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Donnerstag, 6. August 1936
Warum wurde der Großmufti von Algier ermordet?
Algier.( K. E.) Der tödliche Dolchstoß gegen| lung genommen. Erst wenige Tage vor seiner die Brust des malettischen Großmufti von Algier Ermordung hatte er ein Telegramm an die Rehat eine neue Brandfackel in das algerische Pul- gierung in Paris gesandt, um sie davon zu unverfaß geworfen, unter dessen Boden ohnehin noch die Detonationen der Aufruhrversuche von Oran und Constantine nachzittern.
Die Energie und Schnelligkeit, mit der der neue Generalgouverneur durchgegriffen hat, ist keine Angelegenheit des Zufalls. Man weiß nicht nur in Paris , sondern auch in der Residentur in Algier genau, was auf dem Spiel steht. Und man ist auch über die Hintergründe des neuen bedauerlichen Ereignisses genau auf dem Laufenden.
Zum Teil ist die Frage der unmittelbaren Täterschaft bereits geklärt. Wan hat den jungen Mann im Burnus", der in der Rue de la Lyre auf den 68jährigen Marabut Ben Dali Mahmud Rahul zutrat, um ihm scheinbar zum Zeichen der Verehrung nach Landessitte die Stirn zu küssen, in Wirklichkeit jedoch den tödlichen Bussaadi in sein Herz zu stoßen, noch nicht hinter Schloß und Riegel bringen fönnen. Aber durch Aussagen von Augenzeugen, die leider nicht nahe genug an der Wordstätte waren, um ihn fassen zu können, ist
derschlag in der panarabischen Liga ,, Der nordafritanische Stern" gefunden, die von dem Arzt Ben Diellul geleitet wird. Auch diese Bewegung erblickte ihr Ziel ursprünglich lediglich darin, der arabischen Bevölkerung einen gewissen Einfluß auf die Verwaltung zu schaffen und gleichterrichten, daß hinter der gegenwärtig in Paris zeitig die wirtschaftliche Vormachtstellung des weilenden Delegation der algerischen Jungtürken , jüdischen Bevölkerungsteils einzudämmen", ohne die eine Reihe scharf antisemitischer Forderun- jedoch an Gewalttaten oder gar Attentate zu gen gestellt hat, nur ganz geringe Teile der mos- denken. Tamischen Gesamtbevölkerung stünden. Mit diesem Telegramm hatte er sich allerdings selber das Todesurteil geschrieben.
Dies änderte sich jedoch, als seit Anfang 1933- außeralgerische Einflüsse in diese Bewegung hineingetragen wurden. Das geschah einesteils durch ihre Einordnung Die arabische Nationalistenbewegung Al- in die von dem Algerier Abd- el- Wahab geleitete giers ist nämlich eine äußerst komplizierte Ange- internationale panmoslemische Orga= legenheit. Sie datiert an sich seit der Annexion nisation Muselmanische Gemeinschaft", devon 1830, erhielt ihre heutige antisemitische Note ren Siß sich seit einigen Jahren in Berlin bejedoch erst, als die Franzosen sämtlichen Juden findet und deren enge Zusammenarbeit mit nichtAlgiers das aktive und passive Wahlrecht zubil- moslemischen Rassenbewegungen kein Geheimnis ligten, während sie dessen Erwerb für die Araber ist, andererseits durch das Aufkommen franzöſivon allerlei erschwerenden Einschränkungen ab- scher antisemitischer Verbände, die in Algier durch hängig machten. Ihre soziale Fundie den bereits erwähnten Abbé Lambert verrung bekam die so entstandene judenfeindliche treten werden, und schließlich durch den Einfluß Bewegung durch die Unzufriedenheit der Araber 3 weier fremder Mächte, einer mosledarüber, daß es dem jüdischen Bevölkerungsteil mischen und einer„ Iateinischen", deren durch seine größere fommerzielle Intelligenz Agenten nachgewiesenermaßen ihre Hände im Palästina Aufst and hatten. wicklung, die durch die Ermordung des Großmufti noch erheblich verschärft wird, ernste Sorgen bereitet, ist zu verstehen.
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bereits einwandfrei feſtgeſtellt worden, daß er möglich geworden iſt, faſt den gesamten Handel auch in der franzöſiſchen Regierung diese Ent- Der bekannte französische Flieger Blériot , der
ein Moslem gewesen sein muß.
In der Residentur ist man über dieses Teilergebnis mehr als froh, denn wenn nur die leiseste Verdachtsmöglichkeit dafür vorhanden gewesen wäre, daß der Mörder ein I u de sein könne, so wären die Auswirkungen des Attentats nicht zu übersehen gewesen. Gerade die algerischen Juden hätten allerdings andererseits am wenigsten Grund gehabt, dem Großmufti ans Leben zu wollen.
Um diese beiden Feststellungen zu verstehen, ist es notwendig, sich mit der einzigartigen Lage in Algier und auch mit der Person und politischreligiösen Rolle des ermordeten Großmufti vertraut zu machen.
Die Bedeutung des Großmufti
Der ermordete Großmufti gehörte einer der angesehensten moslemischen Familien des Landes an. Er war das geistige Oberhaupt der Male fiten, einer hauptsächlich in Algier und Tunis vertretenen mohammedanischen Konfession, die
ihre Gründung auf den liberalen Kalifen Almalet zurückführt und neben anderen fortschrittlich liberalen Tendenzen das Prinzip einer produktiven Zusammenarbeit mit den Europäern vertritt und in scharfem Gegensatz zu den türkischen Sunniten und den Wahabiten Ibn Saud's steht, alſo eine ähnliche Stellung einnimmt, wie die persischen Schiiten und die Saïditen des Yemen .
Dieser versöhnlichen Politik verdankte der Ermordete auch seine Wahl zum Großmufti. Der Großmufti von Algier nimmt nämlich eine eigen artige Doppelstellung ein. Er wird von seiner Gemeinde nicht gewählt, sondern lediglich vorge schlagen"; seine endgültige Bestallung ist jedoch die Angelegenheit des französischen Generalgouverneurs, aus dessen Kultusfonds er auch sein Gehalt bezieht. Er ist also gleichzeitig erwähltes Oberhaupt seiner Gläubigen und Beamter und Vertrauensmann der französischen Verwaltung.
und einen großen Teil des Grundbesitzes Algiers in seine Hände zu bringen.
Diese Grundprinzipien haben kurz nach dem Ende des Weltkrieges ihren organisatorischen Nie
Jagesneuigkeiten
Mussolini und die Leiden der Kinder
Die jüngste Tochter des Duce war fürzlich gefährlich erkrankt und, wie man erzählt, ist Mussolini während der zehn Tage, in denen seine Tochter zwischen Leben und Tod schwebte, um zehn Jahre gealtert.
als erster den Kanal im Jahre 1909 überflog, ist, wie schon gemeldet, in Paris gestorben. Das Bild, eine seiner letzten Aufnahmen, zeigt ihn in dem Flugzeug, in dem er seinerzeit den Kanal überquerte.
an dem preußisch- österreichischen Krieg im Jahre die in de bracht hat. An der Spitze der
1866, der 96jährige Schuhmacher und Häusler Petr PI a minet. Er hatte in seinen jungen Jahren volle acht Jahre beim Militär gedient und war in der Schlacht bei Königgräß verwundet worden. Er zog im ganzen zehn Kinder, vier Söhne und sechs Mädchen auf, die ihm mit seinen 16 lebenden Enkelfindern und 22 Urenkeln auf seinem letzten Wege zur ewigen Ruhe das Geleite gaben.
Kinder
Ein Veteran von Königgrätz gestorben. In Ponikla an der Jser starb der letzte Teilnehmer diejenige kanadische Frau ausgezahlt werden sollen, t seinem Tode die meisten Konkurrentinnen steht Mrs. Kenny, die 16 Kinder hat, von denen 12 in diesen 10 Jahren geboren sein sollen. Leider besitzt aber Mrs. Kenny für die ersten beiden keine Geburtsurkunden. An zweiter Stelle steht Mrs. Timlec, die sogar 17 Kinder hat, aber bescheidenerweise nur von 11 behauptet, sie in 10 Jahren geboren zu haben. Auch hier sind die Papiere nicht ganz in Ordnung. Die dritte im Bunde ist Mrs. Graziano; sie hat nachweislich in diesen 10 Jahren 9 Kinder zur Welt gebracht. Sie erwartet noch vor Oftober weiteren Familienzuwachs. Wenn es Zwillinge werden, fallen Palme und Geld ihr zu.
Ein Radfahrer vom Zuge geschleift. Mittwoch früh wurde beim Ueberqueren eines geUnd wissen Sie, was dieser bewundeschüßten Bahnüberganges der Strecke Pardubiß B.- Trübau der 27jährige Jaroslav Wimmer rungswürdige Vater bei dieſer Gelegenheit ge- aus Nově Jeſenčany mit seinem Fahrrad vom sagt hat? Lieber noch einen zwei- Buge erfaßt. Er wurde 12 Meter geschleift und ,, Il Giornale di Addis Abeba ". Seit der Be= ten Afrika- Krieg als diese Krankheit erlitt schwere innere Verlegungen und solche am sebung von Addis Abeba mußte die einzige, in franmeiner Tochter... zu solchem Familienleid Kopfe. Das Fahrrad, auf welchem er fuhr, zösischer Sprache erscheinende, nach europäischem Mufehlt mir die Kraft". wurde 17 Meter weit geschleudert. Die Unter- ster geleitete Zeitung ihr Erscheinen einstellen. An suchung des Unglückes ist dadurch erschwert, daß ihre Stelle ist eine italienische Beitung getreten,., J Wimmer bisher das Bewußtsein nicht wieder Giornale di Addis Abeba ", die sich in nichts mehr von erlangt hat. Sein Zustand ist ernst.
Dieses Wort sei den Vätern und Müttern der Soldaten gewid. met, die ihr junges Leben auf den Schlachtfeldern Afrikas eingesetzt haben und den EL ern der kleinen Negerkinder, die durch die Granaten der italienischen Armee in Stücke gerissen und durch die Giftgase erstickt worden sind. Diese Eltern haben wohl die Kraft zu dem Familienleiddas nicht sie herbeigeführt haben aufbringen müſſen.
Einsturzunglück bei einem Brünner Neubau. Bei einem Neubau in der Mühlgasse in Brünn Die Stellung des malefitischen Großmufti ereignete sich Mittwoch mittags ein Unglück, das von Algier ist demnach genau die gleiche wie die für die Betroffenen noch verhältnismäßig glimpf jenige seines sunnitischen Kollegen von Jerusa- lich verlief. Bei dem vom Bauineister Josef Horak lem, der ebenfalls von den Arabern Palästinas durchgeführten Neubau stürzte ein Gerüst ein vorgeschlagen, jedoch vom englischen Oberkommis- und riß sechs Arbeiter mit sich in die Tiefe. Die sar ernannt und besoldet wird. Während der herbeigerufene Rettungsabteilung brachte die Großmufti von Jerusalem jedoch offen die Füh- Arbeiter Nikolaus Novotnak, Josef Musil, Nirung des anti- englischen und anti- jüdischen chard Klimes, Franz Kraus und Karl Bampach Kampfes der arabischen Aufständischen in die in das Arbeiter- Unfallspital. Dort wurde festge Hand genommen hat, haben die Franzosen die stellt, daß die meisten glücklicherweise mit verhält Ernennung des jetzt ermordeten Ben Dali nicht nismäßig leichteren Verlegungen davongekommen zu bereuen brauchen. Der Mufti ist nicht nur mit, sind und nach erster Hilfeleistung in häusliche größter Schärfe gegen die lokalen Iu Pflege entlassen werden konnten. Nur Musil erdenpogrome in Oran und Constantine auf- litt schwerere Verlegungen und wurde in Spigetreten, sondern hat auch aktiv gegen die von talspflege behalten. Eine amtliche Kommission dem Maire von Oran , Abbé Lambert, geführte untersucht an Ort und Stelle die Ursache des antisemitische Propaganda Stel- Einsturzes.
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Ein Hundertjähriger gestorben. In Iglau starb Mittwoch mittags der ehemalige Schuhmachermeister Antonin Joſel nach kurzer Strantheit, der am 14. März d. J. seinen 100. Geburtstag feierte. Zu seinem Geburtstag bedachten der Präsident der Republik und der Fabrifant Bafa ihn mit Geldspenden.
Gewaltige Explosion. Ein Lager von Dynamit, das bei dem Bau der Straße von Teschuan nach Honan verivendet wurde, ist explodiert. Man rechnet damit, daß die Explosion 200 Opfer gefordert hat.
Der schwere Automobilunfall der Freifrau von Neurath an dem Bahnübergang in Seefeld hat ein zweites Todesopfer gefordert. Die sieben jährige Tochter Ursula der Freifrau ist ihren Verlegungen erlegen.
anderen Zeitungen Italiens unterscheider. Sie hat das Format der italienischen Zeitungen, bringt vollständige Telegrammberichte, politische Artikel und einen umfassenden Sportteit. Besonders intereſſant ist die Rubrik„ Lofales", in der sich die neue Forin tes Lebens der durch die Italiener besetzten Hauptstadt von Abessinien widerspiegelt. Leser freilich, har die Zeitung außer den Soldaten. nicht viel. Denn fast niemand von der Zivilbevölkerung kann genug italienisch, um die Nachrichten zu verstehen.
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33 Prozent Fahrpreisermäßigung zur Prager Herbstmeffe. Den Besuchern der diesjährigen Prager Herbstmesse steht auf Grund der Messelegitimation wieder eine 38prozentige Fahrpreisermäßigung auf allen Strecken der tschechoslowakischen Staatsbahnen zu. Die Ermäßigung gilt sowohl für Personen-, als. auch für Schnellzüge beliebiger Wagentlasse. Buer fannt wird sie in folgenden Tagen: Für die Reije nach Prag in der Zeit vom 31. August bis 13. SepNeberschwemmungen. In der Ostmandschurei wurde unweit der Grenze von Korea durch rie- tember einschließlich, für die Rückreise vom 4. bis 17. September einschließlich. sige Ueberschwemmungen großer Schaden angerichtet. Auch Menschenopfer sind zu beklagen. Im Hunghofluß ertranken südlich von Eunghua 43 Menschen.
Absturz eines Buges. In Bulgarisch - Ma zedonien entgleiste gestern nachmittags bei der Station Sweti Wratsch auf den durch die Size abnormal ausgedehnten Schienen ein Personenzug, als er gerade über eine Brücke fuhr, die einen ausgetrockneten Flußlauf überspannt. Vier vollbesetzte Wagen stürzten in das etwa vier Meter tiefe Flußbett, während die anderen Wagen in der Luft hängen blieben. Fünfzehn Personen wurden verleßt, davon acht schwer.
Orientierungskarte für Olympiade- Neifende. Die von uns Sonntag veröffentlichte Karte, welche den Beifall unserer Leser gefunden hat, stammt aus dem Werke„ Das deutsche Volt klagt an" Editions du Carrefour( Paris ).
Manieren des Führers.( mb) Um den Bohtott der Olympiade abzuwehren, haben sich die Deutschen in allerhand Unkosten gestürzt. Selbst die Judenheze wird diskret hinter olympischen Lorbeeren versteckt. Aber trotzdem zeigt sich's, welch Geistes Kinder die Herren sind: Herr Hit ler hat sich am zweiten August das ganze Nachmittagsprogramm angesehen. Er empfing dann alle Sieger, einen nach dem andern bis auf die drei Amerikaner, die im Hochsprung die drei ersten Plätze belegt hatten. Als sie an die Reihe famen, mußte der Führer mal schnell auf zehn Minuten verschwinden. Der erste und der zweite der amerikanischen Sieger waren nämlich Neger. Erst lädt man sich Gäste ein, und dann beleidigt man sie. Jeder benimmt sich eben, wie er's tann.
Papierhandtücher für die Schnellzüge. Nach einer Verordnung des Eisenbahnministeriums wer den die Toiletten aller Schnellzüge mit papierenen
Handtüchern versehen. Es handelt sich um eine probeweise, dreimonatige Einführung. Falls sich die papierenen Handtücher bewähren, werden alle Waggons mit entsprechenden Kästchen für die Aufbewahrung ausgestattet werden.
Wetter leicht gebessert. Ueber das abgekühlte Binnenland hat sich vom Westen her höherer Luftdruck ausgebreitet; unter dessen Einfluß sich das Wetter nunmehr wenigstens vorübergehend bessern wird. Wahrscheinliches Wetter Don nerstag: Vom Südwesten her Beruhigung und Abnahme der Bewölkung, nachts fühl, tagsüber wieder ein wenig wärmer. Im Osten der Republic feine wesentliche Aenderung.- Wetteraus sichten für Freitag: Etwas wärmer.
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Vom Rundfunk Empfehlenswertes aus den Programment Freitag.
Senber
Brag, Sender S.: 6.00: Morgengymnastit, Konzert, 11.05; Schallplatten, 12.00: Beitzeichen. Mittagskonzert, 14.00: Schallplatten, 16.00: Nongert, 18.05: Deutsche Arbeitersendung: Aktuelle zehn Minuten, Nachrichten, Wetterbericht, 19.20: Kon• zert, 20.45: Konzert, 22.15: Tanzmusit. 2.: 7.80: Stonzert, 14.80: Schallplatten, 15.15: Deutsche Sendung. -Brünn : 6.00: Morgengymnas ftit, Stonzert, 18.30: Arbeitsmarkt und soziale In formationen, 17.45: Deutsche Sendung, 18,20: Schallplatten, 19.20: Blasmusit, 20.20: Russische Romanzen. Preßburg : 6.00: Morgengymnaftit, Konzert, 14.00: Deutsche und ungarische Nachrichten, Endspurt im Geburtenmarathon". Es find 6.00: Morgengymnastit, Konzert, 18.00: Rundfunt 14.10: Ronzert, 22.30: Schallplatten. Raschau : nunmehr nur noch drei Monate bis sich das Ge- für Karpathorußland. Mährisch- Oftrau: 6.0C: burtenmarathon" entscheidet: man weiß, daß am Morgengymnastit, Stonzert, 12.35: Mittagskonzert, 31. Ottober die Millionen von Charles Millars an 18.10: Deutsche Sendung, 20.45: Konzert..
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