Sosialdemokrat

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fierber 190 bin ic

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077, HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: KARL KERN, PRAG  .

16. Jahrgang

Samstag, 19. September 1936

Alcazar in die Luft gesprengt

Die Reste der Besatzung leisten noch widerstand

Madrid  . Die Regierungstruppen haben am Freitag den Alkazar von Toledo   in die Luft gesprengt, in welchem die Kadetten und zahlreiche Nationalisten seit dem 20. Juli dem Ansturm der Regierungstruppen Wider stand leisteten. Am Nachmittag wurde auf den Trümmern des Alkazar die republikanische Fahne gehißt.

Die Explosionen der unterirdischen Minenstollen waren fürchterlich und bie Sprengschläge wurden bis in Madrid   gehört. Unmittelbar nach der Ex­plosion lohte eine helle Flamme an der westlichen Mauer der Burg hoch empor und kurz danach ertönte ein dumpfer Knall wie von einer neuen Ex­plosion oder einem schweren Einsturz. Einer der größten Flügeltürme des Alkazar flog in die Luft. Seine Mauerstücke wurden bis zu 50 Meter hoch in die Luft geschleudert und noch fünf Minuten später stürzten Trümmer zur Erde und verursachten Verluste unter den belagernden Truppen, deren Kommandant Barcelo selbst durch einen Stein verletzt wurde.

Die letzten Reste der Nationalisten haben sich in die unterirdischen Bauten geflüchtet, wo sie weiter hartnäckigen Widerstand leisten, der am Abend noch andauert. Wie die Sprengung

vorbereitet wurde

diejenigen, die sich den Aufständischen ergeben, sämtlich hingerichtet werden. Der Zivilgouverneur soll die spanische Regierung dringend um Ber­stärkung ersucht haben.

Wie das Neuter- Büro aus Gibraltar   meldet, erwarten die Regierungtruppen in Malaga   stünd­lich eine große Gewehr- und Munitionslieferung pus Mexiko  , die mit dem Dampfer ,, Magalla­nes" eintreffen foll.

Deutsches Jagdflugzeug

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( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 219

Der Sumpf der SdP

Das Volk muß die Wahrhelt erfahren!

Unsere jüngsten Veröffentlichungen haben wie ein Blizz den inneren Fäulnisprozeß der SdP beleuchtet. Ohne Ueberheblichkeit dürfen mit einen wichtigen Beitrag zur Reinigung der wir sagen, daß die sozialdemokratische Presse da­politischen Atmosphäre im sudetendeutschen   Gebiet geleistet hat. Früher oder später wären die aus doch geplakt. Je früher die moralische Läuterung dem autoritären Sumpf aufsteigenden Blasen einsetzt( die Herr Sandner nicht zuwege gebracht hat), desto besser!

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Nach den ersten Enthüllungen erklärten die unentwegten SdP- Anhänger noch mit verbissener Wut: Das sind margistische Lügen" " Die Briefe sind gefälscht" abgeschossen ,, enein wird sofort die Be= Regierungs- Bombenflugzeuge schoffen bei trugsanzeige machen!" Gar nichts ist Talavera   del Tajo   ein Jagdflugzeug der Aufstän- geschehen! Niemand bestreitet die Authentizität dischen ab, das alle Anzeichen eines deutschen   unserer Mitteilungen. Herr Henlein   schweigt. Flugzeuges an sich hatte. Das betreffende Auf- Auch seine Unterführer stecken die nicht gerade ständischen- Flugzeug stürzte, in Flammen gehüllt, schmeichelhafte Charakterisierung ihrer Rolle mit zur Erde. christlicher Duldsamkeit ein. Das Wortgebraus der Kameradschaftsbündler ist verstummt. Pein­liches Schweigen herrscht in der Runde

Fliegerbombe verwüstet Verteidigungsministerium?

fernt ist und daß er eine systematische Blockade der Stadt eingeleitet hat. Nach der Einnahme von Drio wird jetzt der Angriff auf Zarauz   und Ein Tunnel, dessen Eingang sich in einem Bumaya vorbereitet. Der Habas- Regierungsberichterstatter in Laden in einem den Alcazar benachbarten Ge­General Franco foll 60 Kilometer von Burgos   erfuhr aus glaubwürdiger Quelle, daß bei bäude befindet, wurde täglich weiter vorgetrie- Madrid   cutfernt sein. Die Abteilungen der der letzten Bombardierung von Madrid   durch Auf­ben. Zwei Bergarbeiter arbeiteten in dem Aufständischen, welche von Saragossa   gegen ständischen- Flugzeuge eine Bombe in das Ge­niebrigen, engen Tunnel mit Breßluftbohrern. Gabaljara vorgestoßen find, follen bis Liguenze Die Luft war heiß und beinahe erstickend. Am gelangt sein und fich dort mit den Abteilungen Mittwoch wurde mit dem Einlegen des Dyna- vereinigt haben, welche sich von Somosierra her mits begonnen. Ein Deserteur fagte, daß das konzentriert haben. Madrid   fei demnach von allen deutlich vernehmbare Geräusch der Bohrwert. Seiten mit Ausnahme des Südostens und der zeuge der Besatzung viel mehr auf die Richtung zur Provinz Albacete   blockiert. Nervenging als alle Granaten und Flieger­bomben.

Ernste Lage in Malaga  ?

bäude des Ministeriums für Nationale Verteidis gung gefallen, einige Stockwerke durchschlagen und Kanzleien vernichtet habe. Auch die Kanzlei des Ministerpräsidenten Largo Caballero   fei ver­nichtet worden. Der Minister mußte selbst eine Tür durchbrechen, um zu entkommen. Nach die­sem Bombeneinschlag seien alle Hauptabteilun­gen des Ministeriums für Nationale Verteidigung ein anderes Gebäude übersiedelt worden. Diplomaten warten ab

Wie Havas meldet, ist die Lage in Main  Von den anderen Fronten: taga fehr ernst. 600 Milizsoldaten hätten be­Paris. Spanische Regierungsmeldungen fanntgegeben, daß sie nicht mehr gegen die Auf­besagen, daß die republikanischen Truppen und ständischen kämpfen wollen, und hätten das Feuer St. Jean de Luz.  ( Savas.) Die in die Milizabteilungen den Angriffen der Aufstän- gegen die Mitglieder der kommunistischen   Arbei- Madrid akkreditierten diplomatischen Vertreter, dischen sowohl au der Front bei Oviedo   als terorganisationen eröffnet. Man spricht von meh- die die spanische Regierung aufgefordert hat, auch bei Talavera an der nach Madrid   führeren hundert Toten und Verletzten. Flüchtlinge nach Madrid   zurückzukehren, hielten eine Be­renden Straße Wiederstand leisten. Der katala  - in Gibraltar   erhielten dagegen Briefe aus Ma- fprechung ab, in der einstimmig beschlossen wurde, nische Rundfunk melbete, daß die katalanischen Taga, in denen erklärt wird, daß die Verteidiger wie bisher in St. Jean de Luz   zu bleiben und in Fliegerabteilungen einen Angriff der Aufständi- Malagas eher die ganze Stadt verden kommenden Tagen die Entwicklung der Er­schen in der Zone bei Huesca   abgeschlagen nicht en als sich ergeben werden, da eignisse abzuwarten. haben.

Aus Madrid   wurden Verstärkungen an die Front bei Talavera entfandt. Ferner meldet die Regierung, daß sich die Revolte gegen die Auf­ständischen unter den Eingeborenen in Spanisch­Marokko, namentlich in Melilla  , ausbreitet.

Freitag früh morgens trafen in der Stadt Toledo   große Verstärkungen der Regierungstrup­pen ein. Sie fetzten sich aus den sogenannten ..kanarischen" Abteilungen zusammen, welche die Bewohner der Kanarischen Inseln, die nunmehr in Spanien   wohnen, gebildet haben. Erfolge der Aufständischen?

Demgegenüber melden die Aufständischen, daß General Mola den Marsch auf Bilbao  fortsetzt, von dem er nurmehr 40 Rilometer ent­

Gärung in den Wiener  Metallbetrieben

Polizei mit Stahlhelm und Karabiner eingesetzt

Der Vatikan  

gegen die spanischen   Rebellen

Man schreibt uns aus Barcelona  : Ueber die Stellungnahme, die der Vatikan  gegenüber einer Rebellion gegen die legale spa nische Regierung einnimmt, orientiert der fol­gende Artikel des Osservatore Romano  " des offiziellen Organs des Vatikans. Der Artikel lautet wörtlich:

Die Lage in Spanien   in bezug auf die Türzliche Revolte muß wie folgt beurteilt werden: bie spanische Regierung übt nicht nur ein Recht, fondern eine Pflicht aus, wenn sie verlangt, daß bie Legalität in jeder Beziehung respektiert werde. Die Nation hat ein Anrecht auf den Schutz ihrer Regierung. Wenn diese ihre Pflicht, die Rebellen ftrengstens zu bestrafen, versäumen würde, so würde die Verantwortung für weitere Blutver gießen auf die Regierung fallen.

Dies ist die wahre und gerechte Lehre, die ber Tradition der katholischen Kirche   in ihren Be­ziehungen zu den weltlichen Regierungen entspricht. Die Pflicht der legalen Regierung, zur Unter­brüdung jeber Erhebung, ist völlig unzweifelhaft und alle Ratholiken haben aus Gehorsam gegen ihre Kirche bie Regierung in ihrem Kampf geger jeben Aufstand zu unterstützen."

zusammengesezt, die ausschließlich die Interessen der herrschenden Klasse vertraten. Es war die Regierung Lerroux- Gil Robles, die mit den brutalsten Repressalien gegen die a st urischen Arbeiter vorging. Die brutalen Maßnahmen dieser Regierung riefen damals die Empörung der ganzen Welt hervor,- daher der Rechtfertigungsartikel des Osser­batore Romano".

...

Harmlose Mitbürger sprechen auf der Gasse den nächstbesten Sozialdemokraten an und fragen: Ja, ist denn so etwas möglich?" Darauf kann jeder Wissende nur antworten: Warum nicht? In einer totalitären Partei ist alles möglich!" Eigentlich weiß die fude­tendeutsche Oeffentlichkeit noch viel zu wenig. Vor allem deshalb, weil die anständige Presse nicht jeder Vernaderung der kämpfenden Cliquen Raum gegeben hat. Man muß nämlich wissen, daß mit Brief- Kopien einer bestimmten Partei ein schwunghafter Handel betrieben wird. Zeitweise herrschte in einzelnen Prager   Redaktionen sogar ein Ueberangebot vor, welches auch zu tief her= abgesetzten Preisen nicht unterzubringen war. Uns hat dieses Problem mehr von der moralischen Seite interessiert. Wenn aber alle Anzeichen da­für ſprechen, daß eine beſonders tüchtige Gruppe von SDP- Kameraden es darauf anlegt, Original­briefe eines Unbequemen einer sozialistischen   Re­daktion zuzuspielen, dann kann diesen ehrenfesten Beitgenossen leicht geholfen werden. Wir brau= chen doch um das Parteiinter= esse der SdP nicht mehr besorgt zu sein, als irgendeine Abteilung C". Wer einmal C sagt, muß D auch sagen. Und schließlich haben die zahlreichen Mitglieder der Henlein  - Partei ein gutes Recht darauf, zu erfah= ren, was in den höheren Regionen" vorgeht. Wer dem Volke die Wahrheit borenthält, leistet ihm den schlech= testen Dien st. Deshalb werden wir auch in Zukunft allen Ehrgeiz daranseßen, zu einem wirklichen Läuterungsprozeß in der sudetendeut­ schen   Politik unseren bescheidenen Teil beizu­tragen.

auf die Feststellung, daß sie, entgegen der in dem Die Union- Versicherungs- A.- G. legt Wert gestern von uns veröffentlichten Briefe des Herrn Sasum enthaltenen Behauptung, weder direkt noch indirekt über eine Anleihe an die SdP mit dieser Partei oder ihren Funktionären verhandelt hat und daß auch keinerlei Anleihe gegeben wurde".

Heute ist aber für den Vatikan   plötzlich alles ganz anders. Heute schweigt er, soweit er nicht offen gegen die legale spanische Regie- Indem wir dieser Mitteilung der Union­rung Stellung nimmt. Denn heute sind die Versicherungs- A.- G. loyal Raum geben, bringen Aufständischen nicht arme Arbeiter, fondern wir zugleich zum Ausdruck, daß durch sie die faschistische Offiziere und Aristokraten. Die dunkle Rolle, welche die an der Auseinanderset­Vertreter des Vatikans segnen heute mohamme- zung um das Ehrengerichtsurteil gegen Doktor danische, afrikanische Nebellenföldner und Brand Beteiligten spielen, nicht aufgeklärt machen sie zu glorreichen Verteidigern der wird. Im Gegenteil! Wir können nicht annehmer, christlichen Religion. Bischöfe und Erzbischöfe daß Herr Sasum seine Bemerkungen aus den fizen in den verschiedenen Komitees der natio- Fingern gefogen hat, es ist wahrscheinlich, daß nalen Junta und Hunderte und aber Hunderte sie sich auf Mitteilungen stüßen, die er aus von Geistlichen ziehen mit dem Gewehr be­waffnet zur Tötung ihrer Brüder aus.

Freundeskreisen erhielt, wenn sie nicht gar auf den vor dem Ehrengericht gemachten Zeugen aussagen beruhen. Jedenfalls hat Herr Sasum kein Bedenken getragen, sie weiterzugeben. Er hat sie geglaubt, wie sie mit ihm viele andere in der SdP geglaubt haben. Für den gei­ſtigen und moralischen Zustand der SdP ist es

Wien.( Eigenbericht.) In den letzten Ta­gen wurde in den Wiener   Metallbetrieben eine große Zahl von Arbeiter- Bertrauensmännern verhaftet, weil sie Sammlungen für Spanien  organisiert hatten. Daraufhin haben am Don­nerstag die Vertrauensmänner der Wiener Be triebe unter ihnen auch der Firma Sie. Auch die spanischen   Ereignisse haben wieder men's& Satste eine Art Ultimatum einmal gezeigt, daß der Vatikan  , die Kirche und gestellt und die fofortige Freilaffung der Ver- Bir glauben, daß dieser Artikel die grund- die ganze Geistlichkeit immer auf der Seite der hafteten gefordert. fäbliche Stellung des Vatikans eindeutig definiert. jenigen zu finden sind, die das Volk unterdrücken Als Antwort hat die Polizei nun weitere Wir müssen allerdings bemerken, daß der oben und von seinem Blute leben. Die Dottrinen des Verhaftungen vorgenommen und Freitag früh zitierte Artikel aus dem Offervatore Romano" Ratholizismus werden von heute auf morgen den bezeichnend, daß solche Angaben für wahrschein= wurden der Betrieb Siemens und Halste auf der nicht heute, sondern am 27. Ottober 1934 ers Interessen der Reichen, der herrschenden Klasse lich gehalten und in der innerparteilichen Aus­Landstraße und einige andere Betriebe von Boschienen ist. Damals nämlich handelte es sich bei angepakt. Welch schlagender Beweis für die einandersetzung verwendet werden. Den Fall lizei mit Stahlhelm und Kara den Aufständischen um arme Arbeiter inflare, gerechte und ewig gleiche Lehre, der katho- möge Herr Sasum mit seinen Partnern aus der biner befekt. Asturien   und die Regierung war aus Männern lischen Kirche" 1 So bereinigen. Und wie immer diese Bereinis