Sozialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

16. Jahrgang

Radikalsozialisten

regierungsbereit

Paris . Der Vollzugsausschuß der radikal­sozialistischen Partei hat Mittwoch abends nach furzer Debatte das Angebot der sozialistischen Partei, Radikalsozialisten in die fünftige Regie­rung der Linken zu entfenden, angenommen. Klub der Mitte

Donnerstag, 14. Mai 1936

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 113

Vor Kabinettsumbildung Gottwalds Erzählungen

Lange Ministerratssitzungen

Was geschieht mit Starhemberg?

in Wien

Die kommunistische Presse und der Abgeord nete Gottwa Id haben aus dem Ergebnis der Bezirkswahlen in Dur und Bilin die Lehre gezogen, daß auch bei uns die Herstellung der

Wien.( Tich. V. B.) Dienstag und Mitt- durch den früheren Minister Dr. Resch ersetzt Volksfront das Gebot der Stunde sei. Nur des­werden. Auch im Landwirtschaftsministerium wird halb habe sich die SdP. behaupten können, weil eine Veränderung vorgenommen werden.

woch fand ein Ministerrat statt, der sich mit der durch die letzten Kundgebungen und Zwischenfälle geschaffenen Lage befaßte. Die Beratungen find noch nicht abgeschlossen und bis zur Stunde ist auch kein politischer Beschluß gefaßt worden. Wohl aber verlautet, das u. a. perso= nelle Veränderungen in ver=

unter Flandins Führung? Die Gruppen der Mitte, welche in der letzten Kammer in sechs Klubs gespalten waren, wollen in der neuen Kammer einen einheitlichen Klub der demokratischen und radikalen Linten gründen, chiedenen Fachressorts demnächſt dem auch verschiedene Deputierte beitreten wür

Die angekündigte Reise des Bizekanzlers Starhemberg nach Rom findet nur in dem Falle statt, wenn bis dahin die Lage geklärt ist. die Lage i

Spät nachts verdichten sich die Gerüchte, daß

den, die als unabhängige Radikale gewählt wur- durchgeführt werden sollen. So wird der Minister auch die Stellung des Vizekanzlers Starhem­den. Die Hauptführer in diesem Klub würden der für soziale Verwaltung Dobretsberger berg ernst bedroht sei. gegenwärtige Außenminister Flandin , Vor­sizender der Partei der demokratischen Alliance der Mitte, und deren erster Vorsitzenderstellvertre ter Deputierter Baréty sein. Man rechnet da= mit, daß der Klub 80 Deputierte vereinigen Tönnie.

Die Entrevue von Bukarest

Bufarest. Der bevorstehende Besuch des Prä­fidenten Dr. Beneš und des Prinzregenten Paul von Jugoslawien , der in der ersten Hälfte Juni in Bukarest stattfinden wird, und zwar so, daß die beiden Oberhäupter der verbündeten Staaten sich am Jahrestage der Rückkehr König Carols nach Bukarest , also am 8. Juni hier auf= halten werden, beschäftigt schon jetzt die rumä nische Presse. Die Kundgebung von Bufarest", schreibt der ,, Adeverul", unter der Leitung des rumänischen Königs, wird zweifellos vom Stand­punkte des Prestiges Rumänien viel bedeuten. Vor allem aber widerlegt allein schon die Ankündigung dieser Kundgebung von Bukarest jeden Stęptizis:

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mus hinsichtlich der Stärke der Kleinen Entente . Sie vernichten gleichzeitig die Hoffnung gewisser Politifer auf irgendwelche Veränderungen."

Folgt Oesterreich

dem Beispiel Mussolinis? Paris . An den politischen Stellen und in den Blättern herrschte Mittwoch abends in der Beurteilung der internationalen Lage und der Verhandlungen im Völkerbung der Eindruck einer großen Unsicherheit vor. Die Berichte aus Rom klangen fast durchwegs in dem Sinne aus, daß der überwiegende Teil der italienischen öffentlichen Meinung für den Austritt Italiens und seiner Verbündeten Oesterreich(!), Ungarn und Albanien aus dem Völkerbunde, für eine Annäherungan Deutschland und für eine scharfe Kampagne für die allgemeine Revision der Kolonien der europäischen Mächte ist.

Die Italiener haben bereits begon­nen, in dem annektierten Abessinien Rekruten für die italienische Kolonial­armee zu mustern.

Spannung im Mittelmeer

Neue Versuche zur Rettung des Völkerbundes

wächst wieder

Die letzten Provokationen Italiens gegenüber England und den Mittelmeerstaaten haben dazu geführt, daß sich die Spannung zwischen den Gegnern an der Genfer Sanktionsfront aufs neue verstärkt hat. Während es vor wenigen Tagen den Anschein hatte, als wolle England feine Niederlage mit einer verlegenen Geste liquidieren, hat sich das Bild seit Dienstag überraschend geändert: Mussolini hat sich eben keineswegs bereit gezeigt, den Engländern goldene Brücken zu einer Verständigung zu bauen, er wollte vielmehr die Demütigung seines eigentlichen Gegners in dem abessinischen Krieg bis zur Neige auskosten. So hat er der Ankündigung der Annexion, der Ausweisung der Gesandten und der Ausrufung des Imperiums" noch die Vertreibung der briti schen Ambulanz des Roten Kreuzes und eine neue Note über britische Lieferungen von Dum­Dum- Geschoffen hinzugefügt. Es ist für die englische Regierung beinahe unmöglich, diese Denrü­tigungen einzustecken, ohne wenigstens noch einmal zu versuchen, den Völkerbund gegen Mussolini mobil zu machen.

Dazu kommt, daß die Mittelmeerstaaten sich mit vollem Recht durch das römische

Imperium bedroht fühlen. Sie glauben nicht der Versicherung eines mehrfachen Lügners und vielfachen Vertragsbrechers, daß er nun Ruhe geben werde. Darauf ist es zurückzuführen, daß die Entente zwischen den Mittelmeer staaten und England in Genf für die Zeit der Fortdauer der Sanktionen verlängert wurde. Eden hat insbesondere mit Ti= tulescu und Politis ( Rumänien und Hellas) Mittwoch lange konferiert. Aber auch andere Kleinstaaten rühren sich. Der norwegische Außenmnister hat in Genf eine Rund­funkrede gehalten, in der er offen erklärte, der Völkerbund stehe vor der Entscheidung, entweder die Sanktionen zu verschärfen und Mussolini niederzukämpfen, oder sie einzustellen und zu kapitulieren. Die jetzige Methode sei lächerlich und unhaltbar geworden.

In Frankreich ist man wieder geteilter Meinung. Während die Rechtspresse bittere Zäh­ren über den Abgang Aloisis aus Genf vergießt und es nicht tief genug bedauern kann, daß die ,, europäische Friedensfront" durch den Verlust Mussolinis geschwächt werden soll, wofür man, England die ganze Schuld gibt, betont man auf der Linken, daß es nur erwünscht wäre, wenn Italien nicht mehr nach Genf zurückkehrte, denn der bisherige Zustandsei eine Schande gewesen. Die französischen Sozialisten halten eine Zusammenarbeit der wirklich völ­terbundtreuen Staaten gegen Muffolini und Hitler für einen genügenden Schutz des Friedens. Diese Haltung der französischen Linken stärkt auch im englischen Kabinett die Richtung Edens gegen Baldwin und gegen die italophile Gruppe Neville Chamberlains.

ihr nicht die Einheitsfront aller Werktätigen gegenübergestanden sei. So könnten, meint die Rote Fahne", die tschechische und die deutsche Reaktion einander noch immer ungestört die Bälle zuwerfen. Um einige Grad einfältiger ist der Parteiführer der KPC. Nach ihm ist der Gegens angriff gegen den Faschismus nur dann möglich, wenn es zur Einheitsfront tomme, die in der Tschechoslowakei , meint Gottwald, das Rückgrat der Boltsfront wäre. Und er verweist, selbstver­ständlich, auf das Beispiel in Frankreich und in Spanien . Noch mehr! Er rechnet für den Fall der Einheitsfrontbildung sogar mit dem Zerschla= gen der Koalition durch die Agrarier. Dieser real­politischen Erfenntnis folgt gleich ein spekulati­ver Trost: Es müßte der jezigen Koalitions­regierung keine Regierung der offenen Reaktion eine intregie folgen, sondern rung! Daß diese keine Mehrheit hätte, sei kein Grund, vor der Einheitsfront zu warnen: die linken Flügel der bürgerlichen Gruppen würden durch das Volksfrontprogramm unter Druck ge= Hoppla! setzt und gleich wäre der Zerfall der bürgerlichen Parteien da. Das Fehlen der parlamentarischen Mehrheit schade im übrigen nichts: die Linksregierung hätte auf jeden Fall die Volksmehrheit hinter sich. Und da könnte die Linksregierung auf Grund von Rotverordnungen gegen die Rechte regieren.

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Man sieht, die Sache ist sehr einfach wenn sie so abläuft, wie es Gottwald ihr vor­schreibt. Wir fürchten aber, Gottwald könne keine Garantie dafür geben, daß sie nicht doch andere Wege geht.

Untersuchen wir zunächst die Behauptung, daß der SdP. durch die Herstellung der Einheits­front geschadet worden wäre!

Es ist bekannt, daß der kommunistische Stimmenzuwachs in den Bezirken Dug und Bilin nicht aus dem deutschen Lager stammt, sondern aus dem tschechischen. Die Kommunisten haben der Henleinpartei feine einzige Stimme abges rungen, aber sie haben die tschechischen National­sozialisten geschwächt, eine Partei also, die in die antifaschistische Front gehört. Auch den tsche­und ertrem- nationalistischen chischen Bürger­Parteien haben die Kommunisten nicht im ge­ringsten geschadet. Ist es wirklich so, daß die Einheitsfront den Arbeiterparteien die Möglich­feit brächte, die Wahlschlachten im deutschen und im tschechischen Lager erfolgreicher zu gestalten, ja, die Reaktion zu Paaren zu treiben? Die Kommunisten, die immer auf das französische und spanische Beispiel verweisen, übersehen geflissent lich, daß es sich dort um national ein­heitliche Länder handelt, während gerade bei uns der nationale Kampf in voller Schärfe tobt. In Frankreich und in Spanien haben die Kommunisten ihrem Wahlkampf eine nationale Note gegeben, die man ihnen glauben konnte. Bei uns wirken die Terminologie und die Praris der Kommunistischen Partei ganz anders. Kein ertrem- nationalistisch eingestellter deutscher oder tschechischer Wähler wird gerade in der ko m munistischen Partei den Garanten der China bekommt einen Ratssitz nationalen Forderungen sehen. Dies trifft be­Genf. Der Völkerbundrat hat am Mitt- fonders auf das deutsche Lager zu. In Pra woch nach einer kurzen Debatte den Bericht über ch a ti z. B. hat die Einheitsfront, die die die Erhöhung der ahl der Ratssize genehmigt. deutschen Sozialdemokraten mit den Kommuni Ein Siz wird China angeboten werden. sten herstellten, beiden Parteien eine Niederlage Schließlich nahm der Völkerbundrat die Ent- gebracht.

In Frage gestellt wird die Politik der französischen Linken nur durch die merkwür= dige Haltung der Kommunisten, die gegen die Sanktionen und für eine Verständigung mit Italien sind. Moskau wünscht die ,, Strefafront" mit Mussolini gegen Hitler und ist über die Haltung Englands erbost. Es ist also möglich, daß sich innerhalb der französischen Volksfront der Kampf fortsetzt, der vordem zwischen Laval und der Linken ausgefochten wurde und der die Aktionskraft des Völkerbundes in den entscheidenden Monaten gelähmt hat.

Abgeblitzt

und ſei so unfreiwilliger Zeuge der Kundgebungen geworden, bei welchen das Publikum ihn begrüßt habe.

Paris . Die deutsche Regierung hai bor einem Vierteljahr die französische Regierung um die Auslieferung des ehemaligen sozialdemokra tischen Bürgermeisters von Altona Mar Bräuter wegen angeblicher Veruntreuungen ersucht, die er während seiner Amtszeit begangen haben soll. Das Pariser Gericht, welches dieses Ersuchen der deutschen Regierung behandelte und vorher bei den deutschen Behörden um Einzelheiten der angeblichen Veruntreuungen Bräuers gefragt scheidung der albanischen Regierung, die Min- Wollen wir einmal von den Schwierigkeiten hatte, hat nach der Verteidigung des sozialistischen derheitenschulen in Albanien weiterhin aufrecht- absehen, die sich aus den nationalen Verhält Deputierten Advokaten Longuet die Gründe der deutschen Regierung für nicht hinreichend be- uerhalten, zur Kenntnis. Hierauf schloß Mi- nissen bei uns ergeben und uns auf eine Unter­deutschen Regierung für nicht hinreichend be- nister Eden die Maitagung des Rates. Abends suchung der Verhältnisse im antifaschistischen funden und die Auslieferung Bräuers abge= nister wurde in privaten Beratungen, Beratungen, insbesondere Lager beschränken! In Frankreich und Spanien zwischen den Ministern Paul- Boncour war die Einheitsfront bei den Wahlen wirksam, und Eden, die Prüfung der Frage der Re= weil ihr eine gemeinsame Tattit Fey ,, ganz zufällig" auf der Ringstraße for m des Völkerbundes noch zugrundelag: Sozialdemokraten und Kommunis Wien. ( Tsch. P.-B.) Der ehemalige Vize- fortgesetzt. MinisterEden wird erst Donners- sten waren in der Opposition. Von einer ge­fangler und Minister Fey sandte an die Wiener tag abends abreisen, da die englische Delegation meinsamen Taktif kann bei uns keine Rede sein Blätter eine Erklärung, daß er mit den sonntägi- mit einigen Delegierten und mit dem General- und in Frankreich beginnen die Schwierigkeiten gen Demonstrationen in der Ringstraße nichts ge- sefreär des Völkerbundes noch die Frage der der Einheitsfront eben jetzt, da es sich darum mein habe und daß er auch nicht gewußt habe, daß Reform des Völkerbundpaktes behandeln wird. handelt, die gemeinsame Taktik in der Opposi ,, Strammgestanden! Wir haben euch be- irgendwelche Demonstrationen beabsichtigt seien. Donnerstag werden noch die Vertreter der so- tion durch eine gemeinsame Taktik in der Frage freit revanchiert euch jetzt mit einem Er habe jich zufällig bei einer auf der Ringstraße genannten jieben neutralen Staaten zusammen- der Regierungsbildung und Regierungsteilnahme abzulösen. freudigen Heldentod für euren neuen Kaiser!" wohnenden befannten Familie zu Besuch befunden treten..

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