstaatlichung der gesamten Rüstungsindustrie und, wo dies nicht zweck- Vorläuflge Regelung Prag . Die Sammlung der Gesetze«nd Verordnungen des tschechoslowakischen Staates bringt im 26. Stück vom 22. April 1936 unter Nummer 101 den Text der Regierungsverordnung vom 21. April l. I. über einige Maßnahmen, betreffend die „Phönix"-Leben»Versicherungsgesellschaft in Wieu, Direktion für die Tschechoslowakische Republik in Prag , die auf Grund des Gesetzes über die außerordentliche Berordnungsgewalt erlassen wurde«. Die Verordnung bedeutet nicht eine Lösung des verwickelte« und für mehr als 300.000 Berficherte bedeutsamen Problems, sondern schafft eine Zwischenlösung«nd deutet dir endgültige, die wohl nicht lange a«f sich warte« lasse« wird, a». Die Verordnung enthält im wesentlichen folgende Bestimmungen: Vermögen der Anstalt in der Tschechoslowakische» Republik dient allem den tschechoslowakischen Versicherten. Im§1: Das Vermögen der Phönix-Lebens- versicherungs-Gesellschaft in Wien , das zum Sicherstellungsfonds auf Grund des Gesetzes Zahl 147/1934 Slg. d. G. u. V. über die Sicherstellung der Ansprüche der Versicherungsnehmer in der Privatversicherung und über die staatliche Kontrolle der Privatversicherung gehört, dient ausschließlich der Sicherstellung der Ansprüche aus den Versicherungsverträgen, bei denen die Versicherungssumme auf dem Gebiete der Tschechosiowakischen Republik zahlbar war oder ist und die Verpfiichtungen des Versicherers zur Erfüllung auf diesem Gebiete zahlbar sind. Das gesamte übrige inländische Vermögen die« ser Versicherungsanstalt dient zur Sicherstellung der Ansprüche der übrigen inländischen Gläubiger und mäßig wäre, durch- Organisierung dieser Produktion unter der wirtschaftlichen Kontrolle, des Staates geschehen. Für die Zeit der Wehrbereitschaft des Staates ist anzuordnen, daß die Erzeugung von Waffen solvie aller anderen Bedürfnisse der Siaatsverrci- digung ohne Gewinne, nur zu Regiekosten erfolge. Dabei wären auch Maßnahmen zu treffen, daß nur wirkliche Dienst- und Arbeitsleistungen honoriert werden und daß auch die leitenden Beamten in den Diensten jener Betriebe, die für die Bedürfnisse der Staatsverteidjgung arbeiten, auf keine Weise höher honoriert werden als Staatsbeamte in ähnlichen Diensten oder als Militärgagisten in ähnlichen Fu Aktionen. » Eine zweite Resolution verlangt, daß die Regierung im Sinne des 8 74 dieses Gesetzes in absehbarer Zeit einen Gesetzentwurf vorlege, der den Umfang und die Bedingungen der Fortdauer der öffentlich-rechtlichen Jnvaliditäts- und Ältersber- ficherung sowie der PensionSversicherung für den Fall der Einberufung zu persönlichen Dienstleistungen regelt. In einer dritten Resolution wird neuerdings die Novellierung des Gesetzes über- den Unterbaltsbei- trag für die Familien eingerückter oder zu besonderen Dienstleistungen nach 8 3 des Wehrgesetzes einbe- rufener Personen gefordert, und zwar nicht nur mit Rücksicht auf die Verpflichtung zu militärischen Diensten nach denr Gesetz über die Staatsverteidigpng. sondern auch im Hinblick darauf, daß das Recht auf den Unterhaltsbeitrag jenen Familien gesichert werde, die durch die unllare Textierung und unrichtige Auslegung des Gesetzes in diesem Rechte verkürzt sind. der angeführten Ansprüche aus Versicherungsverträgen, soweit sie nicht aus dem zu dem erwähnten Sicherstellungsfonds gehörigen Vermögen befriedigt werden. Bestellung eines Treuhänders Im 8 2: Zur Verwaltung des hierländischen Vermögens der Lebensversicherungs-Gesellschaft in Wien wird di« Regierung einen Treuhänder bestellen, der in das Handelsregister eingetragen wird. Auf diesen Treuhänder gehen die Rechte und Verpflichtungen der für die Geschäftstätigkeit dieser Versicherungsanstalt auf dem Gebiete der Tschecho- slowaftschen Republik errichteten Vertretung(Repräsentanz) über. Der Treuhänder untersteht dem Innenministerium, dem er für die Ausübung seiner Funktion verantwortlich ist. Die Mitglieder der Vertretung und die Prokuristen werden aus dem Han- delsregister von Amts wegen gelöscht.'^" Herabsetzung der Versicherungssumme bei Unterprämie. Im 8 3: Die Berficherungsansprüche aus Verträgen, die zu niedrigeren als vom Ministerium zur Kenntnis genommenen Bruttoprämien ahgeschloffen wurden, ermäßigen sich im Verhältnis der tatsäch- liche gezahlten Versicherungsprämie zu der vom Ministerium zur Kenntnis genommenen Prämie und falls die Bruttoprämie nicht zur Kenntnis genommen wurde, ermäßigen sich die Ansprüche nach den Rechnungsgrundlagen, die das Ministerium festsetzt. Ungültig sind Zusatzversicherungen und Vertragsklauseln, die die Verpflichtungen der Versicherungsanstalt erweitern, soweit sie für die Lebensversicherung gewährt wurden. Falls sie für ein unzureichendes Ent- Regierungsverordnung über Phönix-Versicherungen „Freunde von Ihnen." „Und wenn ich nicht gehe?" „So werden wir Sie tragen, Herr Rittmeister!" Dieser überlegte blitzschnell. Er wußte, daß Leute mit solchen Spezialaufträgen die Besten der Besten waren, die Makropulos und Dunaimis unter ihren Helfershelfern auftreiben konnten. Er wußte, daß hier mit allen Zwischenfällen und Widerständen gerechnet worden war. An diesem Abend(bürde niemand seinen Schrei hören. Es gab überhaupt nur eins: Zeit gewinnen. Daß die Entscheidung für ihn bei der Entführung bald fallen würde, war sicher. Hinter dem Gefängnis begann die unmittelbaxe Gefahr. „Sie haben doch sicher einen Revolver bei sich. Schießen Sie mich doch nieder", reizte er den Unbekannten. Der kratzte sich mit dem Fingernagel das rechte Ohr: „Sie werden selbst einsehen, daß uns nichts daran liegt, den Leuten hier ein Argument in der Zelle zu lassen. Wir wollen Sie wirklich retten. Also los, wir haben nicht viel Zeit. Ich binde Ihnen natürlich nur zum Schein die Handgelenke, damit Sie, wenn etwas passiert—' ich hoffe aber daß das ausgeschlossen ist— in Ihrer Bewegungsfreiheit nicht gehindert sind." „Mit anderen Worten: Sie werden den zweiten Teil Ihres Auftrages erst jenseits der Grenze ausführen." „Ich habe keinen zweiten Teil." Der Mann sagte das so schlicht und einfach, daß Schumann stutzte, Immerhin, wie es auch sein mochte, hinter der Grenze war er weiter als hier in der Zelle. Der Soldat in ihm begann zu hoffen: Zeit gewonnen— viel gewonnen. Er legte die Fäuste auf den Rücken: „Bitte sehr!" » Das Auto hatte die ruffisch-polnische Grenze passiert. Am Zollhaus hätte es beinahe einen Zwischenfall gegeben. Da waren sie einfach durchgebrcchen. Die Kugeln waren über ihre Köpfe hinweggegangen. Jetzt rollten sie in jagendem Tempo eine endlose, baumlose Landstraße entlang, die mitten durch sumpfige Felder zu führen schien. Der Mond tauchte hinter Wolken unter. Es war schwarze Nacht um Schumann. Die Zigarettenpünktchen blinkten nur. Er saß mit dem Rücken zum Chauffeur und wartete. „Ich kenne eigentlich meinen Retter noch nicht mal mit Namen", begann er schließlich. „Da Sie kaum noch Gebrauch davon machen werden, kann ich Ihnen ja sagen: mein Name ist Neumann und hier neben mir sitzt mein Kamerad Lintorp." „Die Herren sind Balten?" „Geographie gut, Herr Rittmeister. Aber nun werde ich Sie bitten müssen, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, daß wir jetzt bald anhalten werden." «Wieso anhalten?" „Weil wir nunmehr an Ihrem werten Befinden kein Jntereffe mehr haben." Neumanns Stimme klang gelangweilt. Lin- torp kicherte dazu: „Außer, daß wir wünschen, daß Sie sich überhaupt nirgends mehr befinden." An sich war Schumann nicht überrascht. Trotzdem wunderte er sich, wie ruhig er sich sagen hörte:„Also doch Mord!" Drüben zündete sich Neumann eine neue Zigarette an. Der Lichtschein fiel über eine jäh aus dem Dunkel vorspringende, schmale, kräftige Nase. „Exekution, Herr Rittmeister, nicht Mord. Sie dürften sich ja bewußt sein, daß Sie im Begriff waren, Ihren Auftraggeber zu verraten." Jetzt wuchs Wald von beiden Setten an die Chaussee heran. Bald standen die Bäume so dicht und niedrig, daß das Laub bisweilest um die Köpfe der Sitzenden schlug. Hier erstickte jeder Schuß. Jeder Angriff auf die beiden war für Schumann Unsinn. Eine Bewegung und man würde ihn einfach in dm Bauch schießen. „Woher nehmen Sie das Recht, einen Kameraden einfach um die Ecke zu bringen, wie Sie beabsichtigen? Sie sind Soldat gewesen und ich bin Soldat gewesen." „Deshalb gehorche ich. Weiter gar nichts." „Wissen Sie auch, wem Sie gehorchen?" „Ich glaube wohl. Aber wenn Sie es besser wissm, können Sie es mir ja erzählen. Sie sollen ja ein besonderes Protektionskind meines Herrn Auftraggebers gewesen sein." „Ja» er hat mir den Auftrag hier selbst epteilt."„So, Sie haben ihn gesehen?" Lintorp war nicht damit einverstanden: „Erzählen Sie, wie sieht er denn aus?" „Also laß doch das, machen wir rasch! Zieh ihn doch nicht so hin!" „Aber bitte," beruhigte Schumann sachlich. „Es inacht mir doch gar nichts aus, ich lebe ja sehr gern eine Viertelstunde länger." Und er begann sehr genau die Begegnung von ChLteau Boncourt zu schildern, flocht geschickt ein, wie er dahin gekommen war und, einmal im Fluß, rollte er vor den andern und vor sich selbst, wie abschiednehmend, den Lauf der Ereignisse ; feil seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft auf. Neumann hatte anhalten lassen.'Sie waren ausgesttegen und saßen etwas abseits vom Weg an einem kleinen Feuer, das der Chauffeur an- gezündet hatte, um ein paar Konservenbüchsen zu erwärmen. Schumann saß gegen einm Baum gelehnt, die Hände in den Hosentaschm, den Kopf am Stamm. Der Baum war harzig. Er merkte es bei jeder Bewegung, wie er mtt den Haaren daran kleben blieb. Lintorp und Reumann lagen neben ihm am Boden. Lintorp hatte den Revolver in Reichwette, Neumann hielt ihn üve in der Hand. .(Schluß folgt.)
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16 (23.4.1936) 96
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