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Dekan Prof. Foltin - der schlechte Stratege

ficht oder Ungeschicklichkeit die Strategie des Herrn Foltin hat jedenfalls den Rowdies Freis tag das Gelingen ihres Plans erst recht ermög­licht! Bezeichnend ist auch, daß Foltin, nachdem er selbst die Sperrung verfügen mußte, ein Kom­muniqué ausgibt, das folgende kühne Behauptung enthält:

tag, den 23. Offons, die Prof. Steen Die Vorlesung, die Prof. Kelsen heute, Frei­ist vor zirka 25 Hörern störung 3 frei vor sich gegangen. Nach Schluß der Vorlesung ist es gegen einzelne Hörer, die an der Vorlesung des Professors Kelsen teilgenommen haben, zu Aus­

rufender Mißbilligung gelommen."

Samstag, 24. Oftober 1936

Kampf um die Volksfront

auf dem radikalsozialistischen Parteitag

Nr. 248

ärgere Schändung des akademischen Bodens be­geht, als wenn er die Polizei einschreiten ließe. Wir haben das im Vorjahr den Funktionären der Sar I suniversität gesagt, wir werden auch nicht schweigen, wenn sich die Gewalttätigkeiten an der

Biarrih. Der radikalsozialistische Kon-| Kongres ist der Umstand, daß außer dem Gruß deutschen Universität ereignen." greß tagte in einer sehr fieberhaften Stimmung. mit der erhobenen Faust nach kommunistischer Das Právo Lidu" schreibt dazu: Wir Er suchte in der Nacht auf Freitag und im Laufe Art und dem Gruß mit der erhobenen Hand nach bemerken, daß es zu so wisten Szenen, wie sie sich des Tages vergebens nach einer einigenden For- römischer Art, mit welchem die Anhänger der auf akademischem" Boden ereignet haben, nicht mel für die Schlußresolution. Es traten drei linken oder konservativen Richtung der Partei tommen darf. Gegen ihre Urheber muß streng Richtungen in Erscheinung: Die eine fordert ihre Ansichten und Sympathien zum Ausdruck eingeschritten werden." volles Vertrauen für die Volks front, die bringen, zahlreiche Delegierte eine dritte Gruß­art gefunden haben: Halbgekreuzte Hände vor andere ruft nach Aufkündigung jeglicher Zusam= dem Kopf als 3 eichen der Einigung. menarbeit mit den Kommunisten und die dritte andererseits ein breigliedriger Sonderausschuß, Man glaubt, daß einerseits Herriot , bestehend aus Daladier , Chantemps und Sarra ut, das Einvernehmen dennoch herstellen werden.

spricht fich für ein bebingtes Bertrauen zur Volksfront und eine bedingte Zusammenarbeit mit derselben aus.

Eine charakteristische Erscheinung für den

Die Beratungen bei Hodža nehmen einen günstigen Verlauf

Abschluß der Herbsttagung der mährisch- schlesischen

Landesvertretung

Der Landesvoranschlag

für 1937 angenommen

Heute wurde die Debatte über den Landes­voranschlag mit der Spezialaussprache über den gierung zum Ausdruck bringt, ist noch weniger als Investitionsvoranschlag beendet. Zur Distuffion iertlar, worin unsere Außenpolitik geändert standen noch zahlreiche Vorlagen des Landesaus­

und revidiert werden müßte. Darauf sollten die schusses, die in der Mehrzahl ohne Debatte abge­jenigen mit offener Bestimmtheit antworten, stimmt wurden. Die Abstimmung ging reibungs­welche den Wunsch nach der Revision ausgespro- los vor sich. Der Voranschlag für 1987 wurde chen haben. mit großer Mehrheit, die übrigen Vorlagen wur­Aehnlich spricht sich das Právo Lidu" den in der Mehrzahl einstimmig angenommen. Es fanden sodann verschiedene Wahlen statt. So ist

aus:

Brag. Offiziell wird gemeldet: Einige Blätter veröffentlichen Freitag die Nachricht von einer Sigung der politischen Minister und Vor­fizzenden der foalterten Parteien beim Minister­präsidenten und erwähnen auch die Ergebnisse dieser Beratungen. Das Tschechoslowakische Pressebüro ist ermächtigt, zu diefon Nachrichten amtlich zu erklären, daß am Donnerstag keine Sihung der politischen Minister stattgefunden hat. Der Vorsitzende der Regierung hatte Donnerstag vie en andeven früheren Fällen Besprechungan mit Persönlichkeiten der Regierung und der Koalition über alle aktuellen Fragen der men einen bi elverfpremenben Ber- Bertranten in pie Golibität der Dianbäge der Innen- und Außenpolitit. Diese Beratungen neh­auf; hinsichtlich ihrer Ergebnisse wird der Vor­sitzende der Regierung bei einer geeigneten Gele­genheit eine Erklärung abgeben.

Tschechische Blätter

zur Krofta- Rede

Auch der Rektor Startenstein sucht übrigens die Standale zu begatellisieren, tvodurch bei der Regierung und beim tschechischen Volt nur der Eindruck entsteht, daß die Profes- vor der Rede des Außenministers in den lautesten Der Venkov", der noch wenige Stunden soren mit von der Partie sind. Trompetentönen die Revision unserer Außen­politik gefordert hatte, ist nach Veröffentlichung dieser Rede etwas stiller geworden und hat die Hirtenflöte hervorgeholt, der er nun sanfte Wei­fen entlockt. Das Blatt schreibt:

Von den Pressekommentaren zu den Kra­wallen ist besonders bemerkenswert der Titel, mit dem die Egerer Beitung" ihre Meldung versteht: Die Antrittsvorlesung des Prof. Kel­fen

Stummer Protest der Prager deutschen Studenten". Man kann sich ausrechnen, wie es da erst bei einem I a uten Protest zu= gehen würde, vermutlich wie in einer SA- Kaserne, wenn politische Gegner zur Grztehung" einge­liefert werden!

Interessant ist auch, daß die 8 eit" be­hauptet, die Demonstrationen richten sich gegen die Weltanschauung" Prof. Se I= sen 8. Nun ist über die Weltanschauung Prof. Kelsens, der keineswegs ein Margist, sondern einer der schärfsten wissenschaftlichen Gegner des Margismus und insbesondere der Mary- Engels­schen Staatstheorie ist, weitesten Kreisen nur be

Minister Krofta hat im Abschluß feiner u. a. als Vertreter der Gemeinde in die deutsche Kundgebung mit Entschiedenheit jeden Versuch des Sektion des Landesschulrates die deutsche Sozial­Gedankens der Aenderung der außenpolitischen demokratin ra ba I gewählt worden. Die Ta­Konzeption abgewiesen. Aber das bedeutet noch gung wurde fodann beendet. Montag findet noch nichts, daß die führenden Faktoren dieses Staates die von der Landesvertretung beantragte gemein­nicht bereit wären, Ratschläge in Dingen anzus fame Sigung des Landesausschusses und der mäh­nehmen, welche bisher noch nicht realisiert worden risch- schlesischen Abgeordneten und Senatoren find. Aber es ist nicht möglich, daß aus inner- statt, in der über die wichtigsten Fragen der politischen Gründen die Außenpolitik in die Des mährisch- schlesischen Selbstverwaltung gesprochen batte gezogen wird und daß diese Diskussion das werden wird. tschechoslowakischen Außenpolitik erschüttert. Česté Slobo" schreibt:

Die Darlegung des Außenministers gibt imferer Deffentlichkeit nunmehr die Sicherheit, wie bie verantwortlichen Faktoren die Diskussion betrachten, welche über unsere Außen­politik entstanden ist. Die Diskussion, welche in den Außenausschüssen durchgeführt werden wird, wird auch zeigen, wie über die Richtlinien unse= rer Außenpolitik jene denken, aus deren Umkreis die Kritik hervorgegangen ist. In jedem Falle können wir erwarten, daß die Oeffentlichkeit auch Sicherheit darüber erhält, daß die Parteien und Persönlichkeiten, welche für unsere Außenpolitit imd für das Schicksal unseres Staates überhaupt berantwortlich sind, einer Ansicht sind, soweit es fich um die Lebensfragen auf diesem Gebiete handelt.

Minister Krofta hat behauptet, er habe die Diskussion über die Außenpolitik verfolgt. Er hat sie schließlich allerdings unter bestimmten Voraussetzungen zugegeben, leider hat er aber in Man wird die Debatte im Außenausschuß tibergens baile, bab ble ent nam bem 28. Oftober ſtattfindet, abmar­ihr nichts gefunden, was die bisherige Außenpolitik irgendeiner Verände- ten müssen, um zu sehen, ob die Agrarier tatsäch rung bedürfte. Daraus, was Krofta ausein lich vom Außenminister eine Aenderung seiner andergesetzt hat, läßt sich verstehen, daß nichts Politit verlangen werden. war, was er ändern müßte. Es scheint allerdings, daß seine Kundgebung ein weiterer Anlaß zur Diskussion werden wird, insbesondere im Außen­ausschuß.

Dagegen betonen die Linksblätter, daß an tannt, daß sie die demokratische ist, also eine Aenderung unserer Außenpolitik nicht zu jene, zu der sich auch die Mehrheit der tschechoslo- denten sei. So schreibt in den" Lidové No wakischen Bevölkerung bekennt, die in unserer binh" Hubert Ripka : Verfassung verankert ist und die angeblich doch auch die Weltanschauung Kon­rad Henleins, des Loyal sten der Loya len, ist. Oder sollten wir da falsch berichtet sein?

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Simplicio

Novelle von 3gnaxio Silone Copyright by Verlag Oprecht& Helbling. Zürich

Aber die Carabinieri hatten ihn nötig. Er war darum in seinem Dorf geblieben, immer freund lich mit allen, dienstbereit, mitfühlend, voller Ratschläge für alle Wechſelfälle des Lebens, voll guter Worte. Das hatten viele Cafoni ausgenügt, hatten sich von ihm Schreinerarbeiten machen laſſen und ihn nicht dafür bezahlt. Mit zuneh­mendem Alter war Simplicio vorsichtiger ge­

worden.

Der Mensch ist fast immer gut!" hatte er sich beschränkt zu sagen. Oder:

Ivar

..Der Mensch könnte gut sein! Oder, mit noch größerer Vorsicht: Man sagt, daß der Mensch einmal gut

mit zunehmendem Alter war Simplicio vorsichtiger geworden, er hat nicht mehr von Anarchie gesprochen und nicht auf die Güte der Menschen geschworen. Simplicio hat vom Mors gen bis zum Abend in seiner Schreinerei gear beitet und sich um seine eigenen Angelegenheiten gefümmert. Er hat teine Frau genommen, selbst alle Hausarbeit verrichtet und dies hatte ihm eine zarte und weibliche Haltung verliehen.

Aber er war, wegen der Ansichten seiner Jus gend, in den Polizeiaften weiter als gefährliches Element geführt worden. Am Vorabend jeder vaterländischen Kundgebung haben die Carabi­nieri des Dorfes weiterhin ein Telegramm aus Aquila erhalten mit dem Befehl. Simplicio vors sichtshalber zu verhaften. Der Sergeant der Cas rabinieri hat sich in höchst eigener Person und mit immer größerer Höflichkeit dieses Auftrages entledigt.

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Studentenkrawalle

und tschechische Presse Während die tschechische Recht 3 preffe die Studentenkraivalle an der Brager Universität bloß regiſtiert, nehmen einige Linksblätter Stel­Tung.

Gerade nach einem so flaren und bestimmten So schreibt das Národni Osvobo= Bericht, der und das muß man betonen aent":" 3u ben heutigen Vorfällen bemerken nicht nur die persönliche Meinung des Außen-| wir, daß der akademische Funktionär, welcher nicht| ministers, sondern die Ansicht der gesamten Re- die Polizei gegen grobe Gewalttäter ruft, eine

..Nur eine Formalität", hat er zu Simplis cio gesagt ,,, eine fleine Formalität!... Hun derte von Unglücklichen werden wie du in ganz Italien heute verhaftet..."

Schon gut, schon gut..." hatte Simplicio beschwichtigend abgewehrt...Pflicht ist Pflicht!..." Und ohne sich zu wehren, hatte er die weni­gen Tage im Gefängnis verbracht. Das war dreis oder viermal im Jahr gewesen und der Arrest hatte, je nach den Umständen, zwischen drei und fünf Tagen gedauert. Kaum war das Reſt bor­über gewesen, so war Simplicio in Freiheit ge­fetzt worden und die liberalen Einrichtungen waren unangetastet geblieben. Es war auch vor­gelommen, daß die Einrichtungen des Staates geändert wurden, daß in der Stadt eine neue Regierung ans Ruder kam, aber die vorbeugen­den Verhaftungen waren geblieben. Sie hatten gelegentlich sogar zugenommen, weil eine neue Obrigkeit natürlich auch neue Feste hieß. Die Arreste des Simplicio, so kann man wohl sagen, waren das einzige Echo der städtischen vater ländischen Feiern gewesen, das im Dorf wider hallte. Wenn hier das Gerücht umlief, daß Simplicio wieder geholt worden sei, hatten die Cafoni davaus geschlossen: In der Stadt muß ein Feſt ſein!

Simplicio beklagte sich nie. Der Sergeant zeigte ihm das aus Aquila eingetroffene Tele­gramm und Simplicio gab zu:

.Pflicht ist Pflicht!..."

Im Gefängnis war er respektvoll behan­belt worben. Die Frau des Gefängniswärters hatte ihm sogar manchmal eine Tomate in die Minestra getan und er hatte ihr dafür die Siß­gelegenheiten des Hauses geflickt.

Der Mensch könnte gut sein!" meinte dann Simplicio.

Wenn ich eine Tochter hätte, würde ich sie euch geben!" versicherte ihm sogar, in einem An­fall von Mitleid, einmal die Frau des Wärters. Aber die Freigebige hatte keine Tochter.

Könnten Sie mir nicht eine zweite Tomate

geben?" wagte Simplicio dagegen vorzuschlagen, indem er die Gelegenheit beim Schopfe nahm. Die Frau sah ihn bestürzt an.

Schulabkommen mit Rumänien

In Bukarest wurde ein tschechoslowakisch­rumänisches Schulabkommen unterzeichnet, auf Grund dessen die Schulverwaltungen der beiden Staaten überall dort, wo mindestens 80 Kinder tschechoslowakischer, bzw. rumänischer Nationalität im schulpflichtigen Alter ansässig sind, eine Volts­schule mit tschechoslowakischer, bzw. rumänischer Un­fe einer Hochschule in Rumänien und in der Tsche­terrichtssprache errichten werden. Außerdem soll an choslowakei ein Lehrstuhl für tschechoslowakische, bzw. für rumänische Sprache und Literatur errichtet

werden.

Kauft Lose der Arbeiterfürsorge

FURSORGE

180.000 KE

ARSLITERFOR

LOTT

EFFEKTEN

Ziehung unwiderruflich am 27. Oktober 1936

Aber der Sergeant befahl kurz angebunden: " Nimm die Jacke und das Halstuch, und dann los!..."

Simplicio wurde gefesselt und nach Aquila gebracht.

Diese Tatsache hatte sein Ansehen. in den Augen aller Cafoni der Marsica mächtig ge­steigert.

Aber warum hat er mit Sulmona ange=

fangen und nicht mit uns?" fragte Sabbatino bei allen herum.

,, Noch eine Tomate?... Weißt du denn nicht, was Tomaten tosten?" Die Tomaten fosteten viel. Alles war teurer geworden. Die Cafoni konnten nicht mehr auswandern. Mit der neuen Regierung war das Elend start gewachsen, fast unerträglich geworden. Die Löhne waren gefunten, die Padht für die Ländereien dagegen untereinander, wenn sie von ihm sprachen. Er Er spielte den Heiligen", sagten die Cafont geſtiegen. Ein in Mittelitalien berühmte Gese, ſtellte sich taub und bereitete unterbeffen die Ne­das die armen Cafoni von bestimmten Abgaben volte in Sulmona vor..." befreite, war aufgehoben worden. Dann war ein Ereignis eingetreten, das auf Simplicios Leben einen großen Einfluß betam. In Sulmona war eine Revolte der Cafoni gegen den Podestà aus gebrochen. Die Revolte var in zivei oder drei Tagen mit Getvalt erstickt worden, aber die Er­regung war geblieben und hatte sich über die ganze Gegend von Sulmona bis zu den Dörfern der Marsica ausgedehnt. Auf der Bahnstation von Simplicio3 Dorf hatten die Karabinieri im Abort einen Back verbotener Schriften gefunden, die einen Aufruf an die Cafoni enthielten. Alle Nachforschungen nach der Herkunft des Patets waren vergeblich geblieben. Es war r auch schtver festzustellen, für welchen Dorfbetwohner es bes stimmt gewesen war. Die Karabinieri fannten im ganzen Ort nur einen einzigen Mann, der sich in seinem Leben je mit Politit befaßt hatte, Sims plicio. So war er verhaftet worden.

" Ein neues Fest?" hatte er den Sergeanten gefragt. Aber diesmal war er nicht allein er­schienen. Vier Karabinieri waren mit ihm ges tommen. Diesmal h handelte es fich nicht um ein eft. Simplicio war gerade dabei gewesen, ein Tischchen für Crescenza Noce zu machen.

Es fehlen mir nur noch wenige Arbeits­stunden", hatte er zu den Bewaffneten gesagt. Wartet hier, bis ich das Then fertig have und dann könnt ihr auch abführen, wohin ihr wollt..."

"

,, Wenn er mit Sulmona anfing, so wird er seine Gründe gehabt haben", antiworteten die andern.

" In Sulmona ist die Pulverfabrik!" fügte eines Tages Raffaele Piungo hinzu. Jede Re­volution beginnt mit dem Sturm auf die Pul­verfabrik..."

Simplicio war diesmal nicht im Gefängnis belaffen, sondern auf eine kleine. Insel in der Nähe Siziliens deportiert worden.

und es fehlte die Möglichkeit, auszuwandern. Die Das Elend der Cafoni stieg immer weiter Gelvaltätigkeiten der Herren gegen die Knechte wuchsen ständig und es gab kein Mittel mehr, zu seinem Recht zu gelangen.

Wenn Simplicio hier wäre!..." Eines Tages wird er schon zurückkehren!" vertrösteten einander die Cafoni.

Nach einem Jahr Verbannung, nachdem er während eines Jahres die Tischchen, die Fenster, die Türen und die Stühle auf der kleinen Insel ausgebeffert hatte, war Simplicio wegen guter Führung" begnadigt und in fein Dorf zurüdge­bracht worden.

( Fortsetzung folgt),