Nr. 127

Samstag, 30. Mai 1936

Sudetendeutscfier Zeitspiegel

Die SdP- Arbeiter

Ein unblutiger 30. Juni bei Henleins

werden an die Wand gedrückt

Der Totalitätsgedante feiert] Weitere Maßregelungen

in der SdP neue Orgien. Ihm ist nun neben einer, Reihe von lokalen Funktionären der ehe­malige Abgeordnete Kasper zum Opfer ge= fallen. Die Nachricht von seinem Austritt wird parteiamtlich bestätigt. Ganz im Stile der 1. u. t. Hofnachrichten wird dazu verlaufbart:

,, Ungewollt in einen schweren Konflikt geraten zwischen seinen persönlichen Bindun= gen an feinen Freundeskreis ( gemeint find die nordböhmischen Arbeiter­funktionäre der SdP; die Red.) und den ihm aus feiner Stellung erwachsenden Pflichten gegen= über der Bewegung sah ich Rud. Kasper genötigt, um die Enthebung von seinen Aemtern in der Su­detendeutschen Partei zu bitten. In Würdigung der von Kamerad Rud. Kasper vorgetragenen Gründe nehme ich sein Ansuchen zur Kennt­nis und enthebe ihn von seinen bisher in der Sudetendeutschen Partei innegehabten Aem­tern. Ich danke Rudolf Kasper für seine bis­her im Dienste der Bewegung geleistete Arbeit.

Konrad Henlein  ."

Dazu erfahren wir aus Streifen der Sdp­Arbeiter: Kasper ist aus der Partei hinausgeefelt worden, weil er den unsozialen Kurs der Füh rung, insbesondere die totale Ignorierung der Ar­beiterforderungen nicht mitmachen wollte. Seine fategorische Forderung nach Ausschluß der un­sozialen Unternehmer wurde mit der Einleitung des Ausschlußverfahrens gegen eine Reihe von Arbeiterfunktionären in der Proving beantwortet. Insbesondere war es Dr. Brand, der aus seiner totalitären Auffassung heraus jeden Versuch einer engeren Zusammenfassung und einheitlichen Aus richtung der Arbeiter- Standesgruppe bekämpfte.

ihr

Die Kameradschaftsbündler befürchteten, daß die Arbeiter- Mitglieder auf diese Weise zahlenmäßiges Uebergewicht zur Geltung brin­gen und der Partei einen sozialen Kurs auf zwingen könnten. Sie wurden dabei von der Unternehmergruppe, die übrigens in jeder Weise bevorzugt wird, energisch unterstützt. Zwischen Kasper und Dr. Brand gab es mehr­fach scharfe Zusammenstöße. Als vor einigen Tagen die SdP- Fraktion im Parlament gegen die beantragten Erleichterungen für Arbeitslose ſtimmte, erklärte Staſper ultimativ, daß dieser

unsoziale Kurs, der sich vor den Arbeitern nicht mehr verantworten lägt, gründlich geändert wer­den müsse. Das war für die führende Clique der gewünschte Anlaß, Kasper aus der Partei hinaus zudrängen. Senlein hat seine private Autoreise durch die Schweiz   unterbrochen, um mit seiner Autorität den wenig populären Abgeordneten Wollner als Führer der Standesgruppe" der Arbeiter durchzudrücken. Die Arbeiter in der Sdp sind selbstverständlich bei der Enthebung Kaspers und bei der Einsetzung Wollners nicht gefragt worden. Zu diesen Mitteilungen ist noch hinzuzu fügen, daß das Trautenauer Henleinblatt dem früheren Abgeordneten Kasper, der als Gast zur Pfingsttagung des Kulturverbandes kommen sollte, besonders herzliche Begrü Bungsworte widmete. Als die Zeitung ihre Leser erreichte, war Kasper bereits aus der SdP hinausgetreten.

und Ausschlüsse

Aus dem engeren Funktionärkörper der SdP wird uns hiezu mitgeteilt, daß mit Absicht einige unbotmäßige Intellektuelle gleichzeitig mit Eine zweite Kundmachung der judetendeut- Kasper aufs Korn genommen wurden. Dadurch schen Hoffanzlei besagt: soll verdeckt werden, daß die Reinigung in erster Linie auf die Dezimierung und Entmachtung der Arbeiter- Standesgruppe hinzielt.

Eine Reihe von Personen hat versucht, an der inneren Einheit der Bewegung zu rütteln. Ihr parteifchädigendes Treiben und ihr trenloses Verhalten ist durch Tatbestände erwiesen. Deshalb wird veranlaßt: Auf Grund des§ 153 der Sahun­gen der SdP wird wegen Treulosigkeit und partei­schädigenden Verhaltens aus der EdP ausge­schlossen: M. Smagon( Olmük), Dr. Anton Kreißl  ( Bodenbach). Gegen Rudolf Brehm ( Eger  ) und den Abg. Otto Liebl wird das Diszi plinarverfahren eingeleitet. Die Studenten Rasper( Leitmerik) und Koffranhi( Olmük) wer=

den gleichfalls gemäߧ 153 wegen Treulosigkeit und parteifchädigenden Verhaltens ausgeschlossen.

Konrad Henlein  ."

Gleichzeitig will die Führung mit diesem Vor­gehen gegen einige frühere Nationalsozialisten

Seite 3

weitere Bedeckung des hohen Aufivandes für die Herren der Hauptleitung ein wesentliches Mo­ment in den getroffenen Entscheidungen war.

*

SdP schließt ,, alte Kämpfer" aus

In Mähren   ist der SdP- Mann Leopold Wanitsch et aus der Partei ausgeschlossen worden. Ob im Zusammenhang mit dem Fall Kasper oder in anderem, wissen wir zur Stunde nicht: Jedenfalls aber gehört auch er in die Kategorie der alten Kämpfer", von denen nun schon sehr viele über die Klinge des Dr. Wal­ ter Brand   springen mußten.

In einem Brief an die Hauptleitung, an Henlein   und an die Geschäftsstelle der Arbeiter und Angestellten erhebt Wanitschek, der sich als ältestes Mitglied der SdP in Weifersdorf be­zeichnet, heftige Anklagen gegen den KreisführerStorom obsfn. Er be­ruft sich auf ein Schreiben vom 7. März 1935, in dem er schon auf die ungesunden Verhältnisse und die Uebergriffe Storomovskys hingewiesen habe.

nach der tschechischen Seite einen neuen Beweis ihrer Loyalität" erbringen. Weitere Aus­Besonders empört zeigt sich Wanitschek dar schlüsse stehen vor allem in Nordböhmen   bevor.| über, daß er, ein Angehöriger der ,, alten Garde", wie er sich nennt, nicht einmal persönlich von dem Wie wir erfahren, wollen die Kameradschafts- Femegericht verständigt wurde, sondern aus der bündler diese Gelegenheit benüßen, alle opposi­tionell und vor allem alle sozial eingestellten Kri­tiker aus der Partei zu entfernen. In Mitglieder­freisen wird angenommen, daß die Sorge um die

Der Gruß der Internationale

Von H. C. Hansen, Vorsitzenden der Sozialistischen Internationale

Ich beklage es sehr, daß ich nicht an der Kundgebung in Bodenbach teilnehmen kann. Den tiefen Respekt und die Bewunderung, die ich mit Tausenden von anderen Genossen für die sozialisti­sche Jugendarbeit in der Tschechoslowakei  bege, wollte ich gern zum Ausdruck ge= bracht haben. Das ist jedoch nicht möglich. Aber eine Delega tion von 30 dänis

schen Jugendgenossen und eine schwedische werden Delegation

um so stärker Aus­druck geben dem In­tereffe, mit dem wir hier im Norden der sozialistischen   Jus gendarbeit in

der

Tschechoslowakei   folgen, wir, die wir uns das lei­

von dem deutschen Jugendverband in der Tschecho­ slowakei  . Unter dem härtesten Druck und den größten Schwierigkeiten muß dessen Arbeit ausge­führt werden. Nationalsozialismus und die übrige Reaktion errichten beschwerliche Schanzen, die be­fämpft werden müssen. Materielle Not und De­pression machen das Tagewerk nicht leichter. Oft wird die illegale sozialistische Arbeit hervor gehoben und bewundert wegen ihres Heroismus und der Hingabe an die Sache, die die Genossen prägt, die sie ausführen. Es drängt mich, die Ausdrücke Heroismus und Hingabe ebenfalls auf die Genossen anzuwenden, die innerhalb des deut­schen Jugendverbandes in der Tschechoslowakei   den Anprall der Gegner im sozialistischen   Geiste auf­fangen.

Sozialistische Jugendarbeit ist heute mehr als ein Kampf für Worte und Formen. Sie ist eine Arbeit, die in sich das Bestreben vereinigt, der Fugend Verständnis für die großen Perspektiven im Kampfe der Arbeiterbewegung zu geben und sie

gleichzeitig zu befähigen zur Klarheit über die Be­

" Front" von seinem Ausschluß erfahren mußte. Er habe nicht die Interessen der Partei geschä­digt, sondern nur die Treibereien des Skoromov= fths bekämpft, der seine persönlichen Interessen mit denen der Partei gleichsetze.

der Sozialistischen Jugendinternationale folgen denn auch der gesunden und abgeklärten Jugend­arbeit unserer tschechischen Genossen mit der größt möglichsten Sympathie.

Für unsere tschechischen, wie für andere Ge­noffen in der Sozialistischen Jugendinternationale gilt es, daß die Aufgaben heute größer sind als jemals zuvor. Europa   hat sein Gesicht verändert. Es erinnert uns an eine grinsende Giftgasmaste. Das grauenvolle Gespenst des Krieges spukt wie­der umher. Laßt es uns in dieser Zeit ausspres chen, daß wir, die sozialistische Jugend, mitten in dieser Zeit der Kriegsvorbereitung uns als die Vorfämpfer des Friedens betrachten. Wo andere Strieg wollen, wollen wir Frieden.

Die Kundgebung in Bodenbach wird dafür ein machtvoller Ausdruck werden. In diesem Sinne sende ich der Kundgebung und allen tschechischen Genossen die wärmsten Grüße der Sozialistischen Jugendinternationale und des dänischen sozial­demokratischen Jugendverbandes mit dem Gruße Freiheit  ".

"

Die Gäste

beim Reichsjugendtag

An dem Bodenbacher Reichsjugendtag wer= sten fönnen, sozialdemokratische Staatsminister zu deutung und Luft zum praktischen Einsatz in der halten", wie unsere Konservativen es ausdrücken. Arbeit des Tages. Der Radikalismus der Gegen- den sich 32 dänische und 40 schwedische Im Kampfe für ein demokratisches und fried- wart ist nicht an starke Worte oder festgelegte theo- Jugendliche beteiligen. Die schwedische Abordnung volles Europa   nimmt die Tschechoslowakei   einen retische Gedankengebäude gebunden. Vielmehr ist wird von Torsten Nilsson   geführt, dem vorgeschobenen Posten ein. Eingefreist von dit wahrer Radikalismus heute verbunden mit offenem Sekretär des 120.000 Mitglieder zählenden so­tatorisch regierten Staaten, ist sie wie eine demo- Sinn für die Forderungen der Zeit und ehrlichen zialdemokratischen Jugendverbandes, die dänische kratische Insel in dem aufgepeitschten unruhigen Willen zur Arbeit, besonders wenn es sich um die Abordnung von Paul Hansen, dem Sekretär europäischen Meer. Für jeden friedliebenden fleinsten Kleinigkeiten handelt. Wir dürfen nicht der Kopenhagener Organisation. Aus Prag  Menschen ist es eine Lebensaufgabe, an der Auf- den Radikalismus predigen, der der Jugend im- find 300 Mitglieder des tschechischen sozialdemo= rechterhaltung der bestehenden Demokratien mitzu- mer ein Vorrecht geben will, sondern den, der kratischen Jugendverbandes gemeldet, außerdem wirken, so wahr wie diese den Grad des Friedens Führerschaft und Vorrecht im Verhältnis zur werden viele tschechische Sozialdemokraten aus der Wir können damit am Provinz beim Reichsjugendtag sein. willens darstellen, den man noch in Europa   findet. Qualifikation placiert. Die tschechoslowakische Demokratie hat gemeinsam besten die innige Zusammenarbeit ausbauen, die Veranstaltung werden sich die Minister Doktor mit einer Reihe anderer demokratischer Staaten vorhanden sein muß zwischen der sozialistischen   C3 e ch und Ing. Ne ča s beteiligen, wahrschein­ihre Fähigkeit und ihren Willen zur Mitarbeit auf Jugendorganisation und den übrigen Organisatio- lich auch der stellvertretende Ministerpräsident Bechyně und der Vorsitzende der Tschechoslo= gesunder menschlicher Grundlage bewiesen. Und nen der Arbeiterbewegung. Unsere Genossen in der Tschechoslowakei   haben wakischen sozialdemokratischen Arbeiterpartei, An­die sozialistischen Jugendorganisationen, die es im Lande gibt, haben innerhalb der sozialistischen   sich immer zu dieser Grundanschauung bekannt, die tonin Ham pl. Der Parteivorstand der Deut­Jugend- Internationale gezeigt, daß sie auch von in so engem Zusammenhang steht mit dem Begriff fchen sozialdemokratischen Arbeiterpartei wird in diesem Geiste geprägt sind. Nicht zuletzt gilt das des demokratischen Sozialismus. Alle innerhalb Bodenbach vollzählig vertreten sein.

-

An der

Bruno Grund Kreisvertrauensmann des Kreises Bodenbach- Aussig- Warnsdorf unserer

Partei

Rudolf Geißler, Sekretär des Sozialistischen Jugendverbandes

Karl Kera,

Vorsitzender des Sozialistischen Jugend­

Abg. Franz Kögler  , Kreissekretär unserer Partei in Bodenbach

verbandes.