Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK si bil

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077.

16. Jahrgang

Sitzung

des Parteivorstandes

Der Parteivorstand hielt am Mittivoch unter dem abwechselnden Vorsitz der Genossen Doktor Czech und Jaksch eine Sitzung ab, in welcher der Parteivorsitzende zunächst der Freude über den Wahlsieg der schwedischen und dänischen Genossen Ausdruck gab. Anschließend erstattete der Partei­vorsitzende einen umfassenden Bericht über die weltpolitische Situation und über die innerpoliti­schen Probleme, darunter auch die Forderung der nichtagrarischen Parteien nach Erhöhung des Margarine kontingent 3, worüber bereits in nächster Zeit entschieden werden soll.

An das Referat knüpfte sich eine Debatte, in welcher die Genoffen Wellan, Hadenberg, Heeger, Blatny, Krciči, Schön­felder, Heller, Jentsch, 3ischka, Schweichhart, Taub, I aksch, Mül­ler eingriffen und insbesondere die Forderungen der einzelnen Gebiete hinsichtlich der Arbeits­beschaffung vorbrachten.

Der Vorsitzende konnte in seinem Schluß­wort die Einmütigkeit der Auffassungen feststellen. Sein Bericht wurde einstimmig angenommen.

Nach Erledigung der laufenden organisato­

riſchen und adminiſtrativen Angelegenheiten wurde die Sihung gefchloffen.

Hansson betraut

Stockholm  . Der König hat nach dem Rücktritt der Regierung Pehrson dem sozialdemokratischen Parteiführer Hansson die Bildung des neuen Rabinetts übertragen. Hansson hat den Auftrag angenommen.

Ein tapferes Wort

HERAUSGEBER  : SIEGFRIED TAUB. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: KARL KERN, PRAG  .

Donnerstag, 24. September 1936

Abessinien zugelassen

Ohne Anrufung des Haager Schiedsgerichtes Genf  . Die Kommission zur Ueberprüfung und die Initiative ausschließlich den Vertretern der Vollmachten der Mitglieder der Völkerbund der großen Staaten überlassen werden. versammlung beriet Mittwoch den ganzen Tag. Sie gelangte zu dem Beschluß, ihren ursprüng­lichen Vorschlag, daß die Frage der Legalität der Beglaubigungsschreiben der abessinischen Dele­gation dem Haager Gerichtshof vor: gelegt werde, aufzuheben. Die Kommission schlägt nunmehr ein Stompromiß vor, demzufolge die abeffinische Delegation in der Völker bundversammlung ver= bleibe en könne, ohne daß das Haager Schiedsgericht angerufen wird.

Entgegen der Stellungnahme der Juristen, die eine Anrufung des Hanger Gerichtshofes an­geregt hatten, stellte sich der Ausschuß auf den Standpunkt, daß die Zweifel über die Gültigkeit der Vollmachten der Abessinier nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu ihrem Gunst en wirken und daß sie deshalb von den Arbeiten der Versammlung nicht ausgeschlossen werden tönnten.

Die Plenarsitzung der Völkerbundversamm lung wurde daraufhin Mittwoch abends einbe­rufen.

Der Berichterstatter der Kommission, der griechische Gesandte Politis, legte der Völ  ferbitthverfammiffing feinen Bericht vor, in bem er darauf aufmerksam machte, daß keines der Mitglieder der Mandatsprüfungskommiſſion vor­geschlagen habe, das Mandat der abeffinischen Delegation für ungültig zu erklären. Es habe nur geringer Zweifel über die Rechtsgültigkeit dieser Vollmachten bestanden. Die Mandats­prüfungskommiſſion habe den Gedanken aufge­geben, der Völkerbundversammlung vorzuschla gen, die ganze Angelegenheit dem Haager Ge­richtshof vorzulegen, und schlage vor, die Boll. machten der abeffinischen Delegation für diese Tage zu genehmigen.

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 223

Weg mit dem Margarine- Kontingent!

Die Fettversorgung der Bevölkerung, ins besondere der Industriearbeiter in den Kriſen­gebieten, geht einer Katastrophe entgegen- wenn nicht schleunigst Abhilfe geschaffen werden wird. Wie wird Rom   reagieren? Die Erzeugung von Vargarine iſt fontin­Während die italienischen amtlichen Kreise gentiert. Dieses Kontingent ist für die Verſor­in Nom noch größte Zurückhaltung gegenüber der gung der Bevölkerung völlig unzulänglich. Des Genfer   Entscheidung betreffend die abeffinische wegen wurde bisher von dem Kontingent, das für Delegation wahren, glaubt man in den römischen den Rest des Jahres zur Verfügung steht, bis politiſchen Kreiſen, daß Italien   den Ende des Monats ein Mehrkontingent von 650 Völkerbund verlaffen wird. Die Waggons bewilligt, so daß für die letzten drei informierten Kreise verweisen aber darauf, daß Monate des Jahres noch ein Restkontingent von meder eine Wichtigkeit, noch eine Notivendigkeit 1130 Waggons zur Verfügung bleibt. Das ist ersichtlich ist, warum Italien   den Völkerbund ver- aber viel zu wenig. Soll die Bevölkerung auf den laffen sollte. Es sei allerdings nicht ausgefchloffen, daß der Standpunkt des Völkerbundes die Mög­lichkeit einer Mitarbeit Italiens   bei der Lösung der europäischen   Fragen ernstlich kom pliziert und daß die Angelegenheit auch großen Einfluß auf die weiteren politischen Direk tiven Italiens   haben kann.

Neue Spannung

England- Italien  

Nach der Verfion des DNB soll diese Wen­bung der Dinge auf Litwino w zurückzuführen fein, der, um die angekündigte Locarno  - Konfe­vená ohne Blufland zu hinterfreiben, ble fleinet Staaten gegen den ursprünglichen Plan Englands und Frankreichs   aufgeputscht hatte, der Abeffi­nien ausschalten wollte, um Italien   wieder zur aktiven Anteilnahme an den europäischen   Pro­blemen zu bewegen.

Nach glaubwürdigeren Informationen soll jedoch der Vertreter Englands. Eden, in der entscheidenden Sitzung selbst diese Wendung an­gebahnt und den franzöſiſchen   Außenminister Delbos zum Verzicht auf den Ausschluß der abef­finischen Delegation bewogen haben. Offenbar ist dic Spannung zwischen Italien   und England in der letzten Zeit nicht zuletzt durch die kaum mehr getarnte Hilfe, die Italien   den spanischen Auf ständischen angedeihen läßt, wieder verfchärft worden.

Fettgenuß nicht verzichten, so müßte noch ein Mehrkontingent von 2500 Waggons bewilligt werden. Wir werden für diese unsere Forderung, die wir im Interesse der ärmeren Schichten er­heben, mit aller Entschiedenheit kämpfen und die jenigen, welche sich dagegen sträuben, werden die Erfahrung machen, daß sich die Masse der Kon= sumenten nicht aushungern lassen wird. Aber wir wissen auch, daß die Bewilligung eines Mehrkon= tingents, wie wir es verlangen, nur eine Not­hilfe wäre. Will man die Fetiversorgung sichern,

dann gibt es nur eines: Weg mit der gan= zen Kontingentierung der Mar garine Produktion!

-

Barum haben die Agravier das Margarine­Kontingent verlangt? Weil sie die Butterproduk tion ſchüßen wollen. Wir haben schon damals ge­sagt, daß die Einschränkung der Margarine­erzeugung den Butterproduzenten nicht helfen wird und wir haben Recht behalten. Die Frage des Butterabsabes ist eine solche der Kaufkraft der Bevölkerung. Ein großer Teil der Arbeiter, alle Kurzarbeiter und Arbeitslosen müssen auf den Genuß von Butter verzichten und können sich höch­stens die billigste Margarine kaufen. Viele Ver­kaufstellen unserer Konsumvereine in den Notge­bieten verkaufen weder Butter noch Schweinefett, die Menschen können sich einen teuereren Fettstoff Auf Erfuchen der Vertreter Ungarns  , Dester. einfach nicht leisten. Eine gute Butter kostet noch reichs und Albaniens   wurde sodann über den immer 18 bis 20 und die billigere Landbut­Vorschlag der Kommission namentlich ab. ter hält kaum einen Transport von Wallern   nach Professor Sauerbruchs gestimmt. Bei dieser Abstimmung stimmten die Budweis   aus, kommt also für die Versorgung der Berlin  . Auf dem Kongreß der Naturwissen- Bertreter It nga rn s. De sterreich 6 AI- Die Verschärfung der Beziehungen geht auch entfernteren Gebiete überhaupt nicht in Betracht. schaftler und Aerzte in Dresden   ergriff auch Pro- baniens und Ecuadors   gegen den Vor- aus einer Rede hervor, die der sonst ziemlich ita- Die Sache ist einfach die, daß selbst wenn die fessor Ferdinand Sauerbruch  , der berühmte Chi- fchlag der Kommission. Der Schweizer   Delegierte lienfreundliche erste Lord der Admiralität, der Margarineerzeugung verboten würde, wäre den rurg der Charité in Berlin  , das Wort. Sauer- Motta enthielt sich nach einer kurzen Darlegung frühere Außenminister Sir Samuel Hoare  , nach Buttererzeugern nicht geholfen. Butter und Mar­bruch feierte die ehemalige deutsche   seines Standpunktes der Stimme, ebenso fünf seiner Rückkehr von einer Inspektionsreise im garine sind eben zwei verschiedene Produkte, die Universität, wie sie vor dem natio- weitere Delegierte. Mittelmeer   gehalten hat. Darin kündigt er klipp Spekulation der Agrarier schädigt also nicht nur nalsozialistem Regime egi Der Bericht des Gesandten Politis wurde und klar an, daß England auf seine Position im die Konsumenten, sie ist auch falsch. stierte, und führte im weiteren aus: Es wäre von 39 Delegationen angenommen, wäh- Wittelmeer nicht verzichten könne und den Ver­bereits an der Zeit, das Reden zu lassen rend vier Delegationen dagegen stimmten. Der ehrsweg nach dem Often, der für das britische und dafür zu sorgen, daß in der Universität die Bericht ist demnach genehmigt worden und Meich von vitalem Interesse sei, entsprechend Nuhe wieder hergestellt werde, denn es ist die die abeffinische Delegation bleibt in der Völker- fichern müſſe. unerläßliche Vorbedingung dazu, die wissenschaft- bundversammlung. lichen Arbeiten fortseßen zu können. Die Wissen­schaft kann nicht bloß vom nationalen Ideal Icben. Die Biſſenſchaft nuß ihrem ewigen Biele Der Vorsitzende der Mandatsprüfungsfoms Rom. Reichsminister Dr. Frank begab treu bleiben, dem Suchen der Wahrheit, in- mission Tudela   hob hierauf hervor, daß es sich sich Mittwoch nachmittags in den Palazzo Vene­dem sie weder rechts no links blidt ausschließlich um eine Frage des Vorgehend in, wo er in Anwesenheit des Außenminiſters Die Waffen des Geistes haben für die Rukunft handle. Diese Ansicht vertritt auch die tschecho. Ciano   eine mehr als zweistündige Besprechung der Nation den gleichen Wert wie die materiellen slowakische Delegation, die nicht aus dem Auge mit Muffolini hatte. Waffen." gelaſſen hat, daß die Aufgabe der Mandatsvri- Rom. Staatssekretär. Ricci veranstaltete den, damit das Kontingent ausgenüßt werden Diese Rede, die offen den jetzt an den deut- fungsfommission eine Aufgabe der juristi Dienstag abends zu Ehren des Reichsjugend- könne und man erzählt allerhand davon, daß mit schen Universitäten herrschenden Geiſt kritisiert, chen Experten ist. Schon auf der Konferenz führers Baldur ven Schirach einen Empfang, an Kontingenten ein Handel getrieben wird, wie mit die ganz von Nationalsozialismus   beherrscht wer- der Kleinen Entente   in Preßburg   war beschlossen dem auch Reichsminiſter Dr. Frant teilnahm. Einfuhrscheinen und Wertpapieren. Den Nußen den, ist in den nationalsozialistischen Blättern worden, daß die Delegationen der Kleinen Entente Wie das NV meldet, erklärte Nicci in seiner An­nicht abgedruckt worden. in derartigen Fragen feine Initiative ergreifen sprache u. a., wenn die alte Welt glaube, daß die vom Kontingent haben weder die Konsumenten Machenschaften des Bolschewismus des noch die Bauern, sondern ein paar Protektions­Völferbundes Lebensnotwendig ſeien, so sei daß finder von Fabrikanten, berentwegen ein Teil der eine Ideologie, die einen schweren Irrtum be Bevölkerung auf den Fettgenuß verzichten soll. Ist deute. Das Licht, das von Berlin   und die Gesundheit der M Nom leuchte, und der Wille, der von Berlin  Menschen dazu da, um den und Rom   ausgehe, sei stärker als diese Mache. Profiten von ein paar Margarinefabrikanten ge= Wir wollen unter dem Zeichen Hitlers   und Mus- opfert zu werden? solinis die Einigkeit in Europa   stabilisieren. Gelbst wenn ein größeres Kontingent bewil­

Ablehnung der Volksfront

durch die belgischen Genossen

Verbrüderung Rom  - Berlin  

Wie wenig die bisherige Einschränkung der Margarineerzeugung den Butterproduzenten ge= holfen hat, lehrt die Tatsache, daß noch immer Butter eingeführt werden muß.

Daneben hat die Margarine- Kontingentie­

rung noch andere Schäden mit sich g gebracht. Sie hat der Protektion einzelner Betriebe Tür und Tor geöffnet. Sind doch, als die Absicht durch­ſickerte, die Margarineerzeugung zu kontingentie­

ren, Betriebe nur zu dem Zwecke errichtet wor

Brüssel  . Ebenso wie der Syndikatsaus-| zu übernehmen oder an ihr teilzunehmen. Die ſchuß hat auch der Generalrat der belgischen fo- belgische fozialiſtiſche Partei lehnt daher den Ge- Static lebte Auflage der Revue Illustrazione ligt werden sollte, werden gewiſſe Mißſtände nicht e wegen eines Artikels, in wel- aufhören. Schon jetzt verschwinden die billigeren zialistischen Partei mit großer Mehrheit den An- danken einer Volksfront und eines Bündnisses mit chem trag auf Bildung einer Volksfront in Belgien   den Kommunisten ab. Imes deutschen Margarineſorten vom Markte und wer Margarine gewarnt wurde, be haben will, muß die teuere Sorte kaufen. Das abgelehnt. In einer mit allen gegen fünf Stim- Weiter besngt die Nesolution, daß die bel- schlagnahmt. In dem Artikel wurde erklärt, daß Fleisch ist kaum erschwinglich und da soll der Ar­men angenommenen Resolution heißt es, daß in gifche sozialistische Partei entschlossen ist, die Hitler   die Tradition Wilhelms II. und die Be- beiter und Arbeitslose noch mehr Geld für Fett Belgien  , deſſen innere Verhältnisse sich von den- faschistische Demagogie zu bekämpfen, und daß fie strebungen nach Schaffung eines deutschen   ,, Mit- ausgeben? Das ist etwas, dem nicht zugesehen jenigen anderer Länder wesentlich unterscheiden, teleuropas" erneuere. Weiter hieß es darin, daß werden kann. Für die Beseitigung dieser uner­ober Regierung entschiedene Maßnahmen die Neden Hitlers   in Nürnberg   lediglich eine träglichen Zustände gibt es nur ein Mittel; Hebet die Schaffung einer Volksfront zu einer Minder­heits- und Oppositionsgruppierung führen würde, gegen diejenigen erwartet, welche die verfassungs- Fassade für die neuen beschleunigten deutschen das Kontingent auf, gebet die Margarineerzeu welche nicht die Möglichkeit hätte, die Regierung mäßigen Freiheiten antaften wollten. Nüstungen darstellen. gung frei, es wird genug Kunstfett da ſein- und

זוסט