Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

16. Jahrgang

Die spanische

Sonntag, 6. September 1936

Republik siegessicher

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 208

Sozialdemokratie und Trotzkismus

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Wer empört ist über das Moskauer Blut-| den Willen vieler seiner Mitarbeiter diese Poli­urteil, ist ein Verbündeter Troßtis und der tit durchführte, hätte auch die außenpolitischen Gestapo , ist ein" Troßkist",- so will es die Notwendigkeiten unserer Zeit gesehen und ihnen Ein Augenzeuge über die wahre Lage in Spanien fommunistische Schablone. Nun haben wir oft ge- entsprochen. So wenig wir in Stalin einen Leni­nug die Gründe unserer entschiedenen Verurtei- nisten sehen, seine Außenpolitik steht nicht in Paris.( Eigenbericht.) Wie wir Meuterei der Generale und ihrer lung des Prozesses gegen die Garde der alten Widerspruch zur Leninschen Realpolitik. von einem sozialistischen Politiker, der Fremdenlegionen beeinträchtigt. Die Bolschewiki dargelegt, aber nie ist mit einem Auch der leidenschaftlichste Revolutionär foeben aus Spanien zurückgekehrt ist, bisherigen Teilerfolge der Aufständi. Worte der Sympathie von Trokkis Politik ge­erfahren, ist die Gesamtlage nach wie schen sind entscheidend durch tech.sprochen worden. Wir haben, im Gegenteil, nicht vor durch ein Uebergewicht der nische Ueberlegenheit errungen wor- tische Konzeption, die man als„ Troylismus" be­unterlassen, deutlich zu sagen, daß wir jene poli­Madrider Regierung in der den. Die republikanische Regierung zeichnet was freilich etwas ganz anderes ist Kräfteverteilung des Landes charak- welche selbst über die wichtigsten In- als die von den Kommunisten mit diesem Namen terisiert. Im Machtbereich der republi- dustrien und über ausreichende Geld. bezeichnete und in der Wirklichkeit nicht existie­kanischen Truppen leben zwei Drittel mittel verfügt, arbeitet fieberhaft rende Verschwörung" Troßtis mit der Gestapo der Bevölkerung. Die Sympathien der daran, den technischen und organisato. gegen Stalin entschieden ablehnen. großen Mehrheit sowohl der städti- rischen Vorsprung der Rebellen einzu schen als auch der bäuerlichen Volks. holen und zu überflügeln. Die Schaf massen sind auf der Seite der recht. fung einer überlegenen Heeresmacht mäßigen Regierung. Der 3 u strom der schwer bedrängten Republik ist in von Freiwiligen aus den Krei vollem Gange. Wenn auch in der Zwis sen der Industriearbeiter schenzeit der Kampf gegen die Aufstän aber auch aus den entlegendsten dischen vielfach unter sehr ungünstigen Bauerrsiedlungen hält an und Bedingungen geführt werden muß, er. stellt die Zentralftellen von Madrid und scheint unserem Gewährsmann der Barcelona vor schwerste organisato- Endsieg der Republik gesichert zu sein. rische Probleme. Nicht allein der Waf- Biel, vielleicht Entscheidendes, wird fenmangel, sondern auch der Mangel von der Gestaltung der Zusammen. an geschulten Ausbildungskräften ha arbeit der verschiedenen sozialistischen republikaniſchen Volkskraft gegen ble neugebilbelen Regierung abhängen.Bebegin in der beutigen Situation. Das, was

Gestern wurde um Irun noch gekämpft

Munition nach San Sebastian gerettet

Hendaye . Ganz unerwartet für die Auf- scheinlich lange dauern wird, kamen die ständischen besetzten in den ersten Morgenstunden Ministerien zu der Ueberzeugung, daß es notwendig bes Samstags 200 Milizionäre den Brücken- sei, daß im Kabinett alle politischen Par top f. der Gruner Brücke und hoben Schüßen- teien mit allen ihren Organisationen und Ar­beiter Synditaten vertreten sind. Ich vers gräben aus. Der Zweck dieses Borstoßes war es, bleibe im Ministerrat als Minister ohne Bortefeuille, den Transport einiger Munitionszüge damit dem Land bewiesen wird, baß die neue Regie: nach San Sebastian zu verteidigen. Der rung nichts anderes als die organische Fortseßung Havas- Berichterstatter betont, daß die Miliz- der vorhergegangenen Regierung ist. abteilung durchwegs aus Jugendlichen be­stand. Es entwickelte sich bald ein neuer Kampf, der einige Stunden dauerte, ohne daß es den Aufständischen gelungen wäre, den Widerstand zu brechen. Erst in den Mittagstunden konnten sie den Brückenkopf nehmen. Während dieses Teßten Kampfes fielen auf Regierungsseite drei­zehn Mann.

Die Aufständischen richteten an die Pariser Regierung einen Protest, in welchem sie sich dar­über beschweren, daß französische Offiziere auf Seite der Madrider Regierung fämpfen und daß aus Frankreich Dum- Dum- Geschosse geliefert worden wären und daß spanische Flugzeuge auf französischem Gebiet landen und Benzin tanken durften.

Kämpfe um Toledo ?

muß, sofern die Leidenschaft nicht sein Urteilsver­mögen trübt, sich gestehen, daß die heutige Situas daß heute die Arbeiter Europas vor der einen tion in Europa alles anders ist als revolutionär, großen Aufgabe stehen, den Faschismus abzu­wehren, die Demokratie zu erhalten. Wir machen den französischen Kommunisten wahrlich keinen Vorwurf aus ihrer Politik der Unterstützung der Regierung Blum wenn wir ihnen Vorwürfe Aber Ablehnung einer politischen Konzeps zu machen hätten so die, daß sie allmählich über tion schließt nicht aus, daß man objektiv über den die Voltsfront- Ideologie hinausgreifen zu einer ist. Wir sehen in Trokti, entgegen der neurussi- päische Situation erfordert die Verteidigung der Mann urteilt, mit dessen Namen sie verknüpft Allgemein- Französischen. Die derzeitige euro­chen Geschichtsfälschung, die seinen Namen aus Demokratie im Interesse der Arbeiter der demo­der Geschichte des Oktober und des Bürgerkrieges kratischen Länder, wie im Intereſſe Sowjetruß­tilgen will, einen der Großen der russischen Re- lands. Ebenso, wie das Interesse der Arbeiter der volution, den Schöpfer der Roten Armee und den demokratischen Länder, und nicht nur ihres, son­Organisator des Widerstandes gegen die Weißen. dern das aller Demokraten, die Erhaltung der Eine große Persönlichkeit, ohne Zweifel. Ein Integrität Rußlands erheischt. Und nicht minder eigenartiger, bedeutender, erstaunlich wissensrei- notwendig ist die Zuſammenarbeit Sowjetruß­her Mann. Aber für so berechtigt wir vieles an lands mit jenen Staaten, die die Erhaltung des ſeiner Kritik der innerruſſiſchen Entwicklung hal- Friedens wollen. Und damit grenzen wir uns mit über den Gang der weltpolitischen Entwicklung, gegen die politische Konzeption eines in der Iso­ten, als so falsch erachten wir seine Auffassungen aller Deutlichkeit gegenüber dem Troßkismus ab, 38amberlebens, in der Ausimhaltung aus her poli­

das Bündnis Sowjetrußlands mit Frankreich und ermag.

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als Troytismus zu verstehen ist, lehnen wir ab. tischen Gestaltung vereinsamten und verbitterten Troßki ist konsequenter Bolschewit geblieben, Revolutionärs, der die politischen Notwendigkeis der an der Theorie der Weltrevolution festhält, ten und Möglichkeiten nicht mehr abzuwägen der die Volksfrontpolitik ebenso verdammt wie Auch im Interesse der Einschäßung Ruß­der Tschechoslowakei und die ganze neue Außen- lands durch die Welt, im Interesse der Mitwir politik Rußlands . Wir aber halten diese russische tung Rußlands am europäischen politischen Ges Außenpolitik für richtig, weil sie notwendig ist. schehen beklagen wir den Moskauer Prozeß. Er Trokki glaubt der konsequenteste Leninist zu sein. hat das moralische Ansehen Sowjetrußlands Aber Lenin war auch groß als Realpolitiker. Der schwer erschüttert. Glaubte Stalin , der Welt bes Mann, der den Mut zur Nep- Politit hatte, in weisen zu müssen, durch diese entseßlich" radikale" einer der schivierigsten Situationen Rußlands , der Erledigung der als Trottisten Verschrienen, daß entschlossen das Steuer herumwvarf und gegen Rußland mit Troptis Plänen und Wünschen

Soziale Reparationen!

Der Parteivorsitzende auf dem Metallarbeiterverbandstag

Samstag nachmittags sprach der Vor­fibende der Partei, Minister Genosse Dr. Czech auf dem Karlsbader Verbandstag des Inter­nationalen Metallarbeiterverbandes. Seinen Ausführungen entnehmen wir:

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Der große Machtkampf zwischen Faschismus und Demokratie, mag er den europäischen Ge­samtbereich betreffen oder sich innerhalb jener Staaten abspielen, um deren Schicksal in dieser Stunde gerungen wird Spanien . Desterreich, Polen feffelt unsere ganze Aufmerksamkeit und crgreift uns innerlich aufs tiefste. Der Gruß, Berichte, die bis Samstag abends nicht be- den Ihr. ,, Metallarbeiter" in feiner leßten Num­stätigt wurden, sprechen von schweren Kämpfen mer Ihrem Verbandstag entbietet und in dem er um den Alcazar von Toledo , der durch schwere Ihnen zuruft, daß Sie in dem Entscheidungskampf Artillerie der Regierungstruppen zum Teil ver- zwischen Demokratie und Faschismus, zwischen nichtet und in Brand geschossen wurde. Die Be- der gesellschaftlichen Anerkennung der Arbeiter­fagung hat sich in die Kellergewölbe zuriage- Klasse im öffentlichen Leben und der kapitalistischen Erklärungen Prietos und Girals

zogen.

Mabrib. Der Miniſter für Marines und Flug tesen Indalecio Prieto erklärte Journalisten gegen­über: Die Regierung repräsentiert durch ihre Zu­fammensetzung alle politischen Kräfte, die an den verschiedenen Fronten für die Erhaltung der Repu Regierung ist fest entschlossen, den

Barbarei nicht abseits stehen können, zeigt, daß

scheint und die Stunde der sozialen Reparation der Sünden der letzten Jahre gekommen zu fein!

Um das Ansehen des Kapitalismus zu retten, wird in letzter Zeit sehr viel mit dem endlichen Umschung in den wirtschaftlichen Ver­hältnissen unseres Landes hergemacht. Nun! Wir kennen die Weise, wir kennen den Text und kennen auch die Verfasser! Sicherlich gibt es an gewissen Punkten unserer Wirtschaft Besserungs­erscheinungen, die wir ja immer freudig quittieren.

Aber große Wirtschaftsgebiete und Wirtschafts­zweige des Landes und besonders unseres Ar­beitsgebietes find leider davon nur in geringem Maße berührt worden.

nichts zu tun hat, daß es den Bolschewismus längst nicht mehr als„ Exporttvare" betrachtet und an europäischen Revolutionen nicht nur des­interessiert ist, sondern sie als Gefährdung der so unsicheren Stabilität der Kräfteverhältnisse in Europa ansieht? Welch asiatisch- barbarischer Ge­danke! Stalin , der Europa nicht kennt, versteht die Geistigkeit außerhalb Rußlands nicht! Er hat dem Kampf gegen den" Bolschewismus", wor unter doch außerhalb Rußlands dort, wo diesez Kampf geführt wird, nur die Arbeiterbewegung und der Sozialismus schlechthin verstanden wer den, eine neue Waffe gegeben! Und schien ihm der Prozeß aus innerpolitischen Gründen notwendig, wirklich nur deshalb, um seine Herrschaft zu sichern, dann hat er Sowjetrußland nicht minder geschadet, dann hat er damit Zweifel an der in­neren Festigkeit des Systems erweckt. Und er hat auch beigetragen zu der nach diesem Prozeß uns vermeidlich gewordenen neuerlichen schärferen Distanzierung der Sozialdemokraten von den Kommunisten. Der Moskauer Prozeß hat der Stellung Sowjetrußlands in Europa geschadet, und auch diesem Grunde bedauern er

Streife, den an Haupt und Gliedern fiechen Ka- Hinrichtung von sechzehn wirklichen oder ver­Es ist daher der Versuch der kapitaliſtiſchen aus dem hat. Eg hätte wahrlich nicht ber Sie auf Seite des Rechtes und der sozialen Ge- pitalismus wieder in Amt und Würden einzu meintlichen Troplisten wegen einer konstruierten rechtigkeit stehen und sich mit allen Kräften zur feßen, ein hoffnungsloses Beginnen. Um so mehr Mordverschwörung bedurft, um den Tropkismus Wehr sehen werden, wo immer und wann immer müssen wir alle Kräfte anspannen, um an die zu erledigen". Denn er ist nichts anderes als reaktionäre Machinationen gegen die Arbeiter deutlich sichtbaren Anfäße für eine Neuordnung die politische Auffassung einer kleinen Sette und ihre Rechte unternommen werden. D a 3 ist der Wirtschaft anzuknüpfen und alles daran-( außerhalb Nußlands,- wie start oder schwał seßen, um die neuzugestaltende Wirtschaft durch er in Rußland ist, wissen wir nicht). Und es nüt. ein flares Wort! list is che Orientierung in die Bahnen wirtscheußlichen Moskauer Urteils gleichzustellen mit eine planvolle Regelung. und soziale, ja sozia Sowjetrußland nicht, die Verabscheuung des fchaftlicher und sozialer Demokratie Feindschaft gegen Sowjetrußland", wie es bie Kommunisten tun. Das kann doch für sie keine Sier aber erwächſt den Gewerkschaften und überraschende Neuigkeit sein, daß die Sozialdemo dabei naturgemäß größten Gewerkschafts- tratte ihre Ablehnung des Bolschewismus, an der organisationen, zu denen der Metallarbeitervers nichts zu ändern ist, nie beirrt hat in ihrer pofiti­band zählt, die geschichtliche Aufgabe, mit Hand ven Stellungnahme für Sowjetrußland gegenüber anzulegen und von dem Steuer der Wirtschaft allen reaktionären Angriffen von außen. Das war nicht mehr die Sände zu laſſen. Bei Erfüllung vor dem Machtantritt des Faschismus so, das ist dieser Mission werden Sie unsere ganze erst recht so in der Zeit der Bedrohung nicht nur Bewegung auf Ihrer Seite haben. Rußlands , sondern der europäischen Demokratie und des europäischen Friedens durch den Faschismus.

Das ist ein Wort an die deutsche blit fämpfe die Stenbirden zu beschleunigen, und schistische Bewegung unſerez Landes und an die Spanien von jedem imperialistischen Unternehmen zu Adresse jener reaktionären Kreise unseres Staa­befreien. Die Regierung betont die freundschaft- tes, hinter denen sich die kapitalistische Bourgoisis lichen Gefühle Spaniens gegenüber allen Staaten versteden zu können vermeint. und ist unentwegt entschlossen, um jeden Preis dic Integrität des Staatsgebietes gegen die Gefahren au bewahren, die ein Sieg der Aufständischen brin gen tönnte.

Sogleich nach der Demission des Madrider Ka binettes gab der ehemalige Ministerpräsident Giraf den Vertretern der Presse Aufklärungen:„ Mit Rüd­ficht darauf, daß der Bürgertrieg wahr- l

Ihnen allen fagen wir, daß die Arbeiterklaffe unferes Staates in den zurückliegenden Jahren genug des Leib's über sich ergehen lassen mußte, als daß fie now gewillt fein tönnte, die fort gefeßten Treibereien der kapitalistischen bürger­lichen Parteien und vor allem die weiteren Attaden auf die Errungenschaften der Arbei­terklaffe ruhig hinzunehmen. Im Gegenteil

au lenten.

( Fortsetzung auf. Seite 2.)