Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .
16. Jahrgang
Dienstag, 1. Geptember 1936
Einzelpreis 70 Heller
( einschließlich 5 Heller Porto)
Nr. 203
Letzte Anstrengungen Francos Die Kirche für
Slegesgewißhelt bei der Regierung Kein neuer Angriff auf Irun
Die Nachrichten aus Spanien laffen erken nen, daß sich die Regierung auf die Taktik der Berteidigung beschränkt, während die Truppen des Generals Franco an faft allen Punkten angreifen. Die Regierung hat für ihr Verhalten gute Gründe: sie will ihre Menschen, deren friegsmäßige Ausbildung noch mangelhaft ist, so viel wie möglich schonen und weiß, daß ihre Truppen in der Verteidigung vorläufig ungleich stärker sind als im Angriff. Dazu kommt aber, daß die aufständischen Generäle, die die ganze Kampffraft ihrer Truppen jest in der Offensive einsetzen, über eine Reserven verfügen und über kurz oder lang am Ende ihrer Energien fein werden. Der Menschennachschub für General Franco hat infolge der Unruhen in Spanisch Marokko aufgehört, der Materialnachschub eben falls, denn die Aufständischen haben kein Geld. Demgegenüber verfügt die Madrider Regierung über ungeheure Geldmittel: in der Bank von Spanien lagern 20 Milliarden Goldpefeten. Die Kampffähigkeit der Miliztruppen wird durch die fortgesetzte Ausbildung von Tag zu Tag größer. Nur bei Huesca ist die Regierung zur Offenfive übergegangen, um die Front bei Irun und San Sebastian zu entlasten.
Die deutsche Botschaft ist in die Küstenstadt Alicante übergesiedelt, der neuernannte Sowjetbotschafter für Madrid , Rosenberg, hat sein Beglaubigungsschreiben überreicht.
Noch keine Entscheldungen Staaten von Amerila und Japan haben und Schwebens unterzeichnet. Die Vervor Irun fich dem Schritt nicht angeschloffen. Die Aufständischen haben eingesehen, daß sie Irun durch Sturmangriffe nicht erobern tönnen. Sie sind deshalb entschlossen, die Stadt in Trümmer zu schießen. Auf ein Ultimatum Molas haben die Regierungstruppen beschlossen, die Frauen, Kinder und Greise aus der Stadt zu entfernen. Die Regierung wird siegen! Der traurige Zug der Flüchtlinge, 5000 an der Zahl, hat sich auf franzöſiſchen Boden begeben. der Regierungsabteilungen in Barcelona , Far Nach einem Ausspruch des Oberbefehlshabers Sie werden dort von der französischen Bevölkerung berpflegt. Das Ultimatum, das mit der Forderung nach lebergabe verbunden war, erwies sich Barcelona cine Unterredung hatte, ist der Sies flowakischen Preffebüros auf bent Flugplah bei jedoch als Bluff. Zu der für das Bombardement festgesetzten Stunde und drei Stunden nachher fiel fein einziger Schuß. Die Angreifer haben offenbar feine Munition mehr.
Aus Barcelona wird gemeldet, daß ständig neue Truppen an die aragonische Front gehen, wo bei Huesca eine Offensive der Regierungstruppen eingeleitet wurde. AufständischenFlugzeuge bombardierten einige Gebäude in Madrid , richteten jedoch mir unwesentlichen Schaden an. Die Angriffe der Aufständischen auf Malaga wurden zurückgewiesen, ebenso die Angriffe im Guardarrama- Gebirge. Bei Huesca haben die Regierungstruppen einen großen Erfolg errungen: eine Abteilung Aufständischer, die der belagerten Besabung von Huesca Hilfe bringen wollte, wurde vollständig aufgerieben. Einschreiten der Mächte
Hendaye . Der Madrider Regierung ist von den in Madrid beglaubigten diplomatischen Vertretern, die sich zur Zeit in St. Jean de Luz auf halten, eine Note überreicht worden, in der es u. a. heißt:
Auf Anregung des Doyens des Madrider diplomatischen Korps hat ein Gedankenaustausch stattgefunden, der beweist, mit wie tiefem Schmerz die Diplomaten die Leiden der spanischen Zivilbevölkerung während der gegenwärtigen Ereigniffe mitempfinden. Um diese Leiden zu mildern, erklärt sich das diplomatische Korps bereit, sich an die Regierung der spanischen Republik zu wenden, feine Bermittlung anzubieten, um in beiden Lagern Maßnahmen und Bereinbarungen zu treffen, die, fern von jeber politischen oder militärischen Einmischung, die Zivilbevölkerung gegen die oben
erwähnten Leiben ſchüten lönnten. Das Schriftliens, Englands, Frankreichs , Belgiens , ber
stüd ist von den diplomatischen Vertretern JtaTschechoslowakei, Hollands , Norwegens , Finn
Jugendlicher vor das
Wien . Conntag nachts versuchten zwei Jugendliche im 16. Wiener Gemeindebezirke über
Berichterstatter,
den Faschismus
Als in der deutschen Bartholomäusnacht der Regierungstruppen nur eine Frage der Zeit. nicht nur jene SA - Führer, die Hitler als die TräInzwischen wird die Mannschaft ausgebildet und ger des Gedankens einer zweiten Revolution" die Schlachtfront organisiert. Die Moral der erschienen, und außer ihnen nicht nur die MitDegierungstruppen Be Dic die Versorgung wisser der Reichstagsbrandstiftung, die dem Füh mit Lebensmitteln sowie die Zufuhr von Muni- rer" einmal gefährlich werden konnten, sondern tion ist überall gesichert. Die ſchon einige Tage auch katholische Politiker und Schriftsteller mit erwarteten Verstärkungen an schwerer Artillerie Selausener an der Spitze ermordet wurden, ging nahmen bereits ihre Positionen im Regierungs - ein Schauer des Entsetzens durch die deutsche heer ein und an die Front wurden zahlreiche katholische Bevölkerung, und als mehr und mehr Militärfachleute und technische Berater abgeschickt. genau so wie der„ Maryismus" auch der KathoOberbefehlshaber Farraz glaubt absolut an den lizismus bekämpft wurde, als sich die Angriffe vollen Erfolg der republikanischen, neu fich orga- des Nationalsozialismus gleichzeitig gegen die nifierenden Armce, und zwar in tü türzester Zeit. Stirche, die in den Devisenprozessen gegen Orden Dieser Optimismus teilt sich auch den übrigen und Priester und den Sittlichkeitsprozessen gegen bem Offizierskorbs mit und stärkt auch die Be- katholische Lehre richteten, wurde vielen gläubigen Kommandanten der Regierungsabteilungen und Mönche getroffen werden sollte, und gegen die geisterung der Freiwilligen. Die Bevölkerung Statholiten das Wesen des deutschen Nationalsympathifiert mit den Regierungstruppen. Die sozialismus offenbar. Sie erkannten, daß er nicht Madrider Regierung versprach den Freiwilligen nur antidemokratisch, antiproletarisch, ahtimaracht bis zehn Peseten Tagesfold.
Tod für 67 Bergarbeiter
ristisch, sondern auch antichristlich ist. Und sie ertannten, daß es auch für sie kein Sichabfinden mit ihm gibt, daß auch dem Stathelizismus die Vernichtung droht. Aus tiefster Gläubigkeit erivuchs in den Reihen der Katholiken starke grundsätzliche Feindschaft wider den Nationalsozialismus. Die Kirche, sonst nicht verlegen um StelNationalsozialismus
Sevilla. ( Havas.) Der Kriegsrat in Se Tinto- Gruben, die gefangengenommen wurden, villa forderte, daß 67 Bergarbeiter der Rio 14 einer in befinden staat als mus
teilt werden. Ladung Dynamit näherten, z i mode ver- allem Anfang an zu paktieren
Schafft Arbeit!
Sichert die Ernährung!
Wirtschaftliche Forderungen
gebiete.
der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartel Nach der Erörterung der politischen Fragen Hilfsaktion für die Notstands= beschäftigte sich der Vollzugsausschuß der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in seiner Sizung vom 31. Auguſt ſehr eingehend mit den Wirtschaftsfragen. Er faßte die Ergebnisse seiner Beratungen zusammen in folgender Entschließung:
Trok unzweifelhafter Befferungserscheinun gen in der tschechoslowakischen Wirtschaft dauert der schwere Notstand der Volksmaffen, vor allem in den Krifengebieten, nahezu unvermindert an.
Der Vollzugsausschuß begrüßt deshalb die Erklärung des Ministerpräsidenten vom 15. August, wonach die politische Periode, in welche wir im September eintreten
„ innerpolitisch i im Zeichen des systematischen Kampfes gegen die Arbeitslosigkeit und um die Organisierung des Arbeitsmarktes stehen wird" und erwartet die entschloffene und energische Inangriffnahme dieses Kampfes und insbesondere die unverzügliche Einleitung einer erweiterten
Solidarisch
Unerläßlich ist die endliche Beseitigung der bürokratischen Schikanen in der Ernährungsaktion.
Der Vollzugsausschuß verweist auf die neuerliche Verteuerung wichtiger Lebensmittel und fordert daher die Zulassung der Einfuhr von
Buchtvich zur Auffüllung des durch die vorjährige Futtermittelnot verringerten heimischen Standes fowie Vermehrung des Kunstfettkontingents.
Unter Berufung auf den Beschluß der Parteikonferenz vom 22. März d. I. fordert der Vollzugsausschus neuerlich die Regelung der Svi ritus wirtschaft durch ein staatliches Monopol.
Der Vollzugsausschuß bekräftigt seinen wieberholt ausgesprochenen Standpunkt, daß nur die Busammenfaffung aller demokratischen Kräfte imstande ist, die Aufgaben zu meistern, welche die gegenwärtige politische und wirtschaftliche Situation stellt.
gegebene Wort meet. Mit einem Syſtem, dem das
uls Gelegenheit zum Wortbruch war, hat sie das Konkordat abgeschlossen. Es wurde nie eingehalten, der Kampf gegen Kirche und Katholizismus ging weiter. Sa tholische Organisationen wurden aufgelöst oder doch zumindest in der Betätigung gehemmt, Priester wurden verfolgt und eingeferfert, der Verleumdungsfeldzug gegen Kirche und katholische Religion wurde gesteigert. Die Kirche zieht daraus nur einen Schluß: man muß sich Hitler an= bieten als Verbündeten wider den Bolschewismus!
Der Hirtenbrief der katholischen Bischöfe Deutschlands schwärmt Hitler an:" Möge es unserem Führer mit Gottes Hilfe gelingen, dieses ungeheuer schwere Werf( die Säuberung Europas vom Bolschewismus) in Unerschütterlichkeit und unter treuer Mitwirkung aller Volksgenossen zu lösen!" Der Hirtenbrief der fatholischen Bischöfe Deutschlands anerkennt damit jenen Mann, unStirche und Katholizismus geführt, unter dessen ter dessen Verantwortung der Kulturkampf gegen Verantwortung die Nacht zum 30. Juni zu einer so entsetzlich blutigen, auch für die Katholiken so opferreichen gemacht wurde, als Werkzeug Gottes!
Faschismus verbündet hat, ungeachtet dessen, daß So wie die Kirche sich dem italienischen er auch die katholischen Organisationen zertrümmert hat, so versucht sie sich nun auch dem deuts schen, dem antikatholischen Faschismus zu ver= bünden. Ihr ist jeder willkommen, der gegen den Sozialismus fämpft!
Sie macht sich auf der ganzen Linie zum Bundesgenossen des Faschismus!
Der Wiener Kardinal Innißer hat ange= sichts der furchtbaren Ereignisse in Spanien " für die Wiener Erzdiözese eine Bitt- und Sühnean= dacht angeordnet. Er begründet dies damit, daß so viel an Gottesfreveln, an Verwüſtungen, an
mit Spaniens Arbeitern it an ihrer Linie und ihre unzweideutige Satrilegen gemeldet wird.„ In all dem," sagt er,
Internationale Friedensfront gegen den internationalen Faschismus
Der Vollzugsausschuß der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei faßte in seiner Sigung am 31. August folgende
Entschließung:
Das Kompromiß zwischen Hitler und Mussobie Drähte der Starkstromleitung eine rote Fahne lini in der österreichischen Frage, das die Gefahr zu werfen. Es tamen zufällig Kriminalbeamte der Gleichschaltung Desterreichs erheblich verstärkt des Weges, die die beiben Täter festhalten woll- hat, die offenkundige Unterſtüßung der spanischen ten, bach ſtach einer der Jugendlichen einen der Rebellen durch Italien und Deutschland , die zwei jährige Dienstzeit, im Dritten Reich , die verstärkte Detektive mit einem Meffer in die Brust. Troß- ungarische Revisionskampagne sind die markan bem gelang es dem Geheimpolizisten, der schwer testen Erscheinungen einer neuen Offen berwundet war, mit Hilfe eines Wachmannes die mus gegen die
wei Jugendlichen festzuhalten. Gegen den 18 Gbeen bes Weltfriedens.
Jahre alten Schloffergehilfen Alexander Schwein tder wurde die Anzeige an das Standgericht ertattet,
Darum ist der Ausbau und die Festigung der internationalen Friedensfront, in welche die Tschechoslowakische Republit eingegliedert ist, notwendiger als je zuvor. Der Vollzugsausschuß
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billigt ohne Vorbehalt das Festhalten der tf dem of low at ifchen AußenTrene zu den von ihr eingegangenen Verträgen. liegt System; die Feuerbrände sind von a us Der Bollzugsausschus erachtet die Aufwärts angezündet worden". Zum Teile hat er rechterhaltung des Beistands damit recht: General Franco hat sich, eher er vaktes mit der Sowjetunion a 18 seinen Eid brach( den Eid, den er als Katholik. erläfliche Notwendigkeit für geschworen hatte!), schon ein wenig im Auslande, bie Erhaltung des Frieden 8. Um umgesehen, sich ausländischer Hilfe versichert. Aber fo tiefer bedauert er, daß die russische kommu- das meint Kardinal Innißer natürlich nicht! Ach nistische Partei ihre innerparteilichen Gegensätze nein, er will damit behaupten, daß der spanische mit Buhilfenahme der Staatsgewalt durch Metho- Bürgerkrieg von den Boische witen enta den einer terroristischen Blutjustiz austrägt, so zündet wurde! Er deutet das aller Wahrselber der Antisowjethete Stichworte liefert und heitzuwider an. Denn fein Hirtenbrief, teine den Kampf gegen die Gewaltmethoden des Fabischöfliche Enunziation ſchafft die Tatsache aus ( hismus moraliſh ſchwächt. Nur indem die Arbei- der Welt, daß nicht die spanischen Arbeiter terbewegung den terroristischen Methoden des Fa- revoltierten, sondern daß eidbrüchige Genes fhismus die Grundsäße der Freiheit und des räle im Dienste allerdings sehr katholischer Friedens, aber auch das Recht n und der Menschlich= Großausbeuter sich zum Stampf gegen die feit gegenüberstellt, vermag fie ihre geschichtliche legale Regierung und damit zum Kampfe gegen mag fie ihre geſchicht Miffion zu erfüllen. die neue Sozialpolitik und gegen die Bodenjene österreichischen Minister einzuwenden hatte, reform erhoben. So wie kein Bischof etwas gegen die die beschworene Verfassung brachen, so wic, die Bischöfe nichts, gar nichts einivandten gegen die
mütig kämpfenden fpani f den Der Bollzugsausschus spricht den helden Arbeitern neuerlich seine Sympathie und volle Solidarität aus.
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