Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .
16. Jahrgang
Samstag, 12. September 1936
mit den Rebellen zu verhandeln, kann keine Rede sein.
Ein Ultimatum an San Sebastian . das die kampflose Uebergabe der Stadt verlangte, wurde abgelehnt, die Stadt wird mit aller Kraft verteidigt werden, Munition und Nahrungsmittel find für längere Zeit vorhanden. Auch bestäFreitag wurde zur Unterstützung des franzöfitigen sich die Nachrichten über Zwistigkeiten unter fchen Botschafters unternommen, der ebenfalls der Besatzung nicht. Die Nachricht einer bürgerin dieser Angelegenheit interveniert hat. Wenn lichen Lügenzentrale, daß der franzöfifche BotPortugal auch weiterhin einen ablehnenden schafter in San Sebastian insultiert worden sei, Standpunkt einnehmen sollte, wird wahrscheinlich wurde von dem angeblich Betroffenen dementiert. in der nächsten Sitzung des Ausschusses vorge- Nach dem Ablauf des Ultimatums haben die schlagen werden müssen, in die Bestimmungen Aufständischen mit der Beschießung San Sebaüber das Waffenembargo die ganze pyrenäische stians begonnen. Halbinsel einzubeziehen. In London ist bereits
Um Deutschlands und Italiens Antwort Paris . Das Interesse für die portugiesische Krise, das sich bereits längere Zeit aus verschie denen Gründen kundgibt, die vor allem die Kritil des inneren portugiesischen Regierungssystems, weiter auch das Verhältnis Portugals zum Neutralitätsvorschlag und der Nichteinmischung in die spanischen Angelegenheiten betrifft, äußert sich auch in der Pariser Presse. Hiezu tragen auch die Meldungen über den Einfluß der deutschen Propaganda in Portugal bei. Im Zusammenhang mit diesen Umständen trafen in Paris und Lon don Meldungen über Unruhen in Portugal ein, doch wird die Nichtigkeit dieser Meldungen sowohl vom portugiesischen Ministerpräsidenten Salazar als auch von den großen Pressetanzleien Neuter und Havas dementiert.
eine Reihe von Antworten bezüglich des Waffen- der Front bei Oviedo , bei Saragossa und in Die Regierung meldet kleinere Erfolge von embargos eingetroffen, es fehlen aber noch die der Sierra. Nach der Bombardierung des SemiAntworten von zehn Staaten, darunter die Ant- nars und des Elektrizitätswertes in Terruel durch worten Deutschlands und Italiens .
Spanische Fronten:
Lage unverändert
London. ( Reuter.) Der britische Botschafter in Lissabon hat bereits zum vierten. male in dieser Woche beim portugiesischen Die Nachrichten aus Spanien zeigen, daß Außenministerium zwecks Teilnahme Portugals die Lage im wesentlichen unveränder an den Beratungen des Londoner Nichteinmi- ist. Die Regierungstruppen unternehmen keine schungs- Ausschusses, der am Mittwoch nächster größeren Angriffe, sie wissen, daß die Zeit für sie Woche oder noch früher zufammentreten wird. arbeitet und bilden ihre Reserven aus. Von der interveniert. Die englische Demarche am Bereitschaft einer Gruppe der Regierungsarmee,
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Regierungsflugzeuge flüchteten einige im Semi nar gefangengehaltene Sozialisten. General Mola behauptet, daß seine Truppen 10 Kilometer östlich von Talavera del Tajo stehen.
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Ein bezeichnendes Dementi Liffa bon.( Neuter.) Aus amtlicher Quelle wird bekanntgegeben, daß die Nachricht, als ob Portugal Deutschland versprochen hätte, ihm Basen für Unterseeboote an den portugiesischen Küsten einzuräumen, unwahr ist.
einberufen
Für nächsten Mittwoch
Pra g. Wie wir erfahren, ist der Ernährungsausschuß des Abgeordnetenhauses von seinem Vorsitzenden Genoffen 3 at fch für nächsten Mittwoch einberufen worden. Auf der Tagesordnung befindet sich u. a. auch aktuelle Preis- und Ernährungsfragen. Es verlautet, daß zu diesem Punkte voraussichtlich die beiden zuständigen Reffortminister Ing. Ne č a 8 und Dr. Černý das Wort ergreifen werden.
Die gemeinsame Landeszentrale fordert Antiteuerungsmaßnahmen
In der Sitzung des Vorstandes der gemeinfamen Landeszentrale der Gewerkschaften am 10. d. M. wurde über die steigende Teuerung der Lebensmittel, insbesondere des Fleisches, gesprochen. In besonderen Eingaben an den Ministerpräsiden ten und die Minister für Handel, Landwirtschaft und soziale Fürsorge wurde im Detail auf den Preisanftieg hingewiesen, der leider nicht als vorübergehend angesehen werden kann, wenn nicht schnellstens Vorkehrungen getroffen werden, die nicht nur ein weiteres Steigen verhindern, fondern die Preise wieder senten. Als unentbehrliches Mittel sieht die gemeinsame Landeszentrale die Bewilligung zur Einfuhr von Vieh und die Herabsetzung der Zölle, insbesondere die Beseitigung der außerordentlichen Zollzuschläge, an. Wenn es nicht zu einer wesentlichen Verschlechterung des Lebensniveaus kom. men soll, muß sonst der Preisanftieg unbedingt eine Erhöhung der Löhne und Ge= hälter zur Folge haben.
Die braune Propaganda überschlägt sich
Zweimal nacheinander hat Herr Goebbels den Beweis geliefert, daß ihn seine Kenntnis der deutschen Massenpsychologie schon im Stiche läßt. Erstmalig tam dies zum Vorschein, als die deut schen Sender über die französischen Streitbeivegungen mehrmals täglich und in phantasievolle Ausschmückung berichteten. Damit sollten die Kleinbürger mit Schrecken vor dem Volksfrontregime erfüllt werden.
Die Arbeiter aber hörten begierig mit, stärkten ihr Selbstbewußtsein und freuten sich der Streikerfolge der französischen Genossen. In
einem Berliner Borstadttino seigte die Wochenschau, wie französische Arbeiter mit kämp
ferisch erhobenen Fäusten ihre Werkstätten ver laffen. Die proletarischen Zuschauer flatschten begeistert Beifall. Die überspitzte GoebbelsPropaganda hatte zur Hebung ihres Klassenbewußtseins ungewollt beigetragen.
Auch die Goebbelsrede vor dem Nürnberger Parteitag fann man als einen total verunglückten Wurf bezeichnen. Goebbels sprach davon, daß Rußland im Striegsfalle 11 bis 14 Millionen Soldaten mobilisieren könne. Er behauptete, in der Tschechoslowakei ſeien 46 Flugpläße für die Sowjetflieger parat. Die sowjetruſſiſche Luftflotte sei mit 6000 Apparaten die stärkste der Welt. Goebbels berechnete weiter, daß durch die russischen Bomber
im Kriegsfalle von unseren Flugplätzen zu erreichen wären: Dresden in 20 Minuten, Chemnitz in elf Minuten, das schlesische Indu striegebiet in neun, Berlin in 42, Wien in neun, die Waffenfabrit Steyr in 17, bas steirische Industriegebiet in 27 und Budapest in sechs Minuten.
Alle wichtigen Pläße in Mitteleuropa find durch das Bündnis mit der Tschechoslowakei nad Goebbels von den Sowjetfliegern in weniger als
einer Stunde erreichbar..
Das Echo in der reichsdeutschen Bevölkerung wird genan entgegengesett fein als es Goebbels wünscht. Schon vor Nürnberg famen Unterta nen Hitlers verstohlen über die Grenze und fragten ganz erschrocken, ob es wahr fei, daß ganz Böhmen schon mit russischen Truppen vollgestopft sei, die nur auf einen Angriffsbefehl warten. So wächst die Kriegsfurcht gerade unter denen, die dem Herrn Goebbels noch Glauben schenken.
Einzelpreis 70 Heller
( einschließlich 5 Heller Porto)
Nr. 213
Heute tritt in Preßburg die Konferenz der Außenminister der Kleinen Entente zusammen. Angesichts der gespannten Situation in Europa und der schicksalhaften Bedeutung des Kampfes um den Frieden, in Berücksichtigung endlich der Notwendigkeit der Ordnung der Verhältnisse im Donauraum besteht aller Anlaß, die Verhandlungen in Preßburg aufmerksam zu verfolgen. ten der Kleinen Entente reichen bis in die Zeit Die Anfänge des Bundes der drei Staas des Weltkrieges zurück. Es ist ein Beweis für die politische Voraussicht des Präsidenten Beneš, daß den drei Staaten als Pfeiler des neuen mittel dieser schon im März 1918 den Bund zwischen europäischen Systems bezeichnete. Gleich nach Striegsschluß bemühte sich der tschechoslowakische Außenminister, seinen Plan zu verwirklichen- unter dem Eindruck der habsburgischen Restaurations- und der magharischen Revisionsbestres bungen kam im August 1920 das Bündnis der Tschechoslowakei mit Jugoslawien , im April 1921 jenes mit Rumänien zustande. Bemerkenswert ist. daß von tschechoslowakischer Seite schon damals hervorgehoben wurde, die Kleine Entente sei nicht nur zur Abwehr der magyarischen Revisionsin ihr seit je auch den Keim zur Wieders wünsche geschaffen worden, sondern Beneš sas herstellung der politischen und wirtschaftlichen Ordnung im Donauraum. Der langjährige Leiter unserer Außenpolitik hat in der Kleinen Entente stets auch ein Mittel gegen die Baltanisierung Mitteleuro pas gesehen, sie sollte verhindern, wie er selbst sagte, daß jemals die Vorkriegszeiten fämen. da die kleineren und mitteleuropäischen und Baltanstaaten das Objekt der Politik der Großmächte wären". Daß dies in bezug auf die drei Staaten nicht geschehen ist, hat Mitteleuropa viel Unheil erspart, man denke nur daran, was es für Folgen für die Sozialdemokratie Desterreichs gehabt hat, daß dieses Land unter das Protektorat Staliens geraten ist.
Der Bund der Kleinen Entente hat seit seiner Schaffung, also durch volle anderthalb Jahrzehnte, allen Stürmen und Wettern, allem Wech
So beißt sich der Propagandateufel schließ- ſel der Windrichtung in der Weltpolitik standgehalten. Die Verträge wurden 1923 und 1926, schließlich auf unbestimmte Zeit verlängert und
lich selber in den Schwanz. Goebbels agitiert un
gewollt für den Frieden, indem er dem deutschen Volke begreiflich machen hilft, daß es durch den Krieg nichts zu gewinnen und alles zu vers
lieren hat.
seit der Konferenz von Joachimsthal ( 1927) hat man sich auch mit dem Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen der drei Länder befaßzi. Hier muß allerdings gesagt werden, daß die Ev gebnisse dieser Arbeit noch viel zu wünschen übrig lassen. Daß unser Wirtschaftsverkehr mit den bei=
ben verbündeten Staaten geringer ist als etw
im Konjunkturjahr 1929, mag seit der allgemei= Pra g. In der Kundgebung, die Donners- nen Weltwirtschaftskrise und dem Rückgang des tag auf dem Reichsparteitag der Nationalfozia- Außenhandels aller alten Industriestaaten erklärt liftischen Partei in Nürnberg Reichspropaganda- werden. Daß aber unser Anteil an der Ein- und minister Dr. Go e b b c I s hielt, wurde außer Ausfuhr der beiden Staaten fast durchwegs ge= auderen unrichtigen und ungenauen Behauptun- ringer ist, scheint schon bedenklicher. Der Anteil gen die Unwahrheit über sowjetische Flugplätze der Tschechoslowakei an der jugoslawischen Einauf tschechoslowakischem Boden wiederholt, die fuhr hat 1929 17.5 Prozent, 1935 aber 14 Pro von den tschechoslowakischen amtlichen Streifen zent, an der rumänischen Einfuhr 13.6 und 10.3 bereits mehrmals dementiert wurden. Die kom- Prozent betragen, unser Anteil an der jugoſla deshalb neuerlich, daß alle Meldungen über jed- 1935 aber 13.4 Prozent, wede gegen irgendeinen Staat gerichtete geheime Ausfuhr aber schon 6.2 und 5.4 Prozent. DemBufammenarbeit der Tschechoslowakei mit der gegenüber ist wie wir erst jüngst in unserer Sowjetunion und alle Meldungen, als ob die weltwirtschaftlichen Beilage gezeigt haben- Sowjetarmee Flugpläte, Stützpunkte, Aeroplane Deutschland auf den südosteuropäischen Märkten . dal. auf tschechoslowakischem Gebiet besite, eine reine Erfindung.find.
petenten tschechoslowakischen Stellen erklären wischen Ausfuhr allerdingsrument,
im Vordringen begriffen. Die Rücksichtnahme auf die agrarischen Interessen, die sich da durchaus Staatsinteressen decken, hat verhindert, daß wir nicht mit den wirtschaftlichen und politischen das Kompensationsgeschäft mit den südosteurepäischen Staaten nicht erweitern konnten. Wenn brikbesetzungen im Liller Industriegebiet rein In Nürnberg wurden auch gestern wie wir wenig kaufen, fönnen wir wenig verkaufen. fozialen Charakter haben. Der Innenminister Die Generalstäbe in Prag , Paris und Mos der eine Reihe von Neden gehalten, die den glei- Dagegen ist Deutschland als Großeinkäufer von Salengro hat mit den Führern der streikenden tau werden Herrn Goebbels aufrichtigen Dantchen Inhalt hatten. Im Mittelpunkt aller" Be Lebensmitteln und Rohstoffen in Ungarn , JugoArbeiter verhandelt und ihnen mitgeteilt, daß die dafür wissen, daß er dem deutschen Volte ein- trachtungen" steht die Heße gegen die Sowjet- slawien, Rumänien , und Bulgarien aufgetreten Regierung leine bewaffneten Kräfte zur Räu- dringlich vor Augen führte, wie groß ſein Riſiko union. Auch ist von„ Blut"," Rasse" und ähn- und konnte so seine Ausfuhr in den Südosten ming her Betriebe einfchen werbe, baß aber bie in Falle eines Strieges wäre. Bisher glaubte lichen Dingen die Nebe, so baß man mit Recht ſteigern. Das müſſen ſich die tschechoſlowatiſchen freiwillige Räumung eine Unterſtühung der Bolts- doch jeder Nazi- Trottel auch bei uns, die Bomben fagen kann, daß dieſer Parteitag nicht der Bar- Vertreter auf der Preßburger Konferenz vor frontregierung bedeutete. Die Gewerkschaftsver- würden nur auf Paris oder Prag niederfallen. teitag der Ehre, sondern der Parteitag der Augen halten und wir als Sachwalter der in den treter erklärten daraufhin, Exportindustrien tätigen deutschen Arbeiter wünfigen Regierung, zu her, fle unbedingtes ver: Daher weist die tschechische Lintaprelſe wohl die Lecre it. Ver Behauptung zurück, daß unsere Flugpläße nur In französischen Kreifen nimmt man an, daß schen, daß der Ausbau der wirtschaftlichen Bezie= trauen haben, helfen wollen, bie Fabriken räu für die Sowjetflieger bestimmt wären, aber sie es Hitler barauf angelegt hat, die. Sowjetunion hungen der Kleinen Entente- Staaten. aus dem men werden, jedoch den Innenminister ersuchen, fügt hinzu, daß diese Flughäfen im Kriegsfall zum Abbruch der biplomatischen Beziehungen zu Stadium der Studienkommiffionen herausgelange ben Arbeitskonflikt durch einen Schiedsspruch zu selbstverständlich allen Bundesgenossen, z. B. auch veranlassen; nach den Informationen der Bari - und Wirklichkeit werde. beenden. Die Arbeitgeber haben die Verbandlun der französischen Luftflotte zur Verfügung fer Bresse wird die Sowjetunion diesen Versuch Daneben würdigen wir voll die Bedeutung gen aufgenommen. stünden. mit verachtungsvollem. Schweigen beantworten. der Kleinen.Entente für den Friede- n Mittel